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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840625
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-06
- Tag 1884-06-25
-
Monat
1884-06
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1884
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Erfchekrt tä-llch MH 6-/.UHr. Ueö«ti«» «i Tr»erU»« JvhauueW-ff« SS. Apkchftulltril irr Ke-actioa Vormittag» 10—IS Uhr. Srachmittag» 5—6 Uhr. gar» ««»»». «»»«<«««« «,»»IcrI,i, Ut Strdacüo» »*t »«rduidüch. W»»üH»« her für »te u1chsts«l»«u»e N»»»er »eftt«»»e« -»serate an Wachnit««» «» » Uhr «achmittaa». an Laou- und Fefttuzr« früh kt«'/,» Uhr. 3» tr» Filialeu für 3»s.-Annah«e: Ott« Ule««, UniversitütSstraße 21, reut» Lösche, Katharinruftraße 18, p. nur ht» '/.» Uhr. MiMgcr.TagMalt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- »nd Geschäftsverkehr. Auflage LSSO«. Adannemen1»Prriß viertelt. 4*/, Mk. incl. Brtugerlohn b ML. durch die Post bezöge» K Mt. Jede einzelne Nummer SO Vs. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung SS ML «tt Vostbrsördernng 48 ML Inserate Oaespaltme Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut »usrrem Prets- vtrzeichaiß. Tabellarischer«. Ziffernsatz nach höhen» Tarif. Nerlmven unterem Kedartionostrich die Spaltzeile bO Pf. Inserate sind stet» an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praanuwernuäo oder durch Post- Nachnahme. 177. Mittwoch den 25. Juni 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Veklmnlmachulls. 3» Befolgung einer unterm S. April e. seiten» der König lichen LreiShauptmannschaft ergangenen Generalverordnung bringen wir andurch wiederholt zur öffentlichen Krnntniß, daß da» Königlich« Ministerium de» Innern auf Anregung -de» Königlichen Laudeö-Medicinal-Collegium» auö Rücksicht auf di« öffentliche Gesundheitspflege durch Verordnung vom »8. Oktober 1877 bestimmt bat. daß asie Leiche«, an welchen deutliche Zeichen von Fäulniß wahrnehmbar sink, nicht Uber de» 4. Tag (4 mal 24 Stunden) von der Stunde de» ein- aetretenen Tode» au im Sterbehause belasten werden dllrsen, sondern au» dem letzteren spätesten» mit Ablauf der gedachten Zeitsrist entfernt werden müssen, um entweder beerdigt oder de» Todtenhallcn übergeben zu werden. Zuwiderhandlungen sind mit Geldstrafe bi» zu 100 Mart beziehentlich im Unvermögenssalle mit entsprechender Hast strafe zu ahnden. Wir werden die gehörige Ausführung der gedachten An ordnung überwachen und in vorkommenden Contraventions- sälleu, deren Anzeige wir den Leichenfrauen zur Pflicht gemacht haben, dagegen einschrciten. Hiernächst haben wir aus Anregung de» Herrn Stadt- bezirköarzle» und nach Gehör de» GesundheitS-AuSschuffeS, sowie auch der Herren Stadtverordneten noch für den hiesigen Stadtbezirk bezüglich der Benutzung der Leichenhallen folgende Anordnungen getroffen: 1) Die an besonder» ansteckenden Krankheiten, namentlich an Pocken, Cholera. Diphtberiti», Scharlach, Fleck typhus, Unterleibstyphus, t^pdus recurrens (RücksallS- fieber), Erysipel (Rose). Ruhr und Masern Ver storbenen sind spätesten» innerhalb achtzehn Stunden nach dem Eintritte de» Tode» au» dem Sterbehause zu entfernen und in die Leichenhallen zu bringen, wo für dieselben, wenn thunlich, ein von den übrigen Leichen geschiedener Raum anzuweisrn ist; 2) diejenigen Leichen, für deren Unterbringung ein be> sonderer. zu Wohn«, Schlaf-, Arbeit»- und WirthschastS zwecken nicht benutzter Raum in der betreffenden Familie oder im Sterbehause nicht vorhanden ist, muffen in allen Fällen, auch wenn der Tod nicht in Folge einer der obigen Krankheiten eingetreten ist, innerhalb achtzehn Stunden nach Eintritt de» Tode» i» die Leichenhallen untergebracht werden. Indem wir diese Anordnungen zur allgemeinen Nach achtung bekannt machen, bemerken wir, daß Zuwiderhandlungen gegeu dieselben, soweit nicht nach dem Strafgesetzbuch« im einzelnen Falle härtere Bestrafung einzutrcten hat, ebenfalls mit Geldstrafe bi» zu 100 Mark, bez. mit entsprechender Haftstrase geahndet werden werden, wogegen wir den Hin weis daraus, daß die Benutzung der Leichenhallen unentgeltlich ist, nicht Unterlasten wollen. Leipzig, den 18. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. Krels, vr. Tröudlin. kretschmer. Wegen vorzunehmender PflasterungSarbeilen wirb das Naundörfchen vom 2«. diese» Monat» an auf die Dauer der Arbeiten für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 20. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kr. Anctlons-VtlmniltMihnng. Im AuctionSlocale des Unterzeichneten Rath«» Dbst< rkt 3 (Stadthaus, Eingang Mühlgaffe 7) sollen Montag, den 30. Juni 188», Bormittag» 0 Uhr, 2 Kleiderschränke, 3 Sopha, 3 Tische. 1 Kommode. 1 Wandspiegel, mehrere Wand- und Taschenuhren, 1 Lithographie-Stein, 1 Nähtisch, 2 Reifekörbe, 1 Partie Kleidungsstücke ic. re. an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung vffent lich versteigert werden. Leipzig, am 21. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Renker. Vekannlmachung. Wegen Reinigung der ErpeditionSloeale wird DtenStag den 21. und Mittwoch de« 24. Jnnt « nur Vormittag» von 8—l> Uhr cxpedirt. Leipzig, den 22. Juni 1884. Da» Königl. Sächs. Standetamt. Direktor Julius Burckhardt. Vekanntmachun-. Die Herstellung von verschiedenen Kußweg-Uebergängen in Schlackcngußftcineu soll an einen Unternehmer in Accord Verdungen werde». Die Beding,»,aen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiesbaii-Verwaltung, Nathhau». Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingeschen rcsp. entnommen werden Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: ^ „stußwegübergänge" versehen ebcndaseibit nnv zwar bis zum 5. Juli lausenden Jahre» Nachmittag» 5 Ubr einznrrichen. Leipzig, am 23. Juni l88t. De» Rath» der Stadt Leipzig Stra-enbau^vepntatton. Lange Straße Nr. 26 /so» Freit»», de» 27. d. M , lO llhr Vormittag» ei»e Tchnrl- PeeG« »o» Albert G Lo. versteigert werden. Leipzig, den 23. Juni 1884. Bikltz, Gerichtsvollzieher. Nichtamtlicher Theil. Die evangelische Kirche in Oesterreich. * Wir hatten schon mehrmal» Gelegenheit, auf die Be schwerden hinzuwcisen, welche die evangelische Kirche in Oesterreich gegen die ihren Schulgemeinden doppelt auserlegten Volksschullasten erhebt. Diese bedauerliche Thatsache, welche geradezu al» eine höchst ungerechte Bedrückung bezeichnet werden muß, ist eine Folge de» H. 2 des Lolkrschulgesetze», wo durch der 8 kl de» der evangelischen Kirche am 8. April 1861 verliehenen Grundrecht» völlig aufgehoben wird. Gegen diese offenbare Rechtsverletzung protcstiren die Evangelischen Oesterreich», zumal Böhmens, schon seit dem Jahre 1869, aber alle Vorstellungen sind bi» zur Stunde völlig erfolglos geblieben. Da beriethen nun die vorjährigen evangelischen General-Synoden Uber eine gemeinsame, direct an den Kaiser Franz Josef zu richtende Vorstellung. Tie rcsormirte Ge neral-Synode hat auch wirklich am 8. November 1883 ein Gesuch an Se. Majestät den Kaiser gerichtet, aber in der General-Synode AugSburgiscker Cvnfesston hat die liberale Partei mit 24 gegen 20 Stimmen beschlossen, statt eine» Gesuches eine Denkschrift über alle Beschwerden der evange lischen Kirche an den Kaiser gelangen zu lassen. Diese Denk schrift ist nun am S. Juni dem Monarchen überreicht worden; sie wendet sich nicht allein gegen die doppelten Dolk-schul- lastrn, sondern auch gegen die m den ßK 63 und 111 de« allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches begründeten Ehehinder- niffe und schließlich gegen die Nichtaufnahme der evangelisch- theologischen Facultät in die Wiener Universität. WaS die den Evaiiaelischen doppelt ausgebürdeten Volk»- schiillasten betrifft, so sinken dies drückende Vcrhättniß selbst hcchossiciöse Wiener Blätter ungerecht, aber von einer Fest stellung de» protestantischen Eherechtes wollen diese im Bunde mit den österreichischen Ultramontanen durchaus nicht» wissen. Höchst bezeichnend sind die Gründe, welche von den Officiösen und Ultramontanen gegen die Gewährung eine» protestanti schen Ebcrechte» angeführt werden. Da beißt r» beispiels weise, daß „alle seit 186t zur evangelischen Kirche übcr- getretcncn katholischen Geistlichen dies lediglich zu HeirathS- zwecken mit gleichzeitiger Erwerbung des sievenbürgischen HcimathSreckteS gethan hätten. Diese Uebertrille", wird weiter ru behaupten versucht, „waren bisher allerdings nicht sehr zahlreich, aber sie würben sich jedenfalls sehr bedenklich vermehren, wenn die angestrebte Aufhebung de» Ehehiuderniffeö wirklich statlfänbe. Ebenso sicher ist es auch, daß die katholische Kirche die Aushebung des ß. 63 als eine schwere Schädigung ihrer Tisciplin betrachten und mit allen Mitteln dagegen ankämpfen würde. Nachdem aber die Negierung die Um gehung bcS Gesetzes durch die sogenannten Siebenbürger Ehen ohne gleichzeitige Auswanderung verboten hat, so dürste sie auch kaum geneigt sein, durch die Aushebung de» tz. 63 einen Kirche,icviislict herauszubesckwören." Ebenso ablehnend verhalten sich auch die Wiener Regierungsorgane gegen die Aufnahme der evaiiaelisch- lheologischen Facultät in die Wiener Universität. Davon könne keine Rede sein, weil die 400,000 Evangelischen in Oesterreich gegen die 20 Millionen Katboliken nur den 55. Theil der Bevölkerung bilden. Diese- Zahlenvcrbaltniß streite aber gegeu jede kirchliche oder korporative Gleich bcrechtigung der Consessionen. ja die Protestanten in Oester reich müßten froh sein, daß wenigsten- die konfessionelle Gleichberechtigung der Staatsbürger zu Stande gekommen sei. AuS dieser Bemerkung kann man jedenfalls schließen, welcher Geist in Oesterreich noch immer bezüglich der religiösen Duldsamkeit herrscht, welche bekanntlich ein Hauptmerkmal Le« wahren Liberalismus ist. Um nochmals auf die Aushebung der Ehehinderniffe rurückzukommen, so ist zu bemerken, baß dieselbe und da» Verlangen der evangelisch-theologischen Facultät durch eineu Gesetzantrag de- liberalen Abgeordneten Kopp schon einmal zu Verhandlungen gekommen, ein Antrag, der indeß vom Herrenhause abgelehnt worden ist. Daraus wird nun, aller dings nicht mit Unrecht, gefolgert, daß unter den gegenwärtige« Verhältnissen beide Gesctzanträge nicht nur im Hkrrenhause, sondern auch im Abgeordnetenhaus- obgelehnt wurden, weil der czechische und polnische Club aus denselben Gründen da gegen seien, welche sie im Vorjahre, trotz ihre» Widerstreben», zur Annahme der Schulgesetz-Novelle bestimmt haben. WaS aber die Negierung selbst mit dem besten Willen nicht gewähren kann, meinen die Ofsiciüsen, soll man vo» ihr auch nicht ver laugen. Mil einem Worte, die ganze Denkschrift der Generab Synode AugSburgischer Confession wird sehr abfällig deur thcilt und ihr keinerlei Erfolg in Aussicht gestellt. Nur da« Gesuch der resormirten Synode an den Kaiser findet einiger maßen Gnade, aber eS wird auch gleichzeitig betont, daß e» sich nur um eine Erwägung der Beschwerde bezüglich der doppelten Volksschullasten werde handeln können. Die dem Grase» Taafse ergebenen Blätter weisen auch darauf hin. daß eine rasche Regelung der VolkSschullasten sür die Evangelischen um so wünschenswert her sei. weil de» ganzen Conflict ausschließlich nur die liberale Schulgesetzgebung vom Jahre l86S verursacht habe, welche die Grundrechte der evangelischen Kirche in Oesterreich ganz willkürlich beseitigte. Wir »iüffcn »un abwarten, ob die in Aussicht gestellte .rasche Regelung" jener doppelten BolkSschullastei, der Evan gelische» wirklich bald zur Wakrheit werden soll. Sonderbar will es unS aber scheinen, daß diese leidige Angelegenbeit schon jahrelang sich hi»schleppt, wiewohl dadurch da« RechtS- bewußtscin der evangelischen Staatsbürger Oesterreich« aus daS Schwerste verletzt wird. Schon im Vorjahre ist davon die Rede gewesen, den Evangelischen endlich gerecht zu werden, aber es ist dennoch beim Alten geblieben. Eine längere Ver schleppung ist aber, da» muß jeder billig Denkende einschen, geradezu unmöglich. Leipzig, S5. Juni 1884. * Zu den Attentatsnachrichten, die in der letzten Zeit so sensationell aufgetreten sind, daß von RcgierungSscite wiederholt dagegen remonstrirt wurde, bringt jetzt auch die Münchener .Allgemeine Zeitung" ihren Beitrag. Da» Blatt bringt von Wiesbaden, den 2l. Juni, die folgende Mit- tbeilung, für welche wir ihm dir dolle Verantwortlichkeit überlassen: „Wie un» von zuverlässiger Seite au» Bad Ein», wo bekanntlich Kaiser Wilbelm augenblicklich zur Cur weilt, mitgetheilt wird, ist daselbst gestern eine Persönlichkeit ver haftet worden, die im Berdachte steht, sich mit einem Mord» anschlage gegen da» Leben Sr. Majestät de» Kaiser» getragen zu haben. Im Besitze de« in hohem Grade verdächtig er scheinenden Individuum» wurden ein Revolver, eine Anzahl Patronen und ein Dolchmesier vorgesunbe». Der Verhaftete kam von Koblenz und hat auf seiner Wanderung nach Em» in einem Walde Schießübungen veranstallet. Er ist ein noch junger Mensch und soll seinem Stande nach ein Schiffer sein, lieber den eigenthümlichen Vorfall wird seiten» der mit der Untersuchung betrauten Behörde da» größte Stillschweigen beobachtet. Nach seiner Gesangennabme wurde da» Indivi duum zurück nach Koblenz tranSportirt. Inwieweit wir e» hier mit einem thatsäcklich geplanten Attentat zu thun haben, muß erst der weitere Gang der Untersuchung lehren, deren Resultat man mit Spannung entgegensieht." * Die Budgetcomm issio» de» Reich»tag» trat am Montag Abend zusammen, um die Berathung über die Dampfer-SubventionSvorlage sortzusetzen. Fürst Bismarck wohnte der Verhandlung bei. außerdem die StaalSsecretaire v. Boetticher, v. Burchard» vr. Stephan, sowie der Krieg-minister v. Bronsart, mit einem Stabe von Commistarien, auch eine große Zahl von NichtcomnnssionS- mitgliedern waren al» Zuhörer anwesend. Fürst Bismarck hat einer Commission-sitzung seit 12 Jahren nicht beigewohnt. Bor Eintritt in dir eigentliche Debatte brachte Abg. vr. Ham- macher die Lüderitz'sch« Unternehmung in Augra Pequena zur Sprache, erörterte die von Frankreich für ähnliche Zwecke bereit gestellten Lredite, streifte die Longosrage «d ersuchte den Herrn Reichskanzler um eine Aeußerung darüber» wie sich die Reich-regierung zu den eben erwähnten Bestrebungen und zu den EolontsationS - Prosteten überhaupt stelle. Fürst BiSmarck wie» in seiner Antwort auf den Zusammenhang der Postdampser- snbventionS. Vorlage mit der Colonialfrage hin «nd machte sein weitere» Vorgehen in Betreff aller Lolonialproseete von dem Votum de« Reichstag« über den Dampfer-Entwurf ab hängig. Sr beabsichtige gar nicht, eigentliche Lolenialpolitik von Reich« wegen zu treiben, doch halte er e» sür ReichSpstich», jeder derartigen Privatunteruehmung nach Möglichkeit Reuh«schutz angedeihen zu lassen »nd i» allen Fallen, in welchen Deutsche herreu- loseS Land m Besitz nehmen, Förderung zu gewähren. Bon Eng land sei ihm zwar noch keine ausreichende Antwort aus seine Anfrage wegen allensallfigrr englischer RechtStitel aus Angra Pequena zu- gegangen und Hab« er mittlerweile die bekauute Erklärung nach England gerichtet. Nach Meldungen jedoch, die er heute erhalten, dürfe er mit Sicherheit sogen, daß da» englijche Eobinct aus Angra Pequeua keine Ansprüche mehr erhebe. Bezüglich de» Longo- Gebiete« seien Verhandlungen mit Portugal eingeleitet, und mau dürfe hoffen, ein Abkommen zu Stande zu bring«,. welche« deu freien Berkehr daselbst herstelle. Die Zustimmung de» LaiicrS habe er gewonnen, nicht für eine französische Lolonialverwaltung, sondern für einen Ewutz de» deutschen Handel» nach jenen Ländern. Ab geordneter Rickert kann den Zusammenhang dieser Bestrebungen mit der NesetzeSvorlage dennoch nicht voll würdigen. Er kommt aus die finanzielle Lage de» Reiches zurück, da di« Hommacher'ichen AuSsübrnnge» die früher geltend gemachten Bedenken nicht wider- legt hätte». Abg. vr. Bamberger bemerkt, daß die Aussührunge» des Reichskanzlers der Vorlage jetzt eine Tragweite geben, die weit über den ersten Blick hinauSgehe. ES seien schon viele Lolonial- projeete aufgetaucht, sür welche die Binnenbewohner stets eine außer- ordentliche Schwärmerei entwickelt hätten. Nicht jeder Kanzler »ach BiSmarck werde im Stande sein, das Ansehen Deutschlands beim Auslände so hoch zu halten, daß wir nicht der Geiahr ausgesetzt seien, wegen einer kleinen Lolonie in einen Seekrieg verwickelt zu werden, dem unser« Marine noch nicht gewachsen sein würde. Der Reichskanzler wendet sich in längerer Red« gegen Bambcrger und schließt mit dem Wunsche, daß die Sach« im Reichstage noch einmal verhandelt und dort durch namentlich« Abstimmung ent schieden werde. Abg. Lugen Richter spricht uamentiich gegen die Allsiedlung in Angra Pequena und findet e» vou deu Eng ländern sehr klug, daß sie un« diese» „sterile Sandloch" überlaffen wollen. Fürst BiSmarck ergreift noch einmal das Wort, um zu wiederholen, daß da» Reich gewiß nicht weiter gehen werde, al» Herrn Lüberitz in seinem erworbenen Recht zu schützen. Rach längerer AuSsührunq erhebt er sich mit der Entschuldigung, daß seine Gesundheit e< ihm nicht gestattet, die Uuterhandlung länger sort zusetzen. Er verläßt gegen elf Uhr die Sitzung, welch« »och bi« Mitternacht sortwährt. Abgeordneter Windthorst bedauert, daß di« Besprechung über die Lvlouial-Frage »icht im Plenum statt gesunden Hab«. Sie »ürde jedenfalls dazu beigrtrage» haben, die nebelhaften Lolonialgedanken zu ernüchtern, die hauptsächlich im starkbevölkerte» Süddentschlaud ihre» Sitz habe». Mau stände nach dem Gange der Debatte aar nicht mehr aus dem Boden der Bor lage. die man deshalb besser de« kommende» Reichstag« überweise — Die Lommissiou vertagt di« Beschlußsassung bi» nächsten Freitag. — Die Erklärungen de« Fürste» v»«marck lauteten uu- grsähr: Ich eonftotire zunächst di« erfreuliche Thatsache, daß »ach einer gestern ringelauseaeu Dresche de» Londoner Botschafter» die englische Regierung mit Bezug ans die «ugra-Oequena-Anarlegenheit ihre längst erwartete und de» Wilusche« Deutschland« eutsprecheud« Ent scheidung kundgegebeu hat. daß demnach dir Lüderitz'ichen Erwerbungen in Südafrika ohne Widerspruch Laglaud» unter deu deutschen Schutz ge- stellt seien. Rücksichtlich der i» der Lougosrag« schwebenden Diffe renzen ist die deutsch« Regierung entschlossen, di« Bildung eine» Freistaate« am Lang» zu unterstütze« «nd dahin zu wirken, daß der Handel mit diese» Territorien auch für Deutichland von allen Abgaben befreit bleibe. Auf seine Stellung zur Lolonialpolitik ,n. Allgemeinen eingehend, erklärte der Reich«kanzl»r, daß nach seiner Ansicht da- Reich nicht Colonien gründen und mit einem bureau- kraniche» Apparat versehen, svndern nur die an» sich selbst heran«- wachsenden Unternehmungen deutsch-r ReichSanaehöriger schätzen tolle. Unter diese» GesichkSpnncten allein sei seine Stellung zur Angra-Vequena-Angelegenhett auszufaffen, wie anch zu anderen sonstigen Unternehmungen, von welchen jetzt zn sprechen noch nicht die Zeit sei. Daß da» deutsche Reich einen derartigen Schutz auS- zuüben in der Lage sein werde, brauche nicht in Zweifel gezogen zn werden. Seine Vnndesgenoflenschaft sei unter allen Umständen werthvoll genug, daß anch die zur See mächtigen Staate» aus Deutschlands Interesse» die entsprechende Rücksicht nehmen würde,,. Weiter erklärte der Kanzler: Die Macht des deutschen Reiches sei nicht zu unterschähen, e» sei durchaus nicht nöihig, daß die „Nasenstüber", wie ein Vorredner sich auSgedrück», draußen in de» Colonien einpiunden würden, er wollte an dieser Stell« nur diese» constatiren. Frankreich ». B. liege vor den Thoren von Metz, und wenn durch dasselbe deiitfchen Reich-ungehörigen in fernen Ländern Unbill zngesüqt würde, dann würde die- eben in der Gegend von Metz in der Rückwirkung nicht au-blciben. Aus diese Weise würde da« Reich immer in der Lage sein, seine Colonien z» schützen, auch ohne der überlegenen Flotte anderer Nationen direkt gewachsen z» sein. Wiederholt sprach der Kanzler sein Bedauern au-, daß, wie e- den Anschein habe, man es zu einer weitere» Verhandlung im Plenum über die Dampservorlage nicht kommen lasten wolle; er würde den größten Werth daraus legen, daß durch eine namentliche Abstimmung jeder einzelne Abgeordnete in die Laae versetzt sein würde, den Muth seiner Meinung zu beweisen. Wie im klebrigen er den Zusammenhang zwischen der Solonialsrage und der Dampfer- Vorlage ablehne, io lieg« derselbe schon i» der Einveitlichkrit seiner Perio» mit den Vorlagen. Ihm erschienen dies, Dinge vollständig untrennbar und er müfie deshalb erklären, daß die Ablehnung der Damvieroorlage sür ihn eine Entmuthignng in Bezug aus diele ganze Politik enthalten würde. * Der nationalliberale Parteitag für Rhein land und Westfalen wird nun bestimmt am 13. Juli in Elberfeld abgehalten werden. Den nationalliberalen Reichstag«- und LanrtagSabgeordneten ver Rheiiiprovinz werden sich Abgeordnete derselben Richtung auS Westfalen «„schließen; die Hauplrede des Tage« wird der Landlags- abgeordnele für Kassel, vr. EnnecceruS, halte». Außerdem werden die Landtagsabgeordneten vr. Gras (Elberfeld), von Eynern (Lennep), dann die beiden LandtagSadgeordnetcn für Altena-Iserlohn Fabrikbesitzer vom Heede und vr. Natorp da- Wort nehmen. * Die Ueberführung der beiden chinesischen Panzer- Corvetten „Ting-duen" und „Chen-?)uen" wird unter dem Commando de- Corvetten-CapitainS Sebelin, seit Ende >880 AdlatuS de- Commandanten der kaiserlichen Marine-Akademie in Kiel, und deS Corvetten-CapitainS John Meller» deS bisherigen Hasen-CapilainS in Wilhelmshaven, erfolgen. D«e eingereichte Entlastung des Corvetten-CapitainS Sebelin wurde von dem Kaiser genehmigt, nachdem sür den mit der gesetzlichen Pension auS dem aktiven Dienst scheidenden deutschen Osficier schon vorher bei dem Bice- könig de- Petscheli Li-Hung-Tsckang behufs UebertrittS in den chinesischen Staatsdienst ein feste» Engagement auf vorläufig drri Jahre mit einer JahreSgaae von ungefähr 25,000 -st erwirkt worden war. Corvetten-Capitain Sebelin dürste da» Commando auf dem „Ting-Uuen" und Corvetten-Capitain Meller, besten Engagement Vorbehalten bleibt, dasjenige aus dem „Chen -Anen" erhalten. Für die Uebersührung der Schiffe erhalten die beiden Officiere je 20,000 E» wird beabsichtigt, auch für die dritte, aus den Schiffswerften de» „Bulcan" erbaute Panzercorvette „Tsi-Auen" emen deutschen Marinrossicier zum Commandanten zu gewinnen. * Der Zustand de» Kronprinzen von Holland hatte sich bi» Freitag Abend nicht wesentlich verschlimmert, der Geist de» Kranken war vielmehr klarrr al» feit Langem zuvor. So erkundigte er sich beispiel-weise nach einem auf da» Grab de» schweigsamen Oramer» zu legenden Lorber- kranz und ließ sich die Liste derjenigen Personen bringen, welche während der Krankheit im Palaste vorgesprochen hatten. Während der Nacht vom Freitag aus Sounabend, die sehr unruhig verlief, wurden dem Kranken, so oft die» eben anzing. Stärkungen, nämlich Milch, Fleischbrühe und ein wenig Madeirawein gereicht. Trotzdem nahm die Schwäche gegen Morgen zu. Ll« die Aerzt« gegen 10 Uhr Morgen» zu einer Berathung :usamme»traten, war die Temperatur de» Körper» ungewöhnlich hoch und der PulSsLlaq schwach. Da» Athemholen erfolgte 40 bi» 42 Mal in der Minute. E» wurden dem Kranken Eisumschläge um den Kops gelegt und ihm Eisstückchen in den Mund ge steckt. Gegen v,2 Uhr verlor drr Prinz da» Bewußtsein und begann zu phautasiren. Da die Hcrzthätigkeit sich stark ver minderte. so legte man Senfpflaster auf dir Herzgegend und wusch da« Gesicht de« Kranken mit Kölnischem Master. Während man damit beschäftigt war, begann der Tode«kamps, der indessen nickt lange währte. Uni 2 Uhr verschied der Prinz. Man telegraphirte an den König, der schon vorher von der Hofsnung-losigkeit de» Zustande« benachrichtigt worden war. Erst nachdem die telegraphische Antwort des König» einge« troffen war, verhängte man um 5 Uhr Nachmittag« die Fenster des Palaste» und ließ dadurch dir Tbatsach« vekannt werden. Sofort sammelte sich eine große Menschenmenge vor dem Palast, viele Kauflente schloffen ihre Läden und allcrwärt» wurden Flaggen aus Halbmast gebißt. Die Niederländer habrn sich schon seit geraumer Zeit mit dem Gedanken der Möglichkeit einer weiblichen Thronfolge ver traut gemacht. So schreibt da» „Algemen Hantelsblad": „Wenn wir auch dem erst 33jäbrigen Prinz«, mit Webmuth nachblicken, so richten sich doch unsere Augen auch auf die junge Prinzessin. Wir müssen an England denken, das unter drr Regierung seiner Königin Bicloria zu solcher Blüthe er wachsen ist. Die Prinzessin Wilbelmiue stammt ja vom alten Oranierblut. unter besten Einfluß die Niederlande so lange glücklich gewesen sind. Tie etwaigen Söhne der jungen Prinzessin werden auch wieder Oramer sein von dcmsclbeu Stamme wie Wilhelm I., der Vater de« Vaterlandes." » Da» Abscheiden de» Prinzen vonOranien wird nicht ermangeln, von allen jenen Elementen sensationell anS- gebrutet zu werden, die mit der gegenwärtigen Ordnung der mternationalen Angelegenheiten Europas aus irgend weichem Grunde unzufrieden sind, und. wenngleich außer Stande, die selbe direct zu erschüttern, doch jede Gelegenheit bei den Haaren herbeiziehen, die ihnen gestattet. Mißtrauen und Beunruhigung zu säen. Ter sranzöfische Chauvinismus er blickt in Auswersung der niederländischen Thronsolge- frage, die. woraus vor Kurzem ein bedeutsamer Artikel der „Norkd. Allgem. Ztg." binwieS, äe facto gar keine .Frage" ist, ein sehr paßrechteS Mittel, um Deutschland unredlicher Hintergedanken zn beschuldigen, als ob das Berliner Cabinct nicht» Eiligere« zu thun babe. ais Holland an dem Schlepptau der dy»astischrn Erbsolgercgelung in die deutsche Macbtsphäre hineinznbugsiren. Die Pariser Faiseur» rechnen sür das Ge lingen ihrer Speculation, welche in der Verhetzung de» nieder ländischen Volkes gegen Deutschland gipfelt, aus gewisse in der öffentlichen Meinung der Niederlande festgewurzelte Bor- urthclle und Jrrlhiimer. deren specisische Widerlegung, wie man an der Seine reckt wohl weiß. Deutschland unter seiner Würde hält und sich diesbezüglich ans die klärende Macht der Thatsacken und de» belehrenden Einfluß der Zeit verläßt. Deutschland hat in dem Lause der FriedrnSjahrc seit Beendigung deS Kriege» gegen Frankreich der Weit zu viele Beweise seiner Loyalität und seines strengen RechtSgesühl» gegeben, al- daß eS besorge» müßte, seine ruhige, selbstbewußte Jgnorirung einer verlogenen ausländischen Hetzpreffe könne ihm in objektiv und unparteiisch dem Lause der lage-politischen Ereignisse folgenden Gemütber» zum Schaden gereichen. Da» -gm Urcot consentiro viäetnr" findet auf da» Schweigen der deutschen Politik zu den französischen Verdächtigungen «egen drr hol ländischen Thronfolge keine Anwendung. Der Grundsatz strengster Enthaltung von jeder Einmischung in anderer Leute Angelegenheiten bildet auch drr niederländischen Affairr gegen über die VerhallungSlinie der deutschen Politik. * Unter den zwischen England und Frankreich über die egyptische Angelegenheit gewechselten Deprschrn. welche der Conseilpräsident Ferri» den Kammern vorlegen wird, ist die hauptsächlichste eine Depesche Dadding, ton's an Granville vom >7. Juni. In derselben bestätigt Waddington den Empfang der englischen Note vom >6. Juni, in welcher die Ansichten England« entwickelt werken und 4/ 1»
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