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Pchmh-Miuig wl Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Donnerstag, den 20. Oktober 1910. 76. Jahrgang. Nr. 123 Amtsblatt jur die Königliche Müshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. , Mit achtseltigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswlrtfchastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher AedakLeur: Paul Irhne. — Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. DU Melßerltz-Zeitu«^ aHeim wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und Inserate werden mit II PK-, solche au» unser« Ämtshauptmannschast mit 12Pfg.die Spalyeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. ZV Psg. — Tabellarische und komplizierteJnserate mit entsprechendem Aus schlag. - Eingesandt, In redaktionellen Telle, di« Spaltenzeile 30 Psg. denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 26 Psg., zweimonatlich 8t Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern SO Psg. - Alle Postan- jtalten, Postboten, sowie znsereAusträgernehmen Bestellungen an. Der am 30. vor. Mon. fällig gewesene 3. Termin Gemelndeanlagen ist spätestens bis zum 21. ds». Mon. an die Stadtsteuereinnahme zu entrichten. Etadtrat Dippoldiswalde, am l8. Oktober 1910. Holzverfteigerung. Rehefelder Staatsforstrevier. Erbgerichtsgasthof in Seyde. 26. Oktober 1910, vorm. 10 Ahr: 158 w. Stämme, 27 h. u. 25250 w. Klötze, 1050 w. Reisstangen. 27. Oktober 1910, vorm. 10 Uhr: 65 rm w. Nutzscheite, 403 rm h. u. w. Brennlcheite, 427 rm h. u. w. Brennknüppel, 73 rm h. u. w. Zacken, 339 rm h. u. w. Äste. Durchforstungs- und Einzelhölzer: Abt 1. 3. 6 — 16. 18—25. 27. 28. 30-35. 37. 38. 40. 41. 42. 46.48.50.53—56. 58-61. 63—67. 69. 73. 75 bis 79. 82. Kgl. Forstrevierverwaltung Rehefeld zu Barensels. Kgl. Forstrentamt Frauenstein. Steigende Friedensanssichten. Gewitz werden alle Friedensfreunde Europas nur mit besonderer Genugtuung den Passus in der Thronrede des Kaiser» Franz Josef beim kürzlichen Empfange der öster reichisch-ungarischen Delegationen vernommen haben, worin der greise Monarch eine zunehmende Klärung der euro päischen Lage konstatiert. In der Tat ist schon seit einiger Zeit eine mehr und mehr wachsende Beruhigung in der europäischen Politik zu Tage getreten, und gegenwärtig läßt sich nirgends eine irgendwie bedenklichere internationale Reibung entdecken, selbst die aus der kretischen Affäre resultierende türkisch-griechische Spannung hat wieder er heblich nachgelas,en. Als ganz besonders bedeutsam für die gesteigerten Friedenschancen in Europa mutz aber die Festigung des Dreibundes bezeichnet werden. Kaiser Franz Josef erklärte in seiner Thronrede mit geradezu überraschender Bestimmtheit, datz das Bündnis Oesterreich- Ungarns mit Deutschland und mit Italien womöglich noch fester und inniger geworden sei, als schon bisher, und diese so wertvolle Aeutzerung des österreichischen Herrschers erhielt dann durch die Darlegungen, welche der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns, Graf Aehrenthal, ein paar Stunden darauf in seinem vor den Mitgliedern des Ausschusses der ungarischen Delega tion gehaltenen Expose gab, ihre bemerkenswerte Er gänzung. Denn nochmals bestätigte Graf Aehrenthal hierbei, datz seine diesjährigen Besprechungen mit dem deutschen Reichskanzler v Bethmann-Hollweg und mit dem italienischen Minister des Auswärtigen Marquis di San Giuliano die völlige Uebereinstimmung in den politischen Ansichten der drei matzgebenden Staatsmänner ergeben hätten, was also die völlige Harmonie in der Politik der drei Mächte der mitteleuropäischen Allianz be deutet. Der Bund Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien aber bildet noch immer seit seiner Begründung den wahren Hort für den europäischen Frieden, und die unerschütterliche Fortdauer dieser mächtigen Allianz kann daher nur mit bester Zuversicht für die nächste Zukunft erfüllen. Dabei ist es jedoch nur erfreulich, datz auch die Beziehungen der Dreibundstaaten zu den anderen Grotz- möchten Europas derzeit nichts zu wünschen übrig lassen. Bekannt ist ja das vortreffliche Verhältnis, in welchem speziell Italien zu den Westmächten Frankreich und Eng land und weiter zu Rutzland steht, doch auch die Be ziehungen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns zu der anderen grohen europäischen Staatengruppe sind durchaus normale. Wohl hatte zwischen Oesterretch-Ungarn und Rutzland seit der bosnischen Annexionskrists eine gewisse gereizte Stimmung Platz gegriffen, sie ist aber unterdessen dort wie hier versöhnlicheren Empfindungen gewichen. Da jetzt Herr Iswolski, der bisherige Leiter der auswärtigen Politik des Zarenreiches, der wohl nicht mit Unrecht als rin heimlicher Gegner Oesterreich-Ungarns galt, zudem seinen einflußreichen Ministerposten mit dem stilleren Bot- schafterposten Ruhlands in Paris vertauscht hat, so dürfte wohl nun noch eine weitere Klärung in dem österreichisch- russischen Verhältnisse eintreten. Was die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich anbelangt, so sind sie schon seit einiger Zeit völlig korrekte, das langjährige freund- nachbarliche Verhältnis Deutschlands zu Rutzland aber wird mit dem für nächsten Monat angekündigten Besuch des Zaren Nikolaus bei Kaiser Wilhelm in Potsdam eine erneute günstige Beleuchtung erfahren. Endlich sind auch die Beziehungen zwischen Deutschland und England er sichtlich wieder bessere geworden, da das antideutsche Ge schrei der englischen Flottenchauvinisten vorerst nachgelassen hat; die noch unerledigten deutsch-englischen Spionage geschichten haben glücklicherweise bislang keinerlei un- günstigen Einslutz auf die offiziellen deutsch-englischen Be ziehungen geäutzert. Man kann demnach mit Recht von steigenden Friedensaussichten in Europa sprechen, zumal auch die verschiedenen schwebenden politischen Probleme, wie sie besonders der nahe Orient noch immer darbietrt, in ihrem momentanen Stande keinerlei Anlatz zu ernst licher Beunruhigung gewähren. Auch hie so rasch ver laufene portugiesische Revolution hat die Ruhe Europas keinen Augenblick zu erschüttern vermocht, und was noch sonst von keineswegs gelösten Fragen vorhanden ist, wie die marokkanische und die persische Frage, erscheint gegen wärtig ebenfalls nicht geeignet, den Frieden unseres W-It- teiles irgendwie zu beeinträchtigen. Freilich können, wie Graf Aehrenthal in seinem Expose vorsichtig meinte, Spannungen und ernste Fragen zwischen den Mächten in unserer raschlebigen Zeit immerhin eintreten, einstweilen indessen strahlt der Horizont der internationalen Politik in erfreulicher Klarheit. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nach dem amtlichen Berichte der Kgl. Kommission für das Veterinärwesen herrschten am 15. Oktober im Königreiche Sachsen überhaupt I I ver schiedene ansteckende Tierkrankheiten. — In der Amts- hauptmannschast Dippoldiswalde war der Milzbrand in einem Gehöfte in Fürstenau aufgetreten. — Am Montag hielt der Gewerbeverein eine Ver sammlung ab, die trotz einer besonders für das Geschästs- leben, aber auch für die Allgemeinheit wichtigen Tages ordnung wieder nur einen schwachen Besuch aufwies. Nutzer internen Vereinsangelegenheiten standen „Gründung eines Rabattsparvereins", „Osfenhalten der Schaufenster an Sonntagen" und „8-Uhr-Lavenschlutz" zur Debatte und zwar auf Anregung des Vorstandes, der zwar nicht positive Anträge brachte, aber Gelegenheit zur Aussprache und Beschlußfassung geben wollte über am Biertisch schon vielfach erörterte und widersprechende Meinungen zeitigende Angelegenheiten von allgemeiner Bedeutung. Resultat: Der Rabattsparverein hat wohl Freunde, aber noch mehr Gegner (die Angelegenheit wird deshalb vom Gewerbe verein nicht weiterverfolgt); das Osfenhalten der Schau fenster an Sonntagen findet Anklang (eine aus Laden besitzern bestehende Kommission wird gewählt und das Weitere veranlassen), ebenso ergibt sich eine Mehrheit (an den Abstimmungen nehmen nur die anwesenden Inter essenten teil) für den B UHr-Ladenschluß (der Vorstand wird bei dem Stadtrate wegen Einleitung der hierfür oor- gelchriebenen gesetzlichen Maßnahmen vorstellig werden). Was auch die Weiterbehandlung der Angelegenheit bringen mag: Die Praxis möge für die Allgemeinheit nur Gutes ergeben und, soweit Neuerungen zur zwangsweisen Ein führung kommen sollten, gehegte Befürchtungen bald zer streuen. Schließlich wäre noch der Beschluß zu erwähnen, in Zukunft für geeignete Vorträge dem hiesigen Jünglings- verein eine Anzahl Freikarten zur Verfügung zu stellen. — Im Rabenauer Grunde ist man zurzeit beschäftigt, verschiedene Bahnübergänge dadurch zu beseitigen, daß die Wege längs der Bahnstrecke angelegt werden. — Zu besetzen: die Kirchschulstelle zu Dittersbach; Koll: die oberste Schulbehörde; bei freier Wohnung mit Gartengenuß 1500 M. Grundgehalt, 100 M. für Ver- waltungsgeschäfle, 150 M. für Fortbildungsschul-, 37,50 Mark für Turnunterricht, 580 M. vom Kirchendienste; mit dem Bezüge dieses Einkommens ist die Verpflichtung zum Halten einer wöchentlichen Chorsingestunde verbunden; Bewerbungen bis zum 31. Oktober mit den erforderlichen Unterlagen an den König!. Bezirksschulinspektor in Dip poldiswalde. Obercarsdorf. Der durch Zunahme der Schülerzahl und durch Gliederung unserer Schule in 4 Klassen er forderliche Schulanbau, der ein zweites Schulzimmer und die Wohnung für einen Hilfslehrer enthält und durch Herrn Baumeister Nitzsche-Dippoldiswalde auss beste aus geführt worden ist, konnte am Dienstag, den 18. Oktober, vormittags I I Uhr, geweiht und seiner Bestimmung über geben werden. Nach gemeinsamem Gesang und danken den Eingangsworten des Herrn Lehrer Mücke vor dem Schulhause begab sich die Festgemeinde in das neue Schul- zimmer, wo bei Begleitung des nebst einer Königrbüste von Gemeindemitgliedern geschenkten Harmoniums Choral- und Kindergesang die Weiherede des Herrn Bezirksschul- tnspektor Kuhne umrahmten. Es war das erste öffentliche Austreten des Herrn Bezirksschulinspektors in unserem Be zirke. Anerkennend hob er hervor, daß jetzt mehr als früher für Ausgestaltung und Hebung des Schulwesens von den Gemeinden Barmittel aufgeboten würden. In das nun fertige Schulzimmer möge auch der Geist ein ziehen, der sich in der Hausinschrift kundtue: „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang." Der ganze Volks- schulunterricht sei Anfang, und zwar der Weisheit, die das vorgelteckte Ziel verfolgt, der Anfang dessen, was die Kinder später aus sich selbst machen sollen. Aber nicht nur die Weisheit des Kopfes, sondern auch die des Herzens müsse gepflegt werden, darum sei die Furcht des Herrn der Weisheit Anfang. Nach diesen ernsten, von großer Wärme für die Kinderseelen getragenen Worten des Herrn Bezirksschulinspektors schloß die Feier mit einem herzlichen Gebete des Herrn Pfarrer Kohl und mit Choralgesang. Noch besichtigte man die übrigen Räume des Schulhauses, und dann begaben sich die Mit glieder des Schulvorstandes und des Gemeinderates mit den Herren Amtshauptmann Or. Sala und Bezirksschul inspektor Kuhne und einer Zahl auswärtiger Lehrer in den Gasthof zu gemeinschaftlicher Mittagstafel, wobei Herr Lehrer Mücke den Herren Vertretern der König!. Schul inspektion für ihr Erscheinen bei der Schulweihe und für freundliche Unterstützung bei Aufstellung des Bauprojekts den Dank der Gemeinde darbrachte, wofür der Herr Amts hauptmann in längerer Aussprache erwiderte. Herr Schul direktor Ebert-Dippoldiswalde überbrachte der Schul gemeinde Obercarsdorf Gruß und Dank der Bezirkslehrer schaft für opferwillige Förderung des Schulwesens. Am Nachmittag versammelten sich auch die Kinder im Saale und wurden mit Kaffee und Kuchen bewirtet, wofür sie in fröhlichen Liedern ihre Freude ausjubelten. Bärenstein. Am Sonntag wurde hier das Erntefest und am Montag die Kirmes gefeiert. Das schöne Herbst wetter hatte unseren Bewohnern viele Verwandle und Bekannte aus den umliegenden Ortschaften als Kirmes- besuch zugeführt und in den Abendstunden sah man dann die Gäste, mit dem üblichen Bündel Kirmeskuchen ausge rüstet, wieder nach Hause wandern. Auch die Beamten unserer Müglitztalbahn merkten an dem lebhaften Verkehr, daß in Bärenstein Kirmes war. Abends fand in Gietzelts Gasthofe ein — namentlich auch von auswärts — gut besuchtes Konzert der vollen Kapelle des Dresdner 2. Grenadierregiments Nr. 101 unter persönlicher Leitung ihres Musikmeisters Herrn Feiereis statt. Die Leistungen dieser Kapelle gingen weit über die Qualität der bisher in Bärenstein gebotenen musikalischen Veranstaltungen hinaus. Mit reichem Beifall wurde jede einzelne Dar bietung vom Publikum ausgenommen und gern quittierten die Grenadiere mit einigen „Einlagen". Breitenau, 17. Oktober. Der hiesige Gutsauszügler Schiffel wollte am Donnerstag seine in Hennersbach ver heiratete Tochter besuch.». Auf Hennersbacher Flur weidete eine Herde, unter derselben war auch ein starker Bulle, welcher frei umher lief und nahe an der Straße stand. Der ruhig seines Weges gehende Schiffel wurde von dem ihm nachgelaufenen Bullen von hinten gepackt. Das wütend gewordene Tier hat den Ahnungslosen mit dem Horne aufgespietzt und ihm im Rücken eine 10 Zenti- Meter tiefe Wunde beigebracht. Nach Aussage des Arztes wäre die Verwundung tödlich gewesen, wäre sie nur wenige Zentimeter tiefer erfolgt. Die Sache lief verhält nismäßig besser ab als es anfänglich schien. Der Ver letzte leidet an heftigen Schmerzen, und die ärztliche Be- Handlung wird längere Zeit währen. Es sei hiermit den Viehbesitzern die Mahnung vorgelegt, bösartige Bullen nicht mit auf die Weide treiben zu lassen. Die Gefahr und die Verantwortung sind groß, außerdem macht ein bösartiger Bulle die übrige Herde unruhig, sodaß der Nutzen der Weide ganz erheblich herabgemindert wird. Dresden. Die Ministerien des Innern und des Kultus haben soeben mit allerhöchster Genehmigung und auf Grund ständischer Ermächtigung eine Verordnung er lassen, durch die der Schluß der Vergnügungen an Sonnabenden und den Vorabenden von Fest- und Butz-