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M «4. Weißerih-Ieltmlg Dienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. 17. August 1869 Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserats die Spalten-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadträthe zv Dippoldiswalde und /rauenstcin. Verantwortlicher Mactenr: Tort Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchiehte. Dippoldiswalde. Es wird den Freunden unserer schönen Eichleithe angenehm sein, zu erfahren, daß die anfangs durch eine fehlende sichere Brücke und später durch den Bau einer solchen im Steinbruche unterbrochen gewesene Passage nun wieder hergestellt ist, da der Bau der neuen eisernen, sehr soliden und netten Brücke nunmehr beendet ist. Wieder eine Ver schönerung unserer unmittelbaren Umgebung! Dies führt uns auf unfern Verschönerungs-Verein, dessen zweite alljährliche Hauptversammlung in den ersten Tagen des September abgehalten werden soll, in welcher man neue Projekte vorzuschlagen gedenkt. (Die Eincassirung der zweiten Hälfte der Jahresbeiträge wird Ende dieses Monats erfolgen.) Frauenstein, den 12. August. Gestern hat hier der auch in diesem Blatt angekündigte öffentliche Mis sions-Gottesdienst in der Stadtkirche, der erste seit dem Bestehen unserer Stadt und Ephorie, von Seiten des hiesigen Zweigvereins für ev.-luth. Mission mit Genehmigung der Kgl. Kircheninspection und mit erfreulicher Betheiligung der Gemeinde stattgefunden. Der angekündigten, gediegenen und fesselnden Predigt des Herrn Pastor Böttrich aus Sahda über Ev. Joh. 12, 20. 21. folgte ein lehrreicher Bericht des Herrn Diaconns Weichert von hier über die zeitherige 50jäh- rige Geschichte und Wirksamkeit des Sächs. Haupt- Missionsvereins, als nunmehrigen Vorortes sämmtlicher ev.-lnth. Missionsgesellschaften Deutschlands und der Nachbarländer. Eine wohlgelungene Aufführung der ansprechenden Engel'schen Motette: „Der Herr ist König," vom hiesigen Hrn. Cantor Haupt mit seiner Currende und unterstützenden Männerstimmen, sowie die Stadt musik und frischer Altarschmuck von Frauenhänden, er höhten die vom Orgelspiel unseres Herrn Rector Köhler gehobene Andacht. Die nach Orts- und Zeitverhält nissen reichliche nnd rühmliche Collecte an 11 Thlr. 7 Ngr. 3 Pf. und 6 Thlr. 20 Ngr. Beiträge aus Sayda werden den im Juni nach Dresden eingesandren 7 Thlr. 18 Ngr. von Missionsstunden, welche Herr Diac. Weichert im Winterhalbjahr gehalten, ungesäumt nachgeschickt, jedoch erst im nächstjährigen Rechenschafts bericht zu finden sein, da der diesjährige zur Vorlage an dortige Hauptversammlung am 17. d. M. mit Ende v. M. zu schließen gewesen ist. Zum Abgeordneten für gedachte Versammlung wurde der Veranstalter des gestrigen Gottesdienstes, der hiesige Herr Pfarrer und Superintendent, und für den Fall seiner Behinderung ein Stellvertreter gewählt. Potschappel. Die Letzten der Leichname, die frei in den Schächten lagen, sind am 12. August zu Tage gefördert worden, und die Gesammtzahl der letzteren beträgt 236. Jetzt, nachdem das grausige unterirdische Schlachtfeld von den Opfern der blutigen Katastrophe zur Hauptsache geräumt ist, jetzt beginnt nun behufs der Aufwältigung der massenhaften Felsen- und Kohlen brüche wieder der regelmäßige bergmännische Betrieb. Mit Ausnahme einiger der Verunglückten haben die Bergleute einen plötzlichen und leichten Tod gehabt. Bis gegen Mittag des 2. August haben einige derselben noch gelebt, wie aus Dem hervorgeht, was sie in ihrer letzten Noch noch bei dem matlbrennenden Grubenlichte niedergeschrieben. Einige dieser Schriften sind schon bekannt. Der Bergarbeiter Christian Schmidt hatte sich mittelst einer Stecknadel ein kleines Papier an den Brusttheil seines Bergkittels gesteckt, auf welchem mit fester Hand geschrieben war: „Meine lieben Angehörigen; indem ich vor Augen sehe, daß wir sterben müssen, erinnere ich mich noch an Euch. Lebt Alle wohl und ein frohes Wiedersehen. Das Andere muß ich Euch überlassen. Zwischen 9 bis 10 Uhr." Und aus der andern Seite des Zettels stand: „Liebe Frau! Versorge die Marie gut. In einem Buche in der Kammer liegt 1 Thlr. Geld. Lebt wohl, liebe Mutter und Geschwister. Auf Wiedersehen. Der Bundeskanzler hat bis 31. Decbr. den Sen dungen für die Verunglückten im ganzen norddeutschen Bunde Portofreiheit gewährt. — Bon dem bekannten Verfertiger der Gußstahlkanonen, Fr. Krupp in Essen, sind 2000 Thlr. nach Döhlen geschickt worden; die Sächsische Bank spendete 1000 Thlr. Dresden. Von mehreren Seiten werden Stimmen laut, die auf genaueste Untersuchung dringen, wer und was an dem Burgker Unglücke die Schuld trägt. Daß Mängel in der technischen Direction vorgekommen, scheint außer Zweifel zu liegen. Es mußten Ansamm lungen von Schlagwettern in alten Bauen vorhanden sein, weil die Ausdehnung der Explosion so riesige Di mensionen annehmen konnte, und dies hätte der techni schen Direction bekannt sein müssen, und mußten um fassende Vorkehrungen dagegen getroffen werden. Ferner ist es unerklärbar, daß die ersten Berichte von über 400 Tobten, die folgenden von 321, die Aufrufe des Comitee's von 340 sprechen und jetzt 279 angegeben werden: Gewisses über die Zahl weiß man heute noch nicht! Aus dem Mannschaftsbuche mußte man aber sofort die Zahl angeben können, und zeigt auch dies von nicht strenger Disciplin. Die Aufsichtsbehörden werden viel zu untersuchen haben, und Sache des künf tigen Landtages wird eö sein, sich genau über Alles, was hier versäumt, zu unterrichten.