Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Reichenbmnd, Siegmar, Neustadt, Radenstein und Rottluff. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Vezngspreis: Vierteljährlich 30 Pf., durch die Post bezogen vierteljährlich 75 Pf. — Anzeigen werden außer in der Geschäftsstelle (Reichenbrand. Nevoigtstraße 11) von Herrn Friseur Weber in Neichenbrand und von Herrn Kaufmann Emil Winter in Aabenstetn entgegengenommen und die Isvaltige Petitzeile oder deren Raum mit 25 Pf. berechnet. Schluß der Anzeigen-Annahme Freitags nachm. 2 Uhr. Fernsprecher Amt Siegmar 244. — Postscheckkonto Leipzig Nr. 12 55S, Firma Ernst Flick. Reichenbrand. O 44 Sonnabend, den 1. November ISIS die nachstehenden Bestimmungen des Regulativs, betreffend die Auf. rechterhaltung der Ordnung. Reinlichkeit und des Verkehrs auf den Straßen der Gemeinde, erneut in Erinnerung gebracht. pflichten ' ^ ^ d S an Straßen und Fußwegen anliegenden Häusern sich bildenden Eiszapfen, sowie den über die Dächer überhängenden Schnee ab. zustoßen: 3. ) bei Glätte die Fußwege ^nit feinem scharfen Material so oft zu 4. ) durch Beseitigung von Schnee -und Eis, insbesondere aus den Gerinnen, das Abläufen des Wassers tunlichst zu fördern; 5. ) die vor den Häusern befindlichen Schleusen offen zu halten, über- Haupt für das Ablaufen des Tage- und Absallwassers besorgt zu sein. Reichenbrand, Siegmar. Reustadt. Rabenstein und Rottluff, am 30. Oktober 1919. Die Gemeindeoorstande. Gemeinveeinkommensteuer betr. Am 1. November I9!S wird der 4. Termin der Gemeinde- einkommenfteuer auf 1919 füllig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, werden wird. Reichenbrand, am 28. Okt. 1919. Der Gemeindsvorftand. Änderung der Geschäftszeit. Don Montag, den 3. November d. I- ab ist das Gemeindeamt wie folgt geöffnet: Montags bis Freitags von 8 Uhr vorm, bis r/,1 mittags und von Vs2 Uhr bis 4 Uhr nachm. Die Kasse ist nur bis Vs3 Uhr geöffnet. Sonnabends und au den Tagen vor Fest- und Feiertagen von 8 Uhr vorm, bis 2 Uhr nachm. Kassenschluß Vsl Uhr. Rottluff, den 30. Oktober 1919. Der Gemeindevorftaud. Gassperre für das Vcrsorgmigsgebiet des VerbandSgaswerkcs Siegmar u. Umg. Die Sperrzeiten werden bis auf weiteres wie folgt festgesetzt: Von 8 bis Vrll Uhr vormittags „ 1 „ 4 „ nachmittags und »» 10 „ 5 „ nachts. Während der Sperrzeiten ist die Gasentnahme unter allen Um- stünden einzustellen. Die Gashähne sind, auch wenn kein Gasdruck in der Leitung vorhanden ist, geschloffen zu halten, damit bei Eintritt des Gasdruckes Gasausströmungen vermieden werden. Bei Gasgeruch sind sofort alle Fenster und Türen zu öffnen. Vorsicht! Explosionen! Gasvergiftungen! Siegmar, im Oktober 1919. DerbanLsgaswerk Siegmar u. Umg. Gemeindevorstand kling er. Verbandsoorsitzender. Heimatdank - Siegmar. Der Vertrauensmann für den Verein Heimatdank-Siegmar bittet alle Kriegsbeschädigten in Siegmar, ihm mündlich oder schriftlich Namen. Stand und Wohnung mitzuteilen. Die Kriegsbeschädigten, deren Wundenbehandlung reine Fettseife erforderlich macht, wollen chm dies besonders Mitteilen. Siegmar, am 30. Oktober 1919. Der Vertrauensmann für den Heimatdauk. Schuldirektor Spin dl er. KirchenMstMMhl in Rabellstein-Mttlllss belr. Infolge Ablauf ihres Mandats haben aus dem Kirchenvorstande auszuscheiden: a) in Rabenstein die Herren Fabrikant Robert Berger, Fabrik- besitzer Albin Drechsler, Oekonomierat Friedrich Schmidt. b) in Rottluff Herr Privatmann Karl Müller. Sämtliche Ausscheidende sind wieder wählbar. Stimmberechtigt sind alle konfirmierten männlichen und weiblichen Mitglieder der Kirchgemeinde, die das 21. Lebensjahr erfüllt haben und in die Wählerliste ausgenommen sind. Alle, die noch nicht in die Wählerliste eingetragen sind, sich jedoch an der Wahl beteiligen wollen, werden hiermit ersucht, sich spätestens bis 9. November 1919 durch Unterzeichnung einer Anmeldeerklärung, wonach sie bereit sind und sich verpflichten, «das kirchliche Leben in der Gemeinde in Uebereinstimmung mit den Ordnungen der Kirche zu fördern", in die Wählerliste im Pfarramte aufnehmen zu lasten. Wer sich einmal angemeldet hat, bleibt dauernd wahlberechtigt. Vom 10. November ab ist die Ausnahme in die Wählerliste, die vom 16.—30. November im Pfarramte zur Einsichtnahme öffentlich ausliegt, für die bevorstehende Wahl nicht mehr zulässig. Die Wahl selbst soll am Sonntag, Len 7. Dezember L. I., im Pfarrfaale zu noch bekanntzugebenden Stunden stattfinden. Rabenstein, am 26. September 1919. Der ttirchenvorstanL. kirbach, Pfarrer. Kirchliche Nachrichten. Parochie Neicheubrand. Am 20. Sonntag n. Trin., den 2. November, Vorm. 9 Ahr Predigtgottesdienst: Hilfsgeistltcher Kroll. Dienstag Abend 8 Uhr Iungfrauenveretn. Amtswochc: Pfarrer Rein. Parochie Nabenstein. Am 20. Sonntag n. Trin., 2. November. Vorm. 9 Uhr Predigt mit Beichte und heil. Abendmahl: Pfarrer Grünberg-Röhrsdorf. Montag, 3. November. Abends 8 Uhr Bibelstunde der landes- kirchlichen Gemeinschaft im Pfarrhause. Mittwoch, 5. November, Abends 8 Uhr Versammlung des ev. Fun^auenvereins I. Abteilung. ^ " Uh K' bereitung. Freitag, 7. November. Betstunde mit Wochenkommunion: Pfarrer Kirbach. Wochenamt: Pfarrer Kirbach. Eine ungeliebte Frau. Roman von M. Härtling. Das aufgeschlagene Tagebuch berichtet i» wenigen Worten ferner: Oft weiß ich wirklich nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll. Ich wollte, ich könnte zu Tante Erna gehen, aber Papa wünscht es nicht des Onkels wegen, mit dem er noch immer auf gespanntem Fuße lebt. Im Haushalt darf ich mich nicht beschäftigen. Miß Waathcr, amerikanische Hausdame und Gesellschafterin, duldet es nicht, sie findet cs nicht paffend. Was weiß sie von der hausfraulichen Tugend, die ja gerade ein deutsches Mädchen auszeichncn soll. Tante Erna würde mir schon einen Posten im Haushalt über tragen, sie ist ja selbst so tätig und arbeitsam. Schellhausen, den 24. März. Ich habe ihn wiedergesehe», ihn, an den ich so oft gedacht! Wie schön er geworden ist, wie groß und stattlich, und dennoch habe ich ihn auf den ersten Blick erkannt. Wie mein Herz klopfte, als Papa ihn mir vorstellte. Ich glaubte auch, er müsse mich wiedererkenncn, aber sein Blick streifte ruhig und kühl mein Gesicht. Das tat mir wehe, aber es gab mir augenblicklich meine Fassung wieder. Herbert von Strehlen, so heißt mein alter Bekannter, war sehr nett zu mir, er ist grundverschieden von all den Herren, die bis jetzt zu uns gekommen find. Ob er wohl öfter kommt? 6. Mai. Bin ich glücklich? Ach Gott, ich weiß es selber nicht und dennoch pocht mein Herz so stürmisch, als Papa mich heute ins Zimmer rief. Herbert war dort, ganz feierlich in Schwarz. Herrgott, sei» Gesicht war so ernst, seine Worte klangen fast wie auswendig gelernt und dennoch, mein Herz jubelte, ich bin seine Braut. Papa und Miß Waather gratulierten mir, sie sagten mir so viel Schönes. Am Abend tranken wir Sekt. Ich saß neben Herbert, aber selbst der feurige Wein lieb ihn aus seiner kühlen Zurückhaltung nicht heraus treten. Wird er stets so kühl, so gemessen sein? Da» wäre mir schrecklich, denn Ich habe ihn gar zu lieb. Miß Waather findet sein Benehmen tadellos vornehm. Ach, was weiß sie mit ihren vierzig Jahren von der liebenden Sehnsucht eines kaum zwanzigjährigen Herzens? 12. Mal. Nun bin ich schon fast eine Woche verlobt; Herbert ist immer gleich freundlich, aber niemals klingt ein wärmerer Ton durch seine Worte, niemals gestattet er sich eine vertrauliche Zärtlichkeit, wie sie doch sonst unter Braut leuten üblich ist. In vierzehn Tagen ist schon Hochzeit, so furchtbar schnell; ich kann mich gar nicht an den Gedanken gewöhnen, schon so bald meiner Jugend Ade sagen zu solle». Wenn nur Herbert nicht stets so ruhig und kühl wäre; wenn es so fortgeht, erfriere ich an seiner Seite, denn ich gebrauche Liebe und Sonnenschein zum Leben. Einmal sogar ertappte ich mich bei dem Gedanken, Herbert habe nur meines Geldes wegen uni mich geworben, aber gleich wies ich diesen Verdacht weit von mir. Er, der als Knabe so stolz war, ein kleines Darlehen von mir anzunehmen, wird als Mann sich nicht so weit fortwerfen, eine Frau nur um ihres Reichtums willen an sich zu fesseln; das war ja eine Nichtachtung der Frau, die sich ihm zu eigen gibt. 25. Mai. Heute ist der letzte Tag meiner Mädchcnzcil; morgen werde ich Herbert angetraut. Noch einmal habe ich mein geliebtes Tagebuch hervorgeholt, noch einmal will ich ihm mein Denken und Empfinden anvertrauen. Von nun an wird mein Gatte an die Stelle dieser treuen Freundin treten. Herbert war in den letzten Tagen sehr lieb zu mir, ich habe ihm in Gedanken all meine Zweifel an seiner Liebe und Ehrenhaftigkeit abgebeten. Nach der Trauung werden wir gleich nach Markittcn, dem Stammschloß der Strehlen, gehen. Dort lebt Herberts Mutter, die seit einem Schlaganfall ge lähmt ist, mit einer emsernten Kusine Herberts, Gräfin Konstanze Wandcrott. Herbert sagte mir, sie sei sehr schön und stolz, da fürchte ich mich fast ein wenig vor ihr. Ich freue mich aber sehr, Herberts Heimat und seine Mutter kennen zu lernen. Ob sic mich Wohl ein wenig lieb haben wird? Ob sie wohl so lieb und freundlich ist, wie mein verstorbenes Mütterchen? Unsere Hochzeit wird im kleinsten Kreise gefeiert. Da Herberts Mutter nicht kommen kann, so wünscht er keine grobe Hochzeit. Es ist mir auch so am liebsten; ich wollte nur, die Hochzeit wäre vorbei, ich finde es schrecklich, aller Augen auf sich ruhen zu fühlen. Herbert nahm mich heute in seine Arme, er küßte mich auf die Stirn, eine solche Liebkosung gestattete er sich sonst nie. Es wird wohl so sein, wie Papa sagte, diese kühle Zurückhaltung ist den Aristokraten anerzogen. Wenn wir uns erst ganz angehören, wird er gewiß noch herzlicher werden. Und nun „Leb Wohl!" mein liebes Tagebuch! Leb Wohl! meine sonnige, fröhliche Mädchenzeit. Leb wohl! Es ist dies eigentlich ein Gruß der Trauer, ich bin aber garnicht traurig über dieses „Lebewohl"; ich freue mich, nun bald dem Geliebten ganz angehören zu dürfen. — Marianne läßt die Hände, die noch das Tagebuch halten, in ihren Schoß sinken, ein weiches, wehmütiges Licht schimmert in ihren Augen. Aber langsam nehmen ihre Züge einen harten, strengen Ausdruck an, die goldenen Funken ver schwinden aus den braunen Augensternen, düster werden sie, fast schwarz. Zum Bilde der Mutter blickt sie empor, das über ihrem Schreibtisch hängt. Auch diese edle Dulderin hat still und klaglos gelitten, freilich auf ganz andere Art. Sie litt um die verlassene Heimat, um der Liebe willen, die ihr ihr Herz verschlossen hatten. Auch sie hatte in dem Gatten nicht das Ideal gefunden, das sie gesucht, seine Liebe, seine Treue aber hatte ihr unabwendbar gehört. Ein harter Zug gräbt sich in Mariannes weichen Mund. „Ja", flüstert sic, „besäße ich meines Gatten Liebe, ich könnte alles ertragen, nichts wäre mir zu schwer. So aber wild mein Leben einsam sein, nebeneinander werden wir leben, weil es vor Gott ja doch niemals eine Trennung gibt, aber keiner wird am Innenleben des Andern jemals Anteil haben. Mit starker Hand will ich mein zuckendes Herz Niederhalten, mag es heimlich verbluten, was schadet es? Herbert ist dann ja frei. Spotten aber soll niemand über mich und meine Liebe; die Tochter des Emporkömmlings wird zeigen, daß es auch bei uns stolze Herzen gibt, die sich nicht unterkriegcn lassen. Mag denn der Kampf kommen, ich fürchte mich nicht, denn das Recht ist auf meiner Seite. Ich werde auch als ungeliebte Frau meinen Platz voll und ganz ansfüllen, nie soll ein Mensch erfahren, wie sehr ich in dieser Stunde ge litten habe. Sie schließt das Tagebuch wieder fort, dann geht sie hinaus, stolz und hoch aufgerichtet. Aus dem warmherzigen, glücklichfrohcn Kinde ist ein kühles, unnahbares, selbstbewußtes Weib geworden. III. Ein blaugrauer Himmel spannt sich über die Erde ans. Es regnet andauernd schon seit Tagen. Das gemeinschaftliche Frühstück ist soeben beendet. Marianne hat sich erhoben, um in gewohnter Weise ihrer hausfraulichen Tätigkeit nach- zngchcn. Ruhiges, stolzes Selbstbewußtsein liegt in Haltung und Mienen, unnahbare Kälte spricht aus ihren Blicken. Herbert betrachtet sein Weib mit gerunzelter Stirn. „Wie ist es nur möglich, daß wenige Tage eine solche Umänderung in ihrem Wesen hervorbringen können?" denkt er seufzend. Mehr als einmal hat er den Versuch gemacht, die frühere freundschaftliche Herzlichkeit wieder herzustillen, aller Marianne hat nur einen kühl verwunderten Blick für all seine Be mühungen. Da hat er sich seufzend in sein Schicksal gefügt, es scheint ihm ja auch nur gerecht, daß er büßen muß für das, was er verschuldet. Er hätte ihre Unerfahrenheit, ihr Vertrauen nicht ausnützen dürfen. Seine Mutter hat ihm geraten, vorläufig den Dingen ihren Lauf zu lassen, am Geschehenen sei nichts mehr zu ändern. Marianne besitze eine edle, vornehme Natur, zudem von angenehm erfrischendem Geschmack I und scharf desinfizierender Wirkung. Drogerie Siegmar ein Haut-Losmetikum von verblüffender I Wirkung empfiehlt Fernsprecher 180. Erich Schulze.