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21. Mi 1868 MeMag, -Neustadt» Dresden, m der Expedi ¬ tion, kUMeißn. zu haben. Nedigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers C. Heinrich. Dtti-igstrr Lahrgä, g lll «Luartal. Vreist V vierteljährlich 12'/»Ngr; Zu beziehen durch § alle kgl. Post- Anstalten. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann Erscheint jeden Dienstag und Freitag früh. Politische Weltschau. Deutschland. Ganz dieselbe Trockenheit, welche gegen-- wärtig in der Natur vorherrscht, macht sich auch auf dem po litischen Felde geltend, denn kein Ereigniß von irgend hervorragender Bedeutung unterbricht die hohen diplomatischen Ferien. In solcher Zett daS Interesse der Leser an der Politik aufrecht zu erhalten, ist wirklich eine äußerst schwierige Aufgabe der Zeitungen. Allein auch diese politische Windstille hat ihre guten Seiten; sie ruft keine Befürchtungen wach und vergönnt unsern braven Landleuten, die Früchte ihres Fleißes, wenn schon im Schweiße des Angesichts, so doch in Ruhe und mit der Hoffnung einzu ernten, daß ihnen auch der friedliche Genuß derselben nicht ver leidet werden wird. Das hoffen und wünschen wir ja Alle. Die kriegerischen Aussichten, die wir etwa vor uns haben, werden nur parlamentarischer Natur sein, wobei kein Blut, wohl aber viele einschneidende Reden von den Lippen unserer Reichstags abgeordneten fließen werden, und zwar mit vollem Recht. Denn die Art und Weise, wie das Präsidium des norddeutschen Bundes mit dem bekannten Defizit von 2,700,000 Thalern umzuspringen gedenkt, wird bereits von preußischen offiziösen Blättern verrathen. Die „Nordd. Allg. Ztg." — bekanntlich das Organ des Grafen Bismarck — hat nämlich aus den kürzlich von uns citirten Art. 70 der Bundesverfassung eine Lücke herausgetiftelt, indem sie sagt, die Worte „budgetmäßige Höhe" ließen eine verschiedene Auslegung zu. Während sicherlich der Reichstag bei Feststellung des betreffenden Artikels an nichts Anderes gedacht hat, als dadurch den Bundesrath zu ermächtigen, Matrikularbeiträge nur in dem Umfange zu erheben, in welchem sie durch das Budget bewilligt sind, sucht jetzt die „Nordd. Allg. Ztg." zu beweisen: der Bundesrath sei befugt, Matrikularbeiträge von der Höhe auszuschreiben, welche zur Deckung der Ausgaben erforderlich sind. Das ist für die Regierungen allerdings ein sehr bequemer Weg, bei dem sie nie in Verlegenheit kommen können; nur möchten wir wissen, was Graf Bismarck thun würde, wenn beispielsweise der Verwalter seines Gutes Varzin zu ihm sagte: „Herr Graf! Sie haben mich autorisirt, von den Einnahmen Ihres Gutes sämmtliche Ausgaben zu decken und überdies mir noch eine Summe zur Verfügung gestellt, damit Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht kommen. Nun reichten aber die Einnahmen sammt der zur Verfügung gestellten Summe nicht hin, alle Ausgaben zu bestreiten und deshalb sah ich mich ge- nöthigt, noch so und so viel Tausend Thaler aufzunehmen, die Sie nun gefälligst bezahlen wollen." Wird nicht Graf Bismarck, wie jeder andere Besitzer eines Gutes, in solchem Falle -zu seinem Verwalter sagen: „Wie kommst Du dazu, ohne mein Wissen und Willen neue Lasten mir aufzubürden, und warum hast Du die Ausgaben nicht den Einnahmen entsprechend eingerichtet?" Der Vergleich liegt sehr nahe, und man sollte eS für selbstver ständlich erachten, daß der Bundesrath ebenfalls sein Streben darauf zu richten habe, den durch Krieg und Nothjahre gemin derten Volkswohlstand nicht durch neue oder erhöhte Steuern zu belasten, sondern das Defizit auf dem Wege der Ersparnisse m den Ausgaben aus der Welt zu schaffen. Das Militärbudget bietet dazu die beste Gelegenheit. Aber freilich, freilich — da werden wir wohl noch so lange warten können, bis in daS neu zu errichtende norddeutsche BundeSpalaiS ein wirklicher Konstitutionalismus wird eingezogen sein. Preußen. Die Defizits scheinen jetzt wirklich wie Pilze aus der Erde zu schießen, denn auch im preußischen Staatshaus halt will man ein solches endeckt haben. Schon als daS Budget für 1868 dem Abgeordnetenhause vorgelegt wurde, schreiben preußische Blätter, erkannten erfahrene Finanzmänner, daß in demselben ein Defizit von mehr als anderthalb Millionen Thaler verborgen sei, indem einmalige extraordinäre Einnahmen in dieser Höhe in dem Ordinarium mit aufgeführt waren. Es hätte dies nichts zu sagen gehabt, wenn das Budget derartig gewesen wäre, daß _ man hätte erwarten können, das Defizit werde im nächsten Jahre verschwinden. Diese Hoffnung war aber mit Rücksicht auf daS eiserne Militärbudget des norddeutschen Bundes nicht zu hegen, und es wäre daher Sache des Landtags gewesen, durch eme große Vorsicht in der Vermehrung der Ausgaben wenigstens eine Ver mehrung des Defizits zu vermeiden. Diese Vorsicht " hat man versäumt, indem man durch die Bewilligung der 25 Millionen an die depossedirten Fürsten, Erhöhung der Krondotation und andere Beschlüsse die Ausgaben sehr vermehrte. So kommt es nun jetzt, daß man mit ziemlicher Sicherheit für das Jahr 1869 ein Defizit von 6^ Millionen voraussagen will. — Unlängst ver öffentlichten mehrere Zeitungen eine Adresse, in welcher die Römer dem Könige von Preußen Dank für die bei Königgrätz erfolgte Befreiung Venetiens aussprachen.' Wir tbeilten dieses Schnft- stück nicht mit, weit es unS ein bloßes Partei-Manöver zu sein schien. Jetzt meldet die „Nordd. Allg. 3tH", daß auch die preußische Regierung erst aus den Zeitungen Kenntniß von dieser Adresse erhalten habe. Allerdings ist sie in Rom abgegeben worden, aber von einem unbekannten Manne, und nicht etwa an den preußischen Gesandten, sondern an dessen Portier* — Die Mandats-Niederlegung des Grafen Henkel v. Donners mark veranlaßt die „Magd. Ztg." zu dem Ausruf: „Wir müssen es tief beklagen, daß der geehrte Abgeordnete die Flinte so ins Korn wirft." Die Berliner „Volkszeitung" erwiedert hierauf: „Eine Flinte, die nicht schießt, ist ein Kinderspielzeug; mit solchen Flinten bewaffnet, marschirt die Partei der National-Liberalen noch immer auf und ab, legt an und zielt, um sofort unter schönen Redensarten zu präsentiren und zu schultern, wenn der eine Leiter lächelt oder zürnt." — Aus Anlaß des von Ruß land gemachten Vorschlages wegen Beseitigung der Spreng geschosse hat Preußen die Einsetzung einer internationalen militärischen Kommission vorgeschlagen, welche die Grenzen für die fernerweite Anwendung von Sprenggeschossen sowohl für Ge schütze als für Gewehre feststellen soll. Der Vorschlag ist in Petersburg bestens acceptirt worden und es wird die Kommission wahrscheinlich noch in diesem Herbste zusammentreten. — König Wilhelm hat verordnet, daß für die im Feldzuge 1866 eroberten Trophäen 8920 Dukaten als Douceurgeldcr zur Vertheilung gebracht werden sollen Den Löwenanthett, 1320 Dukaten, er hält für 22 eroberte Geschütze das 4. niederschlesische Infanterie- Regiment Nr. 51; dany folgt mit 1200 Dukaten für 20 eroberte Geschütze das 3. Garde-Regiment zu Fuß. Von der Kavallerie bekommt den höchsten PrerS, 1020 Dukaten für 17 Geschütze, 56 kMchMt DochMmA