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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PranmnerotionS- Prci« 22 j Sgr. <1 Thlr.) rierikljährlich, 3 Thaler für das ganz« Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man prSnumerirt «uf diese« Beiblatt der Allg. Pr. Swat«- Zeitung in Berlin in der Expedition iMohren-Ttraiie Nr. 34); m der Provinz so ivie im AuSIe.nde bei den Wohllibl. Poll- Aemtern. Literatur des Auslandes. L9. Berlin, Freilag den 17. Mai 1833. Portugal. Zur Geschichte der Portugiesische^ Literatur. 1. Dichtkunst.*) Wer haß. Portugiesische al« einen verdorbenen Dialekt de« Spani schen betrachtet, ist im Irrihnm. Es sind zwei gleich reiche und schöne Idiome, wie die beiden Zweige des Griechischen: das Attische und Ionische. Die Portugiesischen Literaten rühmen sich, da« ihre Sprache die erstgeborne Tochter der Lateinischen sey. Diese Tochter Roms wurde eine Sklavin der Gothen und Mauren; indeß ist doch die Lateinische Mutter in Portugal vorherrschender, al« in irgend einem anderen Lande der Welt. Lie Portugiesische Sprache hat eben so viel vom Arabischen, wie die Spanische, aber sie wußte sich von den Kehllauten frei zu erhalten. Es wäre interessant, zu un tersuchen, auf weiche Weise diese Laute sich in die Aussprache des Spanischen eingcschlichen habe». Im ersten Jahrhundert der Kasti lischen Literatur »Mixten sie bestimmt noch nicht. Die längere und genaue Verbindung der Kastiiiancr mit den Arabern und Mauren gicbl noch keine hinlängliche Erklärung; denn wenn auch die Portu giesen weit früher als die Spanier ihr Land von diesen Eroberern befreiten, so blieb dagegen ihr Verkehr mit denselben in Afrika und dem Orient sehr ausgedehnt, und doch wußten sie ihren Wörterschatz zu vermebreu, ohne dem Wohlklang ihrer Sprache zu schaden. In Portugal, wie überall, war die Poesie früher da, als die Prosa. Die ersten bekannten Portugiesischen Dichter sind diejenigen, welche das Cancioneiro von Resende enthält, eine reiche Sammlung, die größtentheits aus den Lichtern der Regierungszeit Alphons' V- und seines Sohne« besteht, weiche aber auch einige ältere Dichtun gen vom König Dom Pedro enibält, den seine unglückliche Liebe zu Ines de Castro berühmt gemacht hat. Man hat eine sonderbare Anekdote in Bezug auf diese Sammlung. Der erste Traktat, den der König von Pegu mit einem Europäischen Volke schloß, wurde aus das Cancioneiro, statt auf die Bibel oder da« Breoiarium, be schworen. Das Breviarium am Bord des Schiffes war alt und schmutzig. Der Gesandte besaß zufällig ein Eremplar des damals kürzlich erschienenen Eancioneiro, und da dieses Buch gut gebunden und von stattlichem Formal war, so ließ er es sich von dem Kaplan mit aller religiösen Formalität reichen, damit die Heiden von der Ehrfurcht der Christen für ibr Rcligionsbuch keine schlechte Idee be kämen. Als der oberste Kaulin oder Kahan mit lauter Stimme eine Stelle au« seinem Religionsbuch vorgelesen hatte, that der Gesandte, Johann Correa, dasselbe. Er schlug das Eancioneiro auf und traf gerade ans eine Umschreibung des Salomonischen Textes: „Eitelkeit der Eitelkeiten; Alles ist eitel." Dieser Zufall machte einen religiösen Eindruck aus die Gemüther, und Joh. Correa ver sicherte bei seiner Zurückknnft nach Lissabon, daß er eben so andäch tig geschworen hätte und seinen Eid für eben so heilig hielte, als wenn er ihn aus da« Evangelium geleistet hätte. Dieses Buch ist eine« Ler seltensten in der Porlngkesischen Literatur. Mehrere Stellen sind von der Inquisition sorgfältig gestrichen worden. Allein zum Glück war die Dinie der Inquisition nicht so dauerhaft, als die Buchdruckerschwärze, und ketzerischen Augcn gelingt es oft, die ver botenen Verse wieder herzustellen. Einige von diesen Stellen zeu gen nur von der Rohheit de« Zeitalter«; andere sind Proben einer mehr charakteristischen und merkwürdigen profanen Poesie, die aber gewiß nicht von Mangel an Frömmigkeit Verrührte. So z. B. ein Gedicht, an die Königin Isabelle von Kastilien gerichtet, in welchem der sinnreiche Dichter sagt, daß, wenn sie zur Feit der Zungsrau Maria gelebt hätte, Christus sie vorzugsweise zu seiner Mutter ge wählt haben würde. Diese Sammlung enthält kein erzählendes Ge dicht; es sind bloß satirische Verse, gereimte Komplimente, verliebte oder elegische Gedichte :c. -c. Die Volks-Romanzen der Portugiesen sind verloren gegangen. Brito hatte um die Mitte des I6ien Jahrhunderts eine reiche Sammlung derselben gesehen, welche dem Marquis von Marialva gehörte; allein sie gerielb in schlechte Hände, und es sind nichts al« einige unvollständige Fragmente davon übrig geblieben. Spanien ist reich an Dichtungen dieser Art, die größtencheil« aus die Kriege mit den Mauren im 16ten und 17teu Jahrhundert Bezug haben. Um diese Zeit waren die Portugiesen schon so lange von den Söhnen Mohamed'« befreit, daß das Volk sich um die Traditionen ihrer . . *> .Bergt yrit diesem Artikel den in Nr 1«r de« Magazins vom I. t8Zr denndlichcn »her die Portugiesischen Dichter Eroberung eben so wenig kümmerte, als die Engländer um die der Pikten, oder die Franzosen um die der Franken. Lie Helden, welche die Portugiesischen Volksdichter lieber besungen hätten, waren die jenigen, welche sich kürzlich gegen die Spanier ausgezeichnet hatten; allein dies war ein verbotene« Thema in einem Lande, welches da mals unter dem Spanischen Joche seufzte. Der Klerus batte eben falls jeder populcuren Poesie, al« profan, den Krieg erklärt. Endlich ist noch die Portugiesische Sprache sehr reich an Reimen, wie die Ilastänische. Dieser Sieichlhum erzeugt viele Reimschmiede; der Improvisator verdrängt den Balladcnsänger; ein clcndcr Tausch, durch wclcben mau viel, sehr viel versiert, ohne etwas zu gewinnen. Die Spanier erkennen an, daß die älteste Ferm ihrer Poesie ihnen von Galizien und Portugal zukam. Die gegenwärtige Form in beide» Königreichen ist Ilaliämsche» Ursprungs. Der Veneiianer Navagcro wär es, welcher diese Revoluiion in ihrer Literatur her- rorbrachte. Während er in Spanien Gesandter war, überredete er Boscau, die Itaiianische Form der Nalionalsorm vorzuziehcii, und seit dieser Zeil wurde der Oktavreim das heroische Metrum, die Terzine das moralische oder satirische, und die Sonnelle wurden in Spanien eben so häufig wie in Italien. Das Beispiel Boscan's wurde in Portugal von Francesco de Sa de Miranda nachgeahmt, der im Iabr 1495 geboren war. Man erzählt einige interessante Anekdoten von diesem Lichter. Eine Stelle in seinen Eklogen hatte eine Dame von sehr hohem Range und großem Einstuß beleidigt. Er weigerte sich, eine Erläuterung zu geben, die sie gerechtfertigt hätte, obgleich ihre Ungnade ihm jede Gunst am Hose verschließen mußte. Er begab sich.ttUthlss.E-f«:»- vätsrchchos-Gux und machte Ler Donna Briolanja de Azevedo, die er nie gesehen hatte, und die weder schön »och jung war, Hciraths-Anträge. Lie Brüder der Dame, welche die Unterhandlung betrieben, wollten nicht« abschlicßen, bi« er sic gesehen hätte. Sa de Miranda hielt eine originelle An rede an Donna Briolanja; er überreichte ibr nämlich seinen Stock mit den Worten: „Bestrafen Sie mich mit diesem Stock, Madame, dafür, daß ich so spät komme." Er batte indeß eine sehr gute Wahl getroffen. Sie war gleich trefflich al« Gattin, al« Mutter und al« Gebieterin. Da« Andenken ihrer Tugenden wurde mehr al« fünfzig Jahre nach ihrem Tode noch geehrt, und Sa de Miranda konnte sich nie über ihren Verlust zufrieden geben. Er überlebte sie drei Jahre in einem Zustand von Melancholie, der an Wahnsinn gränzle; denn von ihrem Todestage an kämmte er seinen Bart nicht mehr, ließ die Nägel wachsen, beantwortete keinen Bries, ging nicht aus dem Hause, außer in die Kirche, und machte keine Verse weiter, als ein Sonnen aus ihren Tod. Sa de Miranda kann gewissermaßen al« der Reformator der Portugiesischen Sprache angesehen werden. Er trug viel dazu bei, sie zu laiiiiisircn, indem er den regelmäßigen Superlativ und andere Neuerungen einführte, welche beweise», daß sie vor ihm noch keine feste Gestalt batte. Was den intellektuellen Theil seiner Gedichte betrifft, so aihmelen sie eine so reine Moral, daß man sie aus der Kanzel citirte. Er hat nur den Fehler, etwa« kalt zu sevn. Er gefallt, ohne zu verfuhren; er unterhält den Leser, aber er rührt ibn nicht. Obgleich ohne Affectatio», sieht man seinen Versen doch die Arbeit und die Feile zu sehr a». Er sagt selbst in einem seiner Son- nette, welche« er an einen gleichzeitigen Dichter richtet, daß er nicht aushöre, seine Verse zu belecken, wie eine Bärin ihre Zungen: Das Manuskript seiner Gedichte war überall mit Varianten durch schossen, wovon mehrere, bei denen ein Fragezeichen stand, ungewiß ließen, was er vorzog. Al« seine Enkelin den Don Fernando Cora« Solomavor, einen Galizischen Hidalgo, hcirathete, wurden diese eigen händigen Manuskripte des Verfasser« zu einem hohen Preise abge- schätzl und von Sotomayor als ei» Theil der Mitgist seiner Frau angenommen; ein ehrenvoller Beweis von seiner Liebe zur Literatur und von der Achtung, in welcher damals der Dichter staub. Der Nachfolger des Sa de Miranda war Antonio Ferreira, der ihn im Sonnett, in der Elegie und in der Horazischen Epistel nach- ahmie und auch Epigramme, Oden und HochzeitS-Gedicbtc verfertigte. Er strebte indeß nach Höherem. TrisstnoS „ Sophonisbe" war die erste regelmäßige Tragödie neuerer Zeiten. Die „Ines de Castro" von Ferreira war die zweite. Ferreira war auch, wie man sagt, der erste, der den Vorsn «cinlta des Trissino nacbabmie. Einige seiner Cböre sind in Sapphischen Verse». Er übertraf seinen Meister. Sein Stil ist sanfter, blühender, fließender und viel anmulhsvollcr.