Volltext Seite (XML)
Nationale Tageszeitung für die -Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gejpa!tene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlicheliBekanntmachungen 40Gold- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Gold-pfennig. Jicchweisungsgei ühr 20 Goldpsennig. Bor ¬ geschriebene Erscheinung-- rage und Piatzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: ÄUlt Ä)llS^ruft NV. b berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm. 10 Uhr — u -- -—-— bür die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen Übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oderder Auftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen- La« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Zurückhaltung in Berlin FrantteichsAimüheriingsbedilWiMii. Nach der Londoner „Times" ist Frankreich zu einer Annäherung an Deutschland unter drei Bedingungen bereit: 1. Das; die Annäherung in Übereinstimmung mit seinen Verträgen und Bündnissen steht, daß die Frage der Kriegsschuld der mitteleuropäi schen Kaiserreiche nicht aufgerollt wird, 3. daß der Beweis geliefert wird für materielle und Moralische Abrüstung der Nachbarn. „Times" bemerkt hierzu, im allgemeinen Interesse dieser moralischen Abrüstung wäre es vielleicht besser ge- Der Auswärtige Ausschuß des Reichs tages ist zum Donnerstag, den 7. Oktober, einberufen worden. Auf der Tagesordnung steht die Besprechung über Genf und Thoiry. Germersheim. AuS einem amtlichen Bericht über die blutigen Vorgänge in der Nacht zu Montag ist noch zu entnehmen, daß Holzmann, der sich unter den vier Deutschen befand, nach Aussagen eines Hengen von dem französischen Vngeforder<e Benchie. Reichspräsident und Neichsjnstizminister wünschen Aufklärung. Staatssekretär Meißner hat im Auftrag deS Reichspräsidenten durch Brief den preußischen Minister des Innern auffordern lassen, den genauen Wortlaut der Rede des Vizepräsidenten des Berliner Polizeipräsidiums, Friedensburg, in der er auf der T a - zung des Republikanischen Führerbundes in Berlin das Bureau des Reichspräsidenten apostro- ghicrte, fcstznstellen. Polizeipräsident Friedensburg hatte bei seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß das Lureau des Reichspräsidenten diejenige Stelle sei, an die sich alle möglichen Gruppen zu wenden pflegen. Friedens burg hatte im Zusammenhang hiermit eine straffe ein heitliche Staatsgewalt aefordert. Der Neichsjustizminister hat den Oberreichsanwalt über die Verhaftung des Dr. Dietz und Goldmanns wegen angeblichen Verrats militärischer Geheimnisse zum Be richt aufaefordert. Weitere Maßnahmen in dieser An- wesenf wenn es für den französischen Ministerpräsidenten möglich gewesen wäre, zu schweige n. Das sei aber nicht möglich gewesen. „Nachdem der deutsche Außenmi nister die „deutsche Kriegsschuld" geleugnet hat, war PoincarS gezwungen, Behauptungen zurückzuweisen, die, falls sie nicht zurückgewiesen wären, als Hebel hätten ge braucht werden können, um wesentliche Bestimmungen des Vertrages von Versailles zu beseitigen. Die „Schuld Deutschlands" ist die „moralische" Basis für viele von den Bedingungen, die der Vertrag von Versailles Deutsch land auferlegt hat." Daß der Kriegsschuldartikel die Basis für viele Be dingungen ist, die der Vertrag von Versailles Deutschland auferlegt hat, darüber ist mau sich auch in Deutschland klar. Die gewundene Begründung der „Times" und die gequälte Inschutznahme Poincarss zeigen erneut, daß die Kriegsschuldfrage als unanfechtbares politisches Argument angesehen wird, weil man im Lager der Gegenseite zu gut selbst weiß, daß mit dem Zusammenbruch der Kriegsschuld lüge das ganze Gebäude von Versailles ins Wanken gerät. Währenddessen schreitet die Er forschung der Kriegsursachen unbehindert fort und wird sich zu gegebener Zeit auswirkcn. Rückkehr -er deutschen Delegation aus Gens. Einberufung des Auswärtigen Ausschusses. Die deutsche Delegation ist aus Genf in Berlin unter Führung des Staatssekretärs von Schubert, des Ministe rialdirektors Dr. Gaus und des Abgeordneten Prälat Dr. Kaas eingetroffen. Zur Begrüßung waren auf dem Bahnhof erschienen: Reichsminister Dr. Haslinde, im Auftrage des von Berlin abwesenden Reichskanzlers der Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Pünder, vom Aus wärtigen Amt die Ministerialdirektoren Dr. Köpke und Dr. Wallroth, der stellvertretende Pressechef Vortragender Legationsrat Zechlin sowie mehrere Beamte des Aus wärtigen Amtes. Zivilisten, als er sich diesem näherte, sofort mit Stoa- over Peitschenhieben geschlagen wurde. Jetzt haben die französischen Behörden von sich aus die Sektion der Leiche des erschossenen Müller vorgenommcn. Der französische Unter leutnant Roucicr bewegt sich übrigens noch immer frei in den Straßen von Germersheim. Die Erregung der Bevölkerung ist allgemein. Es ist beobachtet worden, daß gerade Angehörige des Artillerieregiments Nr. 311, zu dem Roucicr gehört ein ganz besonders willkürliches Benehmen an den Tag legen, da der Abtransport des Regiments in den nächsten Tagen bevorsteht. Germersheim. Einen trüben Klang hat der Name dieses pfälzischen Städtchens gewonnen, jetzt ist der Klang noch trüber ge worden. Wieder ist deutsches Blut geflossen, weil die Pi stolen französischer Offiziere losgegangen sind wie damals, als bei den Separatistenunruhen unter französischer Obhut gegen Deutsche vorgegangen wurde. Und erst vor kurzem wieder kam es dort zu Ausschreitungen französischer Ve- satzungstruppen, als der Kriegerverein eine Totengedenk feier veranstaltete, zu Ausschreitungen, die nie ihre Sühne gesunden haben, weil Frankreich sich weigerte, auch nur eine unparteiische Untersuchung zuzulassen. Auf der einen Seite stehen die Besatzungstruppen, die die Überflüssigkeit ihres Vorhandenseins wohl selbst empfinden, überhaupt keine Ausgabe haben. Die „schönen" Zeiten sind ja vorbei, als man durch die deutsche Inflation und durch Deutschlands Verpflichtung, alle, aber auch alle Kosten zu tragen, herrlich und in Freuden leben konnte. Auch insofern sind die Zeiten andere geworden, weil man die Machtansprüche, die Eingrisfsmöglichkeitcu in die deutsche Verwaltung nicht unerheblich einschränkcn mußte, ^-"-^utsche Klagen ein Echo in der Welt fanden, Werl ja v-e Staatsmänner der beiden verfeindeten Staaten in " c a r „ x, in Gens zufammensaßen, gemeinsam ar beiteten da wurde täglich die Widersinnigkeit der Be setzung deutschen Landes deutlicher. Die Kölner Zone wurde geräumt, enger rückte die Besatzung zusammen — aber das Verhältnis zur deutschen Einwohnerschaft konnte kein besseres werden, weil die Hoffnung auf baldige Räu mung immer stärker, der deutsche Ruf danach immer lauter wurde. Zwischenfälle, wie sie schon früher in Germersheim und anderswo vorkamen, derartige Zusammenstöße, wie sie dort jetzt zum Tode von zwei, vielleicht drei Deutschen führten, werden aber nicht eher aufhören, als bis die fremden Truppen den deutschen Boden verlassen haben. Die französischen Offiziere, die zur Pistole griffen, waren in Z i v i l k l e i d u n g. Die Besatzungstruppen fühlen sich als die Herren, denen die Waffe gar locker sitzt. Immer sind die Leidtragenden dabei die Deutschen, d,e in e.nen solchen Zusammenstoß verwickelt werden, mcht.-ahnenc und in den, Glauben, im Recht zu sein. Aber — Recht gilt für sie nur sehr beschränkt im besetzten Gebiet. Vor ein paar Wochen hat sich in den „Times" ein Engänder .erbittert darüber beklagt, daß er und seine Frau von einem französischen Posten in Koblenz mit dem Bajonett be droht wurden, weil sie nicht vom Bürgersteig herunter gingen am Gebäude, in dem die Rheinlandkommission sitzt; auch der Hinweis aus seine Nationalität habe nichts gefruchtet. Nun, einem Deutschen ging es viel schlechter: der wurde dort von dem Posten mit dem Bajonett der- rugerichiet, daß er ins Krankenhaus transportiert runa^ '"ußte. Schweigend muß die Rheinlandbevölke- darauf sc>tl, wenn französische Hartnäckigkeit Es wii-d "och 10 Jahre dulden müssen. Deutschland und .^cwon geredet, daß zwischen Has Waster dieser Reden. Erst muß dieses Wort zur Wirklichkeit werden, muß das Erregende, das in dem Weiterbestehen dieser Besetzung liegt, endlich beseitigt sein darf nicht mehr deutscher Boden von Fremden beherrscht' dürfen nicht Deutsche von Franzosen verwundet, getötet werden. Darum ist die Forderung: FortmitderBe- saHung! nicht bloß ein deutsches Verlangen, sondern muß bei allen jenen Widerhall finden, denen diese Ver- söhnunasvolitik mehr als eine schöne Phrase ist. Die Verständigung mit Frankreich. Äußerungen des „Matin". Der Autzenpolitiker des Pariser „Matin" will über die Stimmung in Berlin festgestellt haben, daß man etwas zurückhaltender hinsichtlich der in Thoiry in großen Zügen entwickelten Politik geworden sei. Es wäre über trieben, von einem Rückzug zu sprechen, und nicht ganz gerecht, von einem Schwanken zu reden. Aber mau stelle eine Pause fest, eiue Zeit zum überlegen bei den Män nern, denen die Schwierigkeiten und Hindernisse sich jetzt klarer abzeichneten als unter der schönen Sonne von Thoiry. Die Nachrichtcn s eien nicht gut. Tue Diplomaten seien mit ihren Berichten nicht optmnsüsch und die Korrespondenten der Banken ebenfalls nicht. In Italien habe der Gedanke einer französisch-deutschen Bcrständigung eine heftige Campagne ausgelöst, in Eng land bewahre man, da die Negierung noch andere Sorgen habe, eine höfliche Zurückhaltung. Aber die Cityblätter spiegelten die schlechte Meinung der Finanzkreise wider. Selbst in Belgien scheine man ein wenig Überraschung zu zeigen, und dieselben Männer, die mit Deutschland Ver handlungen gepflogen Hütten über Eupen und Mal me d y , wunderten sich ein wenig darüber, daß die fran zösische Regierung Beziehungen anknüpfe, die zu einer neuen Interpretierung des Versailler Vertrages führen müßten, während der Gedanke einer Transaktion zwischen Belgien und Deutschland so viele Einwendungen in Paris hervorgerufen habe. Was die Amerikaner betreffe, von denen der Außen- politiker die qualifiziertesten schon in Bertin gesprochen Haben will, so sei ihre Stellung klar: die Ratifizierung des Abkommens von Washington müsse vor allem er folgen, alsdnnn werde es möglich sein, Geld zu finden. Aber die Ziffern, die man anführe, seien stark übertrieben. Die größte auswärtige Anleihe, die in Newyorl seit dem Kriege aufgelegt worden sei, sei zugunsten Australiens ersolgt. Sie habe nicht 100 Millionen überschritten. Es sei wahr, daß der französisch-deutsche Kredit nach einer Wirtschaftlichen und politischen Verständigung höher als der australische geschätzt werden könne, aber Deutschland schulde auch Geld an Frankreich, und, wie ein amerika nischer Finanzmann gesagt habe, man möchte nicht alle Eier in den gleichen Korb legen. Das seien die Nach richten, unter denen sich, so schließt der Berichterstatter, die Meinungen in Berlin bilden, da sie nicht durch er mutigende Nachrichten aus Frankreich ergänzt würden, und auch als die Reden Poincarös Vortagen, Habs er sich nicht gewundert, eine reserviertere Hal tung vorzufinden. Dit smzSWe Presse HM die Kriegsschuld weiter MM Paris, 28. September. Die rechtsstehende Liberte lehnt die auch von Poincarö geteilte Ansicht von den zweierlei Deut schen, den „Schlechten und den Friedlichen" ab. Die Deutschen würden sich niemals verstehen, dazu das Kaiserreich und den Kaiser als den Kriegsschuldigen zu erklären. Im übrigen würde die Ablehnung der Kriegsschuld durch die Deutschen Viel weiter- gehende Folgen haben, als es den Anschein habe. Der Ver sailler Beitrag sei aus die Schuld der Deutschen am Kriege auf- gebaut. Fiele diese Formel, so hätten die ganzen Reparations zahlungen ihre Berechtigung verloren. Die deutsche Politik ver folge die schrittweise Aufhebung der Klauseln des Versailler Ver trages, wie die französische Politik seinerzeit allmählich den Ver trag von 1815 zerstört habe. — Die gleiche Absicht wird auch in anderen rechtsstehenden Organen entwickelt. Erneute VerschärsiW der Mische» Regier»W- dlise. - AusWUderKWuicrulluiMuersluu Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Warschau, 28. September. Entgegen den in letzter Stunde verbreiteten Meldungen, daß der Senat ohne jede Acnde- rung das Budgetprovisorium angenommen habe und somit keine Notwendigkeit für die Einberufung des Sejm auf den Donners tag bestünde, erfahren wir, daß der Senat das Budaetprovisorium nicht in der ursprünglichen Festung, sondern nur mit einem Ab strich von 37 Millionen bestätigt hat. Diese Frage muß also noch einmal vor den Sejm kommen. Um diesen Beschluß des Senats üblehnen zu können und das Budget unverändert durchzubringen, muß die Regierung jetzt bei der Donnerstogabstimmung eine ab solute Mehrheit und zwar nicht weniger als "/-« erhalten, was unter den gegebenen Umständen ein Ding der Unmöglichkeit ist. Somit wird die Regierung wohl oder übel die Vertrauensfrage bei dieser Gelegenheit stellen müssen. Es kann deshalb heute schon mit Bestimmtheit gesagt werden, daß der Sejm- und der Senat am Donnerstag aufgelöst werden. Wie die Bluttat geschah. Nach dem bisherigen Verlaus der Ermittlungen nver die Germersheimer Bluttat, die von einem im Austrag der baye rischen Slaalsregierung aus spever nach Germersheim ent sandten Negierungskommigar geleitet wurden, bildete die erste Veranlassung zu der Tat der Wortwechsel zwischen zwei sran- zösischcn Leutnants in Zivil und dem Schuhmacher Richard Holzmann. Im Verlause dieses Wortwechsels gab de"' eine der beiden sranzösischen Offiziere aus Holzmann einem Nevolverschuß ab, der den Unterkiefer durchschlug. Dieser Vorfall spielte sich am Ludwigstor ab Nach der Tat bogen die beiden französischen Offiziere in die Sandstrayc ein und überließen den Verwundeten seinem Schicksal. Der Landwirt und Fuhrmann Mathes und der Arbeiter Erich Mull er, die sich zufällig in der Nähe, jedoch nicht w der Begleitung des verwundeten Holzmann befanden und mit dem streit nichts zu tun hallen, eilten, als der Schuß siel, dem ^crwundeten zu Hilfe. Sie liefen dann den beiden französischen Offizieren nach, um ihre Persönlichkeiten festzustellcn, ohne jedoch zu wissen, daß cs sich um Angehörige der französischen Besatzungs- behörbc handelte, weil die beideü Franzosen ZwiMewer tru gen. Gegenüber der Post, etwa 300 bis 100 Meter vom Lud- wigstor entscriii, Hollen die beiden Deutschen die beiden fran- zösischcn Offiziere ein. Der Verlauf der sich nunmehr scbr ^rasch abspielenden Ereignisse ist im einzelnen noch nicht voll- ! Alr 228 — 85 Iahrgaug. rel,gr Adr: ,rlm»blau« W i r »d ru f? - D re * d ev P->sts-b«ck: Dresden 2640 Mittwoch, den 29. September 192S crreign-lie 1,1 -Ni einzelnen nvcg ständig geklärt, jedoch steht sest, daß der Arbeiter Erich Müller von einem ans nächster Nähe abgegebenen Schuß nie- > dergcstrcckt wurde. Er war sofort t o t. Der .Landwirt und : Fuhrmann Mathes wurde durch einen Schuß ins Gehirn i lebensgefährlich verletzt.