Suche löschen...
Sächsische Staatszeitung : 06.07.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191507060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19150706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19150706
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-07
- Tag 1915-07-06
-
Monat
1915-07
-
Jahr
1915
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 06.07.1915
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitung. Nr. 7. Beauftragt mit der Herausgabe: Hofrat DoengeS in Dresden. 1915. Landtagsverhandlungen. 11. Kammer. 8. öffentliche Sitzung am 2. Juli. Präsident vr. Vogel eröffnete die Sitzung um 9 Uhr 2 Minuten vormittags. Am Regierungstische anwesend: Se. Exzellenz StaatS- Minister v. Seydewitz, sowie die Regierungslommissare Ministerialdirektoren vr. Wahle, vr. Rumpelt, ferner Geh. Rat vr. Arische, Geh. Finanzrat vr. Kretzschmar und Geh. Bergrat Fischer. Nach Vortrag der Registrande trat die Kammer sofort in die Beratung der Tagesordnung ein. Punkt 1: Schlußberatung über den mündlichen Bericht der außerordentlichen Deputation II über den mittels König!. Dekrets Nr. 4 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes über die weitere Hinausschiebung der Gemeindewahlen. (Drucksache Nr. II.) Berichterstatter Abg. Hartmann (nl ): Bereits dem im Herbste 1914 tagenden Kriegslandtag« habe ein Gesetzentwurf über die Verschiebung der Gemeindewahlen vorgelegen und die Billigung der Ständeversammlung gesunden. Damals habe e» sich um ein« V«rschi«bung bis auf das Jahr 1915 gehandrlt. Infolge d«r länger«« Dau«r d«S Krieges sei «ine weitere Verschiebung notwendig. Deshalb sei da» vor liegende Dekret eingebracht worden. Die in der Vor beratung zum Ausdrucke gebrachte» Wünsche seien in der Deputation geprüft und im Anträge berücksichtigt worden. Nur gegen die Einfügung der Worte „nicht berufsmäßige Gemeindevertreter" habe die Regierung Bedenken gehabt. Sie habe geltend gemacht, daß sich leicht Differenzen ergeben könnten in der Auffassung der Begriffe Besoldung und GeschäftS- auswand, daß Fälle eintreten könnten, in denen eS schwer sein könnte, die richtige Grenze zwischen beiden zu ziehen. Ferner sei betont worden, daß in ZweiselSfällen die BerufSmäszigkeit der Gemeindevorslände da» OrtSstatut nnd der Bezirksausschuß fest stelle. Da» Gesetz solle sich eben auf alle nicht besoldeten Ge meindevertreter, natürlich auch auf die nichtberussmäßigen, er strecken. Die Deputation stelle deshalb folgenden Antrag: Die Kammer wolle beschließen: 1. in Absatz 1 ») hinter „44," einzuschalten: „45,", d) die Worte „unbesoldeten Gemeindevertreter ... bis ... Gemeinde- ratsmitglieder)" zu streichen und durch folgende Worte zu er setzen: „Gemeindevorstände, Gemeindeältesten und Gemeinde vertreter, unbesoldeten Stadträte, Stadtverordneten und Ersatz männer"; 2. Absatz 1 mit den beschlossenen Änderungen im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen; 3. Absätze 2, 3 und 4 unverändert nach der Vorlage an- znnehmen; 4. Überschrift, Eingang und Schluß unverändert nach der Vorlage anzunehmen; 5. den ganzen Gesetzentwurf samt Überschrift, Eingang und Schluß mit den beschlossenen Änderungen im übrigen unver ändert nach der Vorlage anzunehmen. Nach der Beratung seien noch zwei Petitionen eingegangen. Er beantrage, die eine, unterschrieben: „Einige Bürger einer Provinzialstadt SachsenS", wegen Anonymität nach 8 23» der Landtagsordnung für unzulässig zu erklären, die andere vom Orts verein Kleinpestitz al» durch die zu Dekret Nr. 5 gefaßten Beschlüsse für erledigt zu erklären. Er bitte um Annahme der Anträge. Die Kammer beschloß einstimmig antragsgemäß. Punkt 2 der Tagesordnung: Schlußberatung über den mündlichen Bericht der außerordentlichen Deputation HI über das König!. Dekret Nr. 6, eine auf Grund von § 88 der Verfassungsurkunde erlassene Verordnung zur Er-' Haltung von Anwartschaften aus der knappschaft- lichen Krankenversicherung und über die Hinaus- schiebung von Wahlen beim Bergbau, sowie den Entwurf eines Gesetzes über eine Neuwahl der Beisitzer der Bergschiedsgerichte betreffend. (Druck sache Nr. 12.) Berichterstatter Abg. Krauße (soz.): De kret Nr. 6 sei eingehend in der Deputation beraten worden. Dabei seien auch die in der Vorberatung zur Sprache gebrachten Wünsche mit geprüft worden. Betreffs des Wunsches, ob es nicht möglich sei, im Dekret Nr. 6 eine Bestimmung anzusügen dahin gehend, daß die bereits im vorigen Jahre stattgesundenen Wahlen mit unter die Bestimmung des Dekret- Nr. 6 gestellt würden, ser von der Regierung erklärt worden, daß das nicht möglich sei, weil e» eine tief einschneidende Maßnahme in schon bestehende gesetzliche Bestimmungen darstelle. Der weiter« Wunsch, de» Knappschaft-invaliden während der Dauer de- Kriege- eine so genannte Zusatzrente zu gewähren, sei auch von der Regierung adgelehnt worden, weil es nicht möglich sei, daß einem einzelnen kleinen Teile der Bevölkerung au» allgemeinen Mitteln Zuschüsse gezahlt werden könnten Tie Deputation habe sich damit zu- frieden geben müssen und beantrage: Die Kammer wolle beschließen: zu dem Erlasse und Inhalte der mittels Dekrets Nr. 6 vorgelegten Verordnung die verfassungsmäßige Zustimmung nachträglich zu erteilen; L die 88 I. 2 und 3 soe willberschrift, Eingang und Schluß, somit den gesamten Gesetzentwurf unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Die Kammer beschloß einstimmig demgemäß. (Schluß der Sitzung 9 Uhr 44 Min. vorm.) N. Kammer. 9. öffentliche Sitzung am 5. Juli. Der Präsident vr. Vogel eröffnete die Sitzung um 5 Uhr 39 Min. abends. Am Regierungstische Se. Exzellenz Staatsminister vr. Nagel, sowie die Regierungs kommissare Ministerialdirektoren Geh. Räte vr. Grütz mann, vr. Schelcher, vr. Rumpelt, ferner Geh. Rat Just, Geh. Justizrat Vr. MannSfeld, die Geh. Regierungsräte v. Nostitz-Wallwitz, Vr. Böhme und Regierungsrat Frhr. v. Bernewitz. Nach Vortrag der Registrande trat die Kammer in die Beratung der Tagesordnung ein: 1. Schlußberatung über den mündlichen Bericht der außerordentlichen Deputation III über das Königl. Dekret Nr. 3, betreffend den Entwurf eine- Gesetzes über die Vertretung der Notare. (Drucksache Nr. 13.) Hierüber erstattete in ausführlicher Weise Abg. vr. Kaiser (nl.) den Bericht. Es kann hierzu auf die Ausführungen de- Berichterstatter» der Ersten Kammer vom 30. Juni d. I. verwiesen werden. (Vgl LandtagS-Beilag« Nr. 5.) Die Deputation der Zweiten Kammer hat sich mit den von der Ersten Kammer beschlossenen Verände rungen einverstanden erklärt und beantragt, den Gesetzentwurf mit diesen Änderungen ebenfalls anzunehmen. «bg vr. Spieß (kons.) rankte der Regierung nochmals für die Einbringung dieses Gesetz entwurfs, der einem Bedürfnis abhelfe, das sich in den Kreisen der sächsische» Notare schon längst fühlbar gemacht habe, und bat di« Kammer, dem Gesetzentwurf mit den Abänderungen, welche die Deputation ihm gegeben habe, zuzustimmen. Die Kammer beschloß einstimmig demgemäß. Punkt 2: Allgemeine Vorberatung über den Antrag des Abg. Cast an und Gen., Kriegsunterstützungen be treffend. (Drucksache Nr. 10.) Abg. Müller (so») begründete de» Antrag. Die StaatSregierung habe vor dem letzten außerordentlichen Landtage nach ihrer ersten Verordnung, welche die Ärundzüge der KriegSnothilfe in organisatorischer wie in materieller Hinsicht geregelt habe, am 27. Oktober eine zweite Verordnung erlassen, in der sie unter Hinweis auf die Kompe tenzen der Träger der Kriegshilfe und,' die Zulässigkeit oder den Eintritt derselben je nach dem Grade der Bedürftigkeit eine ziemlich herbe Kritik an dem bi- dahin geübten Verfahren mancher Bezirksverbände als Lieferungsverbände und der Ge meinden hinsichtlich der KriegsunterstützungSbereitschaft geübt habe. Wenn eS auch erfreuliche Ausnahmen gegeben habe und viele Gemeinden inzwischen höchst ErsreulicheS auf dem Gebiete der Krieg-Hilse geleistet hätten, so hätte er und seine politischen Freunde, die Vertreter der sächsischen Arbeiterschaft vor allem, und zwar ausnahmslos, mit Bedauern der in der Verordnung zum Aus druck gekommenen Auffassung der Staatsregierung zustimmen müssen. TaS Ministerium habe dann die unverzügliche Bereit stellung von Mitteln zum Zwecke der umfänglichen Unterstützung durch die Bezirksverbände ungeordnet. Taber sollten Gemeinde behörden zur AuskunstSerteilung über die Lag« der Unterstützungs bedürftigen herangezogen werden. Soweit eS sich um die länd lichen Gemeinden handle, sei eS dabei gar nicht ausgeschlossen, daß man damit in vielen Fälle» den Bock zum Gärtner gesetzt habe. Er müsse konstatieren, daß sich der Zustand gegenüber dem km vorigen Herbst bis jetzt herzlich wenig gebessert habe, trotz der Verordnung der Regierung über die Handhabung der Unter stützung. Man brauche sich nach alledem nicht zu wundern, daß in den Kreisen derer, die um diese Unterstützung vielfach mit großem inneren Streben einzukommen gezwungen seien, der größte Unwille über die keineswegs loyalen Gepflogenheiten herrsche, die in manchen Gemeinden und Lieferungsver- bänden hinsichtlich der Zu- und auch Aberkennung der Kriegsunterstützung geübt würden. Ein arge- Hindernis für eine Wandlung zum Bessern sek die absolute Selbständig keit der LieserungSverbände, die in eigener Sache in erster und leider auch in letzter Instanz zu entscheiden hätten. Und da- zweite und nicht da- geringste Hindernis zu einer durch greifenden Unterstützung der Familien der Kriegsteilnehmer seien d>e finanziellen Verhältnisse der Gemeinde» selbst. Darauf habe er bereits im vorigen Landtage bei Gelegenheit einer Konferenz mit den Regierungsvertretern hingewiesen. Zur Antwort sei ihm damals der Hinweis auf den 30 Millionen-Fond- der Staats regierung gegeben worden, au- dem finanzschwache Gemeinden mit Darlehen gespeist werden könnten. Er bedanke sich aber für solche Darlehen, denn die Bedingungen seien sehr ungünstig. Hunderte von Gemeinden in Sachsen könnten deshalb diesen Ta» lehenSweg nicht beschreiten, weil sie absolut keine Möglichkeit der Verzinsung und Rückzahlung der Darlehen sähe». Hier wäre eS nicht nur Aufgabe des Landesausschusses für Kriegsnothilfe, sondern vor allem der Staatsregierung, der doch die finanziellen Verhält nisse der Gemeinden im einzelnen ganz genau bekannt seien, in allererster Linie gewesen, helfend einzugreifen und mit einer den wirtschaftliche» Verhältnissen der einzelnen Bezirke entsprechenden Einheitlichkeit des Unterstützungsverfahrens den betreffenden Ge- meinden auch die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Ter Landtag hätte zweifellos eine Übersicht des von der Re gierung und dem LandeSausschusse auf dem Gebiete der Kriegs- fürsorge bis jetzt Geleistete» erwarten können. Daraus wäre ohne Zweifel hervorgegangen, wie viele und wie wenige Ge- Gemeinden und mit welchen Summen sie unterstützt worden seien. Ta hätte man sehen können, wie ungünstig die Verhältnisse hin sichtlich der Uuterstützungsorgane in den Gemeinden lägen. Gewiß habe auch die Arbeiterschaft ihre Vertreter in diesen ehrenwerten Körperschaften gehabt! Aber dafür sei man im Lande ängstlich besorgt, die Vertreter der Arbeiterschaft au» dem Kriegsfürsorge- auSschusse soviel wie möglich fernzuhalten, obwohl die Regierung selbst gewünscht habe, bei der Bildung von Zentralkrieg-sürsorge- anSschüssen alle Kreise und alle Berufsstände berücksichtigt zu sehe». Der Bezirksausschuß der Amtshauptmannschaft Plauen habe ober ei» derartiges Gesuch abgelehnt mit der wunderbaren Begründung, das Bedürfnis sei hierfür nicht anzuerkennen. Ähnlich sei e- in Freiberg und Mittweida gewesen. Die dagegen tingegangenen Rekurse und Beschwerden seien bi» au» Ministerium gelangt, und das Ministerium habe leider aus der bedauerlichen Tatsache heraus, daß di« LieserungSverbände vollkommen selb- ständig seien, absolut in keiner Richtung irgendetwas zu verfügen gewußt, weil eS irgendeinen Zwang auf di« Litserungsverbände und di« Bezirksausschüsse nicht auSüben könne. Wa» der- artige Verhältnisse zeitigten, davon nur «in« klein« Blutenlese. Ohne auf Einzelheiten «inzugchen, stelle er zunächst fest, daß zahl- reiche Gemeinden, namentlich Landgemeinden, keinen Zuschuß zahlen zu der ReichSkrieg-unterstützung, teil« weil sie eS nicht können aus den vorhin angeführten Gründen, meistenteils aber, weil sie einfach nicht wollen. Höchsten» versteig« man sich, wir au» s«inen statistische», sorgfältigen Nach- weisen hervorgehe, in den Gemeinden zu Naturalien- Unterstützung, oder man behelfe sich mit privater Hilf«, «u» dieser privaten Hilse resultiere auch ein großer Teil der Leistungen, die von einer ganzen Reihe von Gemeinden al» Leistungen angeführt worden seien, so in der Amtshauptmannschaft Plaue». Ta» seien aber keine Leistungen der Gemeinden, da- seien eben private Leistungen. Da könne man doch nicht sagen, di« Angaben der Vertreter der organisierten Arbeiterschaft seien nicht richtig, sie deckten sich nicht mit dem Befunde der Behörden. Da» Ministerium verlasse sich natürlicherweise auf die Angaben der Gemeindevorstände der bewußten Gemeinden und auf den Befund der Amt-Haupt- Mannschaft. Auf Beschwerden an die AmtShauptmannschast — i» der Beziehung wisse Hr. Kollege vr. Mehnert ziemlich eingehend Bescheid —, welche die Befolgung der materielle» Unterstützungs grundsätze anstrebten und bei der fürchterlichen Teuerung eine zweifellos erwünschte Erhöhung der Leistungen nachsuchte», er halte ma» ablehnende Antworten. So sei es in der AmtS hauptmannschast Plauen und auch in Meißen gewesen. In gleicher Weise seien derartige Unterstützungen abgelehnt worden. Im Grunde genommen werde meistens erklärt, man habe auf die Eingaben nichts weiter zu verfügen, und dann schwamm drüber. Tie Gemeindevorstände — die anwesenden Herren natürlich ausgeschlossen — (Heiterkeit.) erklärte»: alles in Buttes die AmtShauptleute fände» alles selbstverständlicherweise iu Ordnung, und daS hohe Ministerium habe auch weiter nichts zu verfügen, weil «S einen Zwang auf die Gemeinden nicht aus üben könne, ihnen aber auch, wenigstens nicht finanziell, zur Seit« springe. Hinsichtlich der Linderung der Arbeitslosennot hätten mit Ausnahme der größeren Städte und einiger mittlerer Städte und Gemeinden größtenteils die Gemeinden in Sachsen, was die Einführung der Arbeitslosenunterstützungen anlange, voll kommen versagt; ebenso auch auf dem Gebiete der Durchführung von Notstandsarbeiten. Wenn man solche vorgenommen habe, so habe man Löhne gezahlt, die vielfach geradezu beschämbar seien. Er erinnere nur an das Beispiel der Stadt Treuen, welche die Arbeitslosen mit 25 Pf. Stundenlohn bei 18 Stunden Wochenarbeit honoriere, und vor allen Dingen ledige, unver heiratete Arbeiter beschäftige. Die Amtshauptmaunschaft Planen habe das in Abrede gestellt, und das Ministerium habe sich auch gefügt. Er sei auf Grund neuerlicher, und zwar ganz genauer Feststellungen in der unangenehmen Lage, leider sagen zu müssen, daß eS sich hier zum größten Teil um ver- heiratete Arbeiter handle und daß die geehrte Amtshauptmaun schaft Plauen und da- Ministerium also unrichtig unterrichtet worden seien. An die Gewährung vou Mietsuuterstützungen wolle er gar nicht erst besonders erinnern, denn die blieben doch für die meisten Unterstützungsbedürftigen ein schöner Traum. Den Schaden davon hätten aber zweifellos die Hausbesitzer, denn den armen Familien der Kriegsteilnehmer könne man tatsächlich nicht zumute«, von der karge» Unterstützung, die bei den meisten Unter- stützungsberechtigten bei den teueren Nahrungsmtttelpreisen kaum zum Leben zulange, dann noch die Mieren gänzlich zu be streite«. Nun habe beispielsweise die AmtShauptmannschast in Tresden-Neustadt die Kriegerfrauen auf die unbedingte Annahme von Arbeiten verwiesen und einen geradezu krassen Erlaß in dieser Beziehung herausgesteckt, der in den Kreisen der Frauen der Kriegsteilnehmer und der Angehörigen der Kriegsteilnehmer überhaupt ein« zi«mlich« Erregung hervorgerufen habe, da man diese Ankündigung so ansfasse, als sollte jeder verpflichtet werden, ohne Rücksicht auf die Kinderzahl und sonstig« Familienverhält- niss« zu arbeiten. Er gebe ohne weiteres gern zu, daß sich die AmtShauptmannschast TreSden-Neustadt vielleicht den Erlaß in dieser Form gar nicht gedacht habe, aber sie hätte sich auch diese Konsequenzen überlegen müssen. Außerdem: Arbeit müsse es heute erst geben! Man gehe hin und frage, ob es Arbeit gebe. Da werde man staunen, wie wenig es gebe und was für Löhne gezahlt würden. Aber wenn die Arbeit um einen Pappenstiel von Lohn verlangt werde, dann komme auch der Lieferungsverband, verneine die Bedürftigkeit und stelle die Unterstützung ein. Das sei nicht richtig. Eine Fran mit einem Lohn von 10 M. in der Woche könne nicht alle Bedürfnisse für sich und ihre Familie be friedigen. Das sei ganz rundweg ausgeschlossen. Ta entstehe die Frage, wo denn überhaupt die Bedürftigkeitsgrenze sei. Er verfüge über eine ganze Menge solcher Fälle, wo die Lieserungs- verbände geradezu rigoro» verfahren seien. Man schicke heute noch den bedürftigen Kriegerfrauen den Steuerzettel ins Haus; man ziehe ganz munter die Steuerrüüstände der beim Heer be findlichen Krieger von der Unterstützung der Familien ab, wie der Gemeindevorüand in Frankenhausen bei Crimmitschau; er nenne gleich den Namen, damit die Regierung auch in der Lage sei, dem nachzugehen. Tie AmtShauptmannschast Zwickau habe ja energisch da eingegriffen und den Gemeindevorstaud daran er innert, daß das ungesetzlich sei; sie erwarte, daß die Unterstützung zurückgezahlt werde und daß er den Erfolg dieser Maßnahme bei der AmtShauptmannschast anzeige. Ein solches Verfahren steche allerdings wohltuend gegen das Verfahren anderer Behörden ab. In Lichtentanne bei Zwickau sei die Gemeindesteuer von der Familienunterstützung abgezogen worden. TaS sei allerdings ein Verfahren, bei dem der Maßstab der Kritik fehle. Sogar Zwickau erhebe die Geschoß-, also die Kopfsteuer von den Kriegsteilnehmern. Tas sei ein« ganz neue Art von Steuer- eintreibungsversahren. Er habe ja gar nichts dagegen, wenn das bei solchen Kriegsteilnehmer» geschehe, deren Gehalt weiter gehe oder die sonst bemittelt seien, aber bei denen, die rein gar nicht» hätten, sollte man davon absehen, zumal er in diesen Fällen die Ge rechtigkeit dieser Maßnahme ohne weiteres bestreite. Ein anderer wunder Punkt in der Unterstützungsfrage sei der Teilabzug der aus Bezirks- oder Gemeindemitteln gewährten Untersiützungs- gelder selbst beim geringsten Einkommen. Ihm seien Fälle be kannt, wo bei einem MonatSverdieust von 3 M. bei sogenannten Aufwartefrauen die Hälfte der Unterstützung abgezogen worden sei. Charakleristisch sei dabei folgeudes Verfahren. Ma» kürze nämlich nur bei den festen Sätzen, die vou den Unternehmern gewährt würden; bei den sogenannte» Vorbehaltsunterstützungen, bei denen Termin und Höh« der jeweiligen Unterstützung Vor behalten sei, mache man die Abzüge nicht, obwohl die Unter stützungen in gleichem Maße und in gleichem Turnus gewährt würden. Ter LieferungSverband der Stadt Zwickau habe neuer dings beschlossen, erst bei Verdiensten und Unterstützungen über 20 M. pro Monat die Hälfte davon von der allgemeinen Unter stützung abzuziehen. Tas sei nachahmung-wert. Aber wie man auch sonst noch mit den Kriegerfrauen umgeh», beweise ein Fall in Zwickau. Tort sei einer Frau ein Brief mit gedruckter Ein lage zugegangen, worin sie ersucht worden sei, auf eine Reihe von Fragen in drei Tagen genauen schriftliche» Bescheid zu geben. Ter Brief sei unfrankiert gewesen, aber von der Uriegerfrau sei verlangt worden, da» Antwortschreiben zu frankieren. Über diese Psennigsuchserei sei die Frau natürlich sehr erbost gewesen, um so mehr, al» sie mit Pfennigen habe rechnen müssen; sie habe des halb den Brief »«beantwortet gelassen. Darauf sei sie vom Pfarrer Kreher vorgeladen worden unter der Androhung, im Falle ihre» Richtersch.inenS der Unterstützung verlustig zu geh«» b«z. zwangsweise vorgesührt zu werden. Ta bleibe einem der Verstand still stehen. Dazu komme noch, daß manche dieser Herren in die Wohnungen der Kriegerfrauen kämen und genau nach- sähen, was alle» noch da sei, und Vorschläge machten, ob die Frau nicht di« Nähmaschine besser verwerten, d. h. verpfänden könne oder ob sie nicht ein Sosa einstweilen wieder loSschlagen könne' nm zu Gelbe zu komme«. TaS seien Zustände, die zweifellos nicht erfreulich seien Ein andere» Kapitel, daS mit der sozialen Krieg»fürsorge sehr eng Zusammenhänge, sei die Ausweisung?« praxi», die ganz merkwürdigerweise von verschiedenen Behörden, darunter der KreiShauptmannschaft Zwickau, jetzt beliebt werde. Man vergegenwärtige sich, daß e» sich um österreichisch-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite