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A/» Erjchrivt jeden Wochentag Nachmitt. d Uhr für den »F0 1 ü andern Tag. Prei« vierteljährlich^ Mark Sb Pf., d d * E zwrimmiatuch t M. üv Ps. mW eimnouatlich 7S Pf. SS. Jahrgang. - > > Sonnabend, den z. April. und Tageblatt. Amtsblatt für dit kiimglichen und städtischea Behörden zu Freiberg und Braud. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. Jnferate «erde« bi» Vormittag 11 Uhr augenom- FUUAF» men und betrügt der Pret» für die gespalten« Zeil« 1 FHoO« oder deren Raum 1b Pf. Das Jnnungswefen vorgekommen, daß ein Gehilfe, der bald nachher als Sprach- sorscher und Schriftsteller eine geachtete Stellung errang, i wegen „mangelhaften schriftlich-technischen Aufsatzes" nach' ehrenhafte Handhabung d>s Handwerks und humane Be rücksichtigung der Bedüxnisse der Gehilfenschaft einen dauernden sozialen Friedel anzubahnen. weitere Gründe anzugeben. Der Rückgang des Deutschthums in den Ostprovinzen gehe aus den Berichten und Erhebungen der Schulverwaltung und der Militärverwaltung deutlich genug hervor. — Man hält es in preußischen Landtagskreisen siw Tagesschau. Freiberg, den 2. April. Am gestrigen 71 Geburtstage des deutsch«» Reichs kanzlers herrschte in dessen Palais während des ganzen TagrS ein reges Leben. Am frühen Morgen brachte ihm die Kapelle res Kaiser Alexander-Regiments ein Ständchen; im Laufe des Tages trafen in unendlicher Zahl Gratulationstelegramme und Schreiben aus allen Theilen Deutschlands, aus ganz Europa und aus überseeischen Ländern ein. Außerdem wurdm dem Reichskanzler zahlreiche prachtvolle Blumenspenden gesendet oder von hervorragenden Gratulanten selbst überreicht. Der greise deutsche Kaiser kam persönlich, um den Kanzler zu beglückwünschen. Nachdem im Lause des Vormittags die näheren Glieder der Familie des Kanzlers zur Gratulation sich eingesundrn hatten, trafen dann ununterbrochen Militärs, Vertreter der Zivilbehörden und der Aristokratie ein, um dm Kanzler zu beglückwünschen oder ihre Karten abzugeben. Halb 1 Uhr fuhr der deutsche Kronprinz vor und verweilte über eine Viertelstunde bei dem Fürsten. Diesem folgten die Prinzen Wilhelm und Georg. Der Erstere hatte vorher dem Reichskanzler seine Büste als Geburtstagsgeschenk übersendet. Von halb 12 bis nach 1 Uhr konzertirten nach einander die Kapellen des Kaiser Alexander - Regiments, des 2. Garde- Regiments zu Fuß und des Kaiser Franz-Regiments im Bor hofe des Palais. Der Fürst erschien mit seinen Enkeln, den Kindern des Grafen Rantzau, wiederholt am Fenster, um dm Klängen der Musik zu lauschen. Der deutsche Reichstag trat gestern in die zweite Be- rathung des Gesetzes über die Ergänzung des 8 SOS der Zivilprozeßordnung ein, welche die Zustellung von Arrest befehlen betrifft. Abg. Meyer-Halle vertrat die Ansicht, daß man erst noch praktische Erfahrungen für die Zivilprozeß ordnung sammeln möge, ehe man zu einer solchen Aesetzände- rung schreite. Sein Antrag, die dritte Lesung auf drei Monate zu vertagen, wurde abgelehnt, nachdem sich der Staats sekretär von Schelling dagegen entschieden ausgesprochen hatte. Die Vorlage wurde alsdann nach dem Beschluß der Kommission angenommen und nun folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfes über die Abänderung der Gewerbeordnung (Verleihung der Rechte einer juristischen Person an Innungs- Verbände). Nach kurzer Befürwortung durch den Abg. Müller-Pleß wurde auch dieser Gesetzentwurf definitiv genehmigt. Die Wahl des Abg. Biirklin ward hierauf dem Anträge der Kommission gemäß für gütig erklärt, die Be schlußfassung über die Wahl des Abg. Groß aus den Antrag der Kommission bis nach Einziehung näherer Erhebungen aus gesetzt. Der Antrag des Abg. Liebknecht, diese Erhebungen noch weiter auszudehnen, als die Kommission wollte, wurde mit 115 gegen 111 Stimmen genehmigt und auch die Be schlußfassung über die Wahl des Abg. Hellwig bis nach Ein ziehung von Erhebungen ausgesetzt. Darauf vertagte sich das Haus. — Die Reichstagskommission hat das Ofsi- ziers-Pensionsgesetz mit unwesentlichen Abänderungen nach dem Anträge des Grasen Moltke angenommen und dem Gesetze rückwirkende Kraft bis zum Jahre 1882 beigelegt, d. h. die erhöhten Pensionssätze sollen allen denjenigen Offi zieren zu Gute kommen, welche seit dem Jahre 1882 den Abschied genommen haben. Rückwirkende Kraft soll das Pensionsgesetz außerdem sür diejenigen Offiziere haben, denen für ihre Theilnahme an dem letzten französischen Feldzuge mindestens ein Kriegsjahr angerechnet worden und welche in Folge von Verletzungen, die sie in diesem Feldzuge davon getragen, den Abschied genommen haben. So weit die Pen sionen für die Offiziere der letzterwähnten Kategorie Mehr ausgaben verursachen, sollen dieselben aus den Reichsinvalidenfond angewiesen werden; die anderen Pensionen fallen dem all gemeinen Pensionssond zur Last. — Nach längerer Debatte genehmigte gestern daspreußischeAbgeordnetenhaus den 8 1 des Ansiedelungsgcsetzes, welcher zu diesem Zwecke Phalanx zu vereinigen oder ob seine soziale Rolle aus gespielt ist und er mithin als maßgebender Faktor aus dem Volksleben ausfcheiden muß. Eine der schwierigsten Aufgaben der Innungen ist die Regelung des Verhältnisses der Prinzipalität zur Gehilfen- schäft und zu den Lehrlingm, eine Regelung, die durch die bisher erlassenen Gesetze allein nicht hinreichend erfolgen konnte, weil jede übergroße Schärfe nur dazu führen würde, der Großindustrie zahlreiche gute Arbeitskräfte zuzutreiben, deren Verlust das kleine Handwerk schwer empfinden muß. Die Innung kann und muz freilich verlangen, daß der Prinzipal wieder Prinzipal, der Gehilfe wieder Gehilfe ist; dagegen kann der Gehilfe nichts einwenden, da er das Gleiche wünschen muß, wenn er einst die Meisterschaft erlangt bat. Es wäre abe: Wahnsinn, darnach zu streben, die Gehilfenschaft in eine S.rt von knechtischer Abhängigkeit .. . bringen zu wolle»; vielmehr muß zwischen Arbeitnehmer der preußischen Regierung 100 Millionen Mark zur Verfügung und Arbeitgeber sich ein auf gegenseitigen Vortheil und stellt. Der Antrag des Abg. von Huene, die Regierung gegenseitiges Wohlwollen gegründetes Verhältnis; heraus- auszufordern, statistisches Material über die bisherigen Polo bilden, welches die Einmisqung d^r den freien Willen der! nisirungsersolge u. s. w. vorzulegen und die zweite Lesung bis Gehilfen beengenden Untersützungsvereinc entbehrlich macht, j dahin zu vertagen, ward unter namentlicher Abstimmung ab- Dazu kann die fakultative Innung, wenn sie die Ersetzung j gelehnt. Staatsminister L u c i u s erklärte, daß, nachdem beide dieser Vereine durch ähnlicke aber bessere Einrichtungen an- j Häuser des Landtages mit großer Mehrheit die Nothwendig- strebt, vielfach beitragen, besonders wenn ihre Leiter sich leit anerkannt hätten, das deutsche Element in den polnischen des wahren Jnnungszwectt bewußt bleiben, durch strenge, Provinzen zu sördern, die Regierung keine Veranlassung habe, einzelnen Gewerben ist ein völlig anarchischer Zustand ein gerissen. Wollte man. wie dies von der Gewerbekommission des Reichstages angeregt worden ist, die besonderen Prü fungen wieder einfahren und von diesen die Zulassung zum selbständigen Gewerbebetrieb abhängig machen, so wurde dies nicht viel helfen. Wahrscheinlich würden die Prüfungen wieder wie ehemals bei den Zwangsinnungen die eigenthümlichsten Resultate ergeben, keineswegs aber die Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit der Jnnungsmitglieder wesentlich erhöhen. Die deutsche „Buchdrucker-Zeitung", die sonst sehr innungsfreundlich gesinnt ist, erzählt selbst, es sei bei früheren Buchdrucker-Prüfungen Gegen die Einführung obligatorischer Innungen, sowie gegen die Wiedereinführung von Befähigungsnachweisen und Prüfungen bestehen Bedenken ernstester Natur, trotzdem es nicht geleugnet werden kann, daß in vielen Gewerben die Herabminderung des Ansehens und die Einschleppung der Schleuderpreise dadurch hervorgerufen wurden, daß Viele ein Fach ergriffen, die dasselbe gar nicht erlernt hatten und nicht die Fähigkeit besaßen, den richtigen Preis der Arbeitsleistung nach beiden Seiten hin zu bestimmen. Solche Pfuscher nehmen beim Handel, was sie kriegen können, manchmal zu viel, häufig aber zu wenig, sogar unter den Selbstkosten, ohne Sinn und Verstand. In Die auf der Grundlage der Gewerbefreiheit beruhende 'Gewerbeordnung von 1869 hat, wie selbst in den zünft- lerischen Kreisen zugegeben werden muß, einen großen Auf schwung auf den meisten gewerblichen Gebieten ermöglicht. , Befreit von der Pflicht der Erfüllung ehemaliger gesetz licher Vorbedingungen für die Ausübung gewerblicher Thätigkeit, hat sich nach dem Fortfall zahlreicher Be schränkungen, wozu auch die Prüfungen gehörten, das Kapital im Vertrauen auf feine Urkraft und getrieben von der Sucht nach Gewinn, vielfach gewerblichen Unter nehmungen zugewendet. So wurden großartigere Anstalten, als je zuvor bestanden, errichtet zur Erzeugung aller möglichen Waaren und Artikel, so wurde aber auch auf die Vermehrung und Verwohlfeilerung derselben zum Zweck größeren Absatzes mit immer vermehrter Anstrengung hin gearbeitet bis zu dem Grade völliger Ueberspannung und einer höchst nachtheiligen Ueberproduktion. Der von solchem nicht zu rechtfertigenden Mißbrauch der Gewerbefreiheit in Verbindung mit dem Aufkommen früher nie gekannter un solider Geschäftspraktiken angerichtete Schaden zeigte sich bald in dem Niedergang des Handwerks. Trotz seiner Unentbehrlichkeit, der Massenfabrikation gegenüber, wurde das Handwerk nicht nur durch die niedrigen Fabrikwaaren- preise, sondern auch durch vielfaches Eindringen Unberufener m die eigenen Reihen, durch gehäuftes Angebot und durch die Arbettgeberschast der Magazin-Inhaber vielfach dem materiellen Verfall preisgegeben. Von Seiten der gesetzgebenden Faktoren ist diese gewerb liche Nothlage voll gewürdigt und mehrfach Abhilfe durch Aenderung der die Innungen der Handwerker betreffenden Bestimmungen der Gewerbeordnung angestrebt worden. An die Stelle der ßtz 97 bis 104 der Gewerbeordnung, welche ursprünglich nur die Bildung neuer Innungen ohne wesent liche Aufgaben neben den bestehenden von früherher ein fach gestatteten, traten die Bestimmungen des vom deutschen Reichstage am 9. Juni l881 beschlossenen Znnungsgesetzes, das die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Standesehre, die nähere Regelung des Lehrlingswesens, die Errichtung von Fachschulen, die Veranstaltung von Prüfungen, die Errichtung von Schiedsgerichten zur Entscheidung gewerb licher Streitigkeiten, endlich in Z 100s das Recht der Innungen zum Erlaß von Vorschriften zur Regelung des Lehrlingsverhältnisses sowie über Ausbildung und Prüfung der Lehrlinge — welche Vorschriften auch Arbeitgebern gegenüber gelten sollen, die nicht zur Innung gehören — zum hauptsächlichen Inhalt hat. Der Beitritt zur Innung ist auch nach dieser gesetzlichen Neuerung in freies Belieben gestellt geblieben und beruht nicht auf Verpflichtung. Trotz der aus dem einmüthigen Zusammengehen den Gewerb- treibenden erwachsenden Vortheile ziehen leider noch heute zahlreiche Gewerbtreibende die unbeschränkte Freiheit vor, die ihnen gestattet, gegen einander in der bisherigen rück sichtslosen Weise weiter zu wirthschasten. dem Urtheil der Buchdrucker-Kommission durchfiel, daßs „Etablirung anderswo" hat vorgegeben werden müssen zur Begegnung des Uebelwollens der betreffenden Kommissare, daß sehr schwach bestellte Kandidaten glücklich bestanden, wenn sie den Prüfenden privatim die weiche Seite abge wannen, tüchtige Leute hingegen abgewiesen wurden, wenn ie etwa thörichten Examimrungen gegenüber ein scharfes Wort der Abwehr zu gebrauchen sich unterstanden. Der artige Vorkommnisse hatten früher fast alle Innungen zu verzeichnen und ihre Wiederkehr würde heute viel bitterer empfunden werden als ehemals, wo man sie als ein un ausweichliches Uebel über sich geduldig ergehen ließ. Der Vorschlag, bei jeder Begründung der geschäftlichen Selbst ständigkeit einen Nachweis geschäftsmannischer Befähigung und eines hinreichenden Betriebskapitals zu verlangen, wird elbst von den Freunden der Zwangsinnungen nicht für durchführbar gehalten. Für die Bildung und Aufrechterhaltung fakultativer Innungen kann sich aber jeder Freund des ehrenwerthen Handwerks aus voller Ueberzeugung erwärmen. Das Zu sammenhalten der Gewerbtreibenoen ist mehr als je noth wendig, damit das Handwerk nicht in der Zersplitterung der Ausbeutung durch die sogenannten Unternehmer preis gegeben werde. Die Innung ist das rechte Mittel, das gewerbliche Standesbewußtfein wieder au-fzurichten und mit vereinten Kräften der unsoliden Gebahrung entgegenzutreten. Damit soll aber keineswegs in den Weg wieder eingelenkt werden, auf dem die Innungen ihre Kraft durch jahrelange Prozesse vergeudeten. Die bei >m 400jährigen Jubiläum der Schneider-Innung in Dresden von H- Klemm heraus gegebene Chronik zählte eine lange Reihe solcher kostspieliger Prozesse auf, welche die Zunft ehemals gegen angebliche Pfuscher führte, ohne den Mißstand beseitigen oder einen erheblichen Nutzen für die zünftigen Mitglieder erzielen zu können. Auch in unserer Bergstadt haben in früheren Zeiten solche Jnnungsprozesfe gegen Fabriken gespielt, die zum größten Glück für berde Theile und für den industriellen Aufschwung unserer Stadt resultatlos blieben. Die fakultative Innung ist nicht zum Kamps gegen die Großindustrie befähigt oder berufen, den übrigens die obligatorische Innung ebensowenig siegreich durckzuführen vermöchte. Wohl aber soll die Innung ihre Mitglieder zur Arbeit an sich selbst, zur Ver vollkommnung der Leistungen und zur strcngrecktlichen Ge- schäftsgebahrung anhalten, das Lehrlings- uno Gehilfen wesen nach vernünftigen und humanen Grundsätzen regeln, verhindern, daß die gegenseitige Unterbietung der Preise zu einem wilden, rücksichtslosen Kampf um das Dasein aus ¬ arte. Die Innung, die nach dem Neichstagsbeschluß vom 1. d. M. die Rechte einer juristischen Person erhält, soll die vollendetste Form des Genossenschaftswesens, nicht aber eine Art von Vereinsipielerei sein; ihre Bildung und Führung wird stets den Prüfstein bilden für die schwer wiegende Frage, ob der gewerbtreibende Mittelstand so viel Verständniß für seine Lage hat, sich zu einer festen