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Virn«as.«. Rsvrmb« «»o «.IW»««, «r.»z Lrahtanlchrift: NachSchtrn Lrelde, Aernlvkechek-Sammelnummer: LdULI Nur lür «iackNgeiprLche Nr. »voll «chrtstlrtluna u. Hauvlgeichälltstelle: Lkelden - L. l. vlarlenstratzk »»/»» Gegründet 1bS6 «e,u^se»Ur »«I Uigltch «weimallger Lust-Nung monatlich ».«» Mt. «etnlchttetzllch «0 Vfg. für LrLgerlo-n», durch Postbezug S.au Mk. elnschlleblich « Psg. Postgebühr lohne PostjusteNunntgebüh» d«t »mal wbchentttchem Versand. Mnzelnuinmer IO Psg., auberhalb Lretben« t» Psg. «„»etgen- prelse! »te elnsvalltge 3» mm beette sletle Sd Psg., sür auswärts 10 Psg. gamtlienon,eigen und Elellengesuche ohne Rabatt »» Psg., ausserhalb ib Psg., die Su mm breite MeNamezeUe iua Psg., außerhalb dbg Psg. Ossertenaebühr »o Plg. AuSwitrttge Ansträae geaen vorauSbezabinna Druck ». Verlag: Liepsch ck Reichardt, Dresden. Postscheck-ttto. logg Dreede» Nachdruck nur mit deull.Quellenangabe lDreSdn. Nachr.I zulässig. 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Der Reichskanzler legte den sozialdemokratischen Nb» geordneten gegenüber vor allem dar, daß die Relchs- rcgierung aus die schnelle Erledigung ihres Programms dringen müsse und dass sie es besonders für zweckmäßig erachte, daß vor läufig zu keinem der einzelnen Gesetze, möglichst auch nicht zu der alten Notverordnung, die vom Haiishaltausschuß beraten wird, Aenderuiislsanträgc gestellt werden. Darüber, wie sich die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei zu diesen Wün schen des Reichetskanzlers gestellt haben, wird an zuständiger Stelle keinerlei Mitteilung gemacht. Immerhin wird man »»nehmen dürften, daß die Sozialdemokraten zwar gewisse Abänderungen gefordert, im großen und ganzen aber ihre Bereitwilligkeit bekundet haben dürsten, sich mit dem Regie rungsprogram« abzufindcn. Aus welches Gebiet sich die sozialdemokratischen Nenderungswiinsche essstreckten, läßt sich infolge der vertraulichen Behandlung der Erörterungen mit dem Reichskanzler zur Zeit noch nicht an- gebcn. Ans drr Tatsache, das, die sozialdemokratische Fraktion ihre führende Elite zu der Besprechung mit dem Reichskanzler entsandt hattr, wird man wohl auch schließen können, daß die Sozialdemokratie nicht so ohne weiteres das Negicrungspro- gramm ablehnen wird, sondern daß sie nach Möglichkeiten sucht, cs sich und ihren Anhängern schmackhaft zu machen. Allerdings ist nicht zu verkenne», daß man in der Ncichsregic- rung offenbar nicht gewillt ist, sich diesmal aus de» üblichen parlamentarischen Kuhhandel einzulassen. Der Erfolg, den die Iieichsckregierung mit der schnellen Verabschiedung ihres Sanleriii^gsprvgramms durch den Neichsrat unzweifelhaft er zielt hat, scheint ihr in gewisser Weise gegenüber dem Reichs tag den Nücke» gestärkt zu haben. Anders läßt sich die ziem lich ultimative Art und Weise, mit der die Regierung dem Reichstag gegcnübcrtrttt, kaum erklären. Reichskanzler Dr. Brüning hat. wie verkantet, den sozialdemokratischen Unterhändlern gegenüber deutlich zn« Nnsdruck gebracht, daß die Negierung, wenn die Besprechungen mit den Parteien die Gewißheit bringen sollten, daß die Parteien sich zu einer schnellen Erledi gwag des Neqiernnqsprogramms nicht einverstanden finden können, daS Negierungsprogramm aus dem Rotverordnungswcge in Kraft gesetzt wird. Dieselbe Ankündigung wird der Reichskanzler auch gegen über den Vertretern der Parteien machen, die am Dienstag und« am Mittwoch empfangen werden sollen. Auch aus der Negierung nahestehenden Kreisen kann man die bestimmte Versicherung erhalte», daß das Kabinett nicht zögern werde, den Vcrordnungsweg zu bcschrcitcn, wenn die Besprechungen mit den Parteiführern zu dem Eindruck führen sollten, baß irgendwelche parlamentarische Schwierigkeiten z» befürchten seien. Man ist innerhalb der Regierung hin sichtlich der Mchrheitsverhältntssc für das Finanz- und Wirt- schastsprogramm also doch nicht mehr so optimistisch, wie man es noch vor verhältnismäßig kurzer Zeit war. Eine gewisse Erschwerung hat die Stellung der Negierung zu den Parteien auch dadurch erfahren, das, man in der Wirtschastspartei keinerlei Eingehen des Reichskanzlers aus sozialdemokratische Forderungen wünscht, weil man davon eine Benachteiligung der Interessen des gewerblichen Mittel standes befürchtet. Dem Reichskanzler wird dadurch die Möglichkeit genommen, aus spezielle Wünsche der einzelnen Parteien cin- zugchen. Man scheint aber im übrigen in den Kreisen der Regierung das durchaus nicht als Unannehmlichkeit zu empfinden, vielmehr hat man den Eindruck, als ob auch die Regierung der Ansicht sei, das, die versassungsmäßigcn Rechte des Reichstages in keiner Weise angctastct werden würden, gleichviel, o-b man die vom Neichsrat angenommenen Sanic- rungsgesetze als Notverordnung oder als einsachc Gesetzcs- vorlagcn übermitteln würde. Mau scheint der Meinung zu sein, daß angesichts der allgemeinen Notlage dem Reichstag selbst 4s sicher angenehm wäre, wenn die Negierung ihn zu nächst der Verantworiung enthebt und ihn lediglich vor die Entscheidung stellt, ob er eine Notverordnung akzeptieren oder gegen sie Einspruch erheben will. Daß der Reichstag sür de» Fall neuer Notvcrordnungs- maßnahmen gegen sie Einspruch erheben würde, hält man, wenigstens in Kreisen der Regierung, sür ziemlich aus geschlossen. Sollte sich in den Besprechungen, die bis Mitte der Woche noch mit den Parteiführern gepflogen werden, tatsächlich er geben, daß sür die Regierung im Reichstage Hindernisse be stehen, deren Beseitigung längere Zeit in Anspruch nehmen würde, so ist damit zu rechnen, daß noch Ende dieser Woche das Wirtschafts- und Finanzprogramm der Neichsregicrung aus dem Rotverordnungswege in Kraft gesetzt wird. Am Dienstag werden die Vertreter des Landvolkes, der Christlichsozialcn und der Wirtschastspartei vom Reichskanzler empfangen werden, am Mittwoch voraussichtlich die Führer der Dcutschnationalen Volkspartci. Ob der Reichskanzler mit der Nationalsozialistischen Partei sich in Ver bindung setzen wird, ist dagegen noch unbestimmt. Sicher ist aber damit z« rechnen, daß die Opposition gegen die geplante Art des Vorgehens der Negierung schärfsten Einspruch erheben und ans die Versassnngs- widrigkcit der Ansschaltnng des Reichstages bei der Regelung so wichtiger Fragenkomplexe, wie sie das Rcgiernngsprogramm enthält, Hinweisen wird. Am Donnerßtagnachmittag tritt der Reichs rat wieder zu einer Plenarsitzung zusammen, in der das Steuer- v e r c i n h e t t l i ch u n g s g c s e tz, sowie das vorbereitende Gesetz zum Finanzausgleich erledigt werden sollen. Man zweifelt nicht daran, daß der Neichsrat auch diese beiden Gesetze annehmen wird. Das gesamte Negierungs programm wäre dann vom Neichsrat verab schiedet, und einer Verkündung ans dem Notverordnungs wcgc ständen, wenigstens nach der Auslegung, die man in der Reichskanzlei den hier in Betracht kommenden ver fassungsrechtlichen Bestimmungen gibt, weiter keine Hinder nisse im Wege. Das am 3. Dezember zusammcntrctende Parlament fände sich dann bereits vor fertige Tatsachen gestellt. Bauunglück bei Liebenwerda 7 Lole. I? Schwerverletzte Berlin. 24. Nov. Wie dem Amtlichen Preußischen Pressedienst vom Grnbensichcrheitsamt mitgeteilt wird, ist am Montagnachmittag in dem Tagebau der Grube Marianne bei K l e i n-Le i p i sch sKreis Liebcnwerda, Provinz Sachsens ein Bauteil der in Montage befindlichen Abraumförderbrücke abgerissen und stürzte ans 2» Meter Höhe in den Tagebau. 7 Tote, 1!i Schwerverletzte und 5 Leichtverletzte sind z« be klagen. Die Unsalluntersnchung ist im Gang«. Die Aochwasserkatastrophe am Rhein Köln, 24. Nov. Das Hochwasser des Rheins hat besonders die Gegend um Ander n a ch und Neuwied in MttletLen- schast gezogen. In Andernach stehen die schöngepslcgten Anlagen gänzlich unter Wasser. Das Bollwerk mit dem Heldendcnkmaj steht mitten in der Flut. In Neuwied wirkt sich das Hochwasser katastrophal aus. Ueber die Hälfte der Stadt Ist in Mitleidenschaft gezogen. Von drei Setten ergießen sich die Fluten in die ttcser gelegenen Teile der Innenstadt. Am Oberläufe des MIedflüßchcns sind viele Dörfer von der Hochflut betrosfen. Bon den Im Norden der Stadt liegenden großen Gärtnereien ragen nur noch die Dächer der Treibhäuser ans dem Wasser hervor. Der Schaden ist noch nicht zn übersehen. Die größten Verluste hat die Hochwasscrslut auch diesmal wieder den Winzern zugcsügt. Der Wein war »och nicht durch die Gärung, als die kalte» Fluten der Mosei in die Keller eindrangen und die Gärung so z»m Stillstand brachten. Der Onalitätsverlust des Weines ist durchweg sehr groß, da nach dem Rückgänge des Wassers die Gärung erneut, und zwar künstlich, fortgesetzt werden muß. Zwei Todesopfer hat das Hochwasser bet Trier ge fordert: Der 28 Jahre alte, unverheiratete Landwirt Christen auS Kassel fiel heute In der Dunkelheit in die angeschmollene Ruwer und ertrank. Man fand seine Leiche an einem Mühlwehr hängend. Ein Mann ans Eonz wird seit Sonntag vermißt. Er war abends an der Saar spazieren gegangen und kehrte nicht mehr zurück. Man vcrmntet, daß er tn der Dunkelheit tn die hochgehcndcn Fluten der Saar geraten und ums Leben gekommen ist. Zebn Tote bei einer Grnbcnexploflon in Transvaal. Bei einer Mrubenexplosion im südlichen Randgebiete wurden ein Europäer und neun Eingeborene getötet. Linlssozialistische Revolte So paradox es klingen mag, der große Maisieg der Sozialdemokratie im Jahre 1828 wurde die Ursache ihres nnaushalisomen Niederganges. Schon damals prophezeiten Anhänger des linken Flügels der Partei, wie der ultra pazifistische Ossietzky, eine Spaltung in etwa zwei Jahren. Es ist zwar noch nicht soweit gekommen. Aber die Unkenrufe wollen nicht verstummen, die von einem Aus- erstchen der USP. künden. Und die Zeichen dafür mehren sich. Schon zwei Monate nach dem Wahlsieg 1828 begann der erste große Prestigeverlnst mit dem Krach um den Panzerkreuzer. Es folgte Hiifcrdings katastrophale Finanz politik, die mit der Auslieserung eines blühenden deutschen Industriezweiges an den schwedischen Mammutkapitalisten Jvar Kreugcr endete, und Müllers außenpolitischer Miß erfolg in Gens, der die vorzeitige Einleitung der ?)onng- planverhandlungcn zur Folge hatte, die dann unter dem Drucke von Htlscrdings Kassenmisere mit einem vollen Miß erfolg endeten. Kurz vor dem Einbruch der Weltwirtschafts krise! Die Sozialdemokratie rettete sich ans dem durch ihre Schuld sinkenden Staatsschiff und begab sich in das bereits früher bewährte „G e s u n d b a d der Opposition". Allein die Spekulation auf das kurze Gedächtnis der Zeit genossen erwies sich als falsch. Die Wahlen vom 14. Sep tember brachten den ersten Niedergang der Partei. Im neuen Parlament fand man eine verstärkte kommunistische Partei und eine gewaltig angcwachscne Rechte vor. Nicht der Kommunismus, sondern die nationale Bewegung brachte nun bald die sozialdemokratische Führung — wie man heute weiß — in tödlichste Verlegenheit. Man hatte den Wahl kampf gegen Brünings Notverordnungen geführt. Und nun hatte man die Wahl: entweder man schluckte die als reaktio när befehdeten Gesetze Brünings oder man riskierte den Sturz der Negierung und die Bildung eines Rcchtskabinctts im Reiche zugleich mit Neuwahlen in Preußen, mit der sicheren Aussicht, auch dort einer Ncchtsregierung zur Macht zu ver helfen. Für die preußische Machtposition aber ist der offi ziellen Sozialdemokratie kein Opfer zu groß. So entschloß man sich zur „einmütigen" Tolerierung Brünings, um der „drohenden Gefahr des Faschismus" zu begegnen. Als aber die K o m m u n a l w a h l e n In Oldenburg, Mecklen burg und Baden einen weiteren, stellenweise, wie in Karlsruhe, sogar einen Sllprozentigen Rückgang der sozialistischen Stimmen ofsenbartcn, zeigten sich die inter essantesten Dinge. Plötzlich traten sozialdemokratische Abge ordnete vor die Oesfcntlichkeit, die in dem Paktieren mit Brüning um Preußens willen eine schwere Gefahr für den Bestand der Sozialdemokratie sahen und die mit den schärfsten Worten forderte, man dürfe um der Pfründen verdienter Funktionäre willen nicht die Arbeiter „desperat und an traditionellen Ueberzcugiingen irremachcn". Sonst sei cs kein Wunder, daß sie ihr Vertrauen getäuscht fühlen und scharenweise davonlicfen. Ja, der Abgeordnete Seyde- witz erklärt im „Klassenkampf", daß die Behauptung des „Sozialistischen Pressedienstes", die Fraktion habe einmütig und ohne Meinungsverschiedenheiten ihre Stimme für Brtt- ning abgegeben, falsch sei. Ganz im Gegenteil, in der ent scheidenden Fraktionssitziing hätten über 30 Abgeord nete unter Hinweis auf die Wahlvcrsprcchungen revoltiert und Abkehr von Brüning gefordert, und sich nach hartem Meinungsstreit nur der Partcidisziplin gefügt. Aber, so droht Seyücmitz. die Opposition habe nichts aufgcgcbcn, son dern sie wirke weiter und hoffe, daß in Zukunft dtc Mehr heit der Fraktion'sich zu ihrem Standpunkt bekennen werde. Und wenn die Mehrheit der Fraktion sich zu diesem Stand punkt nicht bekennt, offiziell, weil sie die „drohende Gefahr des Faschismus" bekämpfen muß, und inoffiziell, weil sie die preußische Position mit den wertvollen LandraiS-, Negie- rnngs- und Polizeipräsideittcnposten höher einschätzt als die Unzufriedenheit der seit zwölf Jahren gehorsamen Massen, was bann? Scydcmitz schweigt drohend. Aber andere sprechen dafür eine nm so deutlichere Sprache. So Ossietzky, der erklärt: „Dtc sozialistische Linke ist nicht gewillt, die Partei weiterhin zur höheren Ehre einer dubiosen BünbniS- pvlitlk stumm zermahlen zu lassen. Sie bildet schon heute eine Fraktion in der Fraktion. Sie kann in ein paar Wochen schon tm Reichstage selb ständig auf- trctcn, was nur der erste Schritt zur Gründung einer neuen USP. wäre... Die Fortführung des fetzigen Zu- stan-cs. so schließt Ossietzky, bereitet nur einen unge heuren Konkurs vor, tn dessen Masse sich Hitler und Heinz Reumann sdcr kommunistische Propagandaleiters teilen mögen." Düstere Worte aus dem Munde eines Sozialisten über seine Partei. Pessimistischer' jedenfalls, als wir Nicht-