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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends, Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 31. Freitag- den 13. Mär; 1903. 2. Jahrgang. Nschaiihung von Matzen, Gewichten und Meßwerkzeugen betr. Am 23. und 24. v. Vormittags von 8—12 und Nachmittags von 2—6 Uhr findet hierselbst im Gesellschaftszimmer des »um „8vkv«r»SL Lu88" die Nachaichung der Maße, Gewichte, Wagen und Meßwerkzeuge statt. Sämtliche Aichgegenstände sind bei Vermeidung der Zurückweisung in reinlichem Zustande vorzulegen. Ottendorf-Moritzdorf, am 23. Februar 1903. Der Gemrindevorstand. Lincke. VerUiches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, <2. März 1903. — Mit dem 23. März, am Montag nach dem Sonntag Lätare, beginnt in diesem Jahre die sogenannte geschlossene Zeit. Vom 23. März ab bis zu und mit dem ersten Osterfeiertage ist sowohl die Abhaltung öffent licher Tanzmusiken, sowie die Veranstaltung von Privatbälkn, auch wenn diese in Privat häusern oder in Lokalen geschlossener Gesell schaften abgehalten werden, verboten. Dagegen ist die Abhaltung von Konzertmusiken und anderer, namentlich mit Musikbegleitung ver bundener geräuschvoller Vergnügungen an öffent lichen Orten, insbesondere sind auch Theater vorstellungen, jedoch mit Ausnahme der Zeit vom Gründonnerstag, einschließlich desselben, bis mit Sonnabend vor Ostern, gestattet. — Der tägliche Spaziergang ist das bequemste und wohl am meisten ver breitete Mittel, der Muskulatur die erforder liche Tätigkeit zu verschaffen, und es läßt sich nicht leugnen, daß derselbe im allgemeinen seinen guten Nuf in hygitnischer Beziehung ent schieden verdient. Wird er wirklich so gehand habt, wie man es dem Wortlaut nach mit Recht erwartet, d- h., erstreckt er sich auf eine entsprechend lange Entfernung, die man im mäßigen Tempo zurücklegt, ohne es jemals bis zur Ermüdung zu treiben, so ist sein wohl tätiger Einfluß unverkennbar; ja viele Leute, insbesondere solche in vorgerückten Jahren, dürfen sich damit vollkommen begnügen. Zur Personentarifreform. Wie schon mitgeteilt, hat sich die Leipziger Gewerbe kammer gegen die von der Regierung geplante Personenlarifreform erklärt. Der Beschluß hat folgenden Wortlaut: „Die Gewerbekammer spricht sich mit der Mehrheit gegen das von der Königlichen Staatsregierung in ihrer Denk schrift aufgestellte Programm über die Reform des Personentarifes der sächsischen Staatseisen bahnen aus, nach der hauptsächlich eine Reform des Personentarifes so bald als möglich und unerwartet des Beitrittes anderer Eisenbahn verwaltungen durchgeführt, sowie die Preis ermäßigung für Hin- und Rückfahrt beseitigt werden soll. Mit der Reform ist keine Ver billigung, sondern eine Erhöhung des Fahr preises verbunden, die von denjenigen Erwe-bs- klasien zu tragen ist, die durch ihre gewerbliche Thätigkeit die Eisenbahn benutzen müssen. Es ist nicht vorauszusehen, daß mit der Durch führung der geplanten Reform höhere Einnahmen erzielt werden. Es kann vielmehr in anbetracht der höheren Fahrpreise und des Wegfalles sonstiger bisheriger Vergünstigungen eine Ver ringerung des Personenverkehrs eintreten, weil die Jnteressenkreise wegen der veränderten Ver hältnisse sich voraussichtlich nur auf die nötigsten Reisen beschränken werden. Um die Renta bilität der sächsischen Eisenbahnen zu erhöhen, erachtet die Gewerbekammer die Hebung des Verkehrs für das geeignetste Mittel. Neben anderen Vorteilen für das reisende Publikum kommt für diese Hebung zunächst die Verbilli gung der Fahrpreise in Betracht und um einem allgemeinen Bedürfnis zu entsprechen, erachtet die Kammer die Einstellung der vierten Wagen- kkste an Sonn- und Festtagen, wie dies bei anderen Bahnen geschieht, für nötig, um den Minderbemittelten und deren Angehörigen die Gelegenheit zu geben, für wenig Geld Ausflüge und Reisen unternehmen zu können. Die Durchführung der hier zunächst nur in Vor schlag gebrachten Mittel zur Hebung des Ver kehrs und voraussichtlich der damit im Zu sammenhangs stehenden Mehreinnahmen wird der Königlichen Staaiseisenbahnverwaltung um so leichter fallen, weil die Eisenbahnen im Königreich Sachsen meist verstaatlicht sind." — Der Verband Sächsischer Industrieller hat beschlossen, im Anschluß an seine erste Eingabe zur Personentarif-Reform, nochmals erneut wegen Führung der IV. Wagenklasse auch an Sonntagen vorstellig zu werden. Anstrich von Frühbeetkästen. Einen Aufsatz über den Anstrich von Früh beetkasten leitet der praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau mit folgendem Leitsätze ein: Praktische Gemüsegärtner sind übereinstimmend der Ansicht, daß die rohen Holzwände der Fcühbeetkasten dem Gedeihen der Pflanzen sehr zuträglich sind, denn sie lassen die Luft durch, sind schlechte Wärmeleiter und erhallen dem Kasten eine angenehme Feuchtigkeit. Von dem Anstreichen der Kasten wollen die Praktiker nicht viel wissen, weil der Anstrich die Bezieh ungen der Holzwand zur Pflanze stört und weil einzelne Anstrichstoffe, zum Beispiel Kar- bolineum durch ihre Ausdünstungen die Pflanzen im Kasten geradezu verbrennen. Für das, was der wiederholte Anstrich kostet, kann man das Holz nach einigen Jahren schon erneuern. Soll durchaus gestrichen werden, ist wohl das beste Holzteer, auch wird Zement in Milch empfohlen. Dresden. Am Sonnabend Abend nach 10 Uhr wollte ein 34 Jahre alter mittelloser Kaufmann von der Augustus-Brücke in die Elbe springen, wurde aber noch rechtzeitig von drei öazugekommenen Herren daran gehindert. Vor her hatte er, seinen Angaben nach, sich zu er schießen versucht. — Das Gesamtministerium teilt dem „Dresdner Journal" mit: „Auf eine bezügliche Anfrage des Gesamtministeriums hat der Be vollmächtigte der ehemaligen Frau Kronprinzessin mitteilen lasten, daß seine Frau Vollmacht geberin sich nicht in der Lage sehe, einer Ver öffentlichung des in der Ehesache Sr. König lichen Hoheit des Kronprinzen ergangenen Ur teils zuzustimmen. Bei dieser Sachlage sieht das Gesamtministerium zur Zeit von einer Veröffentlichung dieses Urteils ab." Meißen. Erderschütterungen sind vorige Woche am Freitag früh auch in Meißen und Umgegend an verschiedenen Stellen beobachtet worden. Großenhain. Ein Automobilunfall ereignete sich heute in den Mittagsstunden auf oem Radeburger Platze. Herr Rentier Müller aus Weinböhla kam mit seinem Automobil, in dem er und seine Gattin saßen, von der Hul digungsfahrt in Berlin. Kurz vor dem Schmiedemeister Röderschen Hause lösten sich beide Vorderräder und durch den erfolgten plötzlichen Halt wurde Frau Müller aus dem Automobil auf die Straße geschleudert. Glück licherweise scheint der Unfall noch glimpflich ab gegangen zu sein; Frau Müller erlitt zwar Verletzungen, doch keine allzuschweren. Die Verletzte wurde in das Haus des Herrn Röder getragen; ärztliche Hilfe war sofort zur Stelle. Großenhain. In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurde im Schützenhause ein Einbruch von bis jetzt noch unbekannten Tätern verübt. Die Einbrecher gelangten auf noch unaufgeklärte Weise in die zu ebener Erde gelegene Wohnstube des Herrn Gast wirts Gustav Kroker und stahlen dort alles, was ihnen des Mitnehmens wert erschien. Sie müssen sich sehr sicher gefühlt haben, denn sie machten Licht und rauchten Zigaretten. Soweit sich übersehen läßt, haben die Einbrecher einen 17pfündigen Schinken, zwei große Würste, Chokolade, ca. 8 Gulden österreichisches Kupfer geld, ca. 30 Mark neue Markstücke aus Spar büchsen u. s. w. mitgehen heißen. Die frechen Eindringlinge sind offenbar durchs Fenster wieder verschwunden. Schandau. In Tetschen wird seit dem 27. Februar der Kutscher Franz Wagner ver mißt. Er entfernte sich an dem Tage von zu Hause mit der Angabe, hier Arbeit suchen zu wollen. Siebenleh n. Am Sonntag Abend brannte hier das Oswald Günthersche Haus und das des Schuhmachers Müdrich vollständig nieder. Menschenleben sind nicht zu beklagen. Es gelang nur den größesten Anstrengungen der Siebenlehner und Breitenbacher Feuerwehr, die umliegenden Anwesen zu schützen. Oschatz, 10. Mä.z. Zum Wermsdorfer Pctroleumfund ist noch zu berichten, daß man mit der Vornahme von Bohrversuchen voraus sichtlich noch bis in den Spätfrühling oder Sommer hinein warten wird, um einerseits das Erdreich austrocknen zu lasten und anderer seits zu beobachten, ob die „Quelle" nicht xin- zwischen wieder versiegt oder verschwindet. Die Wermsdorfer Petroleumquelle erinnert an eine gleiche Erscheinung in dem nordöstlich von hier an der preußischen Grenze gelegenen Dorfe Sahlastan unweit Strehla. Dort entdeckte vor nicht zu langer Zeit ein kleiner Knabe eine aus der Erde kommende Flüssigkeit, die petro leumartig roch. Man war anfänglich freudig erregt, sprach dann noch längere Zeit davon, und ebenso wie die Gespräche darüber ver stummten, versiegte auch der Petroleumquell. Lausigk, 10. März. Der im Gerichts gefängnis zu Lausigk untergebrachte Unter suchungsgefangene Karl Fleischhauer aus Frau walde hat gestern Abend gegen 8 Uhr einen Totschlagsversuch an einem Gesängnisbeamten unternommen, diesen schwer verletzt und ist dann durch die Flucht entkommen. Der Flüchtige ist etwa 1,62 Meter groß, kräftig, hat dunkelblondes Haar, hohe Stirn, gesunde Gesichtsfarbe, Anflug von Schnurrbart und war bei der Flucht ohne Schuhwerk und Kopf bedeckung. Wahrscheinlich hat der Flüchtige in Etzoldshain einen Einbruch verübt, wobei ihm Kleidungsstücke und Legitimationspapiere auf den Namen Jobst in die Hände sielen. Leipzig. Im Straßenbahnwagen verlor ein Fahrgast einen Brillantring im Werte von 250 Mark und ein junger Mensch merkte sich die Beschreibung des verlorenen Ringes so gut, daß er später dem Schaffner eines Straßen bahnwagens, an welchen der Ring als gefunden abgegeben worden war, den letzteren genau be schreiben und als sein Eigentum reklamieren konnte. Der Bursche ward noch nicht ermittelt; rechtlich wird die Sache interessant dadurch, als die Straßenbahn ersatzpflichtig ist. da der Fund an einen ihrer Beamten ordnungsgemäß ab gegeben wurde. Glauchau, 9. März. Wegen Er schwindelung von Geldern für die streikenden Weber von Meerane und Glauchau wurde heute von der zweiten Strafkammer des könig lichen Landgerichts Zwickau der Schlosser Joseph Breuer, zuletzt hier wohnhaft, unter Zubilligung mildernder Umstände, zu sechs Monaten Gefängnis und Verlust der bürger lichen Ehrenrechte auf drei Jahre verurteiit. Breuer hatte sich in Glauchau, Jerisau und Reinholdshain als Berliner Agitator und Volks redner aufgespielt. Das erschwindelte Geld halte er vertrunken. Crimmitschau, 8. März. Eine un sinnige Wette hatte einem hiesigen jungen Manns einen frühzeitigen Tod gebracht. Der Weber Sommerschuh wettete, daß er in einer Stunde zwanzig Glas Bier trinken werde, nach 8 Tagen starb er. P lau e n i. V., 6. März. Der im hiesigen königlichen Landgerichtsgefängnis in haftierte Schmied Otto, der einer der Haupt beteiligten der jüngst festgenommenen Falsch münzerbande ist, beging gestern einen Selbst mordversuch; er begoß sich und die Zelle mit Petroleum und zündete dieses an. Die Tat wurde indes noch rechtzeitig bemerkt, so daß jede Gefahr beseitigt werden konnte. Der Verbrecher erlitt aber so schwere Brandwunden, daß sich seine Ueberführung in das Kranken haus nötig machte. Plauen, 8. März. Der seither im hiesigen Gerichtsgefängnis inhaftierte Stein hauer Johann Fritzsch aus Schönberg am Kapellenberg, beschuldigt durch Schläge den Tod seiner Mutter herbeigeführt zu haben, ist außer Verfolgung gesetzt worden. Die Unter suchung hat nicht ergeben, daß Fritzsch sich beim Schlagen seiner Mutter eines gefährlichen Gegenstandes bedient und daß er sie die Treppe hinabgeworfen hat. Es ist nur er wiesen, daß Fritzsch seine Mutter mit der Hand geschlagen hat. Wegen dieser Mißhand lung konnte Fritzsch jedoch nicht bestraft werden, weil kein Strafantrag vorlag. — Von der Firma Spörl <L Martin sind 16 Sticker ent lassen worden, weil sie sich der Anordnung, daß nur für abgelieferte und nicht beanstandete Arbeit Lohn gewährt wird, nicht haben fügen wollen. Klingenthal, 9. März. Einem räuberischen Ueberfalle erlag am Sonntag Abend der bejahrte Hausbesitz, r Carl Meinel aus dem Ortsteile Döhlerwald. Auf dem Heimwege vom Bockbierfeste in Zwota wurde er von dem Akkordeonarbeiter Schlosser ans Zwota, der sich ihm als Begleiter angeboten hatte, durch heftige Schläge auf den Kopf be täubt und es wurde ihm das Geldtäschchen mit 120 Mark Inhalt geraubt. Schlosser wurde bald nach der Frevelthat verhaftet, auch das Geld, das er versteckt hatte, wieder aufgefunden. Schwarzenberg. Bei einem Leichen begängnis in einem Orte bei Schwarzenberg glitten mehrere Träger aus, so daß der Sarg herabstürzte. Hierbei löste sich der Deckel des Sarges, die Leiche — ein Mann — fiel aus dem Sarge heraus auf die Straße und mußte zurück in die Leichenhalle gebracht und von neuem eingesargt werden. Erst dann ging die Beerdigung ohne Zwischenfall vor sich. Aus Nordböhmen, 7. März. Wie bereits kurz gemeldet, haben in der Nacht auf Freitag in Tetschen-Bodenbach mehrmals Er schütterungen stattgefunden. Es wurden Erd stöße um 9 Uhr, V2IO, 11, 1/212, 1 und 6 Uhr früh wahrgenommen: der um ^lO Uhr war der stärkste. Die Bewegungen waren wellenförmig, verursachten Klirren der Fenster scheiben, Aneinanderschlagen des Geschirres, Schwanken der Möbel und Einrichtungsstücke in den Wohnungen. Von einzelnen Personen wurde auch ein schwaches dumpfes unterirdisches Rollen wahrgenommen. Bei Landwirten der Umgebung wurde das Vieh in den Ställen unruhig und viele Leute sprangen erschreckt aus ihrem Bette. Die Stöße sind ohne Zweifel als Ausläufer der zur selben Zeit in Karls bad, Asch, Graslitz u. s. w. stattgefundenen noch heftigeren Erderschütterungen zu betrachten. In Asch und Graslitz wurden gestern Abend und heute früh wiederum ziemlich heftige Erd stöße verspürt. In Karlsbad sind keine weiteren Erdstöße wahrgenommen worden. — Auch an der sächsisch-böhmischen Grenze im Elbtale sind Erdbebenerscheinungen wahrge nommen worden.