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Primo -e Rivera ^ Plötzliches En-e -es früheren spanischen Diktators Paris, IS. Marz. General Primo de Rivera, der sich kur, nach seinem Sturz nach Paris begeben hatte und seither in einem hiesigen Hotel wohnte, ist am heutigen Sonntag ganz plötzlich an einer Embolie gestorben. Primo de Rivera litt seit langem an einer schweren Zuckerkrankheit und beabsich tigte, sich in nächster Zeit nach Frankfurt a. M. zu einer Son- derbehandlnng zu begeben. Er stand im Alter von 6l> Jahren. Primo de Rivera schien, nachdem er in den letzten Lagen einen Grippeaufall überwunden hatte» wieder seine volle Rüstigkeit erlangt zu haben. Am Sonntagvormittag erhob er sich zur gewohnten Stunde und sah noch die etngelanseue Post durch. Sr schien sich jedoch nicht ganz wohl zn fühlen, da er, entgegen seiner Gewohnheit, nicht die Messe besuchte. Als sein Sohn kurz nach 10 Uhr vom Kirchenbesuch wieder zurück in das Zimmer seines Vaters trat, fand er den General bewusttlos auSgestreckt mit geschloffenen Augen auf seinem Bett liegend vor. In der Annahme, der Bater sei von einer Ohnmacht befallen, benachrichtigten die Kinder den Arzt der spanische» Botschaft» der bald daraus im Hotel ein traf, jedoch nur feststellen konnte, daß Primo einem Gchlag- ansall erlegen war. Für den Nachmittag hatte Primo, der im Begrisf stand, nach Frankfurt a. M. abzureisen, noch eine Reihe von Freunden zum Abschied eingelabeu. Die Leiche Primo de Riveras ist heute abend einbalsamiert worden. Die Etnsargung erfolgt morgen vormittag. Wie HavaS aus Madrid berichtet, hat die Todesnachricht in Spanien und besonders bet den Anhängern Primo de Riveras große Bewegung ausgelöst. General San Jur jo reist heute abend nach Parts ab. * Der spanische Diktator hat seinen Sturz nicht lange Über lebt. Er selbst, mit seinem vollen Namen Primo de Rivera, Gras von Estella heißend, entstammt einem alten spanischen Adelsgeschlccht. Als Ossizier stand er zunächst aller Politik fern und machte die normale Karriere durch. Im Jahre 1020 war er Generalkapitnn, also Kommandierender General eines Militärbezirkes, und zwar dessen von Madrid. Er mar bekannt als besonders tüchtiger Ossizier, aber auch viel gefürchtet wegen seiner dienstlichen Strenge. Daneben galt er als lebenslustiger Draufgänger, der Frauen und Glücksspiel nicht abhold ivar. Bon 182g an datieren sitr Spanien sehr trübe Zetten. Im Kampfe mit den Rif- kabylen ging nahezu der letzte Nest spanischer Kolonial- yerrschaft verloren. Eine schwere Niederlage drohte. Außer dem lastete über dem ganzen Lande ein ziemlich verworrenes System. In diesem Augenblick nationalen Niedergangs ergriff Primo de Rivera, gestützt aus die mächtigen Ossiziersbiinde, die Herrschaft und erklärte die Militärdiktatur. Zunächst stand der König dieser Bewegung skeptisch, wenn nicht ablehnend gegenüber, gab dann aber seine Zu stimmung, als er sah, daß Primo de Rivera sich im ganzen Lande ohne einen Schuß Pulver durchsetzte. Diejenigen Kreise des Volkes, die jahrelang gegen die parlamentarische Mißwirtschaft angekämpst hatten, jubelten ihm zu, und nur gewisse Kreise liberaler Färbung und natürlich die Nutznießer des Systems selbst, standen gegen ihn in Fronde. Die ersten Jahre der Diktatur waren für Primo de Rivera außerordentlich erfolgreich. Es gelang ihm. den Rif krieg, der so'lange Spaniens Kräste übermäßig in Anspruch genommen hatte, durch eine Verständigung mit Frankreich und durch rücksichtslose Erneuerung der spanischen Heer führung siegreich zu beenden. Im Innern wandte er sich besonders sozialen und wirtschaftlichen Ausgabe» zu. Auch hier gelang cs ihm vielfach, wichtige Besserungen durchzn- führcn. Natürlich widerstrebten dieser straffen Hand alle .Kreise, die aus Kosten der Nation mit Hilfe des parlamen tarischen Systems gelebt hätten. Insbesondere gelang es der Agitation, die Arbeiterschaft Spaniens, die nicht von Anfang an gegen ihn Stellung genommen hatte, aufzu- putschen, und als Primo vor einiger Zeit seinen Rücktritt er- klären mußte, war es beinahe so weit, daß mit revolutionären Erhebungen gegen ihn gerechnet werden mußte. In der Außenpolitik entwickelte Primo de Rivera ebenfalls nicht ungeschickt eine starke Aktivität. Insbesondere gelang cs ihm, Fäden zum faschistische» Italien hinüberznsvinnen. Diese Kom bination erregte aber das Mißfallen Frankreichs, und die Pariser Politik hat sicherlich stark an seinem Sturz mitgcwtrkt. Sic stützte sich dabei vor allen Dingen ans eine zahlenmäßig zwar nicht sehr große, aber nicht einflußlose Emigration, die namentlich in Parts saß. Dieser Emigration gelang eS auch, ihm gewisse Teile des OssizierkorpS abspenstig zu machen. Schon seit langem hatte der Diktator mit Widerständen vor allen Dingen unter den Offiziere» dertechntschen Truppen zn rechnen. Erst behandelte er diese Gruppen nachsichtig, mußte aber dann scharfe Mittel anwendcn. Hier gelang es ihm aber nicht mehr durchzudringen und er entschloß sich, zurückzutreten, ehe eine schwere Krise seinen Sturz gebracht hätte. Unzweifelhaft verliert Spanien in diesem Manne eine ffervorragenoe Persönlichkeit und es ist nur zu wünschen, bah auch diejenige», die jetzt seinen Platz eingenommen haben, den Wiederaufstieg der spanischen Nation weiter fördern. Ohne sich in die internen spanischen Verhältnisse einzumischen, wtrd das deutsche Volk des so plötzlich Verschiedenen als auch eines Freundes der deutschen Nation stets dankbares Ge- denke» bewahren. Die Hochflut -es Gbro 1300 Familien obdachlos Paris, 17. März. Nach einem Telegramm aus Sara gossa nehmen die Uebcrschwcmmungen des Ebro ungeheure Ausmaße an. Der Wasserspiegel steht 7 Meter über normal. Die Einwohner von Arabal mußten die Häuser räumen. 500 Gebäude sind etngestiirzt »nd 1500 Familien obdachlos. Aus dem französischen NeberschwemmungSgebtet verlautet, daß die Garonne bei Bordeaux an zahlreichen Stellen über die User getreten ist. Militär arbeitet fieberhaft, um den wichtigen Damm von Boutllac, der die Vorstädte von Bordeaux schützt, zu verstärken. Die Gedenkfeier im Reichstag Berlin. 16. März An der Spitze der Veranstaltungen aus Anlaß des Bolkstraucrtages stand die Gedenkfeier, die der Volksbund deutscher KricgSgräberfür- sorge am Svnntagmtttag im Reichstag abhicit. Wie tn den vergangenen Jahren war der Plenarsttzungssaal festlich geschmückt. Die Stirnwand des Saales und Estrade waren schwarz verkleidet. Vor der Rednertribüne waren zwei riesige Lorbecrkränze lütt schwarzrotgoldenen Schleifen niedcrgelegt. Punkt IS Uhr erschien Reichspräsident von Hindenburg, begleitet von Netchstniienmtnistcr Scverlng und den Vize präsidenten des Reichstags, Esser und v. Kardorff, sowie den EhefS der Heeres- und Marinelcttung, um tn der Dtplomaten- loge Platz zu nehmen. Die Retchsregterung war ferner durch die Minister Dietrich, Dr. Schätze! und Dr, Wtrth vertreten. Außerdem bemerkte man unter den Anwesenden den Präsidenten des Volksbundes. Minister a. D. Dr. Geh- ler, die Vertreter der Kirchenbchvrden, darunter den neuen Wethbtschof von Berlin, Vertreter der Landesregierungen und der Parlamente. Hinter der Rednertribüne hatten Kahnenabordnunge» der Reichswehr Ausstellung ge- Reue Zerstörungen gefordert München, 16. März. Wie dem Bayerische« Laftverein von seiner Gaugruppe Psalz berichtet wird, hat das französische Oberkommando angeordnet, dah durch deutsche Hand bis zu« 13. April sämtliche Ausbauten des psälzischen Flugplatz«» Lachen-Speyersdorf zu »ernichteu fiud. Es haudelt sich hier «« eine alte Anlage, die während des Krieges erweiterl worden ist und über ein geradezu ideales Fluggelände von 1000 Meter Breite uub 1300 Meter Länge verfügt. Der Platz enthält neben eiuem großen Werkgebäude einen Flughafen vo« SO groben Flugzeughallen und zahlreichen andere« Ban» lichtesten a«S Stein. Sie solle» sämtlich der Zerstörung anheimfallen, »nd es müsse» sogar die drei Meter in de» Boden versenkten Dränageröhre» herausgertffen werden. «M Don schasst am M StuMMemelee Neuyork, 16. März. Der englische Rennfahrer Kay« Do« unternahm am Strande von Daytona Beach in Florida mit seiner „Silberkngel* eine neuerliche Probesahrt, bei der er aber nur eine mittlere Stundcngcschwindigkeit von 257^9- Kilometer erreichte. ^ nommen, während die Vertreter sämtlicher studentischen Korporationen tn vollem Wichs und mit Fahnen einen Kreis um den ganzen Saal bildeten. Die Feier wurde eingclcitct durch Darbietungen de» Koslekschcn Bläserkorps und des Berliner Lehrergesangver« eins. Die Gedenkrede hielt in diesem Jahre Rcichstagsabge« ordnetcr Gehelmral Dr. kahl. Er führte u. a. aus: Wir gedenken der Toten mtt der starken Stimmung und Entschlossenheit hetltgen Opfermutes und un erschütterlichen Glaubens an eine deutsche Zukunft. Bon »wet Millionen deutscher Krtegstoten ruhen nnr 206 006 in deutscher Erbe, während die übrigen in 08 Ländern und aus dem Meeresgründe verstreut sind. Uns alle bewegt heute die Frage, ob es unsere letzten Krtegstoten sein werden. ES geht heute nicht mehr um die Humanisierung des Krieges, sondern um die Frage der Abschaffung des Krieges. Der grobe WeltsrtedenSgedanke darf allerdings »lemaltz l Herabfinken zur nationale« Würdelosigkeit. Der Geist der Wehrsrenbigkeit muß lebend erhalten «erde«. Die innerlichste Kraft muß gelöst «nd gefestigt werben, die allein die einzige wahrhaftige Kriegsbereitschaft und Frtei Mol-enhauer über FLnanzfanierunv Eine proyrammatische Rede -es Neichsfinanzmtrüfters Hamburg, 16. März. Am Sonnabend fand hier daS trabt- tionell gewordene ostasiatijche Liebesmahl des vor dreißig Jahren gegründeten „Ostasiattschen Vereins Hamburg- Bremen"' statt, zu dem sich auch in diesem Jahre wieder rund 300 Ostasiaten mtt ihren Gästen tm Uhlenhorster Fährhaus versammelt hatten. Man sah weiter Vertreter Hamburgs, darunter Bürgermeister Roß, Senator Apel, Bremen. Direktor Hasse von der Reichsbank, die Ministerialdirek toren Trautmann. Dorn und Hetntze, Generaldirek tor Dorpmüller, und als Vertreter der Retchsregterung NeichSsinanzmintster Dr. Moldenhauer. Dr, Mvldcnhaner hielt anläßlich dieser Veranstaltung eine programmatische Rede. Die bisher bekanntgewordencn Einzelheiten des H a n s h a l t p r o g r a m m S für 1 830, zu dem sich die Retchsregterung nachdrücklich bekannt hat, obwohl die Parteien sich bisher nicht haben einigen können, stellte der Minister in den Mittelpunkt eines Finanzreformprogramms auf weitere Sicht. Der Minister ist beauftragt, mtt dem Sparkommissar ein Sparprogramm auszustellen. Er bereitet, wiederum tm Auf träge der NetchSrcgierung, ein Ausgabensenkungs- gesetz vor, daö aus allen Gebieten, wo Ersparnisse nötig er scheinen, solche vorsehcn soll. Eine Vorlage über die K r e d i t g c b a r u n g hat der Finanzministcr bereits der Ncichßregierung unterbreitet. Es sei ausgeschlossen, so betonte der Minister, daß jetzt nach Annahme des Uoungplanes jede Gemeinde sitr sich an den Geldmarkt des In- und Auslandes herangehe. Auf der anderen Seite erscheine cs erforderlich, das Verantwortungsgefühl der Gemeinden zu stärken. Das Finanzprogramm der Reichsregierung sah deshalb vor, daß ein beweglicher Faktor, durch den unter Nerücksichti, gnng sozialer Notwendigkeiten alle Gcmcindebürger zu den Lasten der Gemeinde hcrangezogc» werden, in das Gemeindc- sinanzsystcm eingebaut und eine Relation zwischen diesem Fak tor und der Höhe der Realsteuern festgclegt werden sollte. Voraussetzung hierfür war die alsbaldige Verabschiedung des GtenervereinheitlichungögesetzcS. Zur Frage der Arbeitslosenversicherung erklärte der Minister n. a.: Die großen Vorschüsse, die daS Reich in den beiden vergangenen Jahren hat leisten müssen, sind der letzte Grund für unsere zerfahrenen Flnanzverhält- ntsse. Ich habe es deshalb als meine erste Aufgabe betrachtet, zunächst den Haushalt für 1830 von dieser Gefahr zu befreien. Die Versicherung kan» nur auf den Normalfall zugeschnttte« sein. In den Zetten von Wirtschaftskrisen muß die Allgemein heit einen Teil der Lasten übernehmen. Man wird etnwenden: Wollen wir denn die Zustände, wie sie heute bestehen, ohne weiteres hinnchmen? Hier handelt es sich um verschiedene Fragen. Es findet zur Zeit eine Prüfung der Retchsanstalt für Arbeitslosen versicherung durch den NcichSsparkommissar statt, um festzu- stellen, in welchem Umfange in der Verwaltung Ersparnisse gemacht und Mißbräuchen cntgegengetreten werden kann. ES ist dem Vorstand der Retchsanstalt aufgegebcn, auch Vorschläge über eine anderweitige Festsetzung der Letstun» g e n zu mache«» Der Minister ist selbst der Ueberzeugnng, daß die heutig« Organisation der Neichsanstalt nicht unwesentliche Kehler hat, und daß wir vor der Notwendigkeit eines organisatoische« Umbaues stehen. Moldenhauer hat nach dieser Richtung post« tive Vorschläge gemacht. Der Umbau läßt sich nicht in wenige« Monate» vollziehe«, aber man kann an dieser Frage nicht Vorbeigehen, um den Zweck zu erreichen, daß die Reichsanstalt mit weniger großem Aufwand eine möglichst gute Wirkung erzielt. Zusammenfassend wies Dr. Moldenhauer darauf hin, wie eng begrenzt für den ersten Augenblick die Möglichkeiten der AuSgabensenkung sind. Die wichtigsten Aufgaben liegen erst in der Zukunft. Gröbere Ersparnisse sind nur durch eine auf mehrere Jahre sich erstreckende planmäßige Gesetzgebung zu erreichen. Die Notwendigkeit der Kassensanierung macht eine Steuersenkung in diesem Jahre unmöglich. Aber sic gibt den Weg frei für eine solche tm nächsten Jahr. Diese Steuersenkung muß die Realstcuern und die Einkommen steuern tn erster Linie treffen. Die Reichsregierung hat für 1831 eine Steuersenkung mindestens um den Betrag von 606 Millionen vorgesehen. Entsprechende Gesetzentwürfe sind etn- gebracht ober in Vorbereitung, die schon jetzt eine Senkung festlcgcn sollen. Der Volkstrauertav in Berlin