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Einstellung -er Saarverhan-lungen? Aussichtslose Lase - Rückziehunv -er Dahnschutztruppen vr»bim«Icknog ullisrvr Berlin, 4. Juli. Die zur Zeit aussichtslose Lage der Laar» Verhandlungen, die von uns bereits verschiedentlich scstgestellt wurde, wird setzt auch in der Wilhelmstrabe unumwunden zugegeben. Es verlautet, dab eine Unterbrechung der Saarverhandlungen wahrscheinlich sei. Um einen Abbruch soll es sich angeblich nicht handeln. Sicher ist nur so viel, dab die Saaroerhandlungen in diesem Jahre kaum mehr zu dem von Deutschland gewünschten Ergebnis geführt werden können, da sich erst der BölkerbnndSrat mit der Angelegenheit befassen wird, was kaum vor Jannar nächsten Jahres er folgen dürfte. Ein schwacher Trost ist, dab wenigstens die so genannten Bahnschutztruppen der Alliierten, die aus !il>0 Franzosen und IM Belgiern bestehen, setzt zurückgenom- mcn werden sollen. Diese Bahnschutztrupvcn taten nnr des halb Dienst, weil die sranzösische Armee glaubt, nicht aus eine Spczialsichcrnng der Saarbahnen verzichten z« können, solange sic sich im besetzten Gebiet aufhalte. Da jetzt die Gebiete gc- vorUnar Scbrlltloltuug räumt sind, mübte automatisch eigentlich schon am »0. Juni der saarländische Bahnschutz ausgchört haben. Er wird sich aber noch bis zum 111. Juli am Leben erhalten, ein Termin, der vom deutschen Standpunkt als änberster Termin bezeichnet werden mub- Im LandcSrat des Saargebietcs begann am Donnerstag die Anssprache über de» Haushaltpla» der Rcgicrungs- kommissiu». Besonders schars wandte man sich gegen die fran zösische Schulpolitik im Saargebiei. Der Regicriiiigskvminissioii sei bekannt, das, von den französischen Schulen ein uner hörter Druck aus die Bergleute und deren Frauen auögcübt werde. Entweder müsttcn sie ihre Kinder in die französische Schule schicken, oder sie mühte» ihre Werks wohnungen verlassen. Auch würden diejenigen, die ihre Kinder zur sranzüsischcn Schule schickten, von der allgemeinen Ent lassung im Bergbaubetrieb verschont. Schulrat Martin richtete an die NegicrungSkoinmission die Ansrage, ob sic ge willt sei, diesen Methode» ein Ende zu machen. Tic Antwort war nichtssagend »nü brachte keinerlei Aufklärung. Gin Vorschlag zur Linderung der Arbeitslosigkeit Von Architekt D. D. A. Graebner. DreS-en Schon jetzt wird man leider damit rechnen müssen, daß der gegenwärtige Stand der Arbeitslosigkeit den Höhepunkt noch immer nicht erreicht hat. Wenn sich die zuständigen Steilen nun auch darüber klar sind, öasi Abhilfe geschaffen werden mutz und dab cs mit der Erhöhung der Beiträge zur Erwerbslosenvcrsichcrung nicht getan ist, so ist die Frage unbeantwortet geblieben, in welcher Weise die „Ankurbelung der Wirtschaft" erfolgen kann. Ter Vorschlag, der hier vertreten werden soll, zunächst einmal das Baugewerbe durch besondere Mabnahmen wieder zu beleben, ist keineswegs als eine einseitige Stellungnahme zum Nachteil anderer Ge werbe ansznsasse». Ist doch das Banhandwerk anerlannter- masten das Schlüsselgewerbe für alle anderen Wirtschafts zweige,' die Arbeitslosigkeit unter den Bauhandwerkern hat aber trotz der Hochsaison fast 60 Prozent ersaht. In vielen Städten ist der K l e i n w o y n u n g s b a u ins Stocken ge kommen, in anderen im Vergleich zu vorhergehenden Jahren bedeutend eingeschränkt worden. Tie private Bau tätigkeit war in den letzten Jahren unbedeutend und hat jetzt fast ausgchört. Es fehlt für den KlcinwohnungSbau an den Kapitalien, die ansicr den aus der Mietzinsftener gegebenen Zuschüssen benötigt werden. Der private Kapital markt scheut sich noch immer, für Klcinwohnungsbauten feste Darlehen zu geben, weil angenommen wird, das, bei dem Klcinwvhnungsbau unsolider als sonst gebaut wird und in absehbarer Zeit wegen höherer WohnungSansprüchc starke MietauSsälle und damit eine Gefährdung des investierten Kapitals eintrcten könnte. Dagegen sucht das slüssigein - und ausländische Kapital bei produktiven Neuanlagen gegen entsprechende Sicherheit eine Unterbringungsmöglichkcit. Hier aber sind dem Ab nehmer wegen der Höhe des weit über dem NeichsbankdiSkont liegenden Zinssatzes (8)4 bis 0 Prozents und wegen der hohen AnschasfnngS- bzw. Baukosten s70 bis 100 Prozent über VorkriegSwert) Schranken gesetzt. Beide Belastungen zu sammen sind für ein solid geleitetes Unternehmen meist un tragbar. Die in Gang befindlichen Besprechungen über Lohn- und Preisabbau werden sicher nicht ohne Kämpfe abgehen und längere Zeit erfordern, desgleichen Verhandlungen über Herabsetzung der beim Bau entstehenden Nebenkosten, wie Anlicgcrleistungen, Anschlüsse, öffentliche Abgaben, Transport kosten usw. Dagegen mühte cs möglich sein, dab durch schnellstens eingclcitcte Verhandlungen der zuständigen Stelle» des Reiches, Staates und der Gemeinden eine Zins- vcrbilligungöaktion sttr die private Bau tätigkeit herbcigeführt wird und dadurch das Baugewerbe als Schlüsselgcwcrbe wieder in Gang kommt. Das, selbst bei Zuschüssen zur Zinsverbilligung auS öffentlicher Hand N c i ch, S t a a t u n d G e m e i n d c n einen Gewinn haben, soll nachstehendes Beispiel beweisen: Ein Unternehmen will aus vorhandenem Grundstück einen Neubau errichten. Da das Unternehmen durch Ausnahme von Hypotheken ans vorhandene Werte Sicherheiten zu bieten ver mag, erhält es hierfür das benötigte Baugeld von 1 000 000 NM. bei 08 Auszahlung zu 814 Prozent auf fünf Jahre. Das bedeutet eine Zinsenlast von 86 000 RM. im Jahr. (Könnte bas Unternehmen keine Sicherheit bieten, wäre die Beschaffung von Baugcld, das später hypothekarisch eingetragen wird, schwieriger und würde bei niedrigerer Auszahlung sttr 8!4 bis 9 Prozent auf drei bis fünf Jahre fest zu haben sein.) Bet einem Bau im Werte von 1 000 000 RM. kann alS ErfahrnngSsatz daS Verhältnis von Lohnzahlung zu ver wendetem Material mit 46:55 gelten, also in diesem Fall 450 000 RM. Löhne zu 660 000 NM. Material. In letzterer Summe sind nochmals etwa 250 000 RM. Löhne enthalten. Wenn bei dem Bau 450 000 RM. für Löhne ausgcgcben werden, entspricht dies einer Bezahlung von rund 0400 Arbeitswochen, wobei die Woche mit 70 RM. Lohn und Unternchincrnnkvstcn gerechnet wurde. Während der an genommenen Bauzeit von zehn Monaten würde sich für Reich, Staat und Gemeinden folgende Einnahme ergeben: Von 650 000 RM. Material 2 Prozent Umsatzsteuer ---» 11000 RM.: von 260 000 RM. (Matcriallohn) 5 Prozent Lohnsteuer 12 600 RM..- von 450000 NM. Löhne 5 Prozent Lohnsteuer — 22 500 RM.; Einkommensteuer, Gewerbesteuer usw. 1,5 Prozent von loooooo RM. --- 16000 NM.: zusammen also 61 000 NM. Für die Arbeitslosenversicherung (Reich, Staat und Ge meinde) würden aus diese Weise aber 640» Arbeitswochen ü 20 NM., das sind 128 WO RM. in Wegfall kommen. Es ergibt sich also, das, bei einem zur Zeit durchgeftthrten Neubau von 1000 000 RM. Reich, Staat und Gemeinden innerhalb zehn Monaten 180 00«« RM. Einnahmen bzw. Er sparnisse haben würden. Hierzu kommt noch, Saft die Ein richtung des Baues wieder Beschäftigung Arbeitsloser mit sich bringt und nach Bezug die öffentliche» Kassen Einnahmen ans Anlicgerleistnngcn, Grund- und Geiverbcstcncrn, Ab nahme von Gas, Wasser und elektrischen Strom usw. haben. Wenn nun während der Jahre 1900 und 108t für private Bauvorhaben, die in der Lage sind, vom privaten Kapital markt Baugelder zu beschaffen, ans öffentlicher Hand ZinSzuschüsse von Vorschlags weise 8 oder 4 Prozent aus drei bis fünf Jahre gegeben würden, wäre die Zinscnlast für die betreffenden Unter nehmen tragbar, und die Durchsührnng de» Bauvorhaben» würde die Arbeitslosigkeit vermindern. Ein Zinscnzuschutz von 8 Prozent auf fünf Jahre würde für das angenommene Beispiel 150 000 RM ans öffentlicher Hand beanspruchen, denen aber während zehn Monaten Einnahmen bzw. ersparte Ausgaben von 189 000 RM. gegrniiberstehen. Bei Zurvers Vorstan-ssitzuns -er Volkspartei Bor wichtigen Entscheidungen - Dr. Scholz über -ie Sachsenwahlen Vraktinslckung nnsvrvr Svrllnai Lvllelktlattnag Berlin, 4. Juli. Die Sitzung des Z e n t r a l v o r st a n d e s d c r T c » t s ch e n V v i k S p a r t e t, der heute in Berlin zu- sammeiitrai, gestaltete sich durch die Rede dcS Vorsitzenden Dr. Scholz zu einer eindrucksvollen Strcsemann-Ehrnng und Nhcinlaiidscicr. Die grosie Versammlung erhob sich von de» Plätzen und hörte ergriffen dieWvrtc des Nedncrs über die Besretungspvlitik StrcscmaniiS an. Tr. Scholz bedauerte, das, der Name Stresemann in der Kundgebung der Reichs regierung nicht genannt worden sei, und wandte sich dann gegen die N a t i o » a l s o z i a l i st c n. die zwar stets von Freiheit und Tat redeten, aber für die geschichtliche Be- sreinngStat Strcsemanns auch nicht das geringste Verständnis ansbrachten. Der Zentralvorstand stimmte dem Gelöbnis des Vorsitzenden zu, im Geiste Stresemanns iveilerzuarbeiten, und bcschluf,, au die Witwe Stresemanns ein Tanklelcgramm z» senden. Die Ausführungen über die p o l i t i s ch e L a g e leitete Tr. Scholz mit einem Rückblick auf die Sachsen wähle« ein, die der Partei erhebliche Verluste gebracht hätten. »Durch verdoppelte Arbeit, denke ich", so fuhr er fort, »muh diese Scharte wieder wettgemacht werden. Ich habe vor dem RcichSanSschuh grundsätzlich erklärt, das, mir auch um die Schaffung eines neuen Aktionsprogramms für die Partes nicht herumkommcn. Gerade der Ausgang der Sachsen- Wahlen beweist, dass die Partei auch der Ocfsentlichkett gegen über ihr Parteiprogramm ergänze» muh. Es ist oft in diesen Tagen gesagt worden, dah die Hal tung der Deutschen Volkspartei gegenüber der jetzigen Regierung nicht im Geiste Stresemanns läge. Nichts ist falscher. Stresemann war es. der ans der letzten von ihm geleiteten Zciitralvorstandssitziing entschieden betont hat. dah es aus dem Gebiete der Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht so ivcitcr- gchc» könne wie bisher. Er hat deutlich zum Ausdruck ge bracht, dah. wenn bas Ziel der Befreiung erreicht sei, die Deutsche Volkspartei die Pflicht zur Führung in dieser Frage habe. , Wir dürfe» nicht nnterlasscn, diese Versuche zu erneuern. Wen» wir nicht ein stärkeres Interesse der staats bürgerlichen Kreise erzielen, dann züchten wir immer nur das mangelnde Interesse an den Staatsgeschästcn, das sich tn der W c> h l m ü d i g k c i t ausdrückt. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die an der Zukunft unserer Partei verziveiseln. Dazu haben wir auch nach dem Ausgang der Sachsenwahlen keine Veranlassung. Der nationale und liberale Gedanke wird auch in der Zukunft seine Kraft bewahren. Darüber hinaus brauchen wir aber eine bürgerliche Partei, die weder gesinnungslos hinter der sozialistischen Auffassung herlänst, noch in unsruchtbarer Negation verharrt. Wir handeln durchaus im Geiste Stresemanns, wenn wir ans diesem Wege entschiede» und entschlossen sortsahren. Wir betonen nicht erst seit Wochen und Monaten, dah die Gesun dung der deutschen Wirtschaft und der Finanzen nicht dadurch hcrbcigesührt werden kann, dah immer neue Lasten dem ohne hin viel zu sehr bedrückten deutschen Volk auferlegt werden, sondern das, umgekehrt äuherstc Sparsamkeit das einzige Mittel sei. um Wirtschaft und Finanzen wieder tn Ordnung z» bringen. Schon unser sogenannter BcrsaksungSantrag verfolgte dieses Ziel. Nicht unö trisst die Schuld, dah nicht damals schon durch die Annahme unserer Anträge derjenige Zustand vermieden morden ist, den wir hente beklagen. Die Negierung Brüning, die mit unserer lebhaften Zustimmung im Frühsahr ans Ruder kam, schien nnS der Beginn einer Zeit zu sein, in der die bürgerliche Wtrtschasts- und Finanzpolitik zum Durchbruch kommen sollte. Daö starke Vertrauen, das weit über die Kreise der Zentrumspartci hinaus in bürgerlichen Kreisen der Re gierung Brüning entgcgengebracht wurde, ist leider durch ihre bisherige Tätigkeit nicht in vollem llmsange gerechtfertigt worden. Das ist letzten Endes die Quelle der Differenzen, in denen wir heute auch mit der Negierung Brüning stehen, und auch die Quelle der uiicranicklichen Vorgänge, die sich mit dem Rücktritt Moldcnhaucrs verknüpft haben. Ich will hier nicht anklagen. Ich will die auherordentlich groben Verdienste Moldcnhancrs im Haag hervorhcbcn. Ich will anerkennen den besten Willen, mit dem er heranging an die Uebcrnahme der katastrophale» Erbschaft Hilscrdings. Aus der Deutschen Volkspartet lastet hier eine schwere Verantwortung. Aus der einen Seite wird es im Volk nur schwer verstanden werden, wenn die Deutsche Voltspartei diese bürgerliche Regierung im schwersten Augenblick allein lässt, aus der anderen Seite steht unsere grnndiätzlichc Auf fassung, die im Programm der Regierung Brüning keine Erfüllung findet. Dr. Scholz begründet dann den Standpunkt der Reichs- tagsfraktton znm Deckungsprogramm, das zum Teil gewisse Verbesserungen, anderseits aber wesentliche Ver schlechterungen gegenüber dein frühere» enthalte. Zu begrüben sei die starke Senkung der Aus gaben, die an der Spitze jedes FinanzprogrammcS stehen müsse, anderseits enthalte das Programm die sogenannte Ncichshilfe. Zwar seien die Sätze wesentlich herabgesetzt, was aber nicht die grundsätzlichen Bedenken beseitige, die die Partei gegen diese Art der Besteuerung erhoben habe. Jede neue Steucrbcmillignng sei tn diesen schwierigen Zetten nichts anderes als eine E i n n a h m c v e r in c h r u n g , wo mit die grobe Gefahr verbunden sei, dah sie tn ein Fas, ohne Boden geschüttet wird. Auch die Erhöhung der Ein kommensteuer müsse abgelehnt werden. Jede neue Stenerbelastung sei ein Fehlschlag, wenn sic das Moment der Kapitalflucht begünstige und anderseits die Ansammlung von Kapital im Inland verzögere oder verhindere. Schlichlich geht Dr. Scholz noch auf die Frage der sogenannten Parteiannähcrnng ein. „Ich habe", so führte er hierzu aus, „die stärksten An strengungen gemacht, um eine Sammlung derjenigen Parteien hcrbeizuführen, die gewillt sind, sich auf staats bürgerlichen Boden zu stellen und gemeinsam positiv am Staat nsttzuarbciten. Unter lebhafter Anerkennung der Haltung der W i r t sch a f t s p a r t e t, die bis zum letzten Augenblick bereit war, mit uns zu gehe», »ins, ich feststcllc», dah cs die Schuld der Demokratischen Partei und der B o l k s k o n s e r v a t i v e n Bereinigung war, wenn diese Bereinigung nicht zustande gekommen ist. Ich hoffe, das, das Ergebnis der Sachscnwahlcn vielleicht auch die anderen Parteien zwingen wird, eine gewisse innere Einkehr zu halten." (Die Verhandlung dauert bet Schluß der Redaktion an) Die „revolutionären" Nationalsozialisten Berlin. 4. Juli. Wie verkantet, haben sich der Gruppe republikanischer Nattoiialsoztalistcn, die setzt im Gegensatz zur Httlerpartet die Gründung einer eigene» Organi sation beschlossen hat, noch folgende Leute angescklvssen: Ernst Jünger, Laß, Techow, Arnolt Bronne n, der Redak teur Partei von der Wochenschrift „Die Kvminciidc»". Auch der Name des Grasen R c v e n t l v w wurde i» diesem Zu sammenhänge genannt, doch scheint er nickt z» dieser Gruppe zu gehören, da die nationalsozialtstisckc Rctckstagssraklion gestern eine Erklärung abgab, laut der sie geschlossen hinter de», Parteiführer Hitler steht.