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72. Jahrgang, 280 Menö-Ausgabe Donnerstag, 21. Juni 1»2S Gegründet 1858 »rahtanlchrtst: Nachrichten »re»»«n gernsprecher-Lammelnummer: 2S 2^1 Rur lür NachtgrsprSche: 20 011 H^orttNS-lÄolliisir »6. bi« so.Sum tsr» bei täglich iweimaliger gusteUung Ire! Haus t.70 Marl. <-'i:<jUjjS-vvLVUi)r PostbezugSptti« lür Monat Juni a.so Marl ohne Poslsustcllunatacbühr. «n,»>m,«»er 1» »sennig. Die »nsetaen werden nach «oldmark berechnet: die einlvaltiae »o mm breite Zeile 4lnioir»0N-Jstroilo' ^ Big.. für auSwLrl« «o Vlg. FamllienLN,einen und SteNenaeiuche ohne Rabat« i» Ps»., außerhalb «i Vtg., die so mm breite ReName»eile soo Psg.. außerhalb S»0 Pia. Ossertengebühr so Mg. Auswärtige Aufträge gegen BorauSbe,ahlung. Tchristleitung und HaupIgefchäftSsteN«! «arienstraße 3S/42 Druck und Berlag von ricpfch » Reichard« in Dretde» Postfchcck-Ilonto 1OSS Lreode» Rachd">ck nur mit deutli-h-r Ouellenangabe «»Dresdner Nachr."> »uläiiig. — unverlangte Schriftstücke werden nicht aulbewahrt. Mkamps zwischen Z.B.P.-Mller-Franlen Vormittags-Besprechungen wieder ergebnislos. Keule Nachmittag lehler Einigungsversuch. - Dann Derichlerslailung beim Aeichs- priiji-enlen. — Urlaubsanlrilt Skresemanns. tDraht Meldung unserer Berliner Schrlftleltung.) ' Berlin, 21. Juni. Die sich bei der Regierungsbildung häusendcn Schwierigkeiten haben zu einem Abbruch der Ver handlungen geführt. Die Unterhändler der für eine Große Koalition im Reiche in Betracht kommenden Parteien hatte» am Dounerstagvormittag eine zweistündige Besprechung mit dem Abgeordneten Müller-Franken über das Programm einer zukünftige» Regierung. Die Verhandlungen kamen zwar zum Abschluß, führten jedoch, wie wir hören, in wichtigen Punkten nicht zu einer Einigung. Infolgedessen wird sich der Abgeord nete Müller-Franken heute nachmittag zum Reichspräsidenten begeben nnd mit ihm die ausgetretenen Schwierigkeiten be sprechen. Als Kauplslreilfragen blieben heute namentlich noch die aus der Steuerpolitik bestehen. Die Deutsche Bolkspartei forderte neuerdings u. a. die Beseitigung der Kapitalertragsstcuer und die Veranlagung nach dem dreijährigen Durchschnitt. Ferner war keine Einigung möglich über den V e r f a s s u n g s t a g. Endlich hielt die Deutsche Bolkspartei auch ihre Forderung aufrecht, daß die preußische Regierung gleichzeitig mit der Neubildung der Neichsrcgiernng in der Richtung ans die Große Koalition nmgebildct werden müßte, obwohl von feiten der anderen Parteien eingewendet wurde, daß die Erfüllung dieses Wunsches unmöglich sei, weil die Landtagssraktionen nicht vor dem 10. Juli zusammentretcn können. AlS Differenzpunkt minderer Wichtigkeit ist auch die Frage des Baues des Panzerkreuzers bestehen geblieben, desgleichen die Frage der W o y n n n g s z w a n g s w i r t s ch a s t. Ungeklärt blieb endlich die Frage der Amnestie, der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens und die Schnlsragcn. — Man hat also heute das Bild vorläufig völlig gefchellerler Bemühungen. Wie man das auSgcgcbene Kommuniguö, daß Müller-Franken lediglich mit dem Reichspräsidenten die eingctretenen Schwierigkeiten besprechen wolle, deuten soll, darüber sind in parlamentarischen Kreisen die Meinungen völlig geteilt. Während die einen auf dem Standpunkt stehe», daß die Große Koalition nunmehr als gescheitert an gesehen werden müsse, zumal gerüchtweise verlautet, daß bei einer Nichtbcteiligung der Deutschen Bolkspartei auch die Bäurische Bolkspartei, die Wirtschastspartei und der Bäurische Bauernbund kein Interesse mehr für eine Regierungs bildung auf Grund des vorgebrachten Programms haben würden, meinen andere parlamentarische Kreise, daß die Hoffnung auf die Große Koalition durchaus noch nicht ausgegcben zu werden brauche. Es fragt sich nun, was der Reichspräsident dem Abgeordneten Müller- Franken nunmehr nahclcgen wird. In dieser Hinsicht kenn der Besuch Dr. Stresemanns bei Alndenburg den er heute mittag gemacht hat, vielleicht einen Finger zeig geben. Obwohl die Erkrankung Dr. Stresemanns nach wie vor sehr schwierig ist, hat Dr. Strcsemann in diesen Tagen lebhaft in die Regicrungsverhandlungen eingcgrtsscn. Nunmehr haben ihn aber die Aerzte kategorisch erklärt, daß er seine Abreise im Interesse seines Gesundheitszustandes nicht mehr hinanszögcrn könne. Dr. Stresemann hat ' gleichzeitig bei Hindcnburg verabschiedet nnd begibt sich heute abend wahrscheinlich an die Riviera, muß aber von dort, wie mir von unterrichteter Seite hören, nach Aegupten weiter reisen und dort einen dreimonatigen Aufenthalt nehmen. Ob durch Kuren und Reisen allerdings ans die Dauer Dr. Strcsemann wieder vollkommen hergcstellt werden kann, wird in politischen Kreise» mehr als fraglich bezeichnet. — Sicher ist jedenfalls, daß Dr. Strcsemann mit dem Reichs präsidenten v. Hindcnburg die Siluallon in den Reglerungsverhanblungen besprochen bat. Wiederholt hat er den Reichspräsidenten darauf hin- gewiesen, daß cs trotz aller bisherigen Mißerfolge notwendig sei, daß in einer sozialdemokratischen Regierung auch bürger liche Parteien beteiligt seien. ES scheint, daß auch Hindcnburg die Meinung Dr. Stresemanns teilt, und vielleicht bedeutet der heutige Abbruch der Bcrhandlungen doch noch nicht das c n d g tt l t i g e S ch c t t c r n der G r o ß e n K o a l i t i o n. Ans der anderen Seite meint man tu parlamentarischen «reisen, daß Dr. Stresemann trotz aller Ratschläge seiner Aerzte sicherlich nicht heute Berlin verließe, wenn er noch eine Möglichkeit sähe, durch persönliche Einflußnahme die von ihm gewünschte Große Koalition herbeizuftthre». Da aber nun die Abreise feststeht, folgert man in politischen Kreisen daraus, daß Dr. Strcsemann offenbar keine allzu großen Hoffnungen mehr hat. * Berlin, 21. Juni. Das Scheitern der ersten Verhand lungen hat ganz offensichtlich in den beteiligten Kreisen eine große Nervosität hervorgerufcn. Zunächst scheint der Abg. Müller-Franken gar nicht recht gewußt zu haben, was nun geschehen sollte. Schließlich hat er aber, wie erst jetzt bekannt wird, für heute nachmittag 2!4 Uhr eine neue Konferenz cinberufen, an der nur die Führer der beteiligten Fraktionen tetlnehmen und in der noch einmal versucht werden soll, einen Weg zur Ueberwindung der vorhandenen Schwierigkeiten zu finden. Die Hoffnungen der beteiligten Kreise klammern sich an diese Konferenz, und deshalb wird der Abg. Müller- Franken den Reichspräsidenten, nicht wie oben be richtet, heute nachmittag, sondern vermutlich voraussichtlich erst Freitag besuchen. Die Dispositionen schwanken aber von Stunde zu Stunde. Was den Besuch bei Hinden- burg angeht» so wird besonders unterstrichen, daß es sich dabei lediglich um eine Berichterstattung über den bisherigen Ver laus der Besprechungen und nicht um eine geplante Rückgabe des Regierungsbildungsaustrages in die Hände des Reichs präsidenten handle. PoincarS soll regierungsmüde sein. Paris, 21. Juni. Die Unzufriedenheit mit dem Ausfall der Wahlen vom IS. Juni für die Kommissionen der Kammer hat dazu geführt, daß am Mittwochnachmittag Poincarö den Vorsitzenden der Finanzkommission und den Abg. Francois Poncet empfing, da letzterer ge»,einsam mit einer großen An zahl ihm nahestehender Abgeordneter beschlossen hatte, sich an den Kommifsiinswahle» nicht zu beteiligen. Auf der Siechten macht sich eine starke Unzufriedenheit mit der Negierung bemerkbar, die tatenlos den Kommissionswahlen zugcschcn hat, ohne ihren Einfluß geltend zu machen. Diese Unzufriedenheit mit der Negierung hat dazu geführt, daß man in den Wandcl- gängen der Kammer von einer sehr bald bevorstehen den ernsten Kabinettskrise spricht und ihren Be ginn für die Tage nach der Stabilisierung des Franken an nimmt. Wieweit diese Gerüchte den Tatsachen entsprechen, läßt sich nicht nachprüsen, sic besagen weiterhin, daß Poincarü zu mehreren Kollegen geäußert haben soll, er wolle den ge eigneten Augenblick abwartcn, um sich von den politischen Ge schäften zurückzuzichen. Die Flieger bei Sindenburg. SM herzlicher Empfang Berlin, 21. Juni. Unter dem Jubel einer nach tausen den zählenden Menschenmenge, die den Wilhelmplatz und die Wilhelmftraße zwischen de« Hotel „Kaiserhos" und dem Präsidentenpalais vmsäumte, verließen die Ozeanflieger Punkt 11,8« Uhr das Hotel» um sich zum Reichspräsidenten zu begeben. ! Am Portal des Hauses des Reichspräsiden ten empsing Staatssekretär Dr. Meißner die Flieger, ge leitete sie znm Reichspräsidenten und stellte sie vor. Hindcn- burgsprachinherzlichcnWortenden Ozeansliegern seine Glückwünsche für das Gelingen ihres kühnen Fluges und zugleich als alter Soldat seine Anerkennung für die hierbei bemiesene Tapferkeit und Tatkraft aus. In der anschließenden Unterhaltung ließ sich der Herr Reichs präsident über die Einzelheiten der Ozeanüberquerung berichten. Beim Abschied überreichte der Herr Reichspräsident jedem der drei Herren als Zeichen seiner Anerkennung und zur Erinnerung sein eigenhändig überschriebenes Bild im Silberrahmen. Der Empfang war um 11,5« Uhr beendet. Als die Flieger, vom Staatssekretär Meißner begleitet, das Palais verließen, brach die Menge erneut in brausende Hochrufe aus. Sic begaben sich im Automobil ins Hotel zuriick. Feslsriihstück im Rathaus. Berlin, 21. Juni. Tie „Brcmcn"-Flicgcr folgten darauf einer Einladung des Magistrats und der Stadtverordneten von Berlin zu einem Frühstück im Fcstsaal des Rathauses, das aus diesem Anlaß sein Feiertagskleid angelegt hatte. Bon Stadtbaurat Dr. Adler in einem bliimciigcschmttckten Kraft- wagen vom Hotel nbgeholt, trafen die Ehrengäste um 1 Uhr vor dem Nathause ein, vom Oberbürgermeister Dr. Büß am Eingang der Wandelhalle herzlich begrüßt. In ihrer Be gleitung befanden sich Frau K öhl, Frau Fitzmauric e, sowie die Väter von Hermann Köhl und Frau Köhl. Die Gäste wurden durch den Stadtvcrordnctcn- sitzungssaal nach den Fcstränmen geleitet, wo sie sich an den reich geschmückten Tafeln niederlicßcn. Anwesend waren neben Vertretern des Magistrats, der Stadtverordnetenver sammlung und der Bezirkskörpcrschaften, den Ehrenbürgern und Stadtältcsten Berlins der Botschafter der Ver einigten Staaten von Amerika, Schurman, Ver treter der Reichs- und Staatsbehörden, der Parlamente, der Luft- und Seefahrt, der Wissenschaft, der Finanz, des Handels, der Industrie, der Technik und des Handwerks, des Aus- stcllnngsmesse- und Verkehrswesens, der Beamten-, An gestellten- und Arbeiterorganisationen und der Presse. Im Verlauf des Frühstücks feierte Oberbürgermeister Tr. Vöß die Flieger in einer herzlichen Ansprache. Gefahr für Danzig! Gdingen genügl nichl für Polen. - Feststellung »er Sejm-Äasenkonnnission. Danzig, 21. Juni. Die Mitglieder deS Seeschiff» fahrtS-Ausschusses des Sejm trafen am Dienstag unter Führung des Abgeordneten Zaleskt in Danzig ein, wo sie zunächst den Hafen besichtigten. Später vereinigten sie sich beim polnische« diplomatischen Vertreter in Danzig, Minister Straßburger, der Danzigs Verhältnisse zu Polen darlcgte. Dabei stellte Straßburger mit Nachdruck fest» baß das Ziel der polnischen Politik in Danzia die Stabilisierung der polnisch-Danziger Beziehungen sei. Die Entwicklung des Danziger HafenS und der Bau des Häsens von Gdingen seien Tatsachen, die eine klare Sprache redeten. Gleichzeitig beweise die riesige Entwicklung deS Handelsverkehrs im Danziger Hafen in der Nachkriegs zeit. daß Polen neben dem Haken Gdingen unbedingt auch den Hafen in Danzig benötige» da dies die starke Entwicklung des polnischen Wirtschaftslebens erfordere. Der stellvertretende Vorsitzende deS SejmansschusseS, Abg. Kosydarski, stellte fest» daß Polen nicht nur zwei, sondern drei und sogar vier Hafen haben müsse. Abg. Zaleski bemerkte, daß sich Holen von diesem Wege dnrch keinerlei Provokation abbringen lasse« dürfe Die Mitglieder des Ausschusses haben, wie die polnische Tele« graphen-Agentur noch meldet, «ährend ihres kurzen Ans» enthalt«« auch den Danziger BolkStag bespcht und dem sozialdemokratischen Bo lkstagspr Ls identen Spill einen Besuch abgeftättet. , Polen scheint es in den letzten Tagen geradezu darauf abgesehen zu haben, Deutschland bet jeder Gelegenheit Nadel stiche zu versetzen. Zuerst Herrn ZalesktS unverschämtes Interview in Essen, bann die Provokation durch den Truppen transport und nun die hahnebüchenen Aeuberungen der Mitglieder des SecschiffahrtsanSschusses des Sejm auf der Danziger BcsichtigungSreise. ES sind nicht leere Worte, die Straßburger gesagt hat. Polens Bestrebungen gehen schon lange dahin, auch den Hafen DanztgS seinem Machtbereich etnzuverletben. Als der Danziger Volkstag noch eine Rechts mehrheit hatte, lag hierin wenigstens die Gewähr, daß die Polonisterungs welle an der starken national- deutschen Barriere zerschellen würde. Seitdem aber die Sozialdemokratie in Danzig am Ruder ist, ist die Erhaltung dieses uns geraubten Gebietes für das Deutschtum sehr gefährdet. Es ist doch bezeichnend für die unnattonalc Haltung dieser Partei, daß der sozialdemokratische Volkstags- präsidcnt die Polen, kurz nachdem sie offen ihre Anncxivns- bestrebungen auf den Danziger Hafen geäußert hatten, als Besucher empfing. Mehr denn je sollte der Blick ganz Deutsch lands nach Osten gerichtet sein, denn dort sind Gefahren für das Deutschtum im Anzuge, gegen die unsere vollste Abwchr- kraft eingesetzt werben mutz. Aolsrorrk-Derbol in Danzig. Danzig, 21. Juni. Nach Feststellungen bedeutet das Auftreten des Roten Frontkümpfcrbundes in Versammlungen unter freiem Himmel und bet Umzügen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ruhe. Der Polizei präsident hat daher bis auf weiteres Versammlungen unter freiem Himmel und Umzüge» an denen Mitglieder des Roten Frontkämpferbundes in Uniform teil nehmen, verboten. Als De monstration gegen dieses durchaus gerechtfertigte Verbot er schienen vier kommunistische BolkstagSabgcordncte in der Uniform der Roten Frontkämpfer in der gestrige» Plenar sitzung des VolkstagcS und verübten »eben langatmigen Agitationsrcden allerlei Kindereien, womit sie sich aber im ganzen Parlament nur lächerlich machten. Der litauische Ausweisungsbefehl gegen Direktor Nümmler aufgehoben. Bei dem VcrlogSbirektor des „Mcmeler Dampf- boot", Rümmlcr, erschien ein Beamter der Staatspolizei und teilte ihm mit, daß der Ausweisungsbefehl vorläufig auf gehoben worden sei.