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Mitredacteur: LLeddor Drobisch. LL i»s Sonnabend, den 21. Mai 1864. Dresden, den 2t. Mai. — Se. Königliche Majestät hat dem Buchhalter und Ex- peditionsvorflande bei hiesigem Leihhause Gustav Moritz De utsch in Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienstleistung das Ehrenkreuz vom Albrechtorden verliehen. — Vorgestern Vormittag traf Se. Maj. der König aus Jahnishausen hier ein und fuhr Abends halb 7 Uhr desselben Tage- wieder dahin zurück. — Ein für sehr gut unterrichtet gehaltener Correspondent der? „K. Z." schreibt: Herr v. Neust wird die bevorstehende Pause dazu benutzen, um sich mit dem Kaiser Napoleon zu be sprechen, und er will sich zu diesem Zwecke nach Paris begeben. Die Meinung, daß Herr v. Neust einer Aufforderung des Fürsten Latour folge, welcher sich zu dieser Einladung durch den Um stand veranlaßt gesuhlt haben soll, daß der sächsische Minister- Präsident sich dm französischen Congreßideen geneigt zeige, ver dient Bestätigung. . ^ . — Das erste von Herrn Marschner auf der Brühl'schen Terrasse arrangirte FiühUngsfest erregte die Theilnahme der eleganten Welt und des Publikums, so daß sämmtliche Räum lichtesten des schönen Belvedere, die großen Säle, der Garten und die Seitenterrassen im vollen Sinne überfüllt waren. Das Concert war, wie es sich von den braven Chören des Herrn Stabstrompeter Wagner und des Herrn Stadtmusikdirector Puff- holdt nicht anders erwarten ließ, ganz vorzüglich. Namentlich fanden die Soli's für Trompete vielen Beifall, und Herr Wagner wurde in vieler Weise für die Bravour und instrumentale Meisterschaft ausgezeichnet. — Einen fein gekleideten Herrn betraf gestern Nachmittag auf der alten Elbbrücke das Unglück, plötzlich besinnungslos umzusinken; er neigte sich dem Geländer zu und wäre vielleicht hirzuntergestürzt, wenn nicht der rothe Dienstmann 87 hinza- gesprungen, ihn auf seine kräftigen Arme genommen und auf die nächstgelegene Pfeilerbank gesetzt hätte. Der Nothe hielt nahezu eine Viertelstunde bei dem Entseelten Wache und ent fernte sich erst, als sein Schützling wieder zum Leben erwachte und rhn nicht mehr bedurfte. Wir können nicht umhin, die Menschenfreundliche Hilfsbereitschaft des Dienstmannes rühmend zu erwähnen, da ihm ein sonstiger Dank nicht zu Theil wurde. — In einer Restauration auf der Schösiergasse verschwand vor einigen Tagen der dem Besitzer derselben gehörige Rock. Um die angegebene Zeit befand sich dort nur ein Gast anwe- sead. der zweifelsohne den Rock bei seiner Entfernung mitge- nommen hatte. Leider war derselbe nach Namen und Woh nung gänzlich unbekannt. Jetzt ist es der hiesigen Polizei mit Hülfe der Landgensd'armerie gelungen, den Dieb in einem berüchtigten Subject aus Altsranken zu ermitteln und zu ver haften Der Parchirer, bei dem der Nock schon yerher vorgc- sunden Word:» war und der ihn vom Diebe billig gekauft hatte, ist ein hiesiger Schneidermeister, der bereit- Zuchthaus, strafe. erlitten und während seines Aufenthalts in Waldheim, des Spitzbuben Bekanntschaft gemacht hatte. — Vorgestern Nachmittag erkrankte ein Postschaffner auf dem Wege nach dem Leipziger Bahnhof in einem Postwagen so plötzlich, daß er alsbald darauf in seiner Wohnung, wohin man idn mittelst Siechkorbes schaffte, starb. Wahrscheinlich hat ein Schlagfluß seinem Leben ein Ende gemacht. — Von den vor einiger Zeit auf der Tonhalle entwende ten 5 Billardbällen sind nun auch die beiden letzvn noch feh lenden Bälle in einem Local auf d?r kleinen Packhofstraße auf- > gefunden und dem rechtmäßigen Besitzer zugestellt worden — Gestern Vormittag nach 9 Uhr. als der Bruder des Lohnkutscher Rosenkranz auf der Eamenzerstraßs mit eines Droschke aus dem Gehöft seines Bruders herausfuhr, ging da» derselben vorgespannte Pferd durch und nahm den Weg durch die Camrnzer- und Louismslraße bis in die Königsbrückerfiraße, wo es gelang, eS aufzuhalten. Unterwegs stürzte Rosenkpantz aber vom Bocke, wurde eme Strecke lang geschleift und ertzi-lt hierdurch so namhafte Verletzungen am ganzen.Mzper, iGsbeltzM auch im Gesicht, daß er mittelst Siechko bs in ^i« DiaeomffiW , Anstalt gebracht werden mußte, nachdem nirgends ein Arzt M augenblicklichen Hilfe anzutreffen gewesen war, auch ein endlich angetroffener sein Kommen verweigert hatte. — Vorgestern Abend ist ein Theil der Uf-rmaurrn der zu der diätetischen Klinik auf der Bachstraße gehörigen Grabens emgestürzt. Die 15jährige Pflegetochter des Schneiders Wünsche, die um diese Zeit dort grade in der Prießnitz Wasser geschöpft, ist von dem Einsturz der Mauer getroffen und dadurch bedeu tend am rechten Arm und Bein verletzt worden. Man brachte das arme Mädchen in die auf der Königsbrückerflraße gelegene Wohnung seiner Aeltern, — Drei Handwerksburschen lenkten diese* Lage durcheil hohle Gaffe des Elbberges nach der Augustus-Ullee ein, und d» trat ihnen das Moritzmonument entgegen. Der Bruder Ham burger mit sttnen nach vorn gestriegelten Häu-elock«, «ißt« wohl Verehrer der plastischen Kunst sein, er veranlaßt» Hd Berliner und den Bruder Straubinger, einen Moment Df IM weilen, um das Monument zu betrachten. So standen sie eme Weile da in stummer, stiller Betrachtung. Da auf einmß', als wie die Göttin im Lumpaci-Vagabundus ihre drei Handwerks burschen mit zauberischem Wolkenschleier umzieht, umgiebt auch dies Kleeblatt am Moritzmonumente ein düsterer Nrbel, der sie in ein leichtes Dunkel einhüllt, aus welchem zeitweilig eine Ori- flamme hervorleckte. Dieser nebelige Zauberschlrier kam nicht vom Himmel herab, er stieg auch nicht aus der Erde empor, der Brudrr Straubinger war's, der fidele Schneider, der diesen Nebel erzeugte. Ein Luntenfeuerzeug in seiner Hinteren Rock tasche, das wahrscheinlich eben kurz vorher das nichtimportirte Havannablatt in der Pfeife in Feuer und Flammen gesetzt, brannte fort, bis endlich der Windstoß nachgeholfrn, der vom E bberge herströmt und am Moritzmonument sich in zwei Ströme bricht. Den Ranzen herab, den Rock herunter! DaS war di« Loosung am Moritzmonument und nun begann auf dem feuri ger^ Roche ein Ballet mit obligaten Ztyrckrnstieftl«, daß sich dir