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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188411235
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841123
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-11
- Tag 1884-11-23
-
Monat
1884-11
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. XrdacNon und Lkprditio« JohanneSgasse 33. Sprechaundk» drr Urdaction: Lormittag- 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. >: ti« »iück,«»« an«et-nd«er M-n»tcrt»te «ach» ßch tic tledaciicn nutzt »erdmdtutz. 'chMtr.TWblalt 8»u»tz«e »er sür »ie nichükol^uve Anmuer »«fttmmtrn Jnserste »» K»che»ta,en »iS N Uhr Rachmttta,«, an A«nn- un» Festtagen früh »IS '/,S Utzr. 3« -Ni Filialen für Ins.-)tnnah«e: Anzeiger. Auflage L8,«VO Abonnnuenlspreis vienrlj. 4'/, Mit. iucl. Bringerlohu b Mt, durch die Post bezogen 6 Mi. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pi. Gebühren ,ür Lktrabeilaaen (in Tageblatt-sZorinar gesalzt) «tue Ilonbeiörberung 38 Mt. «tt Posibesörderung 48 Mk. Inserate 6geipa!tene Pctitzeile 20 Pf. Gröbere Lchristen laut uni. Peeieoerzeichnib Tabellarischer u. Zinerniatz nach höhcrm Tarn. lirriamrn nnter dem Redactionsstrich d!e4gesvalt. Zeile 50 PI-, vorden Familien Nachrichten die Sgeipaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stet, an die EypeSiti«« zu Amtlicher Thetl. SeseMche Sitzung der Ltudlser-rdneten Mittwoch, am 20. November 1881, Abend» 7 Uhr, km Laale der I. Bürgerschule. ' Tagesordnung: I. Bericht des Stiftung-- und BauauSschuffeS über Er richtung einer 4. Baracke im Krankenhause St. Jacob. II. Bericht VeS SliskungSauSschnsieS Uber: ». Rttckänßerirng de» NathcS ans die Anträge de« Collegium« zu der Rechnung über die Dr. Bccker'sche Stiftung pro >881; d. die Koslcnbercchmrng dcS Herrn strechtSanwalkS Prasse in Sachen dcS Verkaufes de« der Lähne'schen Stiftung zur Halste zugehörigen Grundstück-, III. Bericht des OekoiwmieauksckusseS über Annahme einer Hilfskraft für daS Bilreau der Marstallverwaltung. IV. Bericht des FinanzauSschusieS über: ». Rückäußcrung deS RalbeS aus die Anträge deS Collegium» zu Conto 32 der Stadtcassencechnnng pro 1882; d. die Rechnung dcS AichamteS pro 1383; o. die Rechnung de» LagcrhoseS pro 1883; ck. die Stabtcasseiirechnung pro 1883. VAatzl der Vertreter der EaAramItglteber für die Generalversammlungen der Ortskraakeu- caffen betreffend. Zur Generalversammlung jeder der hier begründeten 18 OrtSkrankencassen sind laut 8. 49 der Cassenstaiuken von de» wahlberechtigten d. i. volljährigen und im Besitze der bürgerlichen Ebrcnrcchte befindlichen Caffenmitgliedcrn jeder OttSkankencaffe an» ibrer Mitte SO Vertreter auf die Zeit von 3 Jahren zu wählen und zwar dergestalt, daß jede- wahlberechtigte Cafsenmitglied 5 wahlberechtigte Casienmitglieder schriftlich bezeichnet, und diejenigen 20 Casienmitglieder als gewählt betrachtet werden, welche dir Mristzahl der Stimmen erlangt haben. Stimmen, welche auf nicht wahlberechtigte Casienmit- gliedet gefallen sind, oder den Gewählten nicht deutlich be» öichnen, werden nicht gezählt, bei Stimmengleichheit ent scheidet daS von dem Wahlieitenden zu ziehende Loos. Lehnt ein Vertreter die Wahl ab, so hat derjenige an s«»e Stelle zu treten, auf welche» uach dem Gewählten die tbetsten Stimmen gefallen sind. Behufs der Wahl haben wir den ST. laufenden Monat» «lS Wahltermin anberaumt und als Wahllokal für di« OrtSkrankencassen l. II, und lll daö Zimmer Nr. 2. OrtSkrankencassen IV. V und VI daß Zimmer Nr. 3, OrtSkrankcncaffen VH, VM und IX da» Zimmer Nr. 5, OrtSkrankencafson X. XI. XII und Xlll l - OrtSkrankoncaffei, XIV und XV l " ^ Zimmer Nr. S, OrtSkranker,casicn XVI, XVll und XVlll da« Zimmer Nr. 7 d«< Krankencaffenversicherung-amtc- Weststraffe 77, 1. «toek, bestimmt. Wir fordern deshalb die wahlberechtigten Casienmitglieder der Ortökraiikeiicasseii ans, bei Verlust ibreS Wahlrechts für diese Wahl a» gedachtem Tage in der Zeit .. von 12 Uhr Mittag» bi» 8 Uhr Abend« ihre Wablzeltel abzugeben. Nl« Wahlzettel dürfen nur die von dem Krankenversiche- rungSamte auSgeacbciien benutzt werden, sie sind mit dem dazu gehörigen Ausweise über die Mitgliedschaft bei dem Arbeitgeber m Empfang zn nehmen. Der Ausweis »st nach Eintritt in da« Wahllocal von dem Wahlzettel abzutrennen und dem WahUeitenden zu übergeben. Der Wahlzettel ist zusammengesaltet in die Wahlurne eiuzulegen. Die Auszählung der Wahl erfolgt sofort nach Schluß de« TabltrrminS. Wird die Wahl von den Casienmitglieder» ver weigert, so hat nach 8. 3V de« ReichSgesetze« vom 13. Juni 1883 die Aufsichtsbehörde die Vertreter zu ernennen. Leipzig, den 15. November 1884. Der Rath drr Stabt LripO«. (Krank« nvrrff«hrrn»g«amt.) Winter. Vekanntmachuirg. Wegen der Montag, den 24. und DienStag. dr» Aff. k. M iattfindenven Wablen der Lerirelcr zu den Generatver- ammlungen der OrtSkrankencassen bleibt da« Krankenver- ichermigsamt sür den übrigen Verkehr Montag» von 12 Uhr Mittag» ah und Die«»tag» von 0 bi» 12 Uhr Mittag», sowie von 3 Uhr Nachmittag» ah geschloffen. Nur An- und Abmeldungen im Sinne de« tz. 49 des KrankenverstcherungSgesetzeS können auch während der Zeiten des BerbchrSschlusirS bewirkt werden. Leipzig, den 22. November 1884. Drr Rath brr Stadt Leipzig. (Krankrnvrrffchrrnngbamt.ls Winter. Kaulisch. Bekanntmachung. Die nächste N» «jahrSmeffr beginnt mit dem 2. Januar >885 und ciidigl mit dem >5 Januar 1885. Eine sogenannte Vorwoche, d. h. eine Frist znm AuS- packen der Waaren und zur Eröffnung der Meßlocale vor Beginn der eigentlich-,, Messe, hat di« ReujahrSmefie nicht. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Ossen- halten der Meßlocale „1 den Häusern, ebenso da« vorzeitige A«»pa<kea an de» Slände» und in den Buden wird außer der sofortige» Schließ«»« jedeSmol. selbst bei der ersten Zuwiderhandlung, mit einer Geldstraff bi« zn 7G Mark oder entsprechender Hast geabndet werden. Leipzig, am 28. Oktober 1884. Der Rath her Stabt Leipzig. Dr. Tröuvlin. Henni^ Vrkauntmachuns. Nachdem Herr <K. Limon», Uo. rüsal., Pfarrer der evang.-resorm. Gemeinde hier, Scbreberstraße Rr. 1, I.. die auf ihn gefallene Wakl zum Armenpfleger im 1». Distrikte angenommen hat. ist Derselbe am 14. November d. Ä. durch Herrn DistrictSvorstcher Oberlehrer Dr. F. Dir in diese« Amt eingewiesen worden. Leipzig, den 18. November 1884. DaS Armen «Di Ludwig-Wolf. A -Keller-Vrrmiethnns. In dem der Stadtgcmeinde gehörigen Hause, ReWstraße Nr. 50, ist vom I. Januar I88S an ein Kellhkfoeal gegen einvierteljährliche Küudignng anderweit zu vermietheo. Mielllgesucbe werden aus dem Rathbause, 1. Etage, Zimmer Nr. 17. enlgcgengenomme», woselbst auch di« ver- miethungsbedingungei, eingesehe» werden können. Leipzig, am 17. November l884. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Krumbiegel. Nichtamtlicher Thetl. Der Mchter'sche Antrag. Der Abgeordnete Richter hat sogleich nach der ErvffnuiH deS Reichstage« den Antrag auf Gewährung von Diät« «m die ReichStagSabgeordnete» eingebracht. Daß dieser Antrag gänzlich aussichtslos ist, darüber kann der Antragsteller nicht im Zweifel fein, und selbst wenn Centrum und Social« demokraten dem Anträge zustimmen und dadurch die Annahme deS Anträge« im Reichstage erzielt wird, so wird doch »er BundeSralh ihm seine Genehmigung versagen. Die Dwten- losigkeit war die Bedingung, unter welcher daS allgemchn« Stimmrecht in die ReickSvcrsasiung ausgenommen wur^ " Zustandekommen derselben hing davon ab, daß die deS ronstiluirenden Reichstage« die Tiätenlosigkeit und unter den gegenwärtigen Verhältnissen ist «i von diesem Standpunkte um so weniger zu erwarte», weiß der Abgeordnete Richter sehr wohl u«d trotzt seinen Antrag eingebrachk. darau« folgt, daß de' taktische Bedeutung hat. Nur fragt r« sich, ob < glücklich genannt werden kann u»v da- möchten Hr bezweifeln. Da- Anwachsen der socialdemokratischcn Partei «ad die Erfahrungen, welche bei den letzten Slichwahlen gemacht worden sind, haben zu der Frage geführt, ob nicht eine Aenderung deS Wahlgesetzes nolhwendig ist. Man schreibt de» Socialdcmokraten die Absicht zu, erne Vermehrung der Wähler durch den Antrag ans Ausdehnung deS Wahlrechts aus alle unbescholtene» Personen, welche daS zwanzigste Lebensjahr zurückgelegt kaben und die sonstigen Bedingungen der Wahlberechtigung erfüllen, herbeiz,«führen. Auch dieser Antrag hat keine Aussicht ans Annahme, ja eS läßt sich vorauSsehen, daß überhaupt außer den Socialdemokrate» Niemand für denselben stimmen wird. Beide Anträge, der Nichter'schc wie der von den Socialdemokrate» beabsichtigte, haben daS Gemeinsame, daß sie da« Wahlrecht zu erweitern bestimmt sind. ES kann nickt fehlen, daß man von conserva- tiver und nationalliberaler Seite daraus mit dem Anträge antworten wird, die Altersgrenze Höker zu rücken. D>« un geheuere Bernrehrung der socialdemokratischcn Wähler bat ihren Grund, abgesehen von der Zahl der Arbeiter, wesentlich darin, daß sie da- größte Contingcnt jugendlicher Wähler im Alter von 25 bi« 30 Jabren stellen. ÄlS Voraussetzung de- Wahlrecht- muß eine gewisse Reife deS llrtbeil- angenommen werden, ob diese aber bei der Mehrzahl der Wähler von 25 bis 30 Jabren vorhanden ist, darf nach den gemachten Ersahrungen bezweifelt werden. Bei straffer Parteiorganisation, wie sie insbesondere beim Centrum und bei der Socialdemokratie anzutreffen ist, tritt die Individualität zurück, der Wille der Führer ist da« Entscheidende, ihm ordnet sich die große Maste der Wähler unter, ohne eine strenge Selbstprvfung eintreten zu lasten. Echlagworle genügen, um lüe Partei zusammen- zubalten, bei den Ultramontanen lautet da- Schlagwort: »Die Kirche ist in Gefahr", bei den Socialdemokrate» heißt e»: »Kampf gegen die Ausbeuter", oder: „Wir verlangen den vollen Lohn unserer Arbeit" und dergleichen mehr. Wenn eS dann zur Wahl kommt, dann erscheinen die Mitglieder beider Parteien Mann für Mann an der Wahlurne und stimmen für den vorgeschrieb-nen Candidaten. Da- hat zur Folge, daß da- Centrum seinen Bestand unter allen Ber- hältniffen wahrt und daß die socialdcmokratische» Wähler mit der Ausdehnung der industriellen Tkätigkeit Schritt halten. DaS Wahlergebnis soll aber der möglichst getreue Ausdruck der öffentlichen Meinung sein und deshalb ist die Frage be rechtigt, ob dieser Zweck durch den gegenwärtigen Wahlmodu« erreicht wird. Jo Frankreich ist gegenwärtig dieselbe Frage aufgeworfen, eS erbebe,, sich viele und darunter di« einflußreichsten Stimmen sür Einführung der Listenwahl an Stelle der Einzelwablea. Mao will damit erreichen, daß nichl blo« die Mehrheit, son dern auch di« Minderheit nach vrrhältniß ihrer Zahl zu Worte kommt, gewiß ein sehr gerechte« verlangen. Wir be finden unS in Deutschland vielfach in der gleichen Lage, auch bei »n« wird die Minderheit mundtodt gemacht, wenn der Gegencullvldat auch nur eine Stimme mehr erhalten bat. Wir haben da- besonder« bei den Stichwahlen gesehen, bei welche« viele drutschfreisiunigc Abgeordnete bl»S deshalb ge wählt worden si»v. weil ihnen andere Parteien zu Hilfe kamen, während di« nationalliberalen Candidaten meist aos die eigene Partei angewiesen waren. DaS sind ungesunde Verhältnisse, welche dringend drr Abänderung bedürfen, und der Richlcr'sche Antrag wird die willkommene Gelegenheit darbieten, diese Auqcleaenbeiten im Reichstage zur Sprache zu bringen und die Abstellung der hervorgrtretencn Uebel- slänte anzustrebe». Auch der Rickter'sche Antrag hat seine» Grund znm Theil in der Unzufriedenheit der Denlschfreisiiimg-n Parte, «it dem Wahlergebnisse. Natürlich schreibt man den Rückgang dieser Partei innerhalb derselben anderen Ursachen, al» den wahren man sucht mit Eifer nach einer künstlichen Erklärung und Übersicht daS Nächstliegende. Statt darüber zur Klarheit zu gelange«, daß die Gründung drr deutschfreisinnigen Partei ein politischer Fehler war, statt sich drr Einsicht htnzngebe». daß die Stellungnahme rur socialen Bewegung und die Ver kennung der nationalen Bedürfnisse den Rückgang der Partei verschuldet haben, forscht die Partei nach tiefer liegende» Gründen, die sich aber mit aller Mühe doch nicht aussinke» lasten. Ta- Programm der neuen Partei enthält an seiner Spitze die Forderung nach einem verantwortlichen Reich-ministerii»» und nach Diälen sür die Abgeordnete». In der letzten Session deS verflossene» RcickSlageS ist die erste Forderung vor daS Forum dcS Bunde-ratkeS gezogen und von diesem als unerfüllbar bezeichnet worden. M'l diesem indirecte» Erfolge dal sich die teulschfreisinnige Partei vorläufig be gnügt und von den übrige» Forderungen ihres Programm- nur die »ach gleichem Reckt für Alle prakusch durch führen wollen, indem sie der Verlängerung de« Socia- listengesctzeö Widerspruch entgegensetzte. DaS bat offenbar bei vielen Wählern Anstoß erregt und deshalb sind sie in großer Zahl zur „alionalliberalcn Partei z»rückgckehrl, welcher sie ja znm großen Theil bis zum Jahre 1879 an- gebört halte». D cser Vorgang ist so durchsichtig, daß er nur Denen verborgen bleibt, welche ihn nickt erkennen wollen. Herr Eugen Richter und sei» Anhang befinde» fick offenbar in diesem Falle, sonst würde er nickt die Arbeit a» dem Puncke wieder aufiichmc», wo er sie in der lctztvergaiigcne» Reichstagssession abgebrochen hat. Der Grundsatztreue der «Ue, Fortschrittler entspricht eS am besten, wenn sie daS Pro gramm der neuen Partei Punct sür Punct zur Wahrheil zu machen suchen und deshalb wird jetzt daS alle Lieb vv» den Diäten für die ReicbSlagSabgcordnetcn wieder angestimmt. Praktische Ergebnisse der parlamentarischen Thätigkcit sind niemals nach tcm Geschmack der Fortschrittspartei gewesen, e« kann daher nickt Wunder nehmen, wenn sie im »enc» Reich-tage die unfruchtbare Arbeit der rein demonstrativen Tkätigkeit wieder aufnimmt. DaS SLIimme daran ist die Zeitvergeudung, die allerdings diesmal durch die Beratbung ver brennenden Frage vermieden wird, ob und wie daS Wahl gesetz abzuänkerii ist. DaS ist aber kaum die Absicht dcö An tragsteller-, ihm ist eS lediglich darum zu thun, Principicn- eeiterei zu treiben und dadurch agitatorisch zu wirken. Die Fortschrittspartei will sich einmal wieder als Hort der Ver fassung ausspiclen, im Gegensatz zur nationallibcralc». welche die Gocialreform und die Colonialfragc sür die wichtigeren Aufgabe» des Reichstage- hält. Abgesehen von dem demonstrative» Charakter dcS Richtcr- UulrageS scheint ihm allerving« noch eine besondere rlnfsuag nl Grunde zu liegen und da« ist die Verfügung ügM der Vseybabnfreikarte» für die Reichstag«abaeord- ncten. E« läßt sich nicht verkennen, daß die Art und Weise, in welcher diese Angelegenheit an maßgebender Stelle br- bandelt worden ist. keinen guten Eindruck auf den NeicbStag machen konnte. Mag auch die freie Fahrt auf den Eisen bahnen von einzelnen Abgeordneten mehr auSgcnutzt worden sein, als sich mit dem Sinne der dem Reich-tage einqe- räumte» Annehmlichkeit verträgt, so wäre eS vielleicht bester gewesen, in einzelnen Fällen dagegen vvrzugehcn, i»> Ucbriacn aber eS bei der bisherigen Einrichtung zu belasten. Die Grenze für die Denutzung ist immerhin schwer zu ziehen, denn eS erscheint in der Ordnung, daß die freie Fahrt auch sür diejenigen Fälle Geltung hat. in welchen der Abgeordnete seinen Wählern Nechenschafl über seine Thäligkeil ablegt. Dagegen wird eS Niemand billigen, wenn die Falnsreiheit z» LergniigungSiwecken niißbranckt wird. Man konnte es wohl aber dem Takte der großen Mehrzahl der ReickSlagsabgeord- neten überlasten, gegen diese gereckte Forderung mcht zu ver stoßen. Wenn der Richter'scke Antrag nur die Antwort ans diese Maßregel sein soll, so schießt er weit über daS Ziel hinan-, wenn er aber eine rein demonstrative Bedeutung haben sollte, so wird dieselbe durch die oben angekcutele vorauSüchtliche Wirkung vollständig beseitigt. Wir begrüßen den Richter'scken Antrag als eine willkommene Gelegenheit, ein Votum dcS Reichstage- über die hochwichtige Frage herbeizusühren, ob eine Aenderung tcS Wahlgesetze- angczcigl erscheint. * Leipzig, 23. November 1884. * Ueber die veränderte Organisation deS Aus wärtigen Amte«, welche im nächstjährigen Etat erscheint, spricht sich eine beigesügtc Erläuterung folgendermaßen a»S: „Tie wachsende Bedeutung der wirthschaftlichrn und conimerziellen Interesse» deS Reiches hat in den letzten Jahre» die Geschäfte der zweiten — handelspolitischen und staatsrechtlichen — Abtheilung des Auswärtigen Amts in einem Maße vermehrt, daß sür bi« Leitung und Coulrole derselben, die zunächst dem Direclor der Abtheilmig obliegt, die Arbeitskraft eine- einzelnen Beamten nicht mcbr «uSreicbt. Wahrend im Jahre 1874 die Gesammtsisfer der nickt politischen Eingänge deS Auswärtigen Amt- sich schon auf44,000 Nummern belics, hat dieselbe im Jahre 1883 die Höbe von 58,000 Nummern erreicht, und eine weitere Steigerung steht in dem lausende» Jahre zu erwarten. Die ordnungsmäßige Erledigung der Geschäfte hal durch diese Zunahme mehrsacke Storung erfahren, so daß eine Abhilfe im Interest« veS Dienstes geboten erscheint. ES wird deshalb beabsichtigt, diese Abhilfe durch eine andere Organisation der Geschäfte in der Art berbeizusübrei,, daß die bisher in der zweiten Abtheilung des Auswärtigen Amt- bearbeiteten handelspolitischen VerwatlungS- unk NechiS-'achen unter zwei gesonderte Adtbeilnngen, die zweite und bi« dritte, vertheilt werden und jede dieser letzteren einem eigenen Direktor unterstellt wird. ES ist deshalb sür die zu creirende zweite Direclorstellc eine Besoldung von 20,000 .< in den «tat eingestellt worden." * Fürst BiSmarck soll e«, bestem Vernehmen nach, abge- lehnt babeu, dein Reich-tage eine Vorlage, betreffend die Errichtung drr überseeischen Bank, zn macken; er will jedoch abwarten, ob au« dem ReiibStage heraus «ine Anregung oder ein Initiativantrag in dieser Beziehung an ihn gelangen wird. * Seilen« deS Centrum- wird ein« Reibe soeial- pvlitischcr Anträge eingebracht werden, darunter Einsübrung de« NvrmalarbeitStageS, Beschränkung der Sonntag-„beit. Beschränkung der Kinderarbeit i» Fabriken, ferner Wieder ernsübrung der Berufung in Strafsachen, Aufhebung dcS ExpatriiruugSgcsctze- * Die nationalliberalr Fraction de« Reichs tag- hat beschlossen, bei der Präsidentenwahl sür die von den Conservaiiven, dem Eentrnm und der deutschsrci- fineigen Partei ausgestellten Candidaten für beziehungsweise den ersten, zweiten und dritten Prällkcittcnposten zu st mmen. * Der Bericht über die Verbreitung socialkcmokratiscber Ideen im Kreise Jnowrazlaw, welche» der Gutsbesitzer Thomas v. KozlowSki in der polnische» Dclegirtenversamm- lu»g Ende v. I. erstattete, hat in den polnischen Kreisen eine acwisie Beuiirubigung hervoraerusen. Es sind in Folge dieses Berichtes auS verschiedenen Gegenden der Provinz Posen der Revaction de« .Kuryer PoznanSki" Briefe zugegangen, in welche» daS Verhalten teS polnischen PublicumS der social- demokraliscbe» Propaganda gegenüber besprochen wird. Einige dieser Briese empfehlen eine unverzüglich inö Werk zu setzende energische Gcgenagilation, andere sind der Meinung, daß die socialdemokraüschc Propaganda, wenn sie auch an ver schiedenen Orken versucht worden sei, dennoch im Volke wenig oder gar keinen Anklang gesunden habe, und daß eS daher der Klugheit mehr entsprechen würde, bei der Gegenagitation möglichst geräuschlos zu verjähren, damit die unteren Volksschichten nickt erst aus ei» Nebel auf merksam gemacht werben, von dem sie vielleicht noch gar keine Ahnung haben. Die Verfasser der letzteren Briefe ralben daher, sich drr socialdemokratischen Propa ganda gegenüber zunächst passiv zu verhallen, die Tbätig- keit derselben aber genau zu beobachten und erst im geeigneten Moment öffentlich zum Kampfe gegen die Aufwiegler hervor- zutrelcn. Man ersieht hieraus, daß die Behauptung der CeiilruwSführer, in der katholische» Bevölkerung des deutschen Reick- finde die socialdcmokralische Bewegung keinen Boden, den Thatsacken nicht entspricht. Wen» schon hier und da unler der polnisch-katholischen Bevölkerung die socialen Lehren Anklang und Verbreitung finden, so wird ein Gleiches auch bei den deutschen Katholiken in Zukunft eintreten. Sind doch schon bei den letzten NeichStagSwablen in den zu sieben Achteln katholischen Städten München und Köln bedenklich viel Stimmen den socialdemokratischen Candidaten zugcsallenk . . * Bei Besprechung der deutschen Thronrede sagt die „Wiener Abendpost": „Sicherlich wird diese hochbedeut- same Kundgebung hier und überall da- freudigste Ccko finden und Alle mit der lebhaftesten Gcnugthuung und Befriedigung erfüllen, welche mit unS in dem Ziisammcnstehcn der Kaiser mächte ein unvergängliche- Unterpfand der zum Wobt« der Völker vereinbarten und festzuhallcnden Friedenspolitik er blicken." * Ti« Frequenz drr medicinischen FacultLt zu Wien hat sich dermaßen gesteigert, daß viele Hörsäle nicht genug Raum für die Studirenden der Medicin bieten. Der Grund dieser Erscheinung ist säst lediglich in dem An drang« ungarischer, polnischer und namentlich «zechischer Studenten zn suchen, welche da« richtige Verständniß dafür haben, daß man mit der einseitigen natio nalen Bildung und Ausbildung, wie sie di« ausschließlich nationalen Nmversttäten bieten, heutzutage sein Auskommen in der Welt nicht finden kann. Ungarn und Polen bildeten von jeher ein große« Contingent an der Wiener medicinischen Facultät, niemals aber fand auS Böhmen und Mähren ein solches Zuströmen von czechischen Studenten nach Wien statt, wie seit der Gründung der czechischen Universität in Prag. E» ist dies auch ganz natürlich! Jene Czecken an« Böhmen und Mähren, welche zu den Leistungen der czechischen Univer sität kein rechtes Vertrauen haben, denen aber andererseits der Mulh fehlt, sich an der deutschen Universität in Prag in- scribiren zu lasten, wie eS vor der Gründung der czechischen Universität in der Regel der Fall war, ziehen nun nach Wie», »m dem Dilemma in Prag aus dem Wege zu gehen; daher kommt die Ueberfüllung W>e»S und der schwache Besuch der nationalen Universitäten. Selbst in Ofen-Pest, wo in viele» Fälle» der nationale Druck sich über die Studienzeit hinaus erstreckt und die meisten öffentlichen Anstellungen nicht bloS von. Wissen und Können, sondern zumeist von dem Nachweis der au der ungarischen Universität zurilckgelegten Studien abbängen, selbst in Osen-Pest ertönt die Klage von der Abnahme der Frequenz gegen da« Vorjahr, während in Wien Klagen laut werden über die Ueberfüllung der Hörsäle in Folge der Zuströmung von Studenten, welche ihre» nationalen Schulen au« dem Wege gehen wolle», die mehr politischen als kulturellen Zwecken dienen. Gegen wärtig bilden die Deutschen die Minorität an der medicinischen Facultät der Universität z» Wien und Magyaren, Slowaken, Czecken und Polen die Mehrheit, obwohl diese Volker über fünf nationale Hochschulen verfügen I * Man schreibt au« Marschau vom 18. November: „Der unmittelbar »ach Unterdrückung des letzte» polnischen AusstandcS im Jahre 1864 erlassene llkaS, wonach Personen polnischer Abkunft von der Enverbung von Landgütern in den sogenannten uord- und südwestlichen Gonvcrnenients (Litauen, Podolicn, Volhynie» und Ukraine) in Zukunft ausgeschlossen werben, bat in seinem 20jä!>rigcn Bestände jene Folgen, welche angestrcbt und erhofft wurde», nicht in vollnändigem Maße herbeigesübrk. I» russischen Kreisen glaiiblr man. baß außer de» cvusiScirl-ii Land.iüttr» der im Aufstande eomvromiltirtc» polnische» EdeII>»te noch andere frei willig znm Verkaufe angebotcne polnische Landgüter au Russen übergeben werden und daß dadurch daS polnische Element in den oben genannten Provinzen seine letzte Stütze verliere» werde. ES laßt sich nicht leugnen, daß daS russische Element durch diese Maßregel sehr ersiarklc, aber die angeboffle gänzliche Verdrängung tcS polnischen Elements erwicS sich als unmöglich. Ji, Anbetracht dessen begann man in letzter Zeit selbst in russischen Kreisen tic Idee z» ventilire», ob eS jetzt nicht an der Zeit wäre, diese Repreisivinaßregel ansznhebcii. Dieser Idee sliinmtcn selb» Grundbesitzer russischer Nationalität, welche aus Grund dcS llkaS vom Jahre >864 Landgüter er warben, zu. weil dadurch der Werlh ihrer Besitzungen be trächtlich «»nehme» müßte. So lange nämlich der UkaS vom Jalirc 1564 zu Neck! bestell! »uv polnische Käufer vom Er werbe der Landgnlcr ausgeschlossen sink, mußte der Worth derselben wegen beleulenv verringerter Nachfrage unter daS Niveau der Pieife de- Grundbesitze- i» anvercn Provinze» Rußland- sinken. Alle« schwn daraus hinznwcisen, baß mit der letzten Kai'rrreise »ach Warschau wenigsten« eine partielle Revision der AnSnallmSverorknnna vom Jallre 1861 einlrrte» werde. Daß kiese Frage in conipetenten Kreisen ernstlich er wogen wurde, galt außer allen Zweifel. Wider Erwarten aber wird nun von gut informirtei Seite behauptet, daß de rer« beschlossen wurde, vorläufig jede- Abwcichen vom be stehenden Zustande zu unterlasieu." * lieber die Lage- in Bulgarien schreibt man der „Politischen Correspondenz" ans Sofia vom II. November: „Obgleich die Frage ktr Fusion aller bulgarische» Par- Vit» >ke«m, NniversiiätSstraße 21, LouiS Lösche, Katharinenstrabe 18, p. nur bis '/,S Nhr. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. jeude». — Rabatt wiro n Lt gegeben. Jahlung pnreuumerrunlo oder durcy Post, uacknahine. 328. Sonntag d« 23. November 1884. 78. Jahrgang. !
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