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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Kvnsistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsöl'alt der Amtshauptmamlschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hmrptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgcmcindcrätc zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abeod- mit Ausnahme der Sonu» und Feieilage. Schristleitung und Geschäftsstelle: Bautzen, Innere Laumsiraß« 4. Fernsprecher: Nr. 51. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzeu. Bezugspreis pro Monat t Bei Abholung in der Geschäftsstelle —.80 .41 bei freier Zustellung InS Haus 1.— .41 Anzeigenpreis: Die Ogcspailcne Pctitzeile oder deren Raum 1b Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die ^gespaltene Petitzeile 50 Pfennige. Nr. 24V. Souuabeud, deu 15. Oktober 191V, abends. 129. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. * Der frühere Reichsbankpräsident Koch ist ge storben. * Der „Münchner Post" zufolge will der Papst demnächst ganz geharnischte Erlasse gegen den deutschen Katholi zismus und insbesondere das Zentrum vom Stapel lassen. In der Hamburger Sitzung der Verhandlungskommission der Werftindustrie am 14. sind über die Einstcllungen und die Aufnahme der Arbeit befriedigende Festlegungen erfolgt. Die Sicherung der Akkordüberschüsse, die durch den Streik unterbrochen wurden, ist gleichfalls anerkannt worden. Der Ueberschuß soll sämtlichen Arbeitern ausgezahlt werden. * Beim Brande eines Wäschegeschäfts in der neuen Friedrichstraße inBerlin sind s i e b e n M e n s ch e n verbrannt. * In Frankreich nimmt die Streit tage dank dem energischen Vorgehen der Negierung eine Wendung zum Besseren. Auf allen Bahnlinien flaut der Ausstand ab. In Paris herrscht Ruhe. * Dem Vertreter des englischen Gesandten in Lissabon ist dds persönliche Eigentum des Königs Manuel ausgehän digt worden. Die nächsten Wahlen werden nach dem allge meinen Stimmrecht erfolgen. Die Petersburger offiziöse „Rossija" begrüßt in der bevor stehenden Zusammenkunft des Zaren mit dem deut schen Kaiser in Potsdam den Ausdruck der freundschaftlichen Bande, die von alten Zeiten her Rußland mit Deutschland ver knüpfen. * Die türkische Anleihe in Paris soll nunmehr endgültig gesichert sein. Frankreich hat in finanzieller, die Türkei in politischer Hinsicht nachgegeben. * Schwere See stürme haben in der Ostsee, der Nord see und im atlantischen Ozean zahlreiche Schisfsungliicke verur sacht. Viele Menschen sind umgekommen. * We tteraussicht für Sonntag: Keine Witterungs änderung. * Ausführliches siehe au anderer Stelle. Eine Wendung zum Besseren beim frauzösischen Streik. Die gestrigen telegraphischen Meldungen von bevor stehenden Verhandlungen einerseits zwischen den Bahn direktionen und dem Ministerium, andererseits zwischen dem Streikausschutz der Eisenbahner und dem Kabinett Netzen bereits erkennen, datz Aussichten auf Beilegung des Riesenausstandes vorhanden seien, oder zum wenigsten, datz eine nennenswerte Besserung der für Frankreich, und na mentlich für Paris furchtbaren Lage zu erwarten sei. Das außergewöhnlich energische Borgehen der Minister Briand und Millerand hat bereits seine Früchte gezeitigt. Trotz mehrerer höchst bedenklicher Sympathiestreiks in Paris, wo die Lage gestern noch das Kritische der vorhergehenden Tage aufwies, zeigten sich am Freitag schon Symptome von Besse rung der Streiklage. Aus der Provinz, namentlich den grötzeren und kleineren Städten, lagen Meldungen vor, wonach der Ausstand der Eisenbahner durchaus nichtall- gemein war. Bedeutsam war vor allem die Botschaft, datz den Gestellungsbefehlen der Regierung von den Re servisten pünktlich nachgekommen wurde. Im weiteren nahmen die Ereignisse folgenden Verlauf: Paris, 14. Oktober. Die Minister hielten eine Beratung unter dem Vorsitz des Kabinettchefs Briand ab, die bis 1 Uhr mittags dauerte. Der Ministerpräsident berichtete an der Hand der offiziellen Ziffern über die Aus standsbewegung unter den Eisenbahnern. Er stellte fest, daß diese Bewegung im Abflauen begriffen ist und datz die Zahl der Arbeiter, die zur Arbeit zurückkehren, stündlich wächst. Auf der Nordbahn verkehrte heute Freitag die gleiche Anzahl Züge wie gestern. Auf der Ostbahn ist der Verkehr durchaus normal, nur in der Gegend der Ar dennen haben einige Züge ausfallen müssen. Der Mi nisterrat hat den Ministerpräsidenten ermächtigt, die von dem Syndikat der Heizer und Lokomotivführer vor Aus bruch des Streiks eröffneten Verhandlungen wieder aufzu nehmen. Im Ministerrat erklärte Minister Millerand, die zum Militärdienst einberufenen Eisenbahner mützten dem Befehl bei Vermeidung von Gefängnisstrafe unverzüglich Folge leisten. Die Rekrutierungsbuceaus hätten heute die Gestellungsbefehle für die Eisenbahner bestätigt. Briand ließ dem Bureau desPariser Munizipalrats die Erklä rung zugehen, datz die Verpflegung von Paris sichsrgestellt sei. Die Ablieferungen in den Hallen und auf dem Schlachtviehmarkt hätten sich in normaler Weise vollzogen und würden sich auch fernerhin ebenso vollziehen. — Die Deputierten der vereinigten Sozialisten beklagen sich über die von der Regierung ergriffenen Mah regeln und fordern eine sofortige Einberufung der Kammern. Bei einem Bankett der Syndikatskammern hat der Handelsminister in einer Rede gesagt, der gegen ! würtige Ausstand sei kein Zwist zwischen Kapital und Ar- ! beit, sondern eine revolutionäre Kundgebung. Es gebe § keine andere Lösung als Nachgeben oder Widerstehen. Nach- ' gebe» heitze die Anarchie fördern, Widerstehen heihe, die Rechte des Landes und die Sicherheit der Bürger schützen. Diese Revolte sei für ein zivilisiertes Land beklagens wert und demütigend. „Seien Sie überzeugt", so schlotz der Minister, datz die Regierung ihre Pflicht getan hat und sie auch mit Hilfe des Gesetzes bis zu Ende erfüllen wird." Der sechste zu verhaftende HauptfUhrer der Aus ständigen, Challais, ist in seiner Wohnung verhaf - t e t worden. Der Mann hatte sich zuerst seiner Verhaftung dadurch zu entziehen gewutzt, datz sein Name im Verhafts- befehl irrtümlich mit einem x am Schlüsse geschrieben wor den war. Weiter wurden der Generalsekretär des nationalen Eisenbahnarbeiter-Syndikats und ein anderer Führer der Ausständigen in Paris verhaftet. Eine andere Verhaftung wurde in Rouen vorgenommen. Bei den in Rouen und Dreux bei den Führern der Ausständigen vor genommenen Haussuchungen wurde eine umfangreiche Kor respondenz beschlagnahmt. Ein Eisenbahnbediensteter in Rouen wurde wegen Verleitung zur Niederlegung der Ar beit zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Streikende Maurer versammelten sich nachmit tags auf dem Montmartre, um einen D e m o n st r a - tionszugzu veranstalten, wurden aber auf dem Marsch nach dem Clichyplatz von Polizei und Gendarmerie zer streut. Bei dem Zusammenstoß wurde ein Gendarm durch einen Flaschenwurf verletzt. Als etwa tausend der De monstranten sich wieder zu einem Zuge vereinigten und über die Rue de Faubourg Montmartre zurückmarschierten, wurden sie abermals von der Polizei zerstreut, wobei einem höheren Polizeibeamten der Arm gebrochen wurde. Im übrigen wurden nur einige Polizisten und Demonstranten leicht verletzt. * » » Letzte Meldungen. Paris, 15. Oktober. Die Streikbewegung ist nunmehr im wesentlichen als beendet anzusehen. Mehrere radikale Blätter sprechen die Hoffnung aus, daß bei beiderseitigem guten Willen eine Wiederkehr solcher Ausstände für lange hintangehalten werden würde. Der „Petit Paristen" schreibt: „Tie öffentliche Meinung wird der Ne g i e r u n g D a n k dafür wissen, daß sie kräftig die Ordnung aufrecht erhalten und eine energische Tätigkeit entfaltet hat." Andere Blätter verlangen abermals drin gend ein entschiedenes Vorgehen gegen den „Allgemeinen Arbeiterverband", der der Haupturheber der unaufhör lichen Streiks sei. Der „Figaro" schreibt: „Es heißt, daß die Regierung dem Parlament unverzüglich einen Gesetz entwurf unterbreiten würde, durch den das Syndikats gesetz von 1884 abgeändert werden soll. In der Tat ist eine Gesetzänderung unumgänglich notwendig." Die „Action" sagt: „Es existiert irgendwo im Lande offenbar eine bestimmte Verschwörung gegen dasVater- land. Diese muß mit der äußersten Energie bis auf den letzten Rest zerstört werden." Briand empfing eine Deputation des Seinedeparte ments und erklärte, daß er das Streikkomitee nicht anerkenne und nur hierzu berufenen Vertretern des Eisenbahnpersonals eine Unterredung gewähren werde. Eine Bekanntmachung der Ostbahngesellschaft besagt, datz die Ausstandsbewegung auf ihren Linien als beendet angesehen werde. Zn einer Veröffentlichung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten wird eine merkliche Besserung auf den Linien der Nord- und Westbahn festgestellt. Bei der Paris-Lyon-Mittelmeer bahn ist ein normaler Dienst gesichert. Bei der Or leansbahn haben von 781 Ausständigen 574 die Arbeit wieder ausgenommen. Bei der Südbahn sind die Ar beitseinstellungen zahlreich, doch wird der Dienst aufrecht erhalten. Lokomotivführer und Heizer sind zum Dienst er schienen. In Marseille haben die Eisenbahnbediensteten gestern Freitag abend beschlossen, um Mitternacht in den Ausstand zu treten. Die. Versammlung der Eisenbahner zum Protest gegen die Einberufung zum Militärdienst fand Freitag abend unter autzerordentlich grohem Zudrang statt. In der Ver sammlung hielten mehrere sozialistische Abgeordnete, dar unter Jaures, Reden, worin die Negierung heftig ange griffen wurde. Schließlich wurde eine Tagesordnung an genommen, in der die Solidarität der Sozialisten zum Aus drucke gebracht wird, die Gesellschaften der Geldgier bezüch- tigt werden und der Regierung vorgeworfen wird, datz sie den Arbeitern das Streikrecht verweigere. Die Teilnehmer wurden durch Flugblätter aufgefordert, nach Schluß der Versammlung ruhig auseinander zu gehen. Die Polizei hatte umfassende Maßnahmen getroffen. Nach Schluß der Versammlung herrschte in dem ganzen Viertel von Saint Antoine große Erregung. Zn einer dunklen Straße wur de» zwei Nevolverschüsse abgefeuert, doch wurde »iemaud verletzt. Uni Mitternacht war die Ruhe hergestellt. Politische Nachrichten. Deutsches Mich. Mit der Erweiterung der Fürsorge für Veteranen durch die Erhöhung des bisher aus der Stadtkassc zu Beihilfen bewilligten Beitrages von 12 400 -tt auf 20 000 .tl jährlich beschäftigte sich am Donnerstag abend das Dresdner S t a d t v e r o r d n e t e n k o l l e g i u m. Es trat de» Ve- chlüsse» des Rates bei, »ach de»e» der vorhandene Betrag auf 20 000 erhöht wird und daß insgesamt 50 Renten zu je 80 -tt, 00 Renten zu je l>0 .ll und 205 Renten zu je 40 ,<l gebildet werden sollen. Auch in: Haushaltplan für das Jahr 1011 soll der Betrag von 20 000 -lt für derartige Ehrenrenten eingestellt werden. Herr Stadtverordneter Kaufmann Nippe wies darauf hin, daß zur Unterstützung der Kriegsinvaliden seinerzeit aus der französischen Kriegs entschädigung ein Fonds von 582 000 000 -1l gebildet wor den sei. Leider sei dieser Fonds auch mit zu anderen Zwecken verwendet worden. Die Fürsorge für die be dürftigen Kriegsteilnehmer sei ja eigentlich Sache des Reiches, doch habe dieses bis jetzt »och »ichts »ach dieser Richtung hin getan. Um so größer werde die Freude sein, daß sich jetzt die Stadt Dresden anschicke, die bisher von ihr den alten Kriegern bewilligten Renten zu vermehren und zu erhöhen. Für die Erhöhung der Renten stimmten auch die sozialdemokratischen Mitglieder des Kollegiums. Kunze-Prozesse in Sicht. Unser Dresdner ^-Mitarbei ter schreibt uns: „Gewisse Liberale, denen der kon servative Parteisekretär Herr Kunzein Dresden un- bequem wird, suchen neuerdings ihren Gegner dadurch los zu werden, daß sie persönliche Angriffe gegen ihn richten und, teils offen, teils versteckt, den Konservativen Landesverein zu seiner Entlassung zu drängen versuchen. So schrieb vor einigen Tagen das „Leipziger Tageblatt", indem es auf einen in den „Chemnitzer Reuest. Nachrichten" gegen Herrn Kunze erschienenen Artikel Be zug nahm, der Konservative Landesverein würde gut tun, sein Verhältnis zu Herrn Kunze einer Prüfung zu unter ziehen. Wie wir hören, will Herr Kunze, der bisher jede persönliche Kampfesweise vermieden hat, nunmehr gegen derartige liberale Angriffe rücksichtslos vorgehen und auch seine Gegner nicht mehr schonen. Er hat bereits seinen Rechtsbeistand beauftragt, gegen die „Chemnitzer Neuesten Nachrichten" und diejenigen Blätter, welche den betreffen den Artikel nachgedruckt haben, Strafantrag zu stellen. O » » Der zweite Vizepräsident des Reichstags. Der „Na- tionalztg." zufolge wird der Posten des zweiten Vizepräsi denten im Reichstag, der durch den Rücktritt des Erbprinzen zu Hohenlohe-Langenburg erledigt ist, der Reichs partei überlassen und auch von ihr besetzt werden. Die Stellungnahme der N a t i o n a l l i b e r a l e n sei die gleiche wie früher: Fraktion und Partei lehnen eine Ver tretung im Reichstagspräsidium ab. Die Reichstagskommission für die Reichsoersicherungs ordnung hat nach längerer Diskussion unter Ablehnung der gestellten Anträge mit 18 Stimmen die Vorschrift der Re gierungsvorlage angenommen, wonach die Versicherungs anstalten mindestens ein Viertel ihres Vermögens in An leihen des Reiches oder der Bundesstaaten anlegen müssen. Die gleiche Bestimmung wurde für die Sonderanstalten eingefügt. Die politische Gesinnung der in Moabit Verhafteten. Eine Berliner Korrespondenz erfährt zu den Streik unruhen in Moabit, daß von den wegen der Ausschrei tungen der Staatsanwaltschaft I vorgefiihrten 77 Personen 40 den sozialdemokratischen Gewerkschaften ange hören. Davon sind wieder 20 Mitglieder der sozialdemo kratischen Wahlvereine Berlins. 8 Verhaftete sind Strei kende von Kupfer L Co. Auch die Verletzten sind zu einem sehr großen Teil politisch und gewerkschaftlich organisiert. Rom gegen den deutschen Katholizismus. Wenn man der Eewährschaft der sozialdemokratischen „Münchener Post" glauben dürfte, wären für die nächste Zeit noch recht artige Leistungen des großen Reformators Pius X. zu gewärtigen. Die „Münchener Post" veröffentlicht nämlich an der Spitze des Blattes ohne Kommentar eine Zuschrift über römische Projekte, die ihr ein namhafter, des Modernismus nicht verdächtiger katholischer Gelehrter mitgeteilt hat. In Rom plant man danach einen geradezu vernichtenden Schlag