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Schönburger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Sonntags sine Gratisbeilage „Der Erzähler". Preis vierteljährlich 1 Mk. AO Pf. Alle Poitanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Bestellungen an. JnsertionSgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nicht abonnenten 10 Pf. Jnseraten-Annahme für die nächsterscheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Waldenburg, Sonnabend, den 3. April l«7S. Bekanntmachung. Nach den über die Versicherung der Gebäude gegen Brandschaden be stehenden gesetzlichen Bestimmungen muß jeder Neubau, jede bauliche Veränderung an einem Gebäude, durch welche der Werth desselben sich um mindestens 5 Procent erhöht, sowie jede Veränderung in der Be- nutzungstvcise des Gebäudes, welche eine veränderte Clafsenstellung be dingt binnen 14 Tagen von Zeit der Vollendung des Baues oder der Veränderung, beziehendlich der Ingebrauchnahme an, bei der Verwaltungsobrigkeit, also in Städten bei dem Stadtrathe oder dem Bürgermeister, auf dem Lande bei der Amtshauptmannschaft zur Versicherung und Catastration angemeldet werden. Die Unterlassung dieser Anmeldung zieht nicht nur die geordnete Strafe nach sich, sondern hat auch für die Betheiligten den großen Nach theil, daß in einem Brandfalle Alles das, was nicht ordnungsmäßig ange meldet ist, unberücksichtigt gelassen und nicht entschädigt wird. Im eigenen Interesse der betreffenden Gebäudebesitzer nimmt daher die Königliche Brandversicherungs-Commission Veranlassung, dieselben mit tels dieser Bekanntmachung zu der vorschriftmähigen Anmeldung aller nach Obigem anmeldepflichtigen Bauten und Veränderungen in und an Gebäuden um so dringender aufzufordern, als bei den Vor bereitungen zu der neuen Classificirung der Gebäude sich ergeben hat, daß die Zahl der nicht angemeldeten Objecte der gedachten Art dermalen noch eine sehr bedeutende ist. An die Stadtrathe, Bürgermeister und Gemeindevorstände aber ergeht hierdurch zugleich Anordnung, nicht nur in geeigneter Weise dafür zu sorgen, daß diese Aufforderung zur Kenntniß aller Gebäudebesitzer in städtischen und ländlichen Gemeinden gelangt, sondern auch ihres Orts darüber zu wachen, daß den auf die Anmeldung versicherungspflichtiger Objecte bezüg lichen gesetzlichen Vorschriften allenthalben entsprochen wird. Dresden, den 15. März 1879. Königliche Brandversicherungs-Commission. von Oppen. Schreiber. Politische Rundschau. »Waldenburg, 4. April 1879. Mit Befriedigung constatirt die „National- Zeitung" die heilsamen Wirkungen des So- cialistengesetzes, hebt dann aber hervor, daß mit der Zeit mehr geschehen müsse, nicht durch das Gesetz, sondern durch die Thätigkeit der bür gerlichen Gesellschaft. „In vielen Gemüthern hatte der Zweifel die Oberhand gewonnen, ob der Mensch im Stande sei, durch tüchtige und recht schaffene Anstrengung seine Lage zu verbessern, sein Geschick zu fördern; ob der Erfolg unserer Bestrebungen der Anstrengung werth sei; die socialdemokratische Agitation hat es vermieden, irgend etwas Positives zu schaffen, sie setzte dem, was andere schufen oder zu schaffen versuchten, teuflischen Spott entgegen. Auf einen künftigen plötzlichen Umschwung aller Dinge zu hoffen, schien ihr allein des verständigen Menschen wür dig. Der focialdemokratischen Agitation, soweit sie zu Umsturz und Gewaltthätigkeiten auffordert, sind wir mit geringeren Opfern als je zuvor ein anderer Staat Herr geworden. Von ihr haben wir nichts mehr zu fürchten. Des nihilistischen Zuges aber, der die Geister und Herzen ankrän kelt und vergiftet, sind wir nicht Herr geworden und können wir durch Gesetze nicht Herr werden. Hier giebt es nur die eine Hilfe, daß ein Jeder an der Stelle, an welcher er berufen ist, seine Anstrengungen zu gemeinnützigem Wirken verdop pelt. Die völlige Heilung kann nur aus der Tiefe der Gesellschaft selbst kommen." In Ungarn hat das Unterhaus den Abge ordneten Szlawy mit 174 von 218 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Die Amnestirten der Pariser Commune fangen an, sich in Paris in ergenthttmlicher Weise bemerkbar zu machen. So hat der eben amne- stirte berühmte Geograph Elysee Rsclus in den radicalen Blättern ein Schreiben veröffentlicht, in welchem er sagt, er würde ein verächtlicher Mann sein, wenn nicht sein erstes Wort in der Heimath ein Wort der Solidarität und der Achtung für seine Verbannungsgenoffen wäre. Man sieht, der bevorzugte Communard sucht den Verdacht von sich abzuwälzen, als halte er sich nun für einen anständigeren Mann, als seine nicht amnestirten Genossen. Auch die in Genf wohnenden, nicht amnestirten Commune-Verur- theilten wollen sich nicht diese Sonderung in Schafe und Böcke gefallen lassen. Sie publi- ciren einen Protest, der sich gegen die Auslassun gen der französischen Consularagenten im Aus lande richtet, weil dieselben in öffentlichen Kund gebungen erklärt hatten, daß — nach Volirung des Amnestiegesetzes durch die französische Kam mer — nur noch Mörder und Diebe sich in der Verbannung befinden. Der belgische Finanzminister begehrt von der Volksvertretung die Bewilligung von 100,000 Frcs. zur Beihülfe für die Beschickung der In dustrieausstellung, welche zu Sidney in Austra lien im nächsten Herbste veranstaltet werden soll. Dem dänischen Parlamente (Landsthing und Folkething) ist in der vorigen Woche in zwei tägiger geheimer Sitzung von dem Minister des Auswärtigen Mittheilung über die Verhandlun gen, betreffend die Aufhebung des Artikels V des Prager Friedens gemacht worden. Der Minister verlas eine Reihe von Aktenstücken, die Alles umfaßten, was seitens der dänischen Regierung geschehen ist, um eine Entscheidung im Geiste des nunmehr beseitigten Vertragsartikels herbeizu führen. Als Passavante, so berichten die neapolita nischen Blätter, nach der Verlesung des Begna- digungsdecrets in seine Zelle zurückgeführt wurde, soll er lange Zeit geweint und ein über das andere Mal gerufen haben: „Das Herz, das in der Brust des Hauses Savoyen schlägt, konnte füglich nicht anders handeln!" Der alte Garibaldi wollte am 3. d. in Rom eintreffen; er soll die Absicht haben, eine italie nisch-griechische Legion zu bilden. Die spanische Infantin Christine hat die Sterbesacramente erhalten. Der Petersburger Botschafter v. Schweinitz trat am 2. d. den ihm behufs Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligten mehrmonatlichen Urlaub an; bis zum Eintreffen seines als Ge sandter in außerordentlicher Mission fungirenden Vertreters (Gesandten von Alvensleben in Darm stadt) wird der zweite Botschaftssekretär, Prinz Arenberg, die Petersburger Botschaftsgeschäfte führen, v. Schweinitz hat bekanntlich beim Ge burtstage des Kaisers einen Aufsehen erregenden Toast gehalten. Die indo-britischen Meldungen von der Absicht Jakub Khan's, den Krieg gegen die Engländer fortzusetzen, werden durch ein Telegramm des Correspondenten des „New-Aork Herald" in Hebung eines Exportzolles auf allen aus dem Lande verschifften Salpeter beschlossen, die Be sitzer der Salpeterwerke weigerten sich, diesen zu zahlen, worauf ihre Verhaftung angeordnet wurde. Viele derselben flohen an Bord eines chilenischen Kriegsschiffes, welches ihnen Schutz gewährte. Darauf hin begann Bolivia zum Kriege zu rüsten, und Chile blieb weiter nichts übrig, als dasselbe zu thun. Zwischen den südamerikanischen Republi ken Chile und Bolivia scheint ein Krieg aus brechen zu wollen, und zwar aus folgendem Grunde: Die Regierung Bolivia's hatte die Er- Taschkent bestätigt. Derselbe berichtet unterm 30. März, daß General Kaufmann ein Schrei ben des Führers der letzten afghanischen Gesandt schaft erhalten habe, in welchem ihm derselbe mittheilt, daß die Autorität des neuen Emirs allge mein anerkannt werde und diesbezüglich vollkom men Ruhe in Afghanistan herrsche. Jakub Kahn sei entschlossen, die Intentionen seines Vaters durchzuftthren und den Krieg gegen die Eng länder bis zum Aeßersten fortzusetzen. Parlamentarische Verhandlungen. Reichstag. 3. April. Die Commission für Wucheran träge hat sich constituirt. Zum Vorsitzenden ist Abz. von Schwarze, zum Stellvertreter Abg. Mar- quardsen gewählt worden. Das Haus fährt in der zweiten Berathung des Wechselstempelsteuergesetzes fort, wozu verschiedene Amendements, betreffend die Normirung der Steuersätze, vorliegen. Bei der Discussion treten Bundescommiffar Aschenborn und Minister Hof mann für die Sätze der Regierungsvorlage ein. Das Amendement des Abg. Möring wird mit 107 gegen 101, ein anderes Amendement des Abgeordneten Bamberger mit 114 gegen 101 Stimmen abgelehnt. Der Entwurf wird nach der Regierungsvorlage angenommen. Hierauf folgt die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Consulargerichtsbarkeit. Staats- secretär Friedberg erläutert und begründet den Entwurf, das Haus verweist denselben nach un erheblicher Debatte an eine einundzwanziggliedrige Commission. Der Reichstag erledigte schließlich eine Reihe Wahlprttfungen durchweg nach den Beschlüssen der Commission.