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UMmm Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag n. Sonnabend. Abonnements»reis einschließlich zwei illustrierter achtseitigen Beilagen sowie eines illustrierten Witzblattes 1,50 Mk. ZeiiNy lüt WMMh,HeiskrMch Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Reklamen 20 Pf. Annahme von Anzeig en für all« Zeitungen. Klein- nnv Großölsa, Obernaundorf, Hamsberg- Somsdorf, EsUmmmsHorf, Mban, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindliche PublikaUonskraft für amtliche Getaantmachnagen. Nummer 96. Kernspr-cher: Amt Deuben 2120 Dienstag, den 16. August 1910. Kernsprecher: Amt Deuben 2120 23. Jahrgang. Aus Nad una frrn. Rabenair, den 15. August 191O. — Herr Amtshauptmanu Dr. Streit in Dresden-A. ist vom 17. August bis 17. September beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Regieruugsrat Jahn ver treten sein. — Ein weiteres Steigen der Fleischpreise wird von der „Dtsch. Flcischerzeitung" in Aussicht gestellt, und zwar infolge des vom österreichischen Handelsmiuister er wogenen Ausfuhrverbots von Schlachtvieh. Dadurch würde Süddeutschlaud empfindlich getroffen. — Anfang Oktober beabsichtigt ter Obstbauverein Tharandt, zu dem die Sektion Rabenau zählt, eine Obst ausstellung mit Obstmarkl und Verlosung im „Albertsalon" zu veranstalten. Die letzte Ausstellung fand vor wenigen Jahren statt und erzielte man damals ein recht erfreu liches Ergebnis. — Bei dem am Sonntag abgehalteuen Gauturncn des Müglitztalgaues in Liebstadt erhielt Herr Paul Geißler hier von den wenigen ausgesetzten Preisen den 4. zueikanut. Christentum — G lo ck en kl ing e n. Viel Glocken tönen allwärts vielgestaltig, voll Zartheit lockend, bald in Kraft gewaltig. Bis zu den Wolken geht ihr Klingen und die Weite gibt jedem Klange Farbe zum Geleite. Doch zwischen all dem großen reinen Klingen hör ich ein unrein, häßlich falsches Singen; denn neben all der Liebe und der Schöne klingt scheelen Neids und Haffes trüb Getöue. Und würd mit Menschen- und mit Eugelzungen der Liebe und der Wahrheit Lied gesungen — der Bosheit und der Klatschsucht trübe Fluten umspülen, schwemmen fort, was noch in guten Menschen still gewohnt. Ob es sich lohnt den großen Kampf zu wagen? Und wollt ich an die große Glocke schlagen, was an Verleumdung still ich hab getragen, <s würde gellen in die Höh'n und Tiefen, sein Klang würd' wecken, die in Lauheit schliefen . . . — doch nein. — „Was gcht's mich an, nur nicht erregen!" Und weiter geht in ausgetretnen Wegen die stumpfe Herde. Drntb. — Herr Ingenieur Friedrich in Deuben wurde von der Amtshauptmaunschast in sein Amt als Direktor des Elek trizitätswerks für den Plauenschen Grund eiugewiesen. — In der Mittwoch-Nacht hat ein 16jähriger Lehrling aus Tharandt heimlich das Elternhaus verlassen. Von einem Ott bei Schandau sandte er seine Kleidungsstücke zurück, ohne über das Ziel seiner Reise etwas verlaufen zu lassen. — Aus Veranlassung eines in Wilsdruff beabsichtig ten Streiks in der MöbcIbranche hielten die Wilsdruffer Industriellen eine Versammlung ab, in welcher einstimmig beschlossen wurde, ans die gestellten Forderungen nicht einzugehen. — Wie aus Possendorf gemeldet wird, ist auch dort ein derartiger Zufall zu verzeichnen, daß wie in einer Hai nichener Familie Vater, Mutter und Kind an ein und dem selben Tage Geburtstag habe». — Der Ausschuß der Deutschen Turuerschast hat in seiner ützten Sitzung beschlossen, von einer Bewilligung von Ehrenbriefen vorläufig abzusehen, da bei der Unmasse von eingehenden Gesuchen eine Befriedigung der Wünsche un möglich ist. Ein Unterausschuß wird die Sache prüfen und später darüber berichten, ob das Fortbestehen der vom Aus schuß geschaffenen Ehrung möglich und durchführbar ist. — Der Stadlgemeinderat von Johanngeorgen stadt sucht die Niederlassung neuer Industrie zweige möglichst zu fördern, damit die arbeitende Bevölke rung nicht nur auf einen oder zwei Erwerbszweige angewiesen ist, wie es in der Hauptsache dort der Fall ist, sodaß beim Darniederliegen einer der Hauptindustrieen die Stadt in ihrer wirtschaftlichen Lage schwer geschädigt wurde. So ist einem Industriellen aus Neichenbach zur Errichtung einer neuen Industrieanlage ein geeigneter Bauplatz unentgeltlich überlassen worden und wegen Steuererleichterung schwebet« die Ver handlungen noch. — Uebec Vorgänge in den König!. Muldener Hüttenwerken sind gegenwärtig maßlos übertriebene Gerüchte im Umlauf. Man erzählt sich, daß von Arbeitern in der König!. Münze aus beiseite geschafftem Silber eigen mächtig Münzen geprägt und in Umlauf gebracht worden sind. In Wirklichkeit handelt es sich nnr uin einen ganz gering fügigen Münzdiebstahl, der allerdings die Entlassung einiger Arbeiter zur Folge gehabt hat. — Dec Arbeiterturnerbund Deutschlands — 4- Kreis (Sachsen) — hatte seine Mitglieder zum ersten Kceisturnfest am Sonntag, den 7. Aug. nach Chemnitz geladen. Dieser Einladung hatten über 10 000 Arbeiterturner Folge geleistet, die aus allen Teilen Sachsens herbeigeströmt waren. — Im Büttnerschen Gasthof fand ain Freitag Abend eine gutbesuchle Einwohnerversammlung statt, welche sich mit der geplanten Errichtung einer neuen Kirche in Großölsa beschäftigte. Der Referent, Herr Redakteur Düwell, verlas zunächst eine Erklärung des Herrn Pfarrer Thomas-Seifersdorf, nach der letzterer wegen Zeitmangels nicht erscheinen kann. Düwell kritisierte diese Ablehnung, der Versammlung beizuwohnen; der Plan einer Kirche in Groß ölsa sei von Seite des Pfarrers zum inindesteu unterstützt worden, so daß es sehr erwünscht gewesen wäre, eine Be gründung des Planes inmitten der Versammlung zu hören. Weiter ging der Vortragende von dem Gedanken aus, daß Religion Privatsache sein müsse und gab eine Bibelauslegung in sozialein Sinne, bei der der Spruch „Liebe deinen Nächsten" genannt wurde. Ein Hauptkecupunkt sei bei Kicchenbauten der finanzielle Standpunkt. Habe man in Großölsa genügend Geld übrig zu einein Kirchenbau? Dem Superintendenten solle ausgefallen sein, so habe inan dem Referenten erzählt, daß die Großölsaer Kommunikantenziffer gefallen sei. An sich werde die Seifersdorfer Kirche wohl nicht ständig überfüllt sein. Von den 30 000 Mark, die die Großölsaer Kirche kosten soll, solle die Gemeinde 10 000 Mark beitragen. Die 10000 Mark könnten sich sehr leicht nach Fertigstellung der Kirche um ein beträchtliches erhöhen. Im ganzen bringe Großölsa 8900 Mark Gemeindeanlagen auf; 904 Mark entfielen auf die Kirche, 4000 Mark auf die Schule, 2000 Mark auf deu Wegebau und 2600 Mark auf die Armenkasse. Ein Ver sammlungsbesucher hielt es für erwünscht, daß von feiten des Gemeinderates eine Darlegung der Vorgeschichte des Planes erfolgen möchte. Ein Angehöriger des Gemeinderates be merkte, Herr Gemeindevorstand Menzer habe im Gemeinderat erklärt, der Kommunikanten-Nückgang sei einberichtet worden und glaube der Superintendent, die Ursache desselben sei der weite Weg nach Seifersdorf. Die von Düwell erwähnten 20 000 Mark werde die innere Mission geben. Die Bewilli gung der 10 000 Mark zum Kirchenbau sei im Gemeinvccat mit 8 gegen 3 Stimmen angenommen worden mit der Be dingung, daß ein Mehrbetrag nicht entstehen dürfe. Ein Ein wohner meinte, es werde nicht bei den 10000 Mark bleiben; wer A sage, müsse auch V sagen. Großölsa stehe noch vor großen Ausgaben. Seit Jahren spiele der Schleusenbau, der auch eine beträchtliche Summe fordern werde. Bei einem Kirchenbau würden die Unansässtgen nach Möglichkeit in an- dere Orte ziehen, sodaß ev. viele Häuser leer stehen würden. Auch die Gründung einer Feuerwehr sei als schwebendes Projekt zu betrachten; ebenso werde ein neuer Gemeindevoc- stand, wenn er einmal komme, nicht so billig sein wie dec jtzige. Ein weiterer Versammlungsbesucher erwähnte, überall, wo eine Kirche gebaut worden sei, sei der Voranschlag über schritten worden. Schließlich nahm man einstimmig eine Resolution an, nach der inan dem vom Gemeinderat beschlosse nen Kirchenbau widerspricht, weil ein solcher der schon genug belasteten Gemeinde neue Opfec aufbürden würde. Man er warte seitens des Gemeiuderates die Rückgängigmachung seines Beschlusses. — In Kötzschenbroda hat sich in der Serkowitzer Straße ein schwerer Unglücksfall ereignet, dem leider zwei Menschenleben zum Opfer gefallen sind. Der Besitzer des Grundstückes Nr. 4a, Schulze, machte sich an einer in seinem Garten kn kindlichen Senkgrube zu schaffen, als er, von giftigen Gasen betäubt, in diese Hineinstürzle. Der 11jährige Sohn wollte nun nachfehcn, was dem Vater geschehen sei, wurde aber selbst von den aufsteigenden Gasen betäubt und stürzte ebenfalls in die Grube, Ein Hausbewohner, der Fabrikar beiter Dnysig, war auf deu Vorgang aufmerksam geworden und wollte den Verunglückten Hilfe bringen, aber auch er wurde von den giftigen Gasen ohnmächtig und stürzte nach. Den Bemühungen von zwei Männern gelang es dann, zu nächst den Hauswirt hecaufzubringen, worauf, nachdem in zwischen die Feuerwehr eingetroffen war, auch die beiden an deren Personen aus der Grube befördert wurden. Unterdessen war auch ein Arzt, Herr Dr. Lenk, gerufen worden, der sich mit großer Ausdauer bemühte, die drei Ohnmächtigen wieder zum Bewußtsein zu bringen. Dies halte aber nur bei Herrn Schulze Erfolg, während dessen Sohn und der Arbeiter Drehsig leider der Vergiftung erlegen sind. Der Familie des letzteren wendet sich umso größere Teilnahme zu, als außer der Witwe eine große Zahl Kinder Vas jähe Hinscheideu des Vaters betrauern. Herr Schulze befindet sich außer Lebensgefahr. — Ain Freitag abend schoß der 40 Jahre alte Ar beiter Schneider, der in Dahlen bei Oschatz wohnhaft ist, auf seine 19jährige Geliebte und traf sie am Kinn. Ec wurde verhaftet. — Jin Dresdner Schnellzug wurde auf der Strecke Bodenbach-Aussig einem Amerikaner namens Albert Backer von einein internationalen Eisenbahndieb die Lsder- tasche init Schmuckgegenstä'ideu, sowie amerikanischem Gold- und Silbergeld und ein auf 95 Pfund lautender Kreditbrief der Londoner Bank gestohlen. Dresden» Ain Sonnabend abend erhängte sich in der Betrunkenheit ein 32 Jahre alter Markthelfer aus Zalenze in seiner Wohnung in der Nordstraße. — Durch einen Sturz vom Rade ist auf der von Klotzsche nach Dresden führenden Chaussee ein Radfahrer verunglückt. Ec wurde abends 9 Uhr von Straßenpassanten bewußtlos aufgefunden. Anscheinend hatte der Verunglückte, der wahrscheinlich durch Anfahren au einen Baum schwer zu Schaden kam, innere Verletzungen davongetragen. — Kleine Notizen. Die bei dem Gutsbesitzer Franze in Seeligstadt bei Radeberg bedienstete Magd Hippe ge riet in die Mähmaschine, wodurch ihr ein Fuß fast gänzlich abgeschnittcn wurde. — Ju der Brettschueiderschen Pappen- fabcik in Wolfs grün stürzte der 30 Jahre alte Werk- fühcer Böttcher, als ec ein Ventil schließen wollte, in einen mit heißen Wasser angefüllten Bottich und verbrühte sich derart, daß er unter großen Schmerzen starb. — Ein junges Mädchen in Dornt Hal bei Sayda fiel infolge Bruches des Heu baumes vom Wagen und erlitt derartige Verletzungen, daß der Tod eintrat. — In einem Anfall von Geistesstörung ent fernte sich die 39 Jahre alte Frau M. aus ihrer Wohnung. Wie sich später ergab, hat sie sich im Filzteich, wo ihre Leiche gefunden wurde, ertränkt. — Der 19jährige Arbeiter Paul Wolf, der sich ain Donnerstag auf dein Friedhof inZwickau eine Kugel in den Kopf geschossen hatte, ist am Sonnabend im Krankenhause gestorben. — VomZuge zermalmt wurden in der Nähe von Benfeld bei Straßburg fünf Streckenarbeiter. Ein sechster wurde schwer verletzt. Der Grund wird dichtem Nebel zugeschoben. Der Lärm eines Güterzuges, sowie der Nebel ließen das Arbeitspersonal nicht gewahr werden, daß auf dem Gleise, auf dem sie arbeiteten ein Personenzug nahte. — Der Kaufmann Hartmann aus Leipzig ist auf der Fahrt von dort nach Weißenfels mit seinem Aulomobil gegen einen Chausseebaum gefahren. Das Fab z iig wurde zertrümmert. Hartmann wurde herausgeschleudeci und eOüt einen schweren Schädelbruch. Seine Frau und der Chanff-ur blieben unverlcht. Der Verunglückte starb auf dun Tcamport nach seiner Wohnung. — Das Opfer des Mordanfalles in der Liviastr. in Leipzig, das Dienstmädchen Hulda Seyferth, ist von den schweren Verletzungen, die ihm der Verbrecher zu Anfang dieses Jahres beibrachte, soweit genesen, daß es sich vor einigen Tagen in das Frauenheim zu Borsdorf begeben konnte, um sich dort von den überstandenen Leiden zu erholen. — Aus Gram über den Tod seines Vor einigen Tagen Verstorbenen Freundes hat sich ein 17jähriger Barbierlehiliug in Glauchau durch Erhängen entleibt. Der junge Mann erhängte sich, während die Familie seines Lehrherrn nicht im Hause anwesend war, in der Küche an der Tür. — Auf der Eisenbahnlinie Triplis—Maixgrün hat sich ein schweres Unglück ereignet. Ler Schweinehändler und Landwirt Hugo Staps aus Moßbach bei Auma war mit Getreideeinfuhren beschäftigt und passierte dabei den schrankenlosen Bahnübergang bei Moßbach. Auf dem mit einem Pferde bespannten Wagen saßen noch seine Frau und zwei Töchter im Alter von 7 und 12 Jahren. Als der Ge treidewagen auf deu Schienen angelangt war, brauste der von Lobenstein kommende Personenzug heran und fuhr in den Wagen hinein. Frau Staps wurde unter den Zug ge schleudert, überfahren und arg verstümmelt. Die Fleischteile mußten von den Rädern entfernt werden. Dem 7jährigen Töchterchen wurden der Kopf und die Hände abgefahren. Die 12jährige Tochter wurde schwer verletzt, besonders am Rücken. Staps selbst kam mit leichteren Verletzungen davon. Der Wagen wurde zertrümmert, während das Pferd unverletzt blieb. — Großfeuer zerstörte am Sonntag abend die bel gische Abteilung der Brüsseler Weltausstellung, die englische Abteilung und Alt-Brüssel. Der Brand soll in dem in der Halle unlergebrachlen Postamt durch Kurzschluß entstanden sein. Das Feuer griff auch auf das Stadtviertel Alt-Brüssel über und vernichtete dasselbe fast vollständig. Es sollen sich etwa 200000 Menschen auf der Ausstellung be funden haben. Die Feuersbrunst zerstörte jedenfalls auch die fran zösische Abteilung, nur die deutsche und die holländische Abteilung sind unversehrt. Die Feuerwehr scheint vollständig machtlos zu sein. Bis jetzt ist nicht bekannt geworden, ob Verluste an Menschenleben zu beklagen sind. Im Augenblick, als der Brand ausbrach, soll das Stadtviertel Alt-Brüssel mit Menschen vollgepfropft gewesen sein. — Als an einem der letzten Tagen die Patiouille auf dem Schießplätze bei Gonsenheim einen Kontroll gang unternahm, fand sie deu Wachtposten weinend am Boden liege». Ec gebärdete sich wie rasend und rief: „Ich habe einen Kameraden lotgeschvssen!" Im Lazarett, in das er überführt wurde, glaubte man konstatieren zu müssen, daß er irrsinnig geworden fei. Inzwischen wurde, wie es heißt, durch verschiedene andere Poste», die in der Nähe auf Wache standen, festgestellt, daß tatsächlich zu der fraglichen Zeit zwei scharfe Schüsse abgegeben worden sind. Ein sofort vorgenommener Streifzug blieb ergebnislos.