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M ßE E! Ä M ZVKZVSttZSZ^ß VNII^WsJII Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 291L. —cv»— ans Lstmat! M «eg AMO M WMrMrz. Filialen: in AOstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse in Rochsbnrg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg b.-i Herrn Emil Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Zugleich weit verbreitet in den Städten Pevig, L«»zeua«, Lichterrfteru-Calluderg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Mtstadt-Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen* Kuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberrvinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Schlagsitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. ^237. Domierstag, den 1v. Oktober 183S. Wittcrungsausstchten für den Iv. October: Fortdauernd trübes Wetter mit Neigung zn Niederschlägen. Temperatur unverändert. Barometerstand am 9. October, nachmittags 3 Uhr: 753 mm. Gefallen. "Waldenburg, 9. October 188». In der letzten Woche ist abermals der Versuch ge macht worden, den europäischen Großmächten die bul garische Frage als ein Hauptgericht zu präsentiren; aber erfreulicherweise ist es bei dem Versuche geblieben. Wir sagen erfreulicherweise. So sehr man den Bul garen wohl wünschen kann, daß ihre Verhältnisse defi nitiv geregelt, die Regierung des Fürsten Ferdinand und die Vereinigung mit Rumelien anerkannt werden, so kann man sich doch nicht der Erkenntniß verschlie ßen, daß an eine Erfüllung dieser Wünsche für abseh bare Zeit nicht zu denken ist. Kaiser Alexander von Rußland wird sich in keinem Falle bewegen las sen, die gegenwärtige bulgarische Regierung anzuerken- neu; Rußlands Wille ist auch für Frankreich maß gebend, und der deutsche Reichskanzler hält sich strikt an den Wortlaut des Berliner Vertrages, welcher dem Coburger nicht günstig ist. Wenn nun auch Oester reich Ungarn, die Türkei, England und Italien sofort bereit sein würden, Ferdinand von Coburg als Für sten von Bulgarien anzuerkennen, so würde diese An erkennung doch keinen völkerrechtlichen und praktischen Werth haben. Der Berliner Vertrag sagt ganz aus drücklich, daß die rechtmäßige Regierung des jeweiligen bulgarischen Fürsten von der einmüthigen Anerkennung sämmtlicher Großmächte abhängig ist. Diese Bestimmung mag unter den heutigen Verhält nissen nicht mehr recht praktisch und maßgebend er scheinen, aber sie besteht nun einmal und an ihre Be- ' seitigung ist nicht zu denken. Auf Antreiben der Bul- : garen wollte der Sultan, der sich gar keine bessere ! Vormauer gegen Rußland als ei» kräftiges Bulgaren- ; reich wünschen kann, die Sache wieder vor den euro- i päischen Areopag bringen, aber der Schritt unterblieb in Folge von russischen Jntriguen und Drohungen, i Der Czar hat von der Türkei noch ganz erhebliche ! Kriegskostenrückstände zu fordern, die ihm Vertrags- mäßig zukommen, an deren Bezahlung indessen vor s der Hand bei den bekannten Finanznöthen der Türkei j gar nicht zu denken ist. Der Sultan muß daher, er j mag wollen oder nicht, auf den Czaren Rücksicht neh- ; men, und andere Mächte, die weniger wissen, wie Pein- i sich eine Geldquelle ist, haben deshalb gut ihm Rath ? geben. In Wien hat man besonders lebhaft bedauert, daß der neue Versuch zur Aufrollung der bulgarischen Frage total ins Wasser gefallen ist; aber so sehr wir unserem Bundesgenossen in seinen Bestrebungen Glück wünschen, für diesmal war es gut, daß es anders kam. i Bei der ganzen Geschichte wäre nichts als Zank und Streit herausgekommen. Nur die Bulgaren selbst können sich nicht so leicht trösten, sie versuchen auf den Sultan einzuwirken durch die Drohung, wenn keine Anerkennung der gegenwär tigen Regierung erfolge, so sei die Ausrufung eines selbstständigen Königreiches Bulgarien nicht unmöglich. Daß es Heißsporne in Sofia giebt, deren Gedanken sich in dieser Richtung bewegen, ist wohl zweifellos; ob aber Fürst Ferdinand und seine Regierung mit einem solchen Thorenstreich einverstanden sein würden, ist eine andere Sache. Eine Proklamation Bulgariens zum Königreich würde für Bulgarien außer dem Na men nicht den geringsten Nutzen haben. Fürst Fer dinand steht gegenwärtig nichts aus, seine Regierung findet in Bulgarien, wie in Rumelien bereitwillige Anerken nung und für die Abneigung des Czaren tröstet ihn die Freundschaft anderer Staaten. Bulgarien leidet ziemlich stark am Geldmangel, aber diesem Uebelstande würde durch eins Rangerhöhung nicht im Geringsten abgeholfen werden. Alle Mächte, welche noch Vertre ter in Sofia haben, würden diese abberufen, der Sul tan würde zu Repressalien genöthigt sein und die po litische und wirthschaftliche Lage des Fürstenthums würde sich nicht verbessern, sondern verschlechtern. Zudem darf auch billig bezweifelt werden, ob das urwüchsige Volk der Bulgaren für den Glanz einer Königskrone das richtige Verständniß hat; der Bul gare will nur den Sultan nicht zum Oberherrn ha ben, und von der türkischen Oberherrschaft ist heute fast nichts mehr zu bemerken, der Coburger ist so gut wie selbstständig. Gerade die türkische Suzeränetät schützte Bulgarien vor einem directen russischen Angriff. Der Czar konnte nicht offen gegen Bulgarien vorgehen, wenn er nicht die Gebote des Völkerrechts aus das Gröblichste verletzen wollte, denn Bulgarien war tür kisches Gebiet. Ganz anders gestaltet die Sachlage sich, sobald sich das Fürstenihum von der Türkei los reißt. Dann steht Jedem Angriff und Kriegserklärung frei, und wenn auch die Mittelmeerstaaten noch etwas für das Land lhun würden, es fehlte ihnen doch die practische Rechts-Handhabe. Und der Verlust dieser ist in jedem Conflict schmerzlich. Politische Mrnrsschern. Reich. Kaiser Wilhelm traf am Dienstag früh acht Uhr mittels Sonderzuges in Kiel ein und wurde auf dem Bahnhofe von dem commandirenden Admiral Frhr. v. d. Goltz, dem Chef der Marinestation der Ostsee, Admiral Knorr, und dem Staatssekretär des Reichs- Marineamtes, Admiral Hausner, empfangen. Vom Bahnhofe begab sich der Kaiser im offenen Wagen, von der zahlreichen Volksmenge enthusiastisch begrüßt, nach dem Schlosse, wo alsbald die Kaiserstandarte ge hißt wurde. Die im Hafen liegenden Kriegsschiffe gaben den Käisersalut ab. Zum Frühstück fuhr der Monarch nach dem Marine-Offizier-Casino. Se. Ma jestät trug kleine Admirals-Uniform und inspicirte auf dem Kasernenhofe selbst die aufziehenden Wachen. Nach dem Frühstück begab sich der Kaiser auf der Werft- pinasse zur Besichtigung nach der Werft und inspicirte dann das kürzlich vom Stapel gelaufene Panzerschiff „Siegfried". Das britische Geschwader, mächtige Panzerschiffe ersten Ranges, liefen unter lautem Ka nonendonner, sowie dem der deutschen Forts und Kriegs schiffe, und unter brausenden Hurrahrufen im Kieler Hafen ein, ein zahlreiches Publikum wohnte den An kunft bei. Der Kaiser empfing im Schlosse die eng lischen Offiziere, welchen der Admiral Knorr entgegen gefahren war, und unterhielt sich mit den Herren in der liebenswürdigsten Weise. Zu Ehren des Geschwa ders findet Galatafel im Schlosse statt, der Kaiser wird die Schiffe selbst besuchen und eingehend be sichtigen. Die Reise unseres Kaisers nach Kiel hängt mit dem Besuche des Czaren noch nicht zusammen, sie gilt in der That nur der Begrüßung der englischen Kanalflotte. Der Kaiser ist dazu selbst nach Kiel ge kommen, weil er bekanntlich den Rang eines britischen Flottenadmirals bekleidet. Mittwoch erfolgt die Rück kehr nach Potsdam, Freitag der Besuch des Czaren. Kaiser Alexander von Rußland wird mit seinem zweiten Sohne, dem Großfürsten Georg, am Mittwoch Abend in Kiel eintreffen und nächsten Tages nach Berlin kommen. Das Absteigequartier ist die russische Bot schaft, in welcher die nölhigen Räume für den Kaiser bereits hergerichtet werden. Am Freitag wird zu Ehren des Czaren im Weißen Saale des Berliner Schlosses ein Galadiner und nach demselben eine Galaoper statt finden. Wahrscheinlich wird der erste Act aus der Oper „Lohcngrin" und das Ballet „Die vier Jahres zeiten" zur Darstellung gelangen. Am Sonnabend wrrd der Kaiser Alexander III. das Kaiser-Alexander- Regiment besichtigen. So berichtet die „Nat.-Ztg." Die Berliner Tischlermeister haben beschlossen, den Preis für sämmtliche Tischlerarbeiten um 10 Procent zu erhöhen. In einer großen Ver sammlung wurde folgender Antrag angenommen: „Die Versammlung hat die Ueberzeugunz gewonnen, daß die Preise für fertige Tischlerarbeiten mit den hochgestiege nen Preisen für Rohmaterialien, Miethen, Zuschüssen zur Kranken- und Unfallversichcrungskasse und mit den anderen Geschäftsunkosten nicht gleichen Schritt gehalten haben, und daß deshalb eine Erhöhung der bisher gezahlten Preise e-ntrelen muß. Die Versammlung ist aber der Ueberzeugung, daß ein vereinzeltes Vorgehen nur von Nachtheil sein kann, und daß lediglich eine Massenbewegung Aussicht auf Erfolg hat. In Er wägung dessen halten die versammelten Tischlermeister und Tischler-Arbeitgeber für angezeigt, die Preise für alle Tischlerarbeiten um 10 Procenl zu erhöhen, und erklären es für Ehrensache, ohne diesen Preisaufschlag keine neuen Bestellungen entgegenzunehmen. Auch die Berliner Schuhmachermeister wollen, dem Beispiele anderer Handwerker folgend, eine Preis erhöhung für ihre Arbeiten einlreten lassen. Eine Commission hat eine Vorlage ausgearbeitet, über welche in nächster Woche von der Meisterschaft beschlossen werden soll. In der bevorstehenden Reichstagssession, sowie in der Wahlbewegung werden sich an das Eintreten des Kaisers für das Kartell sicher eingehende Erörterungen knüpfen und eine noch heißere Wahlschlacht möglicher weise herbeiführen, wie sie 1887 im Februar statt hatte. Der Wahlkampf wird schon aus dem Grunde ein sehr energischer werden müssen, als die national- liberal-conservative Mehrheit im Reichstage heute nur 15 Stimmen etwa beträgt, nachdem den Kartellparteien bei den Reichtags-Nachwahlen verschiedene Sitze ver loren gegangen sind. Bei einer allgemeinen Wahl wollen naturgemäß aber 15 Sitze nur wenig sagen. In Görlitz bat der Antisemitenverein beschlossen, bei den nächsten Reichstagswahlen einen eigenen Candidaten aufzustellen und mit den Kartellparteien nicht zusam menzugehen. Die Garnisonverpflegungszuschüsse, deren Höhe nach den Prellen gewisser Lebensmittel für die einzelnen Standorte von Vierteljahr zu Vierteljahr festgesetzt werden, sind in andauerndem Steigen be griffen. Die im letzten Armee-Verordnungsblatt für das 4. Vierteljahr 1889 veröffentlichten Zahlen erge ben, daß seit dem vorigen Quartal die Zuschüsse ge stiegen sind in 107 Garnisonen um 1 Pfennig pro Tag und Mann, in 40 um 2 Pfennige, in 7 um 3 und in 1 um 4 Pfennige, gesunken dagegen in 30 um 1 Pfennig und in 4 um 2 Pfennige. Ueber die Lage der Landwirthschaft wird aus Hessen gemeldet: Wenn die Lage der Landwirthschaft namentlich wegen des Steigens der Arbeitslöhne noch immer eine schwierige ist, so läßt sich doch nicht ver kennen, daß sie sich allmählich wieder zu befestigen an fängt, wozu auch das fortdauernde Sinken des Zins-