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Sonntag —-— Nr-191. .—— K. Oktober 1843. ' UHU Deutsche Allgemeine Zeitung. WM Auslandes. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Geseh!» U-»--vtick. jveutschlanb. *pon der sächsich-attenburgischen Grense. Die Landgemeinden. * München. Das Octobcrfcst. Die Künstler. Der Kronprinz und die Kronprinzessin. * Hannover. Das Lager von Lüneburg. Seine fürstlichen Theilnehmer. Lüneburg. Unpäßlichkeit des Königs. Krankheiten. Unfälle. Kassel. Ständeversammlung. 4>reuHen. -t- Kerlin. Das posener Attentat. * Posen. Bekanntma chung in Bezug auf das Attentat. ° Kerlin. Die Kindervereine für Kinderrettung. EpatUes«. * Paris. Die Wahlen. Sieg der AyacuchoS in Sevilla. Ge neral Mazarreoo. Wiederanfang der Feindseligkeiten in Barcelona. Saragossa. Thätigkeit der Anti Cornlaw League. O'Connell fällt gegen Ludwig Philipp aus. Citywahlcn. Krankretch. Uebertritt zum Protestantismus. Was das Journal des Dcbats dem König Otto anräth. f Mets. Scheinbelagerung. Das französische Geniecorps. 'Nismes. Die «Presse» über die Unruhen in Italien. Merkwürdiges Ouecksilberlagcr. Frankreichs Boden. Der Abbe Paramelle. Die Naufrageurs. Diel.Auswanderung nach Al gerien. Hohes Lebensalter. Attebtklsnve. Budgetverhandlungen. Italien. f- Nom. Rüstungen gegen Bologna. Cardinal Bernetti. Mord ihat. Die Kleideroerbrennungen. Triechenlanb. 1- Athen. Die Revolution. Ein des Berraths Ver dächtiger. Belohnungen. Der Eid der Lruppen. Einberufung dcrRa- ttonalversammlung. Abreise der Prinzessin von Oldenburg. Wtvntsneg»». von der türkischen Grense. Friedensanträge von Seiten der Türks«. Ueberfall der Albanesen gegen Montenegro. Atürkei« *Ävnstantinopel. Der Inhalt der Collectivnote der Schutz mächte an die griechische Regierung. Ob Griechenland für eine Con stitution reif sei? Der griechische Consul. G«»be1 jUndusttrte. s Leipsia. Die Versammlung der deut schen Industriellen. Die Messe in Risthnei-Nowgorod. / 7/ .. *von der öäfhsisch-altenburgi-chen Grense, 5. Oct. Bei den mancherlei Unvollkommenheiten und Mängeln, die das Ge- mein del eben in verschiedenen deutschen Staaten an sich trägt, und die von allen Verständigen anerkannt und gemisbilligt werden, zeigt sich beinahe allenthalben die leidige Gewohnheit, die Schuld davon allein oder zum größten Theil aus höher Stehende zu wälzen und allein von oben herab Abhälfe zu erwarten. Es muß hierbei zuvörderst als Thatsache bemerkt werden, daß von Seiten der Behörden für die Be förderung der Kultur deS platten Landes seit einer Reihe von Zähren außerordentlich viel geschehen. Wir erinnern an die nicht geringe Zahl von Gesetzen und Verordnungen, di« im Laufe der Zeit zu Gunsten der ländlichen Verhältnisse gegeben wurden, an die Befreiung des Grundeigenthums von drückenden Lasten, an die Förderung der Land- wirthschaft; wir erinnern ferner daran, wie in Preußen die Landräthc, in Sachsen die AmtShauptlcute, im Herzogthum Altenburg die Kreis hauptleute Organe der obern LandcSbehörden sind, deren Thätigkeit vor zugsweise den ländlichen Interessen und Gemeinden gewidmet ist; wir erinnern endlich daran, wie m gewerblicher Beziehung für den Land bewohner durch Beseitigung mancher unbequemen, wo nicht drückenden Bann - und JnnungSrechte eine in der That große Erleichterung ein- gctretrn ist, anderer ähnlicher Erscheinungen, z. B. der Herabsetzung der Grundsteuern, der im Geiste der Zeit verbesserten Landgemeinde- ordnuyg in Sachsen, des eifrig gepflegten Volksschulwesens rc. nicht zu gedenken. Und dennoch, fragt man nach den Resultaten dieser An-. ordnungen, die man doch nach beinahe dreißig Friedensjahren zu suchen berechtigt ist, fragt man nach den Früchten deS Grmeindelebens, die man nach einer solchen Aussaat wohl erwarten darf, so wird di« Acrnte nur sehr spärlich sc,in, und der eigentliche Erfolg Dessen, was von Seiten der Regierungen für materielle Interessen, für Förderung der geistigen Bildung, für Hebung des sittlichen Lehens ic. gethan worden ist, doch nur als gering bezeichnet werden können. Mag cs sein, daß die große Menge von Gesetzen und Verordnungen, die papierene Sündflut, wie man sie genannt hat, mit den vielen Modifikationen, Revocationm und Explikationen, in dieser Beziehung insofern nachtheilig wirkte, als die OrtSvorstände, Schulzen, Dorfrjchter, von dieser Masse überwäl tigt, nur den kleinsten Theil davon im Kopfe behalten und zur Aus führung bringen konnten, sodaß gegenwärtig eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Befehlen gegeben werden, die so gut als nicht befolgt werden; mag cs ferner sein, daß die Kirche, indem sic eine mehr iso- lirte und namentlich der Gemeinde als solcher fremde Stellung ein genommen, auf das Gemcindeleben keinen sehr bedeutenden Einfluß äußert und besonders durch den Umstand, daß jene an den Prcdiger- wahlen keinen wesentlichen Antheil nimmt, sich immer mehr von der selben entfernt; mag es endlich sein, daß auch die Schule für diese Zwecke nicht genügend verarbeitet, theils weil die Noth der Lehrer, die chatsächlich noch an vielen Orten herrscht, die Wirksamkeit derselben schwächt, theils weil ihre Thätigkeit nur auf die Räume der Schule beschränkt und deshalb von der Erziehung außerhalb derselben geradezu ausgeschlossen ist: so viel ist doch unläugbar, daß an den Mängeln, Unvollkommenheiten und Schwächen des Gemcindelebens die Gemein den selbst die größte Schuld tragen: es fehlt der edle Gemeinsinn, die recht« Regsamkeit, der wahre Muth, und doch können nur dadurch die ersten Elemente zum Emporblühen der Landgemeinden, die in diesen selbst liegen, zur Entwickelung und zum Gedeihen gebracht werden. Ein tüchtiger Orts- und Gemeindevorstand, der nicht blos sein Ge« meindcbuch hält und Protokolle schreibt, sondern von Worten zu Tha- ten schreitet und über kleinliches Raisonnement sich hinwegsetzt, wie viel kann durch ihn ausgerichtet werden! wie mancher unbenutzte Ge° meindeplatz kann durch ihn nach wenigen Jahren ein freundliches An sehen gewinnen und eine gute Rente gewähren! wie > leicht ließen sich die Sümpfe, denen noch manche Dörfer gleichen, austrocknen und die Dorfwege, die noch so oft verwünscht werden, verbessern! welcher wohlthätigen Rcgulirung dürfte dann das Armenwesen ent- gegensehen, daS jetzt in so vielen Dörfern ganz im Argen liegt! UNb hätte ein solcher Ortsvorstand noch mehr executive Gewalt, träte er mit Kirche und Schule in engere Verbindung, statt sich zu isoliren, wie könnte dann die Sittenlosigkeit gezügelt, dem Leichtsinn in der Vermögensverschwcndung gesteuert, manche unnöthige Schreiberei ge spart, das Gemeindevermögen sorgsamer verwaltet, die öffentlichen Bauten zweckmäßig auSgeführt und eine gewisse Aufsicht bewerkstelligt werden, die bessere Dienste als die Polizei leisten möchte. Diese Män gel im Gemeindeleben sind in einer eben erschienenen Broschüre: „Der Schade Joseph's an.unsern Landgemeinden", gcsinnungsvoll aber frei- müthig aufgedeckt und dabei die Beweise beigebracht worden, daß die Gegenmittel nicht allein von oben erwartet werden dürfen, sondern daß sie hauptsächlich in den untern Regionen liegen. Was der preu ßische CultuSminister in seinem Schreiben an die Generalsupcrinten- denten unterm Iv. Jul. d. I. ausspricht, daß eine gründliche Abhülse der der evangelischen Kirche beiwohnenden Mängel nicht sowol durch die Darreichung von Staatsmitteln und durch eine anordnende Thä tigkeit von Seite der Kirchcnbchörde erwartet werden kann, als viel- mchr von der allgemeinen Anerkennung des Uebels und von der Ver einigung gemeinsamer Kräfte, besonders aber von den Gemeinden aus gehen muß: das gilt auch von dem bürgerlichen Gemeindcwesen und verdient darum, von allen Betheiligtcn beherzigt zu werden. s^NÜNchm, 3. Oct. ' Ein Octoberfest wie das diesjährige haben wir lange nicht gehabt. Der lange und durstig ersehnte Regen hat sich, nachdem er sich einmal cingefunden, lieber in Schnee umge- sctzt — denn in der That hatten wir am 29. Sept, das herrlichste Schneegestöber — als daß er gewichen wäre. Nun ist warme Tempe ratur eingetreten, daS Barometer gestiegen, allein noch regnet es fort. Unter diesen Umständen war das große Volksfest ein kleines, und die Wirthe haben die Rechnung ohne Gäste gemacht. Von der königlichen Familie war Niemand gegenwärtig, da der König und die Königin noch in Aschaffenburg weilen, der Kronprinz mit seiner Gemahlin in Hohenschwangau und Prinz Luitpold zu seinem Bruder nach Grie chenland abgcreist ist, dessen neueste Erlebnisse natürlich hier die regste Theilnahme finden. — Der Gesundheitszustand von München ist in diesem Jahre ganz vornehmlich gut; im Krankenhause befindet sich kaum ein Drittel der gewöhnlichen Kranken. Die Lebensmittel erhal ten sich trotz der guten Acrnte noch immer in hohen Preisen; nament lich aber sind Fleisch und Schmalz theuer.