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ML Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme »»« Inseraten bi» vermtttag z» Uhr. «Inserate werden mit ,o Pf für dir Spaltzetle berechne Tabellarisch« Satz nachs besonderem Laris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Alit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Glocke« meiner !en die t. ie ei Sorten üs: kt/S/'' »«si t. it und cei in» rd hier s» Ratter. rllNg! llll und ipfiehlt iorei Herrn Herrn Druck und Verlag von ^ermann Rühle in ^rosi-Dkrilla. Mr die Redaktion verünlivortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla Nr. 46, Sonntag, den 15. April 1906. 5. Jahrgang. s- i 1 i 8> ! > ! > ! > r i K s K i i > ! 4- i ! Ostern! wenn Dsterglöcklein klingen hell, Dann folg' Du meinem guten Rat: Geh' in die Vstermesse schnell I Durch deutschen Wald führt dich der Pfad. — Db weiß die Vstern oder grün- Du wirst doch gleiche Wunder seh'n, Vb Schnee noch liegt, ob Veilchen blüh'n, Der deutsche Wald ist immer schön. Und ob auch Hungerblümchen leis, Sein Köpfchen wohl erst hebet nur, Und ob vielleicht des winters Lis Noch rings bedecket Feld und Flur Im Vstersonnenschein gar bald, Zergeht das Lis, o glaub es mir, Gleichwie im lieben deutschen Wald Die Rinde schmilzt vom Herzen dir. Doch wenn bereits im grünen Gras Sich froh das Kleingetier bewegt Und schelmisch dort der Gsterhas' Recht schmucke bunte Lier legt, Und wenn dazu von grünem Zweig So lustig tönt des Finken Schlag, Dann fühlst du dich gar überreich Im jungen Lenz am Waldeshag. Frau Lerche schwingt sich in die Höh', Sie tiriliert und jubiliert, Derweil dort drüben aus dem See, Frau Lnte ihre Jungen führt, Die ihr der Klapperstorch gebracht! Der lustig dort auf langem Bein Umhergeht und sich wichtig macht Im Vsterfrühlingssonnenschein. Drum folg du meinem guten Rat: Geh' in die Vstermesse schnell, Die selbst der Herr bereitet hat Im deutschen Wald, an richt'ger Stell I Dort taut vom Herzen dir das Lis, wenn rings in Tälern und auf Höhn Vie Schöpfung singt, dem Herrn zum Preis. Das hehre Lied vom Aufersteh'n! Oertliches und Sächsisches. Ottendorf.Dkrilla, den April ^o« — Frühltngsblütenflor wie selten verschönt diesmal die Osterzeit. Trägt dazu in gewisser Beziehung der späte Ostertermtn mit bei, so sind es doch vor allen Dingen die sonnigen Frühlingstage, die uns andauernd erfreuen, wie erfahrungsgemäß sonst immer erst im Monat Mai. Zweifellos erfolgte der Uebergang zur fast sommerlichen Wärme zu schnell. Der Mangel des sonst gewohnten Aprilregens ver hindert auch die Entwickelung einer üppigen Vegetation, aber zur Entfaltung drängt sich in folge der großen Wärme jede Blatt» und Blütenknospe. Die Aprikosen in geschützter Lage an sonniger Südseite hoben schon fast ver- blüht, und die Mandelbäumchen und andere Steinobstarten, vor allem der Pfirfisch, schimmern bereits im duftigen Blütenschmelz im rosen- zarten Mantel. Auch der Schlehdorn webt sich sein Festgewand und die Birke trägt schon ihr maienfrisches hellgrünes Kleid. Nur noch ein Milder, warmer, vorübergehender Frühlingsregen, und Ostern wird inbezug auf Blatt- und Blüten schmuck zum zeitigen Pfingsten im Vollfrühling. Linde und Spitzahorn, der mit seinen gelb grünen Blüten den Eindruck der Belaubung macht, Ulme und Buche, kurz jeder Strauch im Wald und im Gebüsch kleidet sich vorzeitig in das erste jungfräuliche Grün, das das schützende Dach für die munteren Sänger des Waldes bildet, die wie die Menschen von den an dauernden Frühlingstagen in voller Prach überrascht sind. Jeder Garten ist jetzt im Apri schon besetzt wie im Mai, jede Veranda mit Marquisen angetan und die sonst zu Pfingsten übliche Waldmeisterbowle wird diesmal das Festgetränk zu den sonnigen Ostertagen. Bleibt Uns der Wettergott hold, dann wird das Auf erstehungsfest zu einem Vorpfinsten wie selten, dar leinen uralten heiligen Zauber auf jun; und alt, groß und klein, a:m und reich ausüb ^ffllt^^ wahrem Frühlingsjubel jede Brus - Wenn Ostern, das Frühlingsfest, nah und die Natur sich wieder mit ihrem grünen Kleide zu schmücken beginnt, dann überkomm viele bereiiS die Reiselust. Schon leit langem geplante Fahrten werden, wenn die Sonne vom Fimmel lacht, auSgeführt oder man faßt ganz lötzlich den Entschluß, zu reisen. Natürlich ind das nur vom Schicksal begünstigte Mcn- chenkinder, dis sich um diese Zeit eine giößere Heise gestatten können denn zum Reisen gehört Zeit und Geld und beides ist recht ungleich mäßig verteilt. Mancher hat Zeit, aber das Geld fehlt ihm, Es gibt jedoch auch nicht wenige, die wohl das Geld haben, und auch opfern würde», aber, o Schicksalstücke, die Z-it 'teht ihnen nicht zur Verfügung. Osterferien >at doch schließlich nur ein beschränkter Kreis und die Zahl, die über Geld und Zeit frei verfügen können, ist gering. Die große Masse, die sich erholen oder in der Welt umsehen will, muß mit dem Reisen noch warten bis die all gemeine Urlaubszeit heranrückt. Sie muß sich einstweilen damit begnügen, die Reisebücher durchzulchauen und Touren auszuarbeiten. Im Geiste eine R ise zu machen, auch das ist in- )esseN ganz schön und Trost spendet die Ge wißheit, in absehbarer Zeit ebenfalls heranzu- ommen, den Wanderstab und die Reisetasche ergreifen zu können. Als Entschädigung bietet ich auch vielen die Gelegenheit, Osterbesuche in Stadt und Land zu machen. Das Osterfest mingt drei bis vier Feiertage und die genügen, nm Eltern, Geschwister, Verwandte oder liebe Freunde zu besuchen, so kann denn die Reise tasche mit kleinen Andenk-n und Ueberraschungen gefüllt werden, während man sich ausmalt, welche Freude diese und das Wiedersehen Her vorrufen werden. sßj Einen genußreichen Abend verspricht die un Gasthof zum Hirsch in Groß-Okrilla am I. Osterfeiertage stattfindende Theateraufführung. Unter dem Titel „Ein Blitzmädel" bietet das 1. Dresdner Schauspiel-Ensemble d-S Herrn Direktor Lindner ein wirklich vortreffliches Lust spiel, zu besten Besuch wir die geehrten Leser noch besonders aufmerksam machen. (Siehe auch Inserat). X Im Laufe der letzten Wochen ist im hiesigen Gasthofe zum schwarzen Roß von der Firma Neuhoff und Wiesenhütter in Dresden eine Benoid-Gasanlage eingerichtet worden, welche für sämtliche Räume des großen Gast hofes nebst Saal die Beleuchtung liefert. Die Benoid-Gasanlagen, welche als neueste und praktischste Erfindung auf dem Gebiete des BeleuchtungswesenS gelten, sind derart, daß sich ein jeder für seine Räumlichkeiten Gasglühlicht schaffen kann, die Hanvhabung ist die denkbar einfachste und gehören nur wenige Minuten dazu um den Apparat in Bewegung zu setzen, sodaß die Gaserzeugung beginnt, alle ander-n Arbeiten fallen an dem Apparat fort, da der selbe sich je nach Bedarf selbst in Betrieb setzt und selbständig wieder ausschaltet. Das Licht ist so hell, daß es mit jedem von großen An lagen durch Steinkohlen-GaS erzeugten Licht jederzeit als ebenbürtig bezeichnet werden kann. In entgegenkommender Weise ist der Besitzer d-s Gasthofes zum schwarzen Roß, Herr Hanta, gern bereit, jedem Interessenten die GaSanlage zu zeigen, sowie die Handhabung der Apparate zu beschreiben. Dresden. In der Aussperrung der Metall arbeiter in der Kreishauptmannschaft Dresden sind wesentliche Aenderungen nicht eingetrelen. Die bevorstehenden Feiertage, an denen die Betriebe sowieso ruhen müßten, mögen der Grund sein, weshalb noch nicht die geringsten Versuche gemacht worden sind, eine Einigung zwischen Industriellen und Arbeitern herbeizu führen. In der Schiffswerft Uebigau, wo keine Aussperrungen vorgenommen worden sind, legten eine Anzahl Former die Arbeit nieder, weil ihnen gesagt worden war, sie lieferten Streikarbeit. Al« sie, ihren Irrtum einseh-nd, wieder arbeiten wollten, fanden sie vorläufig verschlossene Türen. — 100 Mark Belohnung hat die Polizei ¬ direktion für denjenigen nusgesetzt, welcher die Erfassung derjenigen Täter herbeiführt, welche eit mehreren Monaten in den Straßen der nneren Stadt, zumeist in den Abendstunden gutgekleideteu Damen die Kleider mit Schwefel säure begasten und zum Teil unbrauchbar mochten. Der dadurch angerichtete Schaden hat n den letzten Wochen einen derartig be- «entenden Umfang genommen, daß die Kgl. Zolizeidircktinn die Entschließung hat fasten mästen, eine derartige Belohnung auszusetzen. Pötsch appel. Am Donnerstag morgen gegen 10 Uhr ist der Tischlerei-Arb-iter in der lönig Friedrich August-Hütte in Potschappel, Bruno Hempel, am Gittersee-Wehr tot aus der Weißeritz gezogen worden- Hempel, der von s-iten seiner Arbeitgeber als ein ruhiger, anständiger Arbeiter bezeichnet wird, hat noch ns früh 9 Uhr in der Fabrik geweilt. Nach dem Frühstück Hot er sich entfernt, und schon eine Stuude später ist er als Leiche treibend n der Weißeritz gefunden worden. Die L-iche an der vergebliche Wiederbelebungsversuche ge macht wurden, wies an beiden Knöcheln Brüche auf, so daß man annehmen muß, das Hempel ziemlich hoch hinabgesmungen ist. Hempel war )is vor kurzem im Holzarbeiterverbande, schied aber aus, weil rr seine Arbeit nicht verlieren wollte. Nach Aeußeruuaen, die er seiner Frau gegenüber getan hat, fühlte er sich auch in etzter Zeit über diesen Punkt ganz beruhigt Trotzdem liegt die Vermutung nahe, daß der traurige Schritt mit dieser Angelegenheit in gewissem Zusammenhänge steht, da sonst kein anderer stichhaltiger Grund vorhanden ist. Hempel war verheiratet, 45 Jahre alt und sinterläßt drei Kinder, Stadt Wehlen. Ein junger Monn aus Dresden unternahm den tollkühnen Versuch, )en großen Basteifelsen, auf dem sich das Plateau vor dem Restaurant befindet, von der Talsohle aus zu erklettern. Mit katzenartiger Geschwin digkeit gelang es auch dem Kraxler, in den Steinritzen und den ausgewitterten Stellen sich mit ziemlicher Schnelligkeit emporzuarbeiten, ns auf einmal, nur noch etwa 7 bis 8 Meter vom Ziel entfernt, ein Felsvorsprung jedem weiteren Vordringen Halt gebot. Weder rechts noch links vermochte der Kraxler das Hindernis zu umgehen und unter seinen Füßen gähnte der todbringende Abgrund. Es war eine verzwei felte Lage, in die er geraten. Als Stütze seiner Füße blieb nur eine geringfügige Vertiefung im Gestein und die Hände vermochten sich lediglich an der rauhen Fläche des Felsen festzuklammern. Jeden Augenblick drohte er in die Tiefe zu stürzen. In der Todesangst schrie der junge Mann um Hilfe. Die Hilferufe waren oben gehört worden, denn ein Rettungsseil wurde zu ihm herangesührt. Aber es hatte keine Schleife und die Kräfte des Verunglückten waren ver siegt. Trotzdem erfaßte er das Seil und schwebte an ihm hinab zur Tiefe. Aber noch ehe er die Felssohle erreichte, stürzte er ab und blieb total erschöpft liegen, bis er aufgefunden und nach dem Bastei-Restaurant geleitet wurde. Dort stellt- sich h-raus, daß er unverletzt war. Aber die entsetzliche Todesangst, die der Leicht sinnige durchgemacht, wird ihm eine Warnung sein, derartige Streiche zu wiederholen. — Ein Woldbrand im Basteigebiet entstand am Donnerstag mittag gegen ^12 Uhr. Das Feuer verbreitete sich mit solcher Schnelligkeit, daß der Komplex vom Wehlgrund bis zur „Kleinen Kanzel" bald ein einziger Feuerbrand war und die weitgehendsten Befürchtungen ge hegt werden mußten. Mit Hacken und Schau feln traten die herbeigerufenen Feuerwehren von Wehlen, Rathewalde, Lohmen und Hohenstein sofort in Aktion und arbeiteten durch das Aus werfen von Erdgräben der Weiteroerbreitung des Brandes entgegen. Den angestrengter Löschversuchen gelang es auch nach Verlaus von etwa vier Stunden des Feuers Herr zu werden. In der Nacht zum Freitag brach auf einem Felsen nochmals Feuer aus ohne weitere Aus ¬ dehnung zu nehmen. Der Sicherheit halber tellte man dann aber eine Brandwache aus. Meißen. In der Nähmaschinenfabrik von Btesolt und Locke sind 174 Metallarbeiter aus» esperrt. Eine größere Afizahl Metallarbeiter rbeitet noch, ebenso die organisierten Holzar beiter, gegen 140. Im Jakobiwerk- sind ge rn 200 ausgesperrt; die Zahl der Arbeitenden »eträgt etwa 100. Die anderen Metall« industriellen haben sich bisher der Organisation noch nicht angeschlosten. Strehla. Die schon so oft gerügte Sitte, zum Anzündsn des Feuers Petroleum zu ver wenden, hat wieder ein Opfer gefordert- Das zehnjährige Töchterchen eines hiesigen Ein wohners goß, um das Feuer zum helleren Brennen zu bringen, Petroleum auf die glühenden Kohlen. Das Feuer schlug zurück, und im Nu brannte das bedauernswerte Kind lichterloh. In seiner Angst rannte es die Treppe hinab, stürzte und zog sich dabei noch eine Gehirnerschütterung zu Erst auf der Straße konnten hinzueilende Männer die Flammen ersticken. Die am Kopfe, Hals und lrmen erlittenen Brandwunden sind schwere, o daß der durch die Gehirnerschütterung noch verschlimmerte Zustand des Mädchens zu ernster Besorgnis Anlaß gibt. Mühlau. Ein bedauernswerter Unglücks» all ereignete sich hier. Die vierjährige Tochter )es Malers Semper stürzte beim Spielen in einen Wassertrog und ertrank, ehe Hilfe zur Stelle kam. Leipzig. Von einem Lastgeschirr über- ahren wurde am Mittwoch abend in der Delitzscher Straße der Motorwagen-Führer au der Großen Leipziger Straßenbahn Friedrich Oskar Kießing, am 5. Februar 1861 zu Altenhof geboren, L.-Eutritzsch, Schiebestr. 26, wohahaft. Der Verunglückte wurde schwer verletzt nach dem Krankenhause gebracht, wo er verstarb. Kießig hatte für genannte Gesellschaft Material gefahren. Infolge plötzlichen An ziehens der Pferde kam er beim Aufsteigen auf >en Wagen zu Fall, worauf ihm ein Rad über den Leib ging. Der Verstorbene hinter läßt eine Frau und drei Kinder. — Totgefahren von seinem eigenen Geschirr wurde am Donnerstag nachmittag in der Frankfurter Straße in der Nähe des Kuhturme« der am 21. Februar 1873 geborene und in L.-Kleinzschocher, Dieskau-Straße 103, wohn hafte Geschirrführer Gustav Max Klemt. Er hatte nach der alten Ratsziegelei Erde gefahren Dort zerbrach die Deichsel seine« Wagens. Er befestigte dieselbe wieder. Unterweg« löste sich die Deichsel los, wodurch die Pferde scheu wurden. Hierbei stürzte der bedauernswerte Mann ab, und der Wagen ging über ihn hin weg. Die Witwe und zwei Kinder betrauern den so jäh aus dem Leben Geschiedenen. Hohenstein-Ernstthal. Ein recht tragische« Geschick hat einen von hier stammenden jungen Mann, den Handschuhzuschneider Korb, fern von der Heimat, betroffen. Derselbe wanderte vor 3 Jahren von hier fort. Trotzdem er in hiesiger Stadt zum Militär ausgehoben mar, ließ er sich an der deutsch-französischen Grenze von gewissenlosen Werbern zur Fremdenlegion anwerben, wo man ihn dann auch in das 1. Regiment der Legion in Afrika einreihte. Doch nicht lange war seines Bleibens dort, er wurde krank, wozu dann das Heimweh und der auf reibende Dienst noch das Ihre beitrugen, sodaß er von Afrika nach Marseille ins Militärhospital übersiedeln mußte. Wie der dortige Anstalt«- geistliche der hier wohnenden Mutter Korbs mitteilte, ist ihr Sohn vollständig dem Irrsinn verfallen und eine Wiedergenesung ganz und gar ausgeschlossen. Auerbach, i. Erzgeb. Ein rätselhafter Fund macht hier viel von sich reden. In einem nach Heimersdorf zu gelegenem Teiche wurde der Leichnam sines 16jährigen Mädchens ge, funden, neben dem der Leichnam eines neuge borenen Knaben lag.