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AlMlniM TmMM . . . - und Der Abonnementspreis beträgt vierteljühr- Waldenburger Anzeiger lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Ps., unter Eingesandt 20 Pf. täalich mit Ausnahme der Tage nach S°nn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorrrt. Annahme von Inseraten 's scheinende Nummer bis Mittags c- ugr des vorhergehenden Tages. Amtsblatt für de« Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 9. Tecember 188«. »ü28«. --Waldenburg, 8. December 1880. Die beendigte Flottendemo^ Die Demonstration der enropatschen F otte ^a sich nunmehr glücklich zu Ende demonstrlrt. De Schiffe der europäischen Machte ha z^faabe, d? Lösung "tion sti auf einen OrieÄage gelöst zu sehe", werde Eng land nicht zurückstehen, England stch a uur dann rühren, wenn seitens anderer Machte vor- gegangen werde, England verfolge keine Sonderm- tercssen im Orient. Das heißt, die Trauben sind dem Fuchs zu sauer, in Wirklichkeit aber ist es kein Geheimniß, daß die deutsche Diplomatie und die eindringlichen Rathschläge des Grafen Hatzfeld die wahre treibende Ursache bei der schließlichen Nachgiebigkeit des Sultans ge wesen sind. Ueber die Absichten Englands, die Flotte beisammen zu halten und eventuell in der griechischen Frage zn verwenden, schreibt man von Berlin aus: „Die bisherige Intervention Europa's in Sachen des Orients erfolgte auf das stürmische An- drängeu Gladstone's hin. Aber der Verlauf der Dulcigno-Affaire und die unbehagliche, peinliche Rolle, welche die europäische Flotte dabei spielte, war den Mächten doch eine eindringliche werthvolle Erfahrung. Nachdem die Dulcignofrage nun gelöst, sind sie glücklich, mit Anstand davon gekommen zu sein, und mit dem stillen Vorsatze, sich nie wieder in ähnliche Unternehm ingen zu stürzen, ziehen sie ihre Kriegsschiffe zurück. Nur ein Staat ist durch Erfahrung nicht klug geworden, und das ist England, resp. seine gegenwärtige Regierung. Das Cavinet von St. James ist bestrebt, eine Spur, ein mora lisches Zeichen der Flottendemonstration bestehen zu lassen, damit die politische Welt nicht den Eindruck empfange, daß das europäische Concert nunmehr seine Aufgabe als vollkommen abgeschlossen betrachte. Es hat wohl nicht die Absicht, die europäischen Escadres in Cattaro oder sonstwo beisammen zu lassen; es soll nur die Organisation erhalten bleiben, ungefähr wie dis Cadres eines Truppenkörpers den Körper selbst repräsentiren. Allein, es ist nur be greiflich, daß solch eine Idee, die den Platonismus der ursprünglichen Flotten-Demonstration noch über- platonisirt, nirgendwo rechten Anklang finden kann; sie kann weder die actionslustigen, noch die friedens freundlichen Mächte befriedigen und mußte zwischen beiden mitten durchfallen. Daß hierbei, wie schon in einem früheren Falle, die Gruppe der gemäßig ten und conservativen Mächte sich aus Deutsch land, Frankreich, Oesterreich-Ungarn zusammensetzt, kann als ein Beweis genommen werden, daß diese Gruppirung in den schwebenden Orient-Affairen zum Typus geworden und eine gewisse Stetigkeit ange nommen hat, die im Interesse des allgemeinen Frie dens mit Genugthuung zu begrüßen ist. Deutsch land, Frankreich und Oesterreich-Ungarn waren es auch, die den Gladstone'schen Plan zu Falle gebracht haben. Der Besuch des Grafen St. Ballier und des Prinzen Reuß in Friedrichsruh galt den Be- rathungen über den Vorschlag, betreffend das „ideelle Fortbestehen" der gemeinsamen Flotte als einheit liche Institution und wenige Tage nach diesem Be suche in Varzin wurde die ablehnende Entscheiduna der Mächte bekannt." *Waldenburg, 8. December 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Wie der „Berliner Acticmär" wissen will, ist der Plan des Fürsten Reichskanzlers in Bezug auf die Versicherungen der Arbeiter nunmehr vollstän dig ausgearbeitet und seine Veröffentlichung dem nächst zu erwarten, damit die öffentliche Meinung Gelegenheit erhält, sich über die Ziele und über die zur Erreichung derselben einzuschlagenden Wege ein sachgemäßes Urtheil zu bilden. Schon jetzt sei über den Inhalt mitzutheilen, daß der Plan keineswegs identisch ist mit dem oft erwähnten Vorschläge des Herrn Barre in Bochum. Voraussichtlich werde der Plan zunächst dem preußischen Volkswirthschaftsrath zur Prüfung und gutachtlichen Aeußerung vorgelegt werden und erst dann diejenige Formulirung erfah ren, welche die Vorlegung desselben bei den Facto- ren der Gesetzgebung erfordert. Deutschland hat in Bezug auf den Absatz seiner Industrie schöne Ergebnisse aufzuweisen, die Aus fuhr des Zollvereins stieg von 432 Mill. Mk. in 1834 auf 2562 in 1875, die Einfuhr von 403 auf 3576 Mill.; immerhin betrug die Steigerung nur im Verhältniß wie 1 : 4, bei Großbritannien wie 1 : 6, be- Niederland wie 1 : 10*/», — im ersteren wird der Betrag des Nationalvermögens auf 5434 Mk. für den Kopf, in letzterem auf 9510 Mk. ge schätzt. In Deutschland sind Steuerzahler mit Ein kommen über 200,000 Mk. 112, in England 2075, über 16,000 Mk. 8033 gegen 93,025, über 9000 Mk. 157,096 : 970,309, der Durchschnitt des Ein kommens der Steuerzahler ist in Deutschland 1000 Mk., in Großbritannien 9000 Mk., das Verhältniß der besitzenden Klaffen zu den Proletariern in erste rem wie 100 : 1450, in letzterem w.e 100 : 350. Deutschland aber ist sowohl an Naturschätzen als nach Bevölkerung ganz eben so gut begabt wie Eng land, nur der beschränkte wirthschafiliche Horizont unserer Nation ist der Grund unseres geringen Wohlstandes. Nach den Berichten oes statistischen Amtes find in dem Königreich Preußen in den Jahren 1870—1879 in einem Zeiträume von 10 Jahren, 10,418,905 Menschen geboren, 2,210,519 Eheschlie ßungen rorgekommen und 7,246,065 Personen ge storben, so daß der Ueberschuß während der 10 Jahre 3,132,840 Personen beträgt. Der Durch schnitt der Geburten beträgt pro Jahr 1,041,891, der Eheschließungen 221,652, der Sterbefälle 724,607. Die natürliche durchschnittliche Volksver- mehrung be.rug demnach 12,49 pro Mille. Be- merkenswerth ist es, daß die meisten Geburten im Jahre 1876 stattfanden, die Mehrzahl -er Ehe schließungen 1872 und die meisten Todesfälle eben falls 1872. Das günstigste Jahr ist, in Beziehung auf die Volksvermehrung in dem letzten Jahrzehnt überhaupt das Jahr 1876, obwohl es keineswegs zu den besonders günstigen Jahren in wirthschaftlicher Beziehung gehört. In jenem Jahre nämlich betrug die Zahl der Geburten 1,161,950, die höchste von allen, 60,059 mehr wie die Durchschnittssumme, während die Zahl der Sterbefälle 705,933 beträgt, dte zweitniedrigste in diesem Zeitraum; der Zuwachs der Bevölkerung betrug in jenem Jahre 374,078, das sind 56,286 mehr wie der mittlere Durchschnitt. Die Lehrer an den Gymnasien und Realschulen Berlins sind sehr entrüstet über die Parteinahme der Berliner Stadtverordneten für den jüdischen Liqueurfabrikanten Kantorowicz und gegen die Leh rer Or. Foerster und Jungfer. Der Gymnasial lehrerverein hat einen sehr starken Protest dagegen erlassen, daß die Stadtverordneten beide genannte Lehrer ohne Gehör verdammt haben. Es kam in dem Lehrerverein zu sehr lebhaften Debatten; es machte sich eine sehr starke antisemitische Stimmung bemerkbar und mehrere judenfreundliche Directoren traten aus dem Verein aus. In Straßburg fand am 6. d. ein Diner zu Ehren des Landesausschuffes statt, wobei der Statt halter eine politische Rede hiel'. In derselben hob er hervor, für die Entwickelung des Verfassungs lebens im Elsaß sei erforderlich ein Festhalten der bisherigen Mäßigung, aber auch die offene Aner kennung der Zusammengehörigkeit des Elsasses mit Deutschland. Oesterreich. Der Wuchergesetzausschuß des Abgeordneten hauses beschloß auf Anregung des Justizministers, die civilrechtliche Feststellung des Zinsfußmaximums von zehn Procent fallen zu lassen. Der Gesetzent wurf wird in diesem Sinne umgearbeitet werden. Frankreich- Die Pariser Schriftstellerin Marc de Montifaud wurde wegen Vergehens gegen die Sittlichkeit, dessen sie sich in ihrem neuesten Werke „Oontss ärolaticiu68" schuldig gemacht hatte, vom Pariser Zuchtpolizeigerichte zu sechs Monaten Gefängniß und zu 500 Francs Strafe verurtheilt. Daß das Werk einer Dame zu fo strenger Handhabung der Gesetze heraussordert, ist ein trauriges Zeichen der Zeit. In der Kammer betonte bei der Berathung des Einnahmebudgets der Finanzminister die ausge zeichnete Finanzlage, er erklärte indeß, es sei mißlich, den Weg des Steuererlasses weiter zu gehen. England. Die schleunige Entsendung von Truppenver stärkungen nach Irland erweckt im Publikum den Verdacht, daß die Regierung den Ausbruch ei.-er offenen Rebellion vor dem Zusammentritt des Parlaments fürchtet. Die 600 Mann starke Abtheiluug Marineinfanterie, die Marschbefehl nach Irland er halten, ist indessen, wie jetzt gemeldet wird, nur zur Ablösung anderer Truppentheile bestimmt. Kapitän Boycott hat Dublin unerwartet rasch den Rücken gekehrt. Die Veranstalter der Boycottexpedition hatten die Absicht, ihm zu Ehren ein Diner zu ver anstalten. Es scheint jedoch, daß am Dienstag Ka pitän Boycotr einen Drohbrief und sein Hotelbesitzer einen Warnungsbrief erhalten, in letzterem Briefe soll der Hotelier mit dem Tode bedroht worden sein, falls er Kapitän Boycott in seinem Hause behalte. Auf seinen Ausgängen wurde der Kapitän vom Pö bel verfolgt und ausgepfiffen, wo er sich sehen ließ. Griechenland. Der König von Griechenland hat auf wiederholte Friedensmahnungen von Deutschlands und Frankreichs Vertretern erklärt, daß er, wenn er auch die Rü stungen fortsetzen müsse, doch noch dis nächstes Frühjahr warten werde, ob sich die Pforte nicht freiwillig zu der Ausführung der Conferenz-Beschlüsse herbeilasse; er setze voraus, daß die Mächte in die sem Sinne zu Konstantinopel wirken würden. Amerika. Präsident Hayes hat den Congreß mit einer Botschaft eröffnet, welche das Land wegen der zunehmenden Wohlfahrt und des friedlichen Verlaufs der Präsidentenwahl beglückwünscht, eine Reform des Staatsdienstes und die Einführung von Con- curienzprüfungen bei der Anstellung der Beamten empfiehlt und den Erlaß strenger Gesetze gegen die Vielweiberei der Mormonen befürwortet. Die aus wärtigen Beziehungen der Union feien ununterbro chen friedliche; die Betheiligung der Union an der Berliner Fischereiausstellung sei von großem Erfolgs