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Inserat» nehmen außer der Expedition auch die Austräger aus Lem Lande entgegen, auch befördern die Annoncev- Expeditionen solche zu Lriginalpreisen. Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. IM durch die Post Mk 1,82 frei in's HauS. Anzeiger sür Hohenstein-Ernstthal, Osterlnngwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Nußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Hohenstein-Ernstthal. Organ aller Genreinöe-Verwaltungen öer nnrlregenöen Ortschaften. Nr. 140. Freitag, den 20. Juni 1902. 52. Jahrgang. Auf Blatt 324 des Handelsregisters für die hiesige Stadt ist heule die Firma Gebt. Gehlert in Hohenstein-Ernstthal, Zweigniederlassung der in Stollberg unter gleicher Firma bestehenden Haupt. Niederlassung eingetragen und weiter verlautbart worden, daß der Kaufmann Friedrich Gustav Gehlert, hier, und der Kaufmann August Reinhard Gehlert in Stollberg die Gesellschafter find. Angegebener Geschäftszweig: Großhandel mit emaillirtem Haus- und Küchengeräthe, Blech- und Lackierwaaren. Hohenstein-Ernstthal, am 18. Juni 1902. Königliches Amtsgericht. Fenerwehr. In der Hochdruckwasserleitung der Oststratze ist zwischen dem E. O. Richterlichen und I. H. Müller'schen Grundstücke Brd.-Vecs.-Cat. Nr. 59 H. und 59 6. Abth. O ein Unterflurhydrant ein gebaut worden. Hvheustein-Vrustthal, den 18. Juni 1902. Ter Stadtrath. vr. Polster, Kr. Bürgermeister. Sonnabend, den 21. Juni d. I. bleibt das hiesige Gemeindeamt wegen Reinigung der Geschästsräume sür den Verkehr geschlossen. Das Standesamt ist an diesem Tage nur von 11—>/z12 Uhr vormittags geöffnet. Nur dringliche, keinen Aufschub erleidende Sachen finden in dieser Zeit Erledigung. Oberlungwitz, am 18. Juni 1902. Ter Gemeiudevorstaud. Lieberknecht. Das Befinden Sr. Majestät des Königs. Sibyllenort, 18 Ium. Das Bulletin von heute Abend 6 Uhr lautet: Die Kräfte Sr Majestät des Königs sind über Tage zurückge gangen Auch war vorübergehend das Benommensein bemerkbar. Die Nahrungsaufnahme ist sehr gering. Dr. Fiedler. Dr. Selle. Dr. Hofmann. Sibyllenort, 19. Juni. Der Krankenbericht von früh 7 Uhr lautet: Auf den gestrigen unter Er scheinungen großer Schwäche ver laufenen Tag folgte eine verhält- nißmäßig ruhige Nacht. Se.Majestät der König haben mit leidlich gutem Appetit gefrühstückt. Eine bereits seit längerer Zeit bestehende Anschwellung der unteren Extremitäten hat in den letzten Tagen etwas zugenommen. Dr. Fiedler. Dr. Selle. Dr. Hofmann. Das „Leipz. Tagebl." erfährt von feinem nach Sibyllenort entsandten Berichterstatter Folgendes: Es wäre unrecht, wollte Jemand, der die Sachlage kennt, Hoffnungen erwecken, die, wenn nicht ein Wunder eintritt, niemals in Erfüllung gehen können. Die ärztliche Kunst hat am Krankenlager König Alberts schier Unmögliches geleistet. Vor dem Unabänderlichen muß aber schließlich auch das stärkste menschliche Können die Segel streichen. Das Krästemaß des hohen Patienten, das schon jetzt außerordentlich minimal ist, nimmt von Stunde zu Stunde ab; eine Aufwärts bewegung ist, da auch der Appetit zu versagen begonnen hat, wohl nicht mehr zu erhoffen. Dennoch weiht der König mit heldenhafter Größe seine letzten Kräfte seinem Lande. Mit rührender Treue dringt er immer wieder darauf, daß ihm die eingegangenen Staats- argelegenheiten vorgelegt werden; das Fach der uner- ledigten Regierungseingänge im Oberhosmarschallamt meist nicht ein einziges Blatt auf. Einige Blätter wußten zu melden, daß Prinz Georg den König in den Regierungsgeschäften vertrete. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Prinz hält sich vielmehr gänzlich davon fern. Auch die Frage, wer im Falle des Ablebens des Königs Sachsens Krone tragen würde, ist vielfach in unzutreffender Weise erörtert worden. Der Umstand, daß Prinz Friedrich August allgemein als der „muth- maßliche Thronerbe" bezeichnet wurde, hat wohl Manchen zu der Annahme gebracht, dieser Prinz werde der unmittelbare Nachfolger König Alberts auf dem Throne fein. Dem ist aber nicht fo. Bon dem nächsten Agnaten, dem Prinzen Georg, liegt bis heute kein Verzicht aus die Thronfolge vor, er hat auch, wie der Korrespondent des Leipziger Blattes von kompetenter Seite erfährt, niemals eine solche Absicht irgendwie geäußert. Brüssel, 18. Juni. Das gräflich flandrische Paar empfängt zweimal täglich Nachrichten vom Krankenlager des Königs von Sachsen, mit welchem und mit dessen Familie sie innigste Freundschaft ver bindet. Die letzten Meldungen aus Sibyllenort schei nen sehr bedenkliche zu sein, denn die Gräfin von Flandern gab die Reise zur Gedächtnißfeier ihrer Mutter nach Sigmaringen auf, um mit dem Gemahl schnellstens nach Dresden abreisen zu können, sobald das Schlimmste eintreten sollte. Sibyllenort, 18. Juni, vorm. (L.-A.) Der Zustand des Patienten ist im allgemeinen nicht ver ändert. Der König fühlt sich schwach und hat bisher nicht zu erkennen gegeben, daß er sich der besonderen Bedeutung des heutigen Tages als des Jahrestages seiner Hochzeit erinnert. Der „Schles. Ztg." wird aus Sibyllenort ge meldet: Die Kräfte König Alberts von Sachsen sind im Abnehmen begriffen. " Diesen Eindruck empfindet jetzt mehr und mehr auch die Umgebung des Königs. Trotzdem hat der König auch heute noch eine Anzahl Regierungsgeschäste erledigt, indem ec fein unter die betreffenden Schriftstücke setzte. Die Königin begeh! den heutigen Gedenktag ihrer Hochzeit in aller Stille, Beglückwünschungen mit Dank ablehnend. Der Rath der Stadt Dresden Hut ein Glückwunschtelegramm ab- gesandt. Dem „B. T." wird aus Sibyllenort gemeldet: Anläßlich des heutigen 49. Hochzeitstages des Königs paares sind in früher Morgenstunde bereits über viele hundert Glückwunschtelegramme eingegangen, darunter von fast fämmtlichen deutschen Fürsten, Kaiser Franz Jofef und dem französischen Präsidenten. Kaiser Wil- Helm sandte dem kranken König ein wunderbares Blumenarrangement und Handschreiben. In der Schloß kapelle fand um 9 Uhr eine stille Festfeier des könig- lichen Hofes statt. Sibyllenort, 18. Juni. König Albert hat eine neue schwere Krisis durchzukämpfen. „Es geht schlecht, sehr schlecht!" antwortet man auf Fragen. „Wenn wir auch die Hoffnung auf ein wenigstens zeitweiliges Wiederaufleben der Kräfte noch nicht aufgeben!" Die Schlafsucht hat einen bedrohlichen Charakter angenom men, die Kräfte verfallen immer mehr. Wie gemeldet, hätte das Königspaar heute die 49. Wiederkehr feines Hochzeitstages feiern sollen. Der König ist jedoch auf das Datum nicht aufmerksam geworden, und die Kö nigin hat Glückwünsche nicht entgegen genommen. „Ich erhebe mein Glas auf das Wohl Sr. Majestät unseres Königs und Ihrer Majestät der Königin —" dieser Trinkspruch, den General v. Minckwitz bei der Tafel ausbrachte, war der einzige Akt, durch den der Bedeutung des Tages Rechnung getragen wurde. Nachmittags kamen die erbprinzlich meiningenschen Herrschaften von Breslau herüber. Wie gewöhnlich verließen sie schon vor ihrer Ankunft in Sidyllcnort den Wagen, um den letzten Theil des Weges zu Fuß zurückzulegen. Das Befinden des Kranken war so ungünstig, daß die Breslauer Gäste nicht an sein Lager treten konnten; auch die Königin konnte sie nicht em pfangen. Sie mußten sich darauf beschränken, Erkun digungen einzuziehen und ihre Theilnahme auszu- sprechen. Daß man im Schlosse die Situation gegen Abend nicht mehr für ganz unmittelbar gefahrdrohend anfah, geht daraus hervor, daß Prinz Georg gegen 7 Uhr in Begleitung der Prinzessin Mathilde und des Oberwildmeisters Mehwald zur Pürsche fuhr. — Heule Abend haben die Aerzte die scste Ueberzeuzung gewonnen, da sich die Kräfte nicht mehr heben, trotz aller Hilfsmittel, die die ärztliche Kunst anwendet, daß das Ableben des Königs hier in Sibyllenort nur eine Frage weniger Tage ist. Die Schwäche deS hohen Patienten ist groß; er vermag nicht mehr über die Stube zu gehen, will auch nicht mehr in den Stuhl oder auf das Schlassopha, er wünscht im Bett zu bleiben. Trotzdem ist der König guten Muthes und ahnt nicht den Ernst der Lage, hofft vielmehr, daß seine gute Natur wie bisher auch jetzt über die Krank- heit siegen wird. Nur die äußerst sorgfältige ärztliche Ueberwachung erhält ihn. Das Herz wird bei der geringsten Bewegung, wie das Ausrichten im Bett es mit sich bringt, so unruhig, daß der König schleunigst wieder eine bequeme Lage im Bett auffuchen muß, und nur durch längere unverändert ruhige Lage ist eine Beruhigung des Herzens herbeizuführen. Dresden, 18. Juni Nachts. („L.-A.") Aus Sibyllenort wird telegraphirt: Am späten Abend sind bei dem König die bedrohlichen Herzerfcheinungen wieder aufgetreten. Die königliche Familie ist um den Kranken versammelt. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß der König im Sterben liegt. Die Beamten des Oberhofmarschallamtes haben zum ersten Mal während der Dauer der Krankheit König Alberts die Diensträume nicht verlassen. Daß der Eintritt der Katastrophe in Hofkreisen als bevorstehend angesehen wird, ergiebt sich aus der Thatsache, daß die kaiserlichen Telegraphenämter in in Sibyllenort, Breslau und Sachsen heute behördlich angewiesen wurden, bei eintretendem Todesfall Tele gramme vor Eintreffen der amtlichen Bestätigung nicht dnrchzulasfen. Leipziger Brief. Der letzte Akt der Leipziger Bank-Tragödie. (Nachdruck verboten.) Man war am 16. Juni in dem geräumigen Schwurgerichtsfaal zu Leipzig kaum in die Verhandlung wider „Exner und Genossen", unter welcher gericht lichen Spitzmarke der Leipziger Bank-Prozeß durch geführt wird, eingetreten, als die Stimme des Vor sitzenden, Herrn Landgerichtsdirektor Dr. Müller, hell durch den Saal drang: „Ich sehe, dort hinten wird ein Opernglas benutzt! Ich muß sehr bitten, das zu unterlassen — wir sind hier nicht in einer Theater- Vorstellung!" Gewiß nicht! Müßige Neugier paßt nicht zu der snrchtbaren Tragik jenes Zusammenbruchs, der die neun Männer dort auf die erweiterte Anklagebank ge führt hat. Der feierliche Ernst, der die strafend Göttin Themis umgiebt, die ernste Würde dieses OrteS sollten in dem Zuschauer alles auSiilgen, was ihn veranlassen könnte, die Vorgänge, die sich jetzt in diesem Raume abspielen, als ein bloßes nerven kitzelndes Schauspiel zu betrachten. Und doch ist es ein Drama, dessen letzter Akt in dem Leipziger Schwurgerichtssaale spielt! Dieser selbst ist im höheren Sinne ein kleines :b.csrrum mnncki, aus welchem die Gerechtigkeit die folgen- schweren Schlußworte spricht. Dieser Saal hier hat Menschen gesehen, deren Geschicke die ganze Welt in Spannung erhielten, Worte gehört, die bis zu ihren etzten Grenzen widcrhallten. Auf jenem ersten Sitze )er Anklagebank saß der Anarchist Reinstorf, die Seele )cs verruchten Niederwaldattentats auf den Kaiser Barbablanca und die deutschen Bundesfürsten, die das Niederwalddenkmal einzuweihen, von RüdeSheim zum Plateau hinaufzogen; auf ihm und den nächsten Sitzen erblickte man die Typen aus den bekannten Spionage- und Landesverrathsprozessen, auf ihnen faßen die beiden französischen Marineoffiziere, denen eS fast ge ringen wäre, unsere Elbbefestigungen auszukundschaften. Jetzt sitzt — ohne vergleichen zu wollen natürlich — auf jenem ersten Sitze der hochgewachfene Ex-Bankdirektor Exner mit dem sorgfältig gepflegten, tief auf die Brust hinabfallenden rothbionden Vollbarte. Und bei ihm wird es schwer, den Gedanken an die Darstellungs- kunft ganz aus diesem Saale zu bannen. Denn der erste Tag der Verhandlung zeigte bei ihm ein be- achtenswerthes schauspielerisches Talent: gute Pose, biegsames Organ, tüchtiges Studium feiner Rolle. Aber die Richter dort an ihrem halbrunden Tische und die zwölf ernsten Männer auf den Geschworenen bänken sind keine Zuschauer, die einen guten Charakter- spieler an diesem ernsten Orte mit Beifall belohnen. „Wir sind hier nicht in einer Theater-Vorstellung!" Diese Worte des Herrn Vorsitzenden, an eine naive Zuhörerin gerichtet, mögen auch in Exner's Ohr eigenartig wiedergekiungen sein. Und die anderen acht, die da auf den geschlosse- nen engen Holzbänken sitzen? Ach nein, das sind keine „Akteure": Sie sind sich des furchtbaren Ernstes dieser und der kommenden Stunden bewußt, auch die Mchrzahl unter ihnen, die ihre Ehre unversehrt mit aus diesem düsteren Saale wieder hinaustragen wird in die Helle sonnige Gotteswelt. Für denjenigen, welcher diese Herren aus den Tagen ihres Glückes kannte, bietet diese Anklagebank ein schmerzliches Bild. Bei ihnen allen war der Ehrenschild vordem rein und blank, drei von ihnen gehörten dem Reserve- osfizierkorps als Rittmeister bezw. Hauptleute an, zwei waren Konsuln fremder Mächte und fast alle sahen sich mit hohen Orden ausgezeichnet. Alle sahen sich in guten, zum Theil glänzenden Vermögens verhältnissen und wie das Wehen der Vergeltung drang es zu uns von ihnen herüber, als bei der Fest stellung der Personalien aus jedem Munde auf die Frage: „Haben Sie Vermögen?" die Antwort klang: „Ich habe mein Vermögen verloren!" — .Ick da«: Vermögen, jetzt habe ich nichts mehr!" oder .Ick dm durch die Katastrophe um den größlen Toeil mr.nrS Vermögens gekommen!" Nein — mag es auch vielleicht scügM2:'.r-.-rX-- daß die Mehrzahl dieser Männer ibrr Z-nrrn.-g gegeben habe zu jenem Komödienwirl rm.:: des ThatbestandeS in der letzten Genera>r;-^rrn.r7^ der Aktionäre vor dem Zusamm. .-.druck — - du?.-- sich für diesen letzten Akt der Lnr:-.gr. M !-e keine „Maske" gemacht, wir ec :: d.r . eH: heißt. Tiefer Ernst liegt au» dr.-. : d.S Ku: rrr- cathes Fritz Maner vom ck::ur..d-:ru Für - Bankhause, in dem einst Leiv; gS Ko2e-g.cn :rren un ermüdlich thätigen und unn .. ge'chästSkundlgen Stadtverordnetenvorsteder »e^rtzven. ernst u d still folgen sie dem Fortgang der Verhandlung: d r ehe malige Stadtrath und Komul Ludw:g Heinrich Dodei, der einige Tage nach der letzten Generalversammlung daS Nessukgewand des ersten AufstchtSrathSvorützenken anlegle, daS seinem Vorgänger, dem Generalkonsul Sachsenröder daS Leden kürzte; der Inhaber der hoch- angcschenen BuchhandlnngSfirma Friedrich Alfred Voerster, Kaufmann Georg Ludwig Schröder, der vor malige rumänische Generalkonsul Kaufmann Christian Wilhelm Wölker, dessen schönes HauS im Leipziger Villenviertel ein Heim deS Friedens und schöne