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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920621023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892062102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892062102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-06
- Tag 1892-06-21
-
Monat
1892-06
-
Jahr
1892
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EüdvN>kMr>4sß>kr1s di der hauptexpedtttv, oder de» t« Etad^ tqirt »ud de, UoroNen errichtete» <lu«- «»deftelle« adgeholt: viertrljLdriich^t^U, »ei jwrimaligei tägltcher Zu >l« Unn - in« Heus öLÜ. Durch dir Post bezogen für Deutlchland »ad Oesterreich: »iertestährlich k.—. Direct« tägliche krenzbandiendung t»s AuVend: «»Elch . DieMorgen-Ausgab« erscheint täglich'/,? Uhr, di, Abend-Antgade Wocheamg» b Uhr. Lkßarlion und Erpeditio«: 2ed«une«,asie 8. Lmkrveditlo» ist Wochentag« unnnterbroch«» geSguet vo» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialru: Vit, Ilewm« Sorti«. tkllfre» Hahns. Uatversitättilrab« U Laut« LSsche. Kelhariuenstr. 1«, patt- u»d <«»i-«platz 7. Abend-Ausgabe. aMgtr. LagtblaN Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. J«sertio«Spreis Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg7 keclomea unter dem Nedactlonlftrich <«g» tpallea) 50^. Sor den FamUlennachrlchte« (chgejpaltni) «O-ch. , GrSbrr» Echristea la»t »nserr» Preis« verzelchaiß. Tabellarischer und Zisser^ntz »ach höherem Tartf. Ertra-vetlaie» (gesalzt), «ar mit da Pioraen-Au-gab«. ob»» Postbeförderuag ^l üo.—, mit Posibesörder»»- ^ 70.-. Ännahmeschluß fSr Inserate: Abend-Ausgabe: Bonnittag« 10 Uhr. viorg« »«Ausgabe: Nachmittag« «lstir. Sonn, und Festtag« srüh S Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je ela« halb« Stund« früher. Inserat» stad ft,«« a» dt» Er-e-ttie» zu richte». Druck und Verlag vo» E. Polt 1" Leipzk> ^ 314. Dienstag den 21. Juni 1892. 81». Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. Juni. Die Neise de« italienischen KönigSpaarrs nach Berlin ist ebne störende Zwischenfälle verlaufen ; der Empfang der hoben Gäste von Seiten unsere« KaiscrpaarcS und der Bevölkerung war der denkbar herrlichste. Wir haben über die Bedeutung dieses Besuche« uns schon so oft und eingehend geäußert, daß wir heute von weiteren Erörterungen abt'ebe» können. Bemerkt sei nur, daß auch die italienische Presse — von der klerikalen abgesehen, die augenblicklich mit ganz anderen Dingen sich beschäftigt — die Bedeutung der Reise vollauf würdigt. Es wird darüber aus Rom gemeldet: Mehrere Blätter beben die Bedeutung des Umstandes hervor, dost auch der Cabinetswcchsel die auswärtige Politik gänzlich un berührt gelassen hat. Die „Lpinione" schreibt: „Tie Gegenwart Brin'S in Potsdam beweist, Laß Italiens auswärtige Politik aus tbatsächltchen und dauerhaften Interessen und Ge fühlen beruht und durch Ueberliesernngen, nicht durch launische parlamentarische Schwankungen bestimmt wird." Tie „Italic" verherrlicht den aufrichtigen, herzlichen und rück sichtsvollen Lharalter, welchen Deutschland, obwohl ein über- legener Staat, seiner Freundschaft für Italien ausgeprägt hat. Die Giolittt'sche „Gazzetta Picmontese" erklärt, die Rene habe keineswegs die von den Radicalen gerügte Bedeutung »euer beutsch-italienischer Abmachungen, wohl aber bet der gegenwärtigen besonderen europäischen Lage Len Werth einer neuen Frieden-« gewähr; sie sei nicht das Werk eines einzelnen ManneS oder Ministerium«, sondern dos Ergebnis einer dauernden, von Cabinet zu Ladinel vererbten, vom Lande bisher gebilligten Politik, die auch seitens des Auslandes leidenschaftslos und billig beurlheilt werde. „Ausgenommen ist in dieser Beziehung nur Frankreich, wo die Press« geradezu schmutzige Aeuherungen thut und eine nervös« Gereiztheit herrscht, welche Italien weder heilen kann »och will." Wie vorauSzusehen, beurtheilen die französischen Blätter die Reise König ,Humbert'S in abfälliger Weise; die Ansichten der französischen Blätter, welche folgcnder Bericht mittdeilt, sind von jener Art, welche eine Zurückweisung überflüssig macht: Pari«, 20. Juni. Zu König Humbert'S Reise bemerken bas „Journal de» Debat«" und die „Justice", daß sie bestimmt sei, die italienischen Wähler zu b«etnsl»ssen. Der päpstliche „Osservatore Romano" fährt fort, die Unterwerfung unter den Willen des Papste-^uch auf politischem Gebiet «et« dir Conseqmkz Ds " lichen Unfehlbarkeit von allen Katholiken zu fordern. DaS Blatt sagt neuerdings noch deutlicher, als vor einigen Tagen, in einer Zuschrift auS Paris: „Heute giebt cS bezüglich der Unterwerfung unter den Papst keine» Mittelweg: entweder man gehorcht ihm in Allem, oder man gehorcht idm gar nicht . . . Legitimer Depositar und unfehlbarer Lehrer der Wahrheit ist der Papst; demgemäß beruht beim Papst die erste und ständige Autorität, die religiöse und sittliche, wie die politische und sociale." Der „Osservatore" macht sich diese Zuschrift vollständig zu rigen und spricht dann von der „Pflicht der Treue und des Gehorsams" gegen die „göttliche, übermenschliche und allgemeine Gewalt des Papstes, welcher das Haupt der katho fischen Kirche, der Lehrer und Führer der Menschen, wie der Völker ist": „Ter Papst", heißt e< weiter, „ist Stellvertreter Jesu Christi, welcher Papst und König ist. Priesterthum und künigthuui beruhen in ihrer ganzen Fülle beim römischen Papst; derselbe ist deshalb nicht nur die erste religiöse Autorilät, sondern auch, wie rin sehr liberaler französischer Mnister gesagt hat, die erste politische Potenz der Welt. Ter Papst ist, wenn auch nicht ihatsächlich, so doch im Grundsatz und in der Potenz seiner höchsten religiösen und weltlichen Gewalt das geistliche Haupt und da« politische Haupt aller christ lichen Völker und aller katholischen Nationen der Erde." Die,Mln. VolkSztg." erklärt sich wiederholt mit Ent schiedenheit gegen diese Doctrin, und auch eine Anzahl anderer klerikaler Blatter äußern sich ähnlich. Es fehlt jedoch auch nicht an Preßorgancn dieser Partei, denen man anmerkt, daß es ihnen unangenehm ist, die Frage nach der Bedeutung der Unfehlbarkeit in politischer Beziehung diScutircu zu sollen. Und wer sich scheut, zu dieser Frage eine entschiedene Stellung zu nebme», der ist auch von der Unterwerfung unter die politische Unfehlbarkeit des Papstes nicht fern. Tie gestrige Verhandlung des preußischen Abgeord netenhauses über die natioualliberale Interpellation wegen der Hoftbeater in Hannover, Easscl und Wiesbaden hat nicht daS erwünschte Ergebniß gehabt. Gras Eulenbnrg bestätigte, daß die Absicht bestehe, diesen Anstalten die Eigen schaft als Hvsinstitute zu nehme» Den Zuschuß, den sie als Stadtlhealcr erhalten sollen, bezcichncte der Ministerpräsident als einen solchen, der „den Verhältnissen der Ewilliste ent spräche." DaS beißt dock nichts Anderes, als daß jetzt oder alsbald die Aufwendung für die Theater mehr oder minder erheblich reducirt werden soll. Denn in dem Schreiben des HauSministcrS, welches die ganze Angelegenheit anfS Tapet brachte, war anSacfübrt. daß die Unterhaltung dieser Hof institute die Mittel der Krone überschreite. Tie Einschränkung der Aufwendungen für die Theater ist der einzige Zweck der geplanten Aendcrung, und daß der jetzt zu gewährende Zu schuß ein dauernder sein werde, hat der Ministerpräsident nickt gesagt, er hat im Gcgenthcil sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, beiläufig zu bemerken, daß eine rechtliche Verpflichtung der Eivilliste nicht vorliegc. DaS ist richtig, bat aber gar kein Gewicht gegenüber der moralischen Verpflichtung, die Wilhelm I. immer anerkannt hat, derselbe Wilhelm I., von dem es bekannt ist, Laß er alle Ausgaben vermied, die den „Verhältnissen seines Haushalts nicht ent sprachen." Eine betrübende Nachricht trifft ans Deutsch-Ostasrika ein. Dort hatte bekanntlich der Edef der deutschen Kilima ndscharostation, v. Bülow, eine Expedition aegen Mvschi vorbereitet und die dort weilenden britischen Missionare zum Verlassen des Gebietes anfgrscrdert. Dieser KricgSzng. der angeblich zur „AnSrottung" der Moschi geführt werten sollte, bat stattgesunden, bat aber einen sehr unglücklichen AnSgang genommen, wenn solgcnde Meldung, die der „Boss. Ztg." vom 20. aus London zugcht, in ihren Einzelheiten sich bestätigt: „Nach einer „Neuler"-Meldung aus Zanzibar vom IS. Juni soll ht» deutsche Streitmacht unter Herrn v. Bülow, bestehend aus 5 Enratz-ern u»d ISO Sudanesen mit einer Kanone, am 10. J»»i i Niedarlage im Mojchi gebiet erlitten haben, title! der Sliettmuckst wurden angeblich ausaeriebeii, ,in Europäer getödt et, Bülow und ei »an de rer Europäer verwundet. Die Eingeborenen erbeuteten die Kanone. Ter Rest der Streitmacht zog sich »Heils nach Gonga, theils nach Fort Mareiig zurück. Letzteres wurde bald daraus geräumt. Berkeley, der Verwalter der Gebiete der britischen Oslasnkageielljchajt, sandte Vorräthe und andere Bedürfnisse noch Tavela." Wir hätte» eS also hier mit einer neuen Auslage der ZelewSki'schcn Expedition gegen die Wahebe zu thun, nur mit dem Unterschiede, daß diese letzteren, als ein eingewanderter Zulustamm, stet- als kriegerisch galten, während die Tschagga oder Moschi (Moschi ist der Hauptort dcS Gebietes) bisher als friedlich geschildert wurden. Lieutenant Otto Ehlers, welcher früher längere Zeit bei dem jüngst verstorbenen Sultan Mandara gewohnt bat und welcher auch die Gesandt schaft desselben nach Berlin brachte und dem Kaiser ver stellte, konnte da» liebenswürdige Benehmen der Dsckagga nicht genug loben. Deshalb wurde später dort von I)r. PclcrS eine deutsche Station angelegt, die aber vor Kurzem verlassen wurde. Welche Ereignisse eingctrcten sind, um einen KricgSzng nothwcndig zu machen, ist noch nicht bekannt geworden. Am Kilimandscharo, wie im Massaigebict soll Notb herrschen; durch eine Rinderpest sind die einst unermeß lichen Viclihecrdcn der Massai vernichtet worden. Sollte dies auch in Moschi der Fall sein und sollten sich daraus Eonflicte wegen der Verpflegung der deutsche» Stationen ergeben haben? Wir wollen vorläufig nicht annehmcn, daß dieEngländcr und deren Missionare dieMoschi aufgehetzt haben, obwohl die britische Lst- afrika-Gesellschaft seit Beginn der Festsetzung der Deutschen am Kilimandscharo ein begehrlicheSAngcausdieieGebictebatte. Un aufgeklärt ist noch, mit welche» Waffen dieMoschi kämpstcn. Mit ihren Spcere» konnten sie schwerlich den Deutschen, die ja nicht wie seinerzeit ZelewSki unvorbereitet waren, eine so ver nichtende Niederlage zufiigen, wie gemeldet wird, — immer vorausgesetzt, daß die englische Quelle die Wahrbeit be richtet. Von deutscher Seite dürsten den Moschi wcbl schwer lich Hinterlader geliefert worden sein, und wen» sie solche besitzen sollten, konnten sie wieder nur von jener Gesellschaft stammen, die auch die Protestanten Ugandas mit Rcxetir- aewebre» bewaffnete. Vorläufig kann man hoffen, daß die Meldung übertreibt; ist die Niederlage wirklich erfolgt, so wird sich der Rückschlag ans die übrigen Stämme bald fühl bar macke». Allerdings wäre eine »ene Expedition nach dem Kilimandscharo schneller und leichter dnrchzusührcn, als eine solche gegen die Wahehe. — Ein Berliner Telegramm meldet soeben: „Nach einer Meldung des kaiserlichen Consul« in Zanzibar stammt die englische Meldung über ein unglückliches Gefecht der deulielcii Schiitziriivve» unter von Bülow von Verwundeten, welche in Taweta angekoininen sind. Genauere Nachrichten waren weder in Zanzibar noch bei dem Gouverneur von Soden eingegangen. Ter Gouverneur hat für alle Fälle bereits Verstärkung zur Unter stützung des Herrn von Bülow abgejandt." Tie russische „wissenschaftliche Expedition" des Professors Maschow kehrt aus Abessinien zurück, eine andere wird dorthin vorbereitet. So melket die „Nvw. Wr", daß der Secretair dcS statistischen ComitSS, Kargopolow, eine Reise nach Abessinien unternimmt und daß er die „Gesell schaft zur Beförderung de» russischen Handels- und Gewerbe- sieißcS" ausgeforvert habe, Handelsbeziehungen mit diesem Lande anznknüpfcn und ihn mit der Einsammlung der für diesen Zweck nöihigen Auskünfte zu betrauen. Da sich der russische Hantel mit den viel näher gelegenen Balkanländern nickt entwickeln kann, dürfte eS wohl mit Abessinien noch größere Schwierigkeiten baten. UebrigenS sind diese vor- gcschützten Zwecke nur der Deckmantel für sebr durchsichtige politische Ziele. Es gilt, Italien in Massauab nicht zur Ruhe kommen zu lassen und den Einfluß diese- Landes am Hose des NegnS Negesti zu bekämpfen Rußland könnte diese Aufgabe jedoch ganz gut seinen französischen Bundesgenossen allein überlassen, die von ihren Colonien im Rothen Meere au» das Möglichste versuchen, den Italienern unangenehm zu werden. Berichte, die aus Belgrad eintreffen, deuten an, daß man in den dortigen Regentschaft«- und RegicrungSkreisen in Erwägung ziehe, ob eS rathsam sei, den Zusammentritt der Skupschtina behufs Wahl eines neuen Mitgliedes der Regcntschast an Stelle des dahingeschiedenen General» Protic bis zum Herbste hmauSzuschieben. Es macht sich nämlich bezüglich der Eandidaluren für den RegentsckaslS- postcn eine lebhafte Agitation bemerkbar, deren weiteres Umsichgreifen vom Uebel sein könnte und behusS deren Begrenzung eS sich empfehlen dürste, die Frage der Neu besetzung des vacanten Regentcnposten- sobald als möglich zu erledigen. In der bulgarischen Hauptstadt beginnt endlich der Proceß gegen die Mörder Beltschew s. Das Krieg« gerichl besteht auS folgenden Qfsicicrcn: Der Präsident Oberst lieulenant Drandarewskq, Commandanl der Donau-Division in Rustschuk, war Mitglied des Gerichtes, welches gegen Major Paniya da« TodeSurtheil fällte; der Vicepräsident Andrejcw, Obcrstlicutenant und Eommandant der Pivnicr- brigade, war ebenfalls Mitglied jenes Kriegsgerichte« und batte dieselbe Function auch bei jenem Kriegsgerichte innc, welches in Rnslschuk >887 neun Ossiciere wegen Meuterei er schießen ließ; Lberstlicutenant Kutintschew ist Eommandant de» l. Alcxander-Jnfanlerie-RtgimentS; Oberstlientcnant Ga lunSki ist Eommandant dcS 23. Schipka-Jnfanterie-Regiment«; Major Fitschew ist Ehcf dcS GcneralstabcS der Philippopelcr Division. Letzterer bat im vergangenen Jahre in der Turiner Akademie bicuola eli xuorra seine Studien mit Auszeichnung beendet. Der Spruch, welchen daS striegsgericht fällen wird, erhält 2t Stunden nach seiner in endgiltigrr Form erfolgen den Verkündigung gesetzliche Kraft; biS dahin ist den Ver- urlbcillcn eine RecurSsrist an den Fürsten (beziehentlich seinen Stellvertreter) gestattet. Der Fürst entscheidet, ob der Spruch n voll sieben oder ein neue» Kriegsgericht zu ernennen ist. Cie Anzahl der Angeklagten ist achtzehn, worunter die hervorragendsten SwetoSlaw Milarow, Konstantin Popow und Gbeorgi Wassilijew, ei» Schriftsteller, ein gewesener Beamter »nt ein Rescrveosficier. Die Anklage lautet auf verbrecherische Bezirk,ungen zu einer seinbliche» Macht, Verschwörung gegen da» Leben de» Fürsten, Aufreizung der Bevölkerung zum Bürgerkriege und Bewaffnung von Banken, welche die Bestim mung baden, Morde zurHerbeffüdrnng eines Regierungswechsel« zu begeben. Außer den genannten drei Hauptangrklagtea stehen noch fünfzehn Individuen vor dem Kriegsgericht», worunter sich Karawelow, llr. Mollow und der Photograph Karastojanow befinden, welche angeNagl sind, eine Ver schwörung zum Zwecke de» Regierungswechsels angezettrlt zu baden, welche mit dem Attentat auf den Minister-Präsidenten Stambulow und der Ermordung Beltschew » eingrleitet wurde. Andere vierzig Personen wurden wegen Mangel« an Beweisen wieder sreigelasscn. Konstantin Popow ist außerdem an- aellagt, an der Verschwörung dcS russischen Eapitain« Nabokow Tbeil genommen zu haben, die gegen da- Leben des Fürsten Alexander gerichtet war. Nadotow wurde 1887 von bulgarischen Bauern unweit BurgaS erschossen. E» sind jetzt 15 Monate seit der Ermordung Beltschew « vergangen. Deutsches Reich. 88 Berlin, 20. Juni. Das Abgeordnetenhaus hat heute das Gesetz über da» Dirnsteinkommen der Lehrer an nicht staatlichen Anstalten nach den Be schlüssen dcS Herrenhauses genehmigt. Auch diese Vorlage kann nach so vielen Schwierigleiten nun endlich al» gesichert angesehen werde» Das Ecntrum freilich war auch heute wieder nach Möglichkeit bestrebt, durch Herrn l>r. Lieder da« Gesetz zu Falle zu bringen. Diese Herren bethäligrn ihre Liebe zum Lehrcrstande immer nur mit Worten. Denn wenn heute, den Vorschlägen de« Abg. Lieber entsprechend, an den früheren Beschlüssen de« AbacordnetenhausrS sestgebalten worden wäre, so wäre das Gesetz für diese Session ent schieden gescheitert, und wann eine ähnlich« Vorlage wieder an den Landtag gelangt wäre, vermag Niemand vorher zu sagen, zumal die nächste Session, wie der EultuSminister Or. Bosse mit Recht hcrvorbob, „unter dem Stern der Steuerreform steht." Herr Bosse trat denn auch mit Wärme wiederholt für die vom Herrenhause angenommene Fassung ein, während die Freisinnigen, ihrer alten Opposition«- sucht getreu, Hand in Hand mit dem Eentrum gingen. Nachdem diese Vorlage erledigt ist, steht sich da« Abgeordnetenhaus in einer Lage» die ihm bisher unbekannt war: es hat keinen Arbeitsstoff mehr. Diese Session wird ganz ohne „Reste" abschlietzcn. Unter diesen Umständen konnte auch die nächste Sitzung noch nicht anberaumt werden. Sie ist abhängig von der Erledigung de« Tertiärbahngesetze« im Herrrnhaule. wo diese Vorlage heute und morgen com missarischer Berathnng unterliegt. Mittwoch kommt da» Plenum des Herrenhauses zusammen, und wenn Alle« „glatt geht", da« heißt, wenn das HerrcnbauS keine Veränderungen an der vom anderen Hause beliebten Fassung vornimmt, kann am Donnerstag der Schluß des Landtags erfolgen. Berlin, 20. Juni. Herr Oscar Medina macht in der „Germania" eine interessante Mittheilung über den Herzog von Cumberland. Als die Welfenlegion auf- ' licht Ab- und zwar »V „V» ^Herzog von Enmbcrlaiid, der diese Maßregel befürwortete, um, wie er gelöst werden sollte, richtiger mußte, bestand die lövli sich», die Legionäre nach Amerika zu verschiffen, un war es der Prinz Ernst August, nunmehriger Herz> Feuilleton. Vas Lildniß -er Geliebten. ül Eine dramatisch« Novelle von Carl Ed. Klopfer. (N-chiriick und Trümaliflnin- »kitdte».) (Fortsetzung folgt.) Mathilde und Hilberg sahen sich mit großen Augen an. Pruck legte die Hand vor die Augen, für den Moment bi« zur Gedankenlosigkeit verwirrt, dann zog er die Nichte mit bebenden Armen empor. „WaS soll denn da» heißen? Was machst Du da?" „Ich sage e« Dir ja", entgcgnctr Kätb«, schon etwa« gefaßter und mit mehr Ueberlegung; „ich batte mit ihm hier ein Rendezvous — ich bin in meiner Erregung wohl etwa« zu laut geworden und — habe damit die Tante her- beigelockt." „Jawohl"» fiel Hilberg rasch «in, jetzt erst ibre Idee ganz erfassend und Pruck keine Zeit mehr zu Reflexionen lassend, „und ich war soeben im Begriff, nachdem sich Käthe noch glücklich zurückzuziehen vermocht, Frau von Pruck mit einem Stegreffmärchen zu beschwichtigen." Dann wandte er sich an da« Mädchen. „Sie haben sich durch ihre Angst selber vrrrathcn, Käthe! Aber da eS nun offenbar geworden ist.... Herr von Pruck, ick boffe» Sie vertrauen mir al- Gentleman, — ich gebe Iynen mein Ehrenwort, Käthe und ich fanden un« mit den lautersten Ab sichten hier zusammen und Käthe braucht vor Ihnen nicht zu errötben!" „Ein — Liebespaar also?" fragte Pruck langsam, miß trauisch von Einem zum Andern sehend. „Ja, wie ist denn da« so schnell gekommen?" „Wir kennen un« schon länger", erwiderte Käthe; „hat er Dir denn nickt gleich gesagt, daß wir un- in Hamburg be gegneten? Er war dort mein Lebrer in der Pension." „Im Institut der Madame Römer", ergänzte Hilberg lächelnd, -und ich gestehe, r« war nicht allein unser Eom- »«Wiiö-chnstspirl. »»« «ich » Ihr Han« führte. Sch «onnt» Käthe anderswo nicht treffen, ich erfuhr, daß sie hier sei, und — aber braucht es denn da neck, einer langen Er klärung?" — Er kehrte fick ostentativ zu Matbilde: „Gnädige Frau, jetzt wissen auch Sie, waS ich in diesem Zimmer wollte. Verzeihen Sic mir, daß ich Sie zuerst mit Aus flüchten zu lauschen suchte! — Und Sie, Käthe, Sic werden — nachdem daS kleine Mißverständlich hoffentlich cndgiltig beseitigt ist, daS unseren HerzenSbnnd für einen Augenblick trübte — Sie werden jetzt, wenn ich Sic bitte, woul cin- willigen, daß ich bei Ihrem Vormund und Ihrer Frau Tante in aller Form — um Ihre Hand anhalte." Pruck atbmete tief auf, wiegte noch einige Male daS Haupt und sagte schließlich nur mit dem Ton eine« sanften Borwurfs: „Unvorsichtige« Kind!" „Jetzt wird mir wohl nicht« Andere« übrig bleiben, als Ja und Amen zu sagen." Da — waS war da«? Klang da» nicht wie ein schmerz licher Seufzer? — Die Vier sahen sich fragend an. Da — jetzt wieder. ES kam auS der dunklen Ecke, dort in der Nähe de« Erker« Hilberg griff den Leuchter auf und ging voran, Pruck folgte, an jedem Arm eine Dame, die bei ihm sofort Schutz snwten. — Dort aus dem Sopha lag ein Fremder, sich im Halbschlummer bin und her wälzend und den Atbem räuspernd von sich stoßend. Die Vorgänge der letzten zehn Minuten schienen ihn allmäl'g au- seinen tiefen Träumen gerissen zu haben. „He, waS macken Sie denn da?" rief Hilberg, den Schläfer an der Schulter rüttelnd, während sich die Damen ängstlich an Pruck schmiegten. Herr Müller richtete sich schlaftrunken empor mit den ge murmelten Worten: „Vierzehn und acht — macht zwei undzwanzig ..." „Zum Kuckuck, wie kommen Sie denn daher?" schrie ihn Pruck an. Müller rieb sich die Augen. Jetzt lachte Hilberg laut auf. „DaS ist ja der Buchhalter von Gröner L Schmidt! — Sie sind hier eingeschlascn?" Müller starrte ihn mit gläsernen Augen an; er war noch nicht recht bei Besinnung. Nun mußte auch Pruck lachen. »Hier habe« wir za «m wahre« — Ueberrasch nag«» cabinet! — Mann, reden Sie doch, was wollen Sie denn eigentlich da?" Müller erhob sich mühsam und stotterte mechanisch: „In höflicher Erwiderung Ihres Geehrten von soeben, bin ich so frei, Ihnen die ergebene Milthcilung zu machen, daß ich selbst einigermaßen — erstaunt bin, mich noch in diesem ause zu befinden. Genehmigen Sir jedoch die bestimmte crsickcrung ...." „Er redet wie — au« dem Copirbuch!" lachte Hilberg. „Wenn ich Sic recht verstehe, so suchen Sir meinen Schwager, Herrn Gröner?" „Allerding«, womit ich die Ehre habe, mich mit dem Ausdruck der unbegrenzten Werthschätzung zu empfehlen als Ihr ergebener ..." „DaS ist doch ein curiose« Abenteuer!" rief Pruck. rasck die Thür zum Eorridor ausstoßend. „Aber warten Sie, ich habe vorhin drüben noch Licht gesehen, Gröner« scheinen nock auf zu sein! — Norbert! Norbert! Komm' doch einmal rasch herüber!" Hilberg wollte die Gelegenheit benützen, nach dem Schreib tisch zurückzukehren, aber ehe er dazu kam, drehte sich Pruck schon wieder nach dem Andern um. „Na, beruhigen Cie sich nur. Herr Müller!" beschwichtigte indessen Matbilde den entsetzten Buchhalter. Wir sind ja überzeugt, daß Sie keine bösen Absichten batten " „Geh' jetzt zu Bett, Käthe!" sagte Pruck, Hilberg zuvor kommend den Leuchter abnehmend und auf den Schreib tisch stellend. „Und auch Du, Mathilde, thust am besten, Dich endgiltig zur Ruhe zu begeben." „Wie Du willst!" Damit verswand Mathilde zögernden Schritte« in ihrem Zimmer. Auch Käthe fand eS am besten, dem Wunsch de« Onkel« zu gehorchen; Hilberg war ja noch immer da, eine etwaige günstige Gelegenheit zu benutzen. Jetzt kam Gröner in Hemdsärmeln herein. „Na, wa« zieht'« denn? Alarmirst Du denn um Mitternacht noch da« ganze Hau«? — He! Herr Müller!!! Ja, wa» thun denn Sie noch da?" „Herr — Herr Gröner sagten mir doch " stotterte Müller, sich mit Mühe auf seist schwachen Bein« stellend. „... ich sollte warten — bis — bi« Sie mir dir Ordre schicken würden. . . ." „Ja, bat man sie Ihnen denn nicht gebracht? — Nein, diese Dienstboten! — Warten Sie, ich werfe die paar Zeile» rasch noch einmal hin!" Gröner setzte sich an den Schreibtisch und beschrieb noch einmal einen Papierbogen, den Brief mit Mathilden« Photo- gramm dabei al« Unterlage benützend. „Na, wenn da« nicht eine FaschingScomödi« ist . . . .!" sagte Pruck lachend zu Hilberg, der unruhig auf und ab ging, in Sorge um einen Vorwand, der sein weitere- Ver weilen in diesem Salon rechtfertigen könnte. Gröner drückte da« Löschpapier aus seine Ordre, dann nahm er wieder rin Eouvert auS dem heute schon so oft in Anspruch genommenen Papcleriekästchen auf dem Schreibtisch aussatz. Er batte den Umschlag eben zugeklebt, als eine neue Person den Schauplatz betrat, — Laura. Sie schloß gerade den obersten Knopf an ihrem NegligSe, daß sie in fieberhafter Eile »mgeworscn haben mußte. „WaS geht da vor? Wa« bedeutet diese nächtliche Ver sammlung?" rief sie mit unheilverkündender Stimme. Pruck und Hilberg lächelten. Gröner warf seinen Brief im ersten Aeraer beim Klang dieser Stimme auf den Schreib tisch, daß er über die Mappe weg unter den Aussatz glitt, und wandte sich rasch an die Gattin. „Tu bist auch da? Und in einem Eostüm — wie rin Gespenst..." „Erzählen Sie mir keine Geschichten!" wehrte Laura den Schwager ab, der ihr den Vorfall zu erklären suchte. „Ich ahne nur, daß hier abscheuliche Dinge abgemacht werden!" Und sic wandte sich in auswallendem Zorn an den gebeugt und sassung-lo« dastehenden Buchhalter: „Sie aller Sünder, schämen Sie sich nicht, mir vor dir Augen zu treten?" Alle« gcrieth in Bewegung, Müller wich, girrrg nach Luft schnappend, zurück, stieß an den Divan, fiel nieder und saß w,e festgenagelt glücklich wieder auf seinem Laaer. Laura ging ihm mit dramatischen Schritten nach. -Ha» wie er erbleicht — da« Scheusal! — Ja, ich weiß AL««, Alle«!'
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