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Freu-entas ln Friedrichshafen „Graf Zeppelin" wie-er in -ee Halle - Der Ozean in 5« Stunden überflogen - Gin kritischer Augenblick vor »er Einbringung Glatte Lantiim imker misebeiillm Mel Zeppelins Sieg In der Zcppelinstadt am Badensee läuten die Glocken. Menschenmassen jubeln in Begeisterung dem „Graf Zeppelin" und seiner Besatzung zu. Und im gleichen Schlau mit den Tausenden, die in Friedrichshofen den stolzen Augenblick er leben durften, schlägt Alldeutschlands Herz höher in Freude und Dankbarkeit. Nun hat er mit seinem glänzenden Rück- slug das Werk gekrönt, unser Zeppelin, das mit der Amerikafahrt sp vielversprechend begonnen wurde. Die Spannung löst sich, die stundenlang in Millionen gezittert hatte, als die Fahrtberichte von schlveren Kämpfen des Luft schiffes in den Neufundlandstürmen meldeten, als dann zeit weise die Funkverbindung abrth und Ungewißheit sich breitete über den Verlauf d«S Fluges. Nun haben sie'S gegen alle Ungunst der Elemente wieder geschasst. Dr. Eckencr und seine Leute. Ihre Tat bedarf nicht des Lobes, sie spricht für sich selber. Zum erstenmal hat nach so vielen vergeblichen Anläufen, nach so .viel Opfern ein Luftverkehrsmittel den Atlantik i n beiden Richtungen bezwungen. Wovor die kühnsten Flieger zurtickschreckten. der Abschluß, vor dem auch Köhl und Hünefeld nach ihrem einzigen Ost. Westflug haltmachen muhten. »Graf Zeppelin" hat ihn endlich erreicht, indem er ans dem Luftwege die Rückreise durchftthrte. Mit einer Sicher heit. die dem Zeppelingedanken glänzende Aussichten für die Zukunft eröffnet und mit einer Schnelligkeit, die nun auch die Unkenrufe der Neider verstummen lassen muh. Die Havarie, die das Luftschiff aus seiner Hinfahrt erlitt, hatte allen denen billige Veranlassung zum Mäkeln an der voll brachten Leistung gegeben, die es Deutschland nicht gönne», dah cs alle» änsieren Widerständen znm Trotz wieder die Führung im Wcltwcttbewerb um die Beherrschung des Luft raumes an sich gerissen hat. Der Zeppelin sei nicht schnell ge nug, kaum schneller als ein moderner Dampfer und deshalb für den Uebersecnerkehr kein Fortschritt. N u n h a t c r a u ch diesen Zweifel widerlegt. Trotz teilweise schlechten Fahrtwetters, trotz widriger Stürme über Eisbergen und haushoher See lm Westatlantik wurde die Strecke von fast 0000 Kilometer in drei Tagen bewältigt, die Ueberqnerung des Ozeans selbst in 66 Stunden, ein Rekord, der selbst von den wenigen geglückten Flugzeugübergucrungen zeitlich nur wenig ttbertrosscn wird. So ist das Ergebnis zunächst, dah ans manchem Zweifel Gcwihheit. aus Sorge Zuversicht, ans Befürchtungen Vertrauen geworden ist. Die beiden Vorbedingungen des WeltluslschifsverkehrS, er höhte Sicherheit und wachsende Schnelligkeit sind nach diesem Pionicrslug gewih. Mit Stolz kann eS der Lustschissbau in Friedrichshofen, darf eS mit ihm ganz Deutschland fcststellen: „Graf Zeppelin", das Werk deutsche» ErsindergenicS, das Sinnbild deutscher Tatkraft, hat sich seiner Aufgabe gewachsen gezeigt. Und wenn »och Einzelheiten technischer und organi satorischer Art. die eS ans dieser Fahrt zu erprobe» galt, voll kommener gestaltet sind, dann wird nach dem Urteil der amerikanischen Flicgcrossizierc. die als Passagiere den Flug mitgemacht haben, der Zeppelin bald eine allgemeine Ein richtung lm Verkehr zwischen Europa und Amerika sein. Der Weltlnstverkehr bat seinen ersten Schritt getan und Deutsch land hat dlc Pfeiler gelegt, ans denen sich die Brücke von Kontinent zn Kontinent wöl ben soll. Mühig ist es jetzt, die alte Streitfrage der Luftfahrt wieder aufznsrischen, die sich znspitzt in der Frage: „Leichter oder schwerer als die Luft?" — „Flugzeug oder Luftschiff." Ihre Lösung wird erst im Laufe der Jahre durch die Er probung in der PrariS komme». Noch läht sich nicht prophezeien, welches Prinzip endgültig den Lieg davontrageu wird. Aber soviel steht heute doch fest, dah sich das Lustschiss trotz der langjährigen Hemmung in seiner Entwicklung im L a n g st r e ck e n s l » g als der überlegene Teil er wiesen hat. Darum muh die erste praktische Folge der Zeppcllnfahrt die Sicherstellung und Vergrößerung des Friedrichshafener Unternehmens sein, damit daS Werk un gehemmt an der Konstruktion neuer Schisse in der Größe, wie sie Amerika plant, weilcrarbetten kann — Schiffe, die eine wesentlich höhere Geschwindigkeit und ein entsprechend größeres Nutzlastvermögcn aufwciscn. Der Appell an das deutsche Volk zur Mithilfe wird nach die sem glänzenden Erfolg nicht vergebens sein. Alles was wir in dieser Hinsicht tu» und leisten, kehrt als Steigerung der eigenen Krast zu »ns zurück. I» diesem Sinne danken wir den Helmkehrcudeu, allen, vom Führer bis zum letzten Mann, für ihre große Tat. die die Welt wieder erfüllt mit dem Ruhm des deutschen Namens. Als Sinnbild unseres nationalen Wollens grüßen wir sie. als ein lebendiges Be kenntnis zum Gla iben an unsere nationale Zukunft. Der Verlauf der Nachtfahrt Friedrichshofen, 1. Nvv. Nachdem das Luftschiff zuletzt über Dijou gesichtet worden mar, blieben zunächst weitere Sichtmeldungeu aus Frankreich aus. Das Schiff machte je doch weitere gute Fahrt und überflog die deutsche Grenze bei Hüningcn bereits um 2,65 Uhr morgens. Um 3 Uhr wurde es über Lörrach, etwa zehn Minuten später wurde es in Zell in Württemberg gesehen. Von hier flog der Zeppelin über den Schwarzwald, dann in nördlicher Richtung au Waldshut vorbei auf Singen zu. Singen wurde um l.16 Uhr passiert. Das Luftschiff war hier wieder nicht zu sehen. Jedoch wurden durch den Lärm der Motoren die Bewohner der Stadt aus dem Schlaf geweckt. Um 4,37 Uhr iibcrflvg daS Luftschiff Ucberlingeu, sichtlich mit direktem Kurs auf Friedrichshofen. In Ueberlingen war das Luft schiff trotz dem frühen Morgen tadellos zu sehen. Um 5,43 Uhr näherte sich „Gras Zeppelin" der Lust- schisshallc Friedrichshofen. Die Propeller waren deutlich zu hören. DaS Luftschiff ging tief herunter, so daß man die Passagiere in den Gondeln er» kennen konnte. Da vom Schiff Ltchtsignale gegeben und die Motoren plötzlich abgestellt wurden, wurde all gemein damit gerechnet, daß Dr. Eckencr nunmehr zur Lan dung schreiten wollte. Das Schiff befand sich nur noch >00 Meter von der Landungsstelle entfernt. Ebenso plötzlich sprangen die Motoren aber wieder an, und „Gras Zeppelin" bewegte sich langsam über den Platz. Um 5,47 Uhr fuhr cs wieder langsam davon, das Propellergeräusch verlor sich in der Ferne, nur noch die Lichter waren zu scheu. — Inzwischen senkt sich der Nebel langsam. Die Stadtkapclle hat innerhalb der Halle Aufstellung genommen. Vor den Toren sind die Vertreter des Reiches und der Länder znm Empfang ver sammelt. Um 6,20 Uhr kreuzt das Luftschiff „Graf Zeppelin" noch über der Stadt Friedrichshafen und dem Gelände des Lust- schisfhasenS in etwa 60 Meter Höhe. Im Lichte der Schein werfer bietet ca einen prächtigen Anblick. Die Funkstation der Werft steht in dauernder Kuiikverbinduiig mit dem Luft schiff. Die durch Böllerschüsse alarmierte Bevölkerung hatte in zwischen das ganze Wcrstgebäudc dicht besetzt. Die Menge begrüßte den Zeppelin mit nicht enden wollenden Hurra rufen. Trotzdem sich die Landung über anderthalb Stunden hiuzvg, harrt die Menge, in der man die Mundarten aller Stämme Deutschlands Horen konnte, geduldig bis zum Lan- dungsmauöver des Zeppelins aus. Nachdem das Luftschiff mehrfach über dem Landungsplatz gekreuzt war und es zum erstenmal kurz vor ^7 Uhr so auS- gcsehcu hatte, als ob die Landung sofort erfolgen würde, zog sich die endgültige Landung doch noch längere Zeit hi». Dr. Eckencr wartete offenbar ab. bis es ganz hell geworden war, dann aber erfolgte die Landung mit der Genauigkeit, mit der man dies von dem Zeppelin gewöhnt ist. Kurz vor 7 Uhr wurde das Luftschiff wieder sichtbar und näherte sich mit abgestcllten Motoren dem Landungsplatz. Der Bug neigte sich ziemlich stark. Kurz nach 7 Uhr wurde vom Bug die erste Landcleine hcruntcrgeworsen, dann wurden die Positivnölaternen und auch die Lichter der Kabinen gelöscht. Unmittelbar danach siel auch die Hintere Landeleinc, so daß das Luftschiff um 7.06 Uhr zehn Meter über dem Boden stand. Damit war die Landung vollzogen. Nie Einbringung des LnMtsses in »ie Salle FricdrichShasen, 1. Nov. Das Schiss ist jetzt wieder in der Halle und ruht sich aus non den Anstrengungen der beiden schlveren Fahrten über den Ozean. Die Bergung nach der Landung war diesmal außerordentlich schwierig. Das lag daran, daß daS Schiss zweimal gedreht werbe» mußte, bis es vor dem Osttor stand und in die Halle gezogen werde» konnte. Außerdem erschwerte natürlich die nn- gehenre Menschenmenge, die die polizeiliche und militärische Absperrung einfach überrannt hatte und die Gondel dicht umlagerte, jede Bewegung außerordentlich. Es blieb schließlich nichts anderes übrig, als einfach den Befehl zu geben, in der Hoffnung, daß die Menge mitmarschiercn und aus dem Wege gehe» würde. Das ging auch recht gut. nnd die Zuschnuermasscn placierten sich zu beiden Seite» der Laufschiene» vor dem Hallcntor. Dann aber, als das Schiff in den Katzen verankert war und sich in Bewegung setzte, gab cs einen anstcrordentlich kritischen Augenblick. Bor das Tor war nämlich ein dickes Ta» gespannt, an dem Lchnpobeamte Unbefugte» den Eintritt in die Halle ver wehrten. Als nun das Schiss sich näherte, war cs unmöglich, das Tau und damit den Weg der Lanfkatzeu sreizubckommcn, weil die Menge selbst die Enden mithiclt. Das Schiss Uetz sich auch nicht mehr zuriickhalten. Wenn nicht jemand die Geistes gegenwart gehabt hätte, das dicke Seil mit dem Taschenmeüer zu zerschneiden, so hätte leicht eine Beschädigung de» Schiffes eintreten können. Als das Schiff dann geborgen war, stimmt« die Menge draußen erneut das Deutschlandlied an, das in der weiten Halle ein Echo fand. Die Beneideten, die sich t» der Halle aushallen durften, die Frauen und sonstigen Angehörigen, die Ehrengäste und die Presse, brachten dem Schiss und seiner Besatzung eine besonders herzlich« Ovation dar. Ein seltsamer Kontrast in fast allen Gesichtern: Tränen in den Augen und das Lachen einer Freude, die der Leistung des Schisses wie den Wiederkehrenden galt; aber immer noch ließ Dr. Eckencr sich nicht sehen. Reichsverkchröminister v. Guörard, der württembergtfch« Staatspräsident und Vertreter der württembergischen Re gierung, der amerikanische Generalkonsul und die Ange hörigen der Besatzung, sowie eine kleine Anzahl Gäste halten in der Halle Aufstellung genommen, und ließen den silbernen Rumpf des Luftriesen an sich vorüberziehen. Um 7,40 Uhr lag das Schiff in seiner ganzen majestätischen Größe in der Halle. Sin ungeheurer Jubel erfüllte Len «eiten Raum. Alle Gerüste und Leitern waren mit Zuschauern dicht besät, die begeistert das Deutschlandlied anstimmten. Als erste begaben sich zwei Zollbeamte in die Passagtcrgondcl, woraus die Menge lautes Gelächter anstimmte. Schon zwei Minuten später ver ließen die ersten Passagiere mit ihren Handköfferchen die Gondel, nnd wurden von ihren Angehörigen und allen An wesenden herzlich begrüßt. An den Fenstern der Gondeln zeigten sich die ver gnügten Gesichter der Besatzung, die in ihre» braunen Lederjacken nnd blauen Marinemützen eine» äußerst frischen nnd sympathischen Eindruck machten. Inzwischen hatte sich auch der württcmbergische Staats präsident in die Gondel begeben, tu deren großem Aufenthalts raum sich herzliche Bcgrüßungsszenen abspteltcn. Immer »och tobte die Menge in der Halle vor Begeisterung. Wie auf einem Bahnhof hatten sich Gepäckträger ctngcfunden, die daS schwerere Handgepäck aus dem Luftschiff holten. Die Zoll formalitäten nahmen nur fünf Minuten in Anspruch, und als die beiden Beamten hinter Ministerialdirigent Brandenburg das Lustschiss wieder verließen, wurden auch sie von der Menge bejubelt. Der Generaldirektor des Luftschiffbaues Zeppelin, der sich ebenfalls an Bord des Schisses begeben hatte, erklärte mit einige» Worten, daß die Gäste von der langen Fahrt immerhin ermüdet wären, und daß Passagiere nnd Ehrengäste sich um 6 Uhr abends z» einer Wtedersehens- scier einfindcn. Am Fenster wurde der blinde Passagier sichtbar. Man lachte und wollte ihn sehen, aber cs schien, daß er jetzt doch etwas schüchtern geworden ist. Inzwischen nahm ihn der amerikanische Konsul ins Gebet. Auch der Polizeidirektor von Fricdrichöhafcn war dabei. Aber diese Prozedur war schnell beendet. Man weiß, die Sache wird bald in Ordnung kommen. Wieder stiegen einige Passagiere ans. darunter sah man die schmucke Uniform der amerikanischen Navy,, non der drei Offiziere die Fahrt mitgcmacht haben. Dann wurde bckanntgegeben, daß Dr. Eckencr nach dieser Nacht fahrt müde sei und deshalb nicht die Presse empfangen könne. Endlich wird Dr. Eckencr selbst sichtbar, erneut bricht Jubel aus, man läßt ihn hoch leben. Er machte trotz seiner angeblichen Müdigkeit mit seinem gebräunten Gesicht einen frischen und lebendigen Eindruck. Wer ihn kennt, bemerkte, wie diesem sonst so gleichmäßig ruhigen Mann, dem selten Zeichen innerer Erregung anzuschen sind, die Freude über den Erfolg aus den Augen leuchtete und wie auch ihm die Begeisterung aller ans Herz griff. Er winkt und grüßt: nur schwer konnte er sich durch die schmale Gasse dnichringen, die von Schnpvspalicr zwischen der Menge ge bildet wurde. Als er später gefragt wurde, was der schwie rigste Teil der Fahrt gewesen sei. meinte er lachend: Das A n ö st c t g e n! Unterdessen Übermächte» die stellvertreten den Führer Lehmann und Flemming das Ausladen von Post säcken und Gepäck und die letzten technischen Vorkehrungen, die nach der Bergung notwendig waren. Draußen verlief sich die Menge nur langsam, und noch Stunden nach der Lan dung hörte man vor dem Fenster des Arbeitszimmers Dr. Eckeners nicht enden wollende Hochrufe. 77«« Kilometer in 71 Stunden Friedrichshasen, l. Nvv. „Graf Zeppelin", der a« Montag früh um 7,55 Uhr mitteleuropäischer Zeit in Lakehurst zu seinem Rückslug gestartet ist, hat die Gesamtstreck« von 77W Kilometer in 71 Stunden zurückgelegt. Die Fahrt über den Atlantik, zu der Ozeandumpfee mindestens ISO Stunden benötigen, legte „Gras Zeppelin" ß» 5« Stunden zurück.