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Sächsische Staatszeitung : 11.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192202116
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220211
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-11
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 11.02.1922
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WlaKiltzc W AWn ANtszkitmli. Nr. 115. Beauftragt mit de, Herausgab«: M-trrung-rat Doenge) ta Ire-dea. 1922 LandtaBvcrhandlnngcn. ! V5. Sitzung. Donnerstag, den S. Februar 1922. Präsident Frühdorf eröffnet die Sltzung um 1 Uhr 1b Minuten nachmittags. Am RegierungStiich Ministerpräsident Buck, die Minister Fellisch, Fleißners Heldt, LipinSk» und Ristau, sowie Re- gierungSvertreter. Der Präsident teilt mit, daß an Stelle de» schwerertrantten Hrn. Abg. Möller (Soz.) Hr. Abg. Rechtsanwalt vr Graf (Leipzig) in den Landtag eingetreten ist. ArSsident. Ich kau» nur den Wunsch aussprechen, daß unser bisheriger Kollege Möller recht bald völlig gesunden möge. Im übrigen stelle ich fest, daß das Haus beschlußfähig ist — es sind 49 Abgeordnete an wesend —« Punkt 2 der Tagesordnung: Erste Be ratung über die Vorlage Nr. 100, den Entwurf eines Pensiontz-Abänd e- rungS- und Ergänzungsgesetzes für die Geistlichen und ihre Hinter bliebenen betreffend. UnterrichtSministcr Flethner: Die Regierung hatte unter dem 11. Juni v.J. dem Landtag eine Borlage über die gleiche Ma terie gemacht. Dwse Gesetzesvorlage ist am 30. Juni 1921 in der letzten Sitzung vor den Sommeperien vom Landtage verabschiedet wor den. Dieses Gesetz konnte aber zunächst nicht publiziert werden, weil von Reichs wegen eine Reihe Einsprüche erfolgt waren; die Publikation mußte also ausgesetzt werden. Inzwischen sind nun neue Bestimmungen über die Beamten de,, düng in Kraft getreten. Die Einsprüche des Reiches gegen das damalige Gesetz sind in zwischen auch erledigt. Die Regierung war also vor die Frage gestellt, entweder das Gesetz über die Pensionierung der Geistlichen und über ihre Hinterbliebenen entsprechend den neuen verän derten Verhältnissen neu vorzulegen oder aber das damals beschlossene Gesetz entsprechend zu ändern. Ich habe zunächst im Gesamtministerium die grundsätzliche Frage zur Debatte gestellt, ob unter den obwaltenden Verhältnissen die sächsische Re gierung überhaupt gewillt ist, noch weiter auto matisch, wie es bisher geschehen war, die in Betracht lommeuden Summen für kirchliche Zwecke zu er- l öben und zu bewilligen. Rach einer eingehenden Aus prachc hat sich das Gesamtministerium aus den Standpunkt gestellt, daß es unter Berück sichtigung aller einschlägigen Verhältnisse, unter Berücksichtigung vor allen Dingen des Unt- standes, daß, wie es scheint» leider in absehbarer Zeit eine Auseinandersetzung über die Trennung zwischen Kirche und Staat von Reichs wegen nicht zu erwarten ist, ein unerträglicher Zu stand ist, daß der Staat fortwährend Mittel bewilligen mutz für eine Sache, für die nach dem Prinzip der Reichsversassung der Staat doch nicht mehr zuständig ist. Nachdem sich das Gesamtministerium auf diesen Standpunkt gestellt hat, war die Frage aufzu- wersen, ob nunmehr das am 30. Juni hier im Landtag beschlossene Gesetz in der damaligen Fassung schlechthin zu publizieren wäre. Tas war aber deshalb nicht möglich, weil die neuen Verhältnisse Veränderungen bringen, die, auch abgesehen von Materiellem, in der neuen Vor lage zu berücksichtigen waren. Deshalb legt Ihnen nun die Regierung die Vorlage unter Nr. 100 vor. Ich möchte zur Begründung de: Standpunktes der Regierung, auf den ich eben hinwieS, nur ein paar ganz kurze Bemerkungen machen. In der Vorlage Nr. 61 vom Juni 1921, auf die ich bereits mehrfach hinwies, war in der Be gründung u. a. gesagt: Voraussichtlich wird da- Gesetz überhaupt nicht von allzu langer Dauer sein, da die Trennung von Staat und Kirche nahe bevor steht und alsdann auch die Ablösung der Pensionslasten stattfinden muß. Ich wies bereit» darauf hin, daß nach den neueren Erfahrungen und Informationen leider mit einem solchen Reichsgesetz in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, und meine persönlichen Er kundigungen, die ich vor kurzem in Berlin ein gezogen habe, sind auch nicht gerade ermutigend, sie lassen erkennen, daß aus irgendwelchen Grün den, aus die ich hier nicht eingehen will und die ich auch im einzelnen nicht kenne, im Reiche starte Hemmnisse diesen Bestrebungen gegenüber vor handen zu sein scheinen. Sachsen hat es an An regungen und an Mahnungen dieser Art nicht fehlen lassen. Bon Sachsen aus ist wiederholt ge drängt lvorden, doch nun endlick) diese« unbedingt notwendige Rcichsgesetz zu schaffen, damit tue Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche eintreten kann. Denn der Zustand, wie er jetzt ist, ist für beide Teile ein unleidlicher, da« muß jedenfalls zugegeben werden. Beide lecke haben ein düngende« Interesse daran, daß hier endlich Klarheit geschaffen wird. Wenn wir nun aber — leider, sage ich noch einmal — zurzeit damit rechnen müssen, daß diese reinliche Scheidung durch da« notwendige Reichsacsetz nicht vorgenommen, nicht einmal in Angriff genommen werden kann, so entsteht natürlich für den Staat die Frage, ob er über haupt in der Lage ist, unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse im allgemeinen automatisch und aus ganz ungewisse Zeit fort und fort Summen für kirchliche Zwecke auszuwenden. Das Gesamtministerium hat sich deshalb auf den Standpunkt gestellt, daß wir damit Schluß machen müssen, und zwar bezieht sich da« Gesamtministerium in der Begründung seine« SlandpunktcS aus Artikel 173 der Rcich«verfassung, den ich Ihnen ganz kurz in Erinnerung bringen will. Lieser Artikel sagt: Bis zum Erlaß eines Reichsgesetzes gemäß Artikel 138 bleib n die bisherigen auf Gefetz, Vertrag oder besonderen ReäMiteln beruhen- den Staatsleistungen an die Religionsgesell schaften bestehen. Tie sächsische Regierung und la« Gesamt,nmiste- rium legt den Nachdruck in dieser Bestimmung auf das Wort „bisherigen". Wir sind der Meinung, daß man mir Fug und Recht, auch vom rein juristischen Standpunkt aus, diese Be- stimmung ruhig so auslegen kann, daß man sagt: was vor allen Tingen an materiellen Leistungen nach den bestehenden Gesetzen und Verträgen der Staat an die Kirche bis zum Inkrafttreten der Verfassung geleistet hat, diese Leistungen müssen auch weiter geleistet werden. Tagcgen sträubt sich die Regierung nicht, sie ist bisher loymerweisc umer Berücksichtigung der schwierigen Verhä Misie der Kirche, die wir anerkennen, dar über hinausgegangen, aber sie kann nicht weiter auf oiescm Wege gehen, schon aus der einfachen Erwägung heraus, daß der Staat Sachsen zur zeit nicht dre Mittel hat, wichtige kulturelle und schulisch« A> si,oveu zu erfüllen, die nach Meinung der Regierung ,u erfüllen viel notwendiger wäre, als wie foU^ohrend derartige verhältnismäßig hohe Mittel lür kirchliche Zwecke auswcnden zu müssen. Tas <st der Standpunkt der Negierung. Von diesen: Standpunkt aus ist die Vorlage ein- gebracht, und ich kann den Landtag nur bitten, der Vor-age uuwr Berück, chtigung der obwalten- den BcryäOuine die Zustimmung zu geben. Abg. Drechsler (Ttsch. Vp.): Seit dem 1. April 1920 hängen die Pensions- ansprück e der Geistlichen sowie ihrer Witwen und Waisen bei uns in Sachsen vollständig in der Lust wesentlichen sind die pensionierten Geistlichen und ihre Witwen und Waisen noch immer so gestellt, wie vor dem 1. April 1920. Um so mehr ist cs notwendig, daß einmal von der Not dieser Leute auch hier im Landtag vor der breitesten Öffentlichkeit ge redet wi:d. Tie beteiligten Kreise haben sich mit einer gewißen Geduld in ihre Lage hinein« gefügt. Sic haben geglaubt, daß sic Anspruch haben wie dir. underen Staatsbeamten auf eine senügende Versorgung ini Alter und sür ihre Witwen und Wagen. (Abg. Heßlein: Tie Re gierung nicht I) In dieser Erwartung sind die beteiligten gründlich enttäuscht worden durch die nunmehr vocksigende Vorlage Nr. l00, die die prns'vu.crtcn Geistlichen auf einen Stand zurückverwe'seu will, der sür die übrigen Staats beamten längst verlassen ist. Tic sächsische Re- gicrung hat gemeint, mit einer gewissen Willkür den 30. J ini 1921 als den Stichtag heraus« suchcn zu müssen, wo ihr Wohlwollen gegen die Kirche und gegen die emeritierten Geistlichen mit einem Male unshört. Ich stelle fest, daß unter allen Bcan tenlategorien damit mit einem Male eine Ausnahme, die durch nichts berechtigt ist, gemacht ist. Es sind einfach Gründe des Macht standpunktes, die man gegenüber der Kirche ein- nehmeu will. (Sehr rw^ig! rechts.) Ter Hr. Minister hat Artikel Rr. 173 der Reichsverfassung hier hcrangezogcn und sich mit Begier auf das eine Wort „brsuerig" gestürzt. Wenn die bis herigen Leistungen nur gegeben werden sollen noch dem Fncocnszustand, dann braucht die Kirche überhaupt diese Staatshilfe gar nicht, denn das ist nach kcm heutigen Geldwert so gut wie gar mchtS. Wie im allgemeinen die Vorlage wirken wird, möchte ich nur an einigen Gegenüberstellungen bclanntgeben. Wir hatten erwartet, daß die sächsische Regierung diese Frage so gestalten werde, daß wir auch den neuesten Pension«, bezügen der Brannen gleichgestellt würden. Tas ist jedoch nicht geschehen. Tie Lage ist jetzt die — ich greise ta mittlere Fälle heraus —, daß die Geistlichen in der Bcsoldungsklasse X, die ja über haupt nur in Betracht kommt für die Pensio nierung solcher, die vor dem 1. April 1920 in den Ruhestand getreten sind, jetzt ein Einkommen bezogen von jährlich durchschnitt lich 9000 M. Ader wenn es recht und billig wäre, wie wir es erwartet hatten, wenn die Geistlichen den übrigen Staatsbeamten gleichgestellt worden wären nach dein alten Stande, dann müßten sie das Doppelte be kommen. Eie verlieren also eine Einnahme von 17000 M. jährlich. Bei den Witwen verhält e« sich ähnlich. Eine Witwe bekam bis jetzt 3600 M. und dazu wurde ihr ein Vorschuß gewährt von durchschnittlich 2700 M. Eine solche Witwe wüide jetzt nach der neuen Gesetzesvorlage auf etwa 11000 M. kommen. Es entgehen ihr also gegenüber den übrigen Beamten 5000 M.» denn pe würde sich aus 16000 M. stehen. Ähnlich verhält cs sich mit den Waijen. Also, um nur eins herauSzugtkifen, ein pensionierter Geistlicher würde die Hälsie dessen beziehen, wa« er in der gleichen Gehaltsstufe als Staatsbeamter beziehen würde. Er wird also auf eine Summe von 17000 M. jährlich verzichten müssen, weil die sächsische Regierung erklärt: für die Geistlichen haben wir kein Geld. Wir von der Rechten — ich glaube hier auch schon im Namen aller Fraktionen auf der Rechten sprechen zu dürfen — sind mit dieser Regelung! nicht einverstanden. Wir werden im Ausschuß anstreben, daß diese Vorlage Nr. 100 verbessert und aus den Stand der Tinge gebracht wird, wie sie heute sür die übrigen Beamt n gelten. Wir wünschen eine eingehende Behandlung der Vorlage im Rcchtsausschuß. (Bravo? rechts.) Abg. Schreitcr (Dtschnat.): Da infolge der vollständig gestörten Vcckehrsver« hältnisie in dieser Woche nicht nur keine Ausschuß« sondern auch keine Fraktionssitzungcn stattfindcn konnten, so ist es mir natürlich nicht mö sich, hier unseren Fraktiov-siandpunlt zu der VorlageNr. l 00 auslührlich bekannt zu geben. Ich mochte aber doch auf verschiedenes cingehen, was hier in der Debatte ausgesprochen worden ist. Wenn zunächst Hr. Kulturminister Fleißner daraus hingewiescn hat, daß man der Regierung nicht zumuten könne, daß sie Mittel für eine Sache bewillige, die nach der Neichsvcrsaslung eigentlich nicht mehr ihre Aufgabe sei, so müssen wir dem mit aller Entschiedenheit entacgentreten. Ter Staat hat, solange die Trennung rechtlich nicht vollzogen worden ist, die Pflicht, den von ihr, wenn auch indirekt abhängigen Personen mindestens ein einigermaßen ausreichendes Existenzminimum zu sichern, und ich muß meinem Vorredner, dem Hrn. Abg. Drechsler, vollständig darin zustimmen, daß in der gewärtigen Zeit wohl kein Stand solche Not leidet, wie gerade der Stand der Geistlichen und ihrer Hinterbliebenen. Nachdem Hr. Abg. Drechsler in längeren Ausiütwunaen die jammervollen Einkommensvcrhältnisie der Geistlichen und ihrer Hinterbliebenen geschildert hat, kenn ich mir weitere Ausführungen darüber ersparen. Ich möckte nur noch sagen, daß wir von der rechten Seite dieses Hauses wir Teutsch- nationalen, nns Vorbehalten, in: Rechtsausschuß mit aller Entschiedenheit die Rechtsansprüche der Geistlichen und ihrer Hinterbliebenen zu vertreten. (Bravo! rechts.) Abg. l-r. -eyfert (Tom.): Ich will mich nur auf ein paarWorte beschränken, vor a"en T ngen ans unsere Aufsagung den vcr« fassungsmäßiaen Pflichten der Regierung gegen- über. Es ist immer und immer wieder darauf hin zuweisen, daß die R'ichsvcrfassnng dem Geiste n^.ch zu verstehen und ausrulcgcn ist. Das ist ein Wort, das gerade der jetzige Hr. Unterrickitsminister gebraucht hat, und ich erinnere ihn heute da an Ter Geist der Verfassung, soweit cs sich um die Lösung von Staat und Kirche handelt, ist durchaus der Geist des Verständnisses und des Wohlwollens der Kirche gegenüber gewesen. (Sehr richtig! rechts.) Niemand, der an den Verhandlungen teilgenommcn hat, ist sich dar über im Zweifel. Ter Geist aber, aus dem diese Vcr'age entstanden ist, ist der gegenteilige, und darum liegt schon im tiefsten Kern ein Widerspruch zwischen ihr und der Reichsver fassung vor. Es sind auch die Parteien, d»e a!S politische Parteien nicht ans dem Boden der Kirche stehen, damals in Weimar durchaus gewillt gewesen, die moralische Pflicht der Kirche gegenüber zu teilen und zu erfüllen. ES ist meiner Meinung nach auch eine falsche Auslegung des Worte- „bisherig". Es handelt sich nicht um einen bisherigen Zustand, der sich in äußeren Dingen darst.Nt, sondern um die bisherige Rechtslage. (Sehr richtig! rechts.) Tie bisherige Rechtslage wahr^nehmen, darum bandelt es sich. Tazu ist der Staat verpflichtet, solange die Lösung zwischen ihm und der Kirche nicht erfolgt ist, und die gesetzliche Pflicht des Staates ist die gewesen, die Pensionäre und Hinterbliebenen der Geistlichen so zu be- bandeln, wie der Staat seine Beamten be- handelt. Wenn er sich dieser Aufgabe entlediren will, so kann das nur auf dem Wege des Reichsoesctzes geschehen, nicht durch ein Lan- desgesetz. Aber die Vorlage macht den Ber- such, sich des Teiles einer pflichtgemäßen Auf gabe zu entziehen. (Sehr richtig? rechts und in Mitte.) Deshalb halte ich vom Verfassungs standpunkte aus die Vorlage für verfanungS- widrig. (Sehr richtig? rechts und in der Mitte.) Aber auch vom Standpunkte der Billigkeit und vom Elandpunkte der Menschlichkeit aus müssen wir gegen die Einzelbestimmungen der Vorlage Einspruch erheben. Man kann doch nicht davon reden, daß eS sich um eine Aufbesserung handelt. Es sind doch auch in der Besoldungsordnung keine Aufbesserungen, sondern es sind nur An- gleichungcn an die ungeheuere Geldentwertung und Teuerung. (Sehr richtig?) Auch auS diesen Gründen möchten wir doch den dringenden Wunsch an den Landtag richten, daß man ein- mal den Standpunkt der Verfassung, dann aber auch den Gesichtspunkt der Menschlichkeit und der Billigkeit walten läßt und die Vorlage im Sinne der Ausführungen verbessert, (Bravo! rechts und in der Mitte.) Die Vorlage Nr. 100 wird hierauf dem RechtSausschuß überwiesen. Punkt 3 der Tagesordnung: Erste Be ratung über den Antrag der Abgg. Hos mann, Blüher, Vr. Seyfert, Hetzlein, die Gewährung eines weiteren Darlehns an die Sächsische Landeskirche be treffend. (Drucksache Rr. 547.) Der Antrag lautet: Tcr Landtag wolle beschließen: die Regierung zn ersuchen, umgehend an den Landtag eine Vorlage zu bringen für ein der Sächsischen Landeskirche zu gewährendes weiteres Darlchn zur Bestreitung des Teue rungsausgleichs sür die Geistlichen und Kirchen beamten iu Höhe der neuen r'esvldungsordmmg der Staats- und Gemeindebeamtcn. Zur Begründung erhält das Wort: Abg. v-tgt (Ttsch. Bp.): Tcr Antrag Rr. 547, den die bürgerliche» Gruppen gemeinsam gestellt haben und den ich begründen will, knüpft ga», eng an die eben verabschiedete Vorlage an. Es sind in den Haus- Ha tsplänen für 1921/22 in K^p. 93, Evangelische Kirchen, unter Tit. 9 die Beihilfen zum Besol dungsbedarf für dis Geistlichen und anderen Beamten der Landeskirche verzeichnet in einer Höhe, die als vollständig unzureichend angesehen werden muß. Tas Landestorsistorium hacke seinen Bedarf beim Kultusministerium ange- mcldet. Letzteres hat aber geantwortet, daß es das Gesamtministerium in seiner Sitzung vom 16. Dezember abgslehnt habe, sür die vom Landcskonsistorium beantragte Erhöhung des in Kap. 93 Tit. 9 des Staatshaushaltsplanes ein gestellten Darlehen zur Deckung des vom Landes konsistorium berechneten Besoldungsbedarfes sür Geistliche einzutrcten. Tas Landeskonsistoriunt hat dem Landtage eine Eingabe überreicht die sinngemäß dasselbe anstrebt, was der gemeinsame Antrag der bürgerlichen Parteien erstrebt. Wir stoßen in diesem Zusammenhänge auf die Frage, die bei dem eben verabschiedeten Punkte berührt wurde: ist der Staat rerpslichtet, unserer Erangelisch-lutherischen Landeskirche in bezug auf die Stillung ihrer Bedürfnisse geldlich zeitgemäß entgegenzukommcn. Ter Auslegung, d e vorhin der Hr. Kultusminister dem Art. 173 der Reichs verfassung gegeben hat, können wir nicht bei treten, als ob etwa die bisherigen Staat'leistun- gen so zu verstehen seien, daß es sich um die Höhe handeln könne, sondern das Wort „bisherig" bezieht sich natürlich auf den Geist, wie Hr. Or. Seyfert ausführte, und das Wesen der Leistun gen, aber nicht auf die nominelle Höhe. Ich darf darauf Hinweisen, daß die Kirche selbst es be grüßen würde, wenn ihre Verhältnisse im inneren und diejenigen gegenüber cem Staate bereits heute so weit geordnet wären, daß sie auf die staatlichen Zuschüsse verzichten könnte Es ist hierbei zu be denken, daß das Stcucrwcsen der Kirche noch nicht so hat in Gang kommen können, daß sie diesen Verzicht aussprechcn könnte, zumal im Hinblick auf die Verschiebungen im ganzon steuerlichen Wesen. (Sehr richtig? rechts.) Wenn sich der Landtag und die Regierung dem, was das Kon sistorium fordert und was unser Antrag erstrebt, verschließen sollte, dann könnte man allerdings hier von einer vollendeten sozialen Ungerechtig keit sprechen. Wenn immer auf das Reich hin gewiescn wird, daß es verabsäume, rechtzeitig die Grundsätze aufzustellen, von denen in Art. 13>s der Reichsverfassung die Rede ist, die Grundsätze, nach denen die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat zu erfolgen hat, so ist zu jagen, daß die Kirche daran keine Schuld hat und daß cs unbillig ist, der Kirche düse Verzögerung durch Vorcnthackung der erforderlichen Mittel zu ent gelten. Im Gegenteil, cs weist das Landes konsistorium in der Eingabe, die ich vorhin er wähnt habe, darauf hin, daß es diesen Zustand selbst beklage und sogar bereit sei, auf die An regung cinzugehen, die unser Hr. Finanzminister in seiner Eiatrede hier vorgebracht hat, nämlich in Sechsen eine vorläufige Ablösung für Staats- ieistungcn gegenüber der Kirche vorzunehmen. Also ein Verschulden der Kirche liegt in dieser Beziehung unter keinen Umständen vor. Wir meinen, es wäre Sache des Reichsministeriums des Innern, diese Cache in Fluß zu bringen, und diesem Ministerium stehen schon seit langer Zeil Herren vor, die unserem Hrn. Kultusminister politisch sicherlich nähersteheu als den Antrag stellern des Antrags Rr. 547. Es dars weiter betont werden, daß der Wunsch, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche möchte nun endlich einmal geregelt wcrden, cS möchte die sogenannte Trennung von Staat und Kirche kommen, ein fast einhelliger ist, und daß es nicht zutrifit, wenn es von sostaldcmolrat.jcher Seite so dargestellt wird, als wollten wir bürgerlich-christ lichen Leute dicjc Trennung von Staat und Kirche nicht. Wir wünschen sie auch, der Unter schied ist nur der, daß wir Respekt vor dem Ge setz haben, auch wenn eS den Staat noch heute zu Geldleistungen an die Kirche verpflichtet, und daß unsere Regierung diese Tinge umgeht, die die Verfassung fetzlegt. Ich glaube auch versichern zu können, daß uujcr Kirchenvolk in Sachsen es nicht verstehen könnte, wenn nicht in Kap. 93 des Etats eine Änderung einträte, die der Kirche ihr Recht und das gibt» woraus sie billigcrweisc Anspruch hat. Wir bitten un;ercm Anträge zuzustimmen und auch dem deizutreten, daß er dem Haushalt-, ausschuß X überwiesen Mrd. (Bravo! rechts.) Punkt 4 der TageZordnung: Zweite Beratung über die Vorlage Nr. 68 einen Bericht über den Bermögen-stand der Alter-rentenbank am Schluffe de» Jahre- 1919 betreffend (Mündlicher Bericht de» Rechts aurschusse», Drucksache Nr. 548.) Der Antrag auf Überweisung an den Aarschuh wird einstimmig ohne Aussprache angenommen.
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