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7. Januar 1887 Nr. 5 ZnstrttonSgebühr für den Raum einer Zeil« 2 Rgr- , Zu beziehen durch alle Postämter, des In- und A>iölanv,es„sowic durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Botschaft des eidgenössischen BundesratHS an die hohe Bundesversammlung in der Angelegenheit des Cantvns Neuenburg, vom 28- De«. 185«. (Schluß aus Nr. 4.) Gestatten Sie uns, TU., daß wir Jbre Blicke auf eine ander«, nicht, minder wich- tigeSeite, die uns sehr in.Anspruch nchwcn wußte, hinienken, nämlich aus die militä- rischen Vorbereitungen. Schon die Klugheit ließ es als ratbsam «rschcinm. in dieser Beziehung aus der Hut zu sein. Unser Militärdepattement war daher, Ptiiu auch vor erst nur im Stillen, eifrig bemüht, die Wehrkraft der' Schweiz so zu vervollständigen, daß sic einem Aufruf der Behörden zu entsprechen vermöchte. Die Lantone wurden eingeladen, allfällige Lücken zu ergänze» und etwa noch rückständige Trupvegorganisa- tionen zu vollenden. Eine Anzahl höherer Stabsoffiziere wurden in Lie Bundesstadt cinberufen, um unserm Militäkdepartement aihKrikgorath an die Hand zii gehen. (Line Eintheilung des BundcShecreS wurde vorbereitet und von uns genehmigt; dieselbe ist dieser Lage dem Druck übergeben worden. Nach und nach wurde» aber die Verhält nisse schwieriger und drängender. Nickst »ux war au» den öffentlichen, besonders aus den deutschen Blattern zu ersehen, daß Preußen mit dem Gedanken a» ein feindliches Vorgehen gegen die Schweiz sich beschäftigt, sondern es wurde uns auch von officieller Seite mitgetheilt, daß Preußen wirklich schon zwei Armeeeorps mobilgemacht habe oder doch wenigstens demnächst mobllifiren werde, und daß es sür den Durchpaß seiner Truppen mit den betreffenden süddeutschen Staaten unterhandle. Von verschiedenen Leiterr gingen diesfalls dringende Warnungen hier ein, indem die Mobilistrung der preußischen Kriegsmacht aus den Aqfaug des nächsten Januar in Aussicht gestellt ward. Wir michtcn »ns vergegenwärtigen, da» Preußen einen hohen Werth daraus lege, seine Intervention vor der Bcrurtheilung wirksam zu machen. Wir mußten uns serner ver gegenwärtige», daß Preußen aus die Zeit, wo die Bundesversammlung zusammentreten werde, ein Armeeeorps an unsere Grenze Vorschüben könnte, um aus die Berathuugen der Bundesbcbörde» einen unstaithasten Einfluß auüznübcn. Endlich wissen Sie, daß immer davon die Rehe war und ist, daß Preußen einzelne vorgeschobene Gebictsthcilc der Schweiz als Pfand in Besitz nehmen wolle; wir durften daher nicht erwarten, daß vorgängig eine übliche Kriegserklärung an uns gelangen würde, vielmehr mußten wir auf einen Nebcrfall nnS gefaßt halten. Erwägt nm» nun, ivie schnell infolge der außerordentlich günstigen Verkehrsmit tel ein Heer auch aus entfernten Standquartieren an unsere Grenze vorgerückt wer den sann, so mußte die Gcfakr für die Schweiz als naheliegend angesehen werden und wir dursten mit unsern Rüstungen im größern Maßstabe länger nicht znwarten, woll ten wir nicht die große und schwer« Verantwortlichkeit auf uns laden, daß wir durch die Ereignisse uns hätte» überraschen lassen und daß wir da« Vaterland in die Lage versetzt, in welcher es ihm uumögllch gewesen, zur Wahrung seiner heiligsten Güter erfolgreichen Widerstand zu leisten. Wir luden daher uuterm 18. Dec. die hohen Stände ein, sowol de» Bundesauszug als di« Reserve und die Landwehr in solchen Stand zu setzen, daß darüber ohne weiteres lm Interesse des Vaterlandes verfügt werden könne, und allfällige Mängel und Lücken, sei es im Personellen oder im Materiellen, sofort zu ergänzen, wo solche etwa zutage treten sollten. Wir luden die tzantonsregwrnngcu am IN- Dec. ferner ein, eine rasche Ergänzung ihrer yfsizierScadreS anzuordnen und sich bezüglich der zu stellenden Pferde so in Bereitschaft zu fetzen, daß diese Pferde auf erstes Verlänge» in guter Qualität geliefert werden können. Endlich machten wir den Ständen am Bl. Dec. die Mittheilung, daß wir, um aus alle Eventualitäten gefaßt zu sein und um uns nicht durch die Ereignisse überraschen zu lassen, die Aufstellung von zwei Divisionen beschlossen haben. Es find dies die Divisionen Nr. 3 untcr dem Cowmando drs Hrn. eidgenössischen Obersten Bourgcois-Dorat und Nr. 5 unter dem Kommando des Hrn. eidgenössischen Obersten Ziegler. Unser Militärdepartement wurde mit dem Zusammenzuge dieser Divisionen, soweit die Truppen zum Bundesauszugc ge hör«» . "beauftragt, und binnen kurzem wird dieser Auftrag vollzogen sein. Am glei che» Tage (2i). Dec.) wurden die Stände eingeladen, alle ihr« Truppen, welche zum BundeSauszuge und zur Bundesrcscrv« gehören, »»verweilt aus das Piquet zu stellen, damit, wenn da» Wohl des Vaterlandes eS erheische, über alle diese Wehrkräfte verfügt werden könne. Seither haben wir ferner die Aufstellung der Stäbe der Divisionen Nr. 1, 2, 1, 6 und 8 verfügt. Vs gereicht uns nun zur hohen Befriedigung. Ihnen schon jetzt die Mittheilung mach«» zu können, daß all« dies« Anordnung«» von den Re gierungen wie von dem Volk« so ausgenommen worden find, wie es sich von der Hoch herzigkeit der schweizerischen Nation nur erwarten ließ. Wir habe» in dieser Beziehung die unzweideutigsten, ja rührendsten Beweise von Hingebung und Opserbereitwtlligketl erhalten. Die frcndiqc Jugend wie das gereifter« Alt«r war«n gleichmäßig bereit, dem Ruse des Vaterlandes willige Folge zu leisten. Die gleiche heilige Begeisterung hatte alle Classen der Bevölkerung ergriffen, und aus alle» Tbtile» des Vaterlandes gingen die unzweideutigsten Beweise ein, daß man des Vaterlandes Bedrängniß zu würdigen wisse und dqß die Eidgenossenschaft aus warme Herze» und kräftige Arme zählen könne. (Line Reihe älterer-Militärs hat sich in anerkennenSwerther Wesse wieder z» unserer Verfügung gestellt, und die Studtrenden auf Hochschulen und Akademien verlangen nach Organisation und begehren die Mühen und Gefahren der eidgenössischen W«hr- männer zu thcile». Das Schweizervolk erkennt, daß vielleicht die Stunde ernster Prü fung naht; es fleht diesem Moment mit Ruhe, aber ohne Ausreizung entgegen, und in dieser würdevolle» Haltung erblicken wir eine wahrhaft hehre Kundgebung. Da» Dchwrtzervolk erkennt seine vrovidentjelle Bestimmung r e« fühlt, dqß «s sich uw sein« Freiheit, uw sei» SelhstconstituirungSrecht, vielleicht um seine EMeuz handelt, und «S ist daher bereit, zur Schirmung dieser heiligen Pfänder, zur Wabrung dieses Erbguts feiner «dein Vorfahren Alles aus dem Altar des Heimatlandes niederzulegen. Unmit telbar nachdem bekannt geworden war, daß der BundeSrath zu ernstllch«n Rüstungen geschritten sei, und nachdem auch voo «inzelnen Lautouen ähnliche Beschlüsse erfolgten, welche für die rntschlpss«,^ Stimmung des Volk« den vollgültigste« Beweis lieferte», wurden von der Diplomatie neue Vorschläge gemacht, die de» Anschein, gaben, al» ob doch noch zu einer friedlichen Lösung der Frage ein Ausweg gesunde» werde» sollte. Die sämnstüchen in Bern refidirenden Gefandien ließen nämlich schon am 20. Dee. bestimmte Anträge an uns gelang«», welche Sann Infolge von Unterhandlungen in nachstehender Weise präetsirt wurden. Da die Angelegenheit von Neuenburg bio- jetzt.nnr der Gegenstand isoUrter Schritte der vcrschi«dcnen Gesandtschaft«» gewesen sei, so hätten die säwmtlichen in Bcrn befindlichen Gesandten es für angemessen eracht - tct, eine» kollectivschrltt gegenüber dem Buudesrath zu «Hun, um demselben inSgesamurl die bestimmte Zusicherung zu geben, daß, sobald die »»mittelbare und vollständige Nie derschlagung des ProcesseS von den eidgenössischen Behörden traft ihrer SouveränitätS- rechte sitrsgesprochen sein werde, ihre respectiven Regierungen alles Mögliche thnn wür- j dru, um Sc. Maj. Len König von Preußen zu einer Ausgleichung d«r fraglichen An gelegenheit zu benimm«« und zwar im Sinuc einer vollständigen Unabhängigkeit N«uen- burgS von jedem fremden Verbände. Eine sorgfäftige Prüfung dieser Proposition brachte uns zn der Uebcrzengung, daß wir keine Ursache hätten, dieselbe von der Ha»d zu wei sen; denn einerseits mußte das in Aussicht gestellte Zusammenwirken aller Mächte, na mentlich der Unterzeichner des Londoner Protokolls, ein großes moralisch«» Gewicht zu Gunsten d«r Schweiz iu die Wagschale legen, und es »ar ln jene» Zusammenwirken «in bedeutsame« Pfand dafür geg,ben. daß die Schweiz den bisjetzt ang«str«bten Zweck wirklich noch erreichen würde. Ans der andern Seite war eS von Wichtigkeit, daß in der Proposition die Hoheitsrechtc der Schweiz ausdrücklich anerkannt waren, während bekanntlich die Jnrisdlctixn der Eidgenossenschaft über die neuendurger Gefangenen hatte in Zweifel g«zogen werden wollen. Die Anerkennung dieser Jurisdiktion fand sodann in der Weis« statt, daß a« die Schweiz von daher keinerlei Zumuthnngen gc- ücflt wurden, sondern daß eS ihr überlassen blieb, davon den ihr angemessen scheinen den Gebrauch zu machen, indem die Propontlon sich lediglich dahin vernehme» ließ, daß die Mächte collectiv ihre guten Dienste cintreten lassen wollten, sofern die Schweiz kraft ihrer Souveränetät die Niederschlagung des ProcesseS verfügen würde. Endlich betonen wir cs als ein sür dle Schweiz güiisltgeS und erwünschtes Moment, daß auch die Gesandtschaft der Vereinigten Staate» Nordamerikas sich bertfterUjrt«, jener Evi- lectivzusichernng sich anschlicßcn zu wollen. Wlr gaben daher dir Erklärung ab, der BnndeSversammlung vorzuschlagen, cs wolle dieselbe kraft der Souv«ä»«tät der Schwei zerischen Eidgenossenschaft beschließen: I) Der Proceß wegen des Aufstandsversuchs i» Neuenburg vom 2.-3. G«pt. l- I. ist niedergeschlagen; 2) die in Haft befindlichen Angeklagten find freigelaffcn, jedoch haben sie bi» zum Zustandekommen einer definiti ven Uebereinkünft wegen der Neuenburger Frag« (ans Rückficht der öffentlichen Ord nung) den Canto» Neuenburg zu verlassen. E« versteht sich, daß die Gesandtschaften, welche jene Proposition stellten, zur förmlichen Erlassung der Collectivnotc vorerst die Autorisation ihrer Negierungen elnhoien muhten. Hier aber erfüllen wir eine ange nehm« Pflicht, indem wir unftre voll« An«rk«n»ung auSsprschen für das Wohlwollen, welches in jenem Au«gletchungövorschlag« sich kundgegeben hat, und für da« Wohlwol len, welches verschiedene diplomatische Vertreter des Auslandes durch ihr« Bemühungen für das Zustandekommen der Lollcctipuote an den Tag gelegt. Die daherigcn Schritte hatten den erwarteten Erfolg nicht; die Eollectivnote kam nicht zustande, indem ein zelne Mächte di« nachgesuchtc Autorisation, derselben beizutreten, glaubten verweigern zu sollt». Wir müssen endlich noch mit «inigen Worten «uf diejenigen Vorkehrungen zir sprechen kommen, welche wir in der Absicht getroffen habe», der Eidgeuoffenschast aus alle Fälle hin die erfoderlichen Geldmittel zu sichern. Es war natürlich dringend geboten, diesem Gegenstände unsere «niste Aufmerksamkeit zu widmen, da ohne die nö- thigcn finanziellen Mittel alle kriegerischen Rüstungen ihren Werth verlieren. Wir kön nen Ihnen bereits jetzt die Mittheilung machen, daß uns in Aussicht gestellt ist, zu nicht ungünstigen Bedingungen eine Anleihe von 12 Millionen im Anstande zu con- trahircn. Unser Departement ist ferner beauftragt, sich auf andern Plätzen um eine zweite Anleihe nmzusehen. Eine Anleihe konnten wir freilich fest nicht abschließen, weil diese Befngniß nach der Verfassung lediglich Len Gesetzgebenden Räthen zufteht. Al lein die Einleitungen find, wie Sie sehen, getroffen; das Weitere geben wir Ihrem Ermessen anheim. Noch müssen wir Sic auf «in Kreisschreiben aufmerksam mache», zsi dem wir noch in den jüngsten Tagen veranlaßt wor»«n sind- Wir vernahmen nämlich von verschiedenen Scitcn, daß Spione das Laud durchziehen m der Abficht, dessen VertheidigungSmitiel zu erforschen und durch allerhand Gerüchte Zwietracht und Muthlostgkeit zii pflanzen. Ferner sollen sogenannt« »xent» prororuteor» sich häufig an fremde, besonders an politische Flüchtling« wend«», um diese zu revolutionär«!« Han deln in ihrer Heimat zu bestimmen. Wir luten dab«r dir Stände ei«, ihr«» Polizeien die größte Wachsamkeit sowie energische« Einschreiten gegen solche Individuen,<mju«mpftblcn. Ebenso nothwendia schien c« uns ab« aus der andern Sette. soviel an uns, zu ver hindern, daß durch Frcmdc von unserm Gebiete aus gesährltchc Umtriebe gegen aus wärtige Staaten angczcttett würden. Wir sollen durch unser Verhalten zeigen, daß unftre Sache eine nationale, daß die Bertheidigung unftrs Rechts «ine ehrenhafte ist, und daß wir durch die That die Beschuldigung zurückwetse», fremden demagogischen Zwecken zu dtcncn. Deshalb hab«» wir die Stäub« eingeladen, einen allfälligen Zudrang neuer volilischcr Flüchtling« nicht zu dulden, die vorhandenen sorgfältig zu überwachen und denselben anzuzcigcn, daß sie kch aller politische» Manifestationen und geheimen Umtriebe z» enthalten haben, widrigenfalls sie mind«stenS sofort ausgcwftftn «crktii müßten. Endlich sprechen wlr gegen di« ikantonsregierung«» den Wunsch aus, allen Einfluß zu verwenden, daß di« schweizerische Presse hi« Lag« ernst und würdig be spreche, und gemeine Beschimpfungen oder polternde HerauSfoderungen verschmähe. Wir haben »uu in gedrängter Kürze, und so gut «s Zeit und Umstände erlaubten. Ihnen di« Geschichte dieser Unterhandlungen wegen der flieuenburger Frage seit Ihrer letzten Session dargelegt. Sie sehen, daß der Standpunkt sozusagen immer der gleich« ist. B»n Preußen wird hie vorgängige, bedingungslose Freigebuna Ler gefangenen Insurgenten verlangt, worauf dann eine Unterhandlung folgen soll- Wir dagegen erklärten und erkläre» un« bereit, auf die Niederschlagung des ProcesseS anzutragc», wenn gleichzeitig dft vollständige Unabhängigkeit Neuenburg« von jedem auswärtigen Verbände au«g<sproch«n würde, »der wenn un« wenigstens Garantien gegeben »erd«», »«ich« die Errcichmig jenes Zwecks zu sichern geeignet find. Wir glaub«» von dieser Bedingung nicht abgehen zu dürft» und zu können, ohne La« Sftbstconstituirungsrecht und LaS Hoheitsrecht Ler Eidgenoffcnschast zn beeinträchtigen. Wlr haben das Be wußtsein, unsererseits kein Mittel unversucht gelassen zu haben, welches, ohne Lie Schweiz zu demüthtgen, elne gütliche und friedliche Ausgleichung herbeisühren könnte. Ruhig stellen wir unftre Handlungsweise Ihrer B«urthetlung anheim imd haben di« Zuversicht, daß, komme was da »olle, di, unparteiische Geschichte uns dereinst werk« Gcrechiigkeit widerfahren lassen. Es folgen nun die bereit« in Nr. l d. I. mitgetheilte Uebersicht der Verhandlungen sowie die in Nr. 305 v. I. mitgetheilten Anträge. Mittwoch Di« Zeitung " -i. - SM- Dtiltslht MjMlU ZtilW Preist,für das Mcrteljahr I^/,Alr.; jede einzelne «Wahrheit Md Recht, Freiheit Wh GesetzI» Rümmer 2 Nqvi ' : c '