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Sonnabend. SS. Februar 1SV8 Veit GNffM »»»«'- Skr a)UllU »timmkil Nr. 5«. Dritter Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur: Fittz Arnhold Mr die Inserate verantwortlich: Malter Kraus beide in Aue mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Honntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion niit Ausnahme der Sonntage nachmittags von 4—L Uhr. — Teicgramm-Adreffe: Tageblatt Aue. — Fernsprechei 8». Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. vruck und Verlag Gebrüder Beuthner lIich.: Paul Beuthner) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten srei in» Haus monatlich »0 psg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich 40 Psg. und wöchentlich io psg. — Lei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i.so Mk. — Durch den Briefträger srei ins Kans vierteljährlich 1.92 Mk. — Einzelne Nummer t0 Psg. — Deutscher Postzeiluugs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens 9 >/, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen. Insertionspreis: Die siebengespaltene Korpnszeile oder deren Raum >0 psg., Reklamen 25 psg. Bei größere» Aufträge» entfprechciider Rabatt. Dies« NrrnrnreV «nrfotzt 12 Seiten Außerdem liegt das achtseitige Illustriert« Eonntagsblatt bei. Das Wichtigste vom Tage. Aus den Schah von Persien wurde gestern ein Bombenattentat verübt, drei Personen wurden ge tötet, zwanzig verwnndet, der Schah blieb un verletzt. (S. pol. Tgssch. u. Tel.) In Kobürg fand gestern die Tranung des Fürsten von Bulgarien mit der Prinzessin Eleonore von Neuß statt. (S. N. a. a. Welt.) Der Bundesrat hat die neue Fernsprech- g e b ü h r e n o rd n u n g an die A u S s ch ü s s e vermiesen. Lin deutsches Weissbuch über Marokko ist in B o r b e r e i t u n g. Der deutsche Botschafter Speck von Stern bürg tritt in einer amerikanischen Zeitschrift der Ausfassung entgegen, als wolle Deutschland Holland und Belgien an nektieren. Bei einer G r u b e nex p l o s t o n in Mexiko sind un gefähr hundert Personen umS Leben gekommen. (S. N. a. a. Welt u. Tel.) ch Pauline Lucca ist gestern, 64 Jahre alt, inWien gestorben. (S. N. a. a. Welt.) ch kdison, der sich einer zweiten Operation unter ziehen mußte, schwebt in Lebensgesahr. (S. N. a. a. Welt.) Frühjahrs-Aussichten. Ls ist ganz natürlich, daß mit dem Nachlassen des Winters alljährlich eine sehr bemerkenswerte Zunahme des Be schäftigungsgrades eintritt. Bedingt doch der Winter in vielen Produktionszweigen eine weitgehende Unterbrechung der normalen Tätigkeit. Landwtraschaft, Baugewerbe und Schisf- fahrt sind es vor allem, durch deren stilles Gepräge der winterliche Beschäftigungsgrad lies herabgedrückt wird. Fast alljährlich läßt sich dann aber von etwa Mitte Februar ab ein Ansteigen der Arbeitsgelegenheit wahrnehmen, bis dann im März die Frü h- jahrs-Saison wieder das Bild reger Betriebsamkeit bietet. Der Uebergang von winterlicher Ruhe zur Frühjahrsbelebung vollzieht sich fast alljährlich; er bleibt weder in Jahren des wirt schaftlichen Ausstiegs noch in weniger guten Jahren aus. Nur einmal in dem zehnjährigen Zeitraum 1898 bis 1907 brachte der Mch Violett. Eine humoristische Skizze von Earl Heerdegen. Nachdruck verbalen. „Na, Kinder, so wohl wie heut' abend habe ich mich in unserem Kasino seit langem nicht gefühlt. Urgemütlich ist's!" X Leutnant von Stoeller, das Regimentsbaby geheißen, lehnt sich im Stuhl zurück und beginnt zu singen, wie — wie — nun Ober leutnant Graf Geißlingen kritisierte derb und zutreffend, wie'n Rabe, der seit drei Wochen den Stockschnupfen hat! „Wir stiitzen sooo fröhlich beisam—men . . ." „Um Gotteswillen, hören Sie bloß auf mit Ihrem Gekrächze, Stoeller, die Schwadronsgäule kriegen sonst böse Träume!"^ meint der Tischälteste, Rittmeister von Sassen, und stretcht den blonden Schnurrbart. Indigniert neigt das Baby sein rötliches Haupt. „Singe wem Ge'ang ge geben, und — denn, irgend 'n oller Dichter sagt schon, der Deutsche mutz singen, wenn er sich wohl fühlt . . ." „Na, da seinen Sie doch sllr'n heutigen Abend — ein Franzose!" Die Fidulttät aber stieg im Laufe des Abends immer höher, schäumte auf und schlug brandend« Wogen. Längst war das Bier in den Töpfen den Rheinwein in den Römern, dieser wiede rum im ewigen Kaflnokreislauf dem perlenden Schaumwein in kristalenen Schalen gewichen, und als der Aelteste Burgunder in dem Sekt gestattete, erreichten die Wogen Haushöhe. Fliegen mord mit Preisverteilung und die Stuhlreitschule waren bereits zu Episoden in der Erscheinungen Flucht geworden, und das Baby schnarchte längst auf dem ftetnharten Plüschsosa im Ordon- nanzzimmer. Endlich fand man sich wieder zu zwangloser Runde um die Kneiptafel und erörterte die bevorstehende Sensation, die die Ursache der urgewalttgen Fidelita» gegeben hatte. Diese Sensation war doppelter Natur. Einmal kehrte Graf Starken fels -um Regiment zurück. Derselbe Etarkenfels, der vor knapp zwei Jahren infolge der Ungeduld seiner Gläubiger, bevor es zum Eklat kam, den Abschied erbeten hatte und übers grob« Wasser gegangen war, kehrt« heim als Gatt« einer Amerikanerin, März gegenüber dem Februar noch eine weitere Abnahme der Beschäftigten, nämlich im Jahre 1991. Die Gunst oder Ungunst der Konjunktur erhellt also in der Regel nicht aus der Tatsache einer Frühjahrsbelebung, sondern aus dem Grade, mit dem der Aufstieg im März einzusetzen pflegt. Da ist nun zunächst für die Beurteilung der Aussichten im laufenden Jahre an die fortdauernd günstige Lage der deutschen Landwirtschaft zu erinnern, di« nicht nur reichliche Ar beitsgelegenheit auf dem platten Lande selbst bietet, sondern auch Gewerbe und Handel stark beeinflußt. Was für reichliche Aufträge bckam allein das Baugewerbe in den beiden letzten Jahren durch die Landwirtschaft zugesührt! Die Mattigkeit des Baugeschäfts in den Großstädten wurde ost durch die flotte Tätigkeit auf dem Lande wettgemacht. Und für 1908 ist nach zahlreichen Berichten aus den einzelnen Gegenden Deutschlands auf dem platten Lande keine Abnahme, sondern vielfach noch eine ZunahmederBaulust zu erwarten. In den Großstädten freilich lastet über dem Baugeschäst noch ein Druck, der durch den Konflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitern noch verstärkt wird. Aber auf zwei Punkte ist hinzuweisen, die die Aussichten doch etwas weniger trübe erscheinen lassen. Einmal sind auch in einer Reihe von Großstädten die Voraussetzungen für eine grö ßere Bautätigkeit insofern gegeben, als auf dem Wohnungs markt das Angebot ziemlich knapp ist, wie aus der Prozcntzifser der leerstehenden Wohnungen sich ergibt. Sodann aber ist an dem Konflikt doch nur ein Teil der deutschen Arbeit geber im Baugewerbe beteiligt. Der größere Teil ist nicht orga nisiert und macht den Kampf gegen die Arbeiter nicht mit. Unter Berücksichtigung aller Momente ist es gar nicht ausgeschlossen, daß der Beschäftigungsgrad im Baugewerbe merklich besser einsetzen wird, als fast allgemein angenommen wird. Gerade von der Belebung des Baugewerbes geht eine starke Anregung auf die Tätigkeit in vielen anderen Gewerben aus. Ob dagegen das Frühjahrsgeschäft in den verschiedenen Branchen des Bekleidungsgewerbes die Hoffnungen er füllen dürfte, die in der Fachpresse gegenwärtig genährt werden, das erscheint noch fraglich. Es mag sein, daß im Handel gegen wärtig lebhaft gekauft wird, um die Vorräte der Detaillisten zu füllen. Ausschlaggebend ist aber schlicßlich doch der tatsächliche Verbrauch, Uber dessen Gestaltung man aber erst nach den Oster- seiertagen wird reden können. Es läßt sich nicht verkennen, daß der Winter 1997/08 eine Verminderung der Arbeitsgelegenheit und infolgedessen eine Einkommensschmälerung der Arbeiterbevölkerung gebracht hat, die zur Folge haben muß, daß innerhalb einer gewissen Zeit weniger ausgegeben werden kann. Da der Arbeiter an der Miete und Nahrung nichts ersparen kann, so wird außer an Ausgaben für Vergnügungen hauptsäch lich an der Kleidung gespart. Es ist also damit zu rechnen, daß die Lebhaftigkeit der Frllhjahrssaison im Bekleidungsgewerbe durch die geringere Kaufkraft der Arbeiterschaft gedämpft wird. Das dürste späterhin dann auch auf den Geschäftsgang im Tex- ti l g e w e r b e zurückwirken. Es bliebe dann noch zu erwägen, wie die Verhältnisse im Eisen-, Metall- und Maschi- ncngewerbe, endlich im Bergbau liegen? Für ihre Br- von deren Reichtum und Schönheit die fabulösesten Geschichten kursierten. Wie er diese Metarmorphose im einzelnen zustande gebracht, entzog sich vorläufig der Kenntnis der Salzaer Husa ren. Indessen, die Tatsache genügte . . . Das war das Eine. Wenn man bedenkt, daß Graf Etarkenfels der liebenswür digste und wackerste Kamerad gewesen, der eleganteste Kavalier und schneidigste Reiter, bei dessen Abmeldung sogar der eisenharte Oberst Huber-Stcinfels eine Träne im Auge zerdrückte — dann mußte der andere Teil des frohen Ereignisses geradezu phänome nal erscheinen. Keiner hatte bisher davon gesprochen; jeder gab sich den Anschein, als gelte seine Weihesttmmung einzig dem geliebtcn Kameraden, und doch wußte jeder der Herren, daß sein Nachbar nur an das Eine dachte. Walter von Heimstetten trug nicht umsonst die Rettungsmedaille am Bande, hatte schon drei mal nacheinander bei der Hubertusjagd die Trophäe erbeutet und — sogar einmal gewagt, anderer Meinung zu sein, als der ge strenge Herr Oberst. Er hatte zwar in der Theorie recht gehabt, in praxi freilich konnte er fünf Tage in seinen vier Pfählen über das Dichterwort nachdenken: „Gefährlich ist's, den Leu zu wecken." Dieser Heimstetten brach ein sekundenlanges Schweigen: Kinder, woll'n wir Blindekuh spielen? Hat gar keinen Sinn! Stelle also fest, daß Miß Violet noch x-mal lieblicher sein soll, als die nintvi-, die sich der Teuielskerl heimgeführt hat. Außerdem be erbt sie nicht nur Papa Willon — ach nee — da.existiert irgendwo im Westen noch 'n steinalter Onkel mit ungezähltcm Mammon — den beerbt sie universal . . . Kinder, wer Glück hat, führt die Braut heim!" Der Baron war gebrochen. Ivckeeä, soll schön sein wie der Mond in den Liedern der Indier," meinte Leutnant Wartenfels mit schwärmerischem Augenaufschlag. „Vater jsoll mit alten Holen gehandelt haben in seiner Jugend Sündentagen." „Un sinn, mit Petroleum!" erklärt ein anderer. „Meinetwegen mit Echwefelhölzern und Schlagsahne," erklärt ein dritter der Herren. „Wenn man die kriegen könnte!" Dieser Gedanke beherrschte zwei Drittel aller Anwesenden. Nur der Minnesänger des Regi ments, Oberleutnant von Werdau, stimmte erst seins Kehle und schäftigung ist in hohem Maße der Grad der gewerblichen Unter nehmungslust maßgebend. Nun steht fest, daß der Ausdehnungs drang der gewerblichen Erzeugung nachgelassen hat, damit aber auch die Errichtung neuer Betriebe und die Vergrößerung be stehender hinter dem Vorjahre zurückbleiben wird; die bisherige Abschwächung des Beschäftigungsgrades wird also nicht so rasch einer gründlichen Erholung Platz machen. Im Gegenteil, auch der Kohlenbergbau wird sich den Wirkungen der geringeren Unternehmungslust nicht entziehen können. Am allerwenigsten dürfte der Geschäftsgang in den Nahrungsmittelgewer- ben, mit Ausnahme des Brauereigewerbes, von den Konjunktur schwankungen berührt werden. Wohl bietet sich für zahlreiche Industrien die Möglichkeit, durch «Exportsteigerung den Be schäftigungsgrad annähernd auf der vorjährigen Höhe zu halten, aber bei dem Niveau der Rohstoffpreise einerseits und den ge sunkenen Fabrikatpreisen andererseits ist von diesem Mittel nicht immer ein ausgiebiger Gebrauch zu machen. Immerhin dürste, wie das auch früher in ähnlichen Jahren zu beobachten war, die deutsche Industrie weit mehr als in den letzten Jahren ihre Aufmerksamkeit wieder dem ausländische n Absätze zu wenden. So präsentieren sich alles in allem die Frühjahrs aussichten für 1998 weit weniger g ü n st t g als in den beiden Vorjahren. Aber man muß erwägen, daß die Jahre 1996 und 1997 auch ausnahmsweise gute Jahre waren. Die zu erwartende Abschwächung im lausenden Jahre wird aber, nach dem bisherigen Verlaufe zu schließen, lange nicht so stark aus fallen, wie z. B. in den Krisenjahren 1991 und 1902. Im Januar hat die V e s chä f t i g t e n zi f f e r in Deutschland aller dings um 0,36 Prozent gegenüber dem Stande im Dezember abgenommen, während der Januar 1907 «ine Zunahme von 0,74 Prozent gebracht hatte. Der Januar 1901 hatte einen Rückgang von 2,5 Prozent gebracht. Diese Vergleiche beweisen doch immerhin, daß die Wucht des Rückganges diesmal weit weniger stark ist als vor sieben Jahren, daß also auch die Ur sachen einer besonders starken Ermattung des Frllhjahrsgeschästes wegfallen. Deutscher Reichstag. l I I. Sitzung. 8. Berlin, 28. Febr. Aus der Tagesordnung stehen zunächst Berichte der Geschäfts ordnungskommission. Dem Anträge der Kommission gemäß wird die Genehmigung zur Zeugenvernehmung des Abg. Schefbeck in einem Privatklagevorfahren verweigert. Ferner wird die von dem Abg. Held beantragte Genehmigung zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen sich selbst erteilt. Sodann wird die erste Lesung des Gesetzentwurfes über den kleinen Befähigungsnachweis fortgesetzt. Abg. Malkwitz (Kons.) äußert seine Genugtuung über den Eingang der amtlichen Denkschrift übor die Ergebnisse der Handwerkerorganisation von 1897. Abg. Tuns (freis. Vp.) bemängelt die Fassung des Gesetzes, die nicht einfach genug sei, dann energisch das Lied an: „. . . ich weiß wo ein Hüttlein am grünen Rhein . . „Kindsköpfe seid Ihr alle, meine Herren!" ließ sich die Stimme des Rittmeisters von Sassen vernehmen. „Möchtet am liebsten Bärenfell — pardon — teilen, ehe Miß Violet gesehen. Vorschlag zur Güte: Brauen noch 'ne süffige Sektbowle K conto — wer di« Braut freit — bezahlt den Kitt!" „Donnernder Beifall, Rufe nach den Ordonnanzen, Bravo- und Hurrarufe folgten den Worten, daß selbst dar- Baby aus rosigen Träumen «mporschreckte: „Woll'n >seh'n . . .", da sank er hin und ward nicht mehr gehört. Vierundzwanzig Stunden später! Kasinoball zu Ehren des Heimgekehrten und seiner amerikanischen Familie. Die Husaren waren glückselig. Der alte, treue Kamerad, die wahr und wahr haftig wunderbar hübsche Miß Margot, der Schwiegerpapa Mil liardär, ein gemütliches Haus, der unter seinem harmlosen Ex terieur eine derartige Dosis gesunden Mutterwitzes barg, daß di« Offiziere nicht aus Heiterkeitsausbrllchen ho auskamen — einfach stilvoll. Der Elou des Abends — den allerdings bildete Miß Violet. Schön wie Venus, die Schaumgeborene, von gött lichem Wuchs, mit tiefgründigen Blauaugen, mit einer Fülle blonden Haares, das im Lichte der Glühbirnen funkelte wie die Goldfüchse d«fi Papa, mit einem entzückenden Halsausschnitt, mit Armen — kurz, die Begeisterung über solche rassig« Schönheit war allgemein. Nur das Baby hatte sich bereits eine stille Ecke ausge'ucht und ergab sich den Freuden de Bachus: „Hat gar keinen Sinn," philosophierte er, „tadellos, nicht zu l ugnen, aber kalt wie 'ne gesunde Pferdeschnauze" — und träumerisch gedachte er an das quellende Temperament ein«r — leider — nicht salon fähigen Schönheit der Garnisonsstadt. Ein Gefühl, das sich im Sinne des ersten Telles von Leutnant von Stoellors Selbst gespräch bewegte, hatten übrigens die meisten der Herren, und Walter von Heimstetten konstatierte sogar: ,Hade Gecken." So kam «s denn, daß sich die Löwen immer weniger um Violet Wil»