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Nr. >17. Freitag den 22 Mai 1V08. llchslsche Molksffi 7. Jahrgang. »se»«t« werden die « gefpalt. PetitjeUe ad. deren Raum mit IL j eklamen mit LSI die Zelle berechn., bet »tederb. bedeut. Rad« tamen mll LSI dte'Zelle berechn-, bet Wieder-, bedeut- Na— vuchdruikeret, «edaktto» »nd Geschäftsstelle r Dr«»»a» Vtlluttzer chtnuhe 48. Fernsprecher Nr. ISN». I zlmbhiiigi-ks ABlatt fir Wahrheit, Recht «.Freiheit Erscheint «igtich na»:«- <n'.t«u«,iahme der Sonn-und Fest .. verngdpretki «'kcreii t.«t 8t> ^ «ohne Best.'llgeld), tu: Oellrr- ceich!tllS8d. Leie a VoslansIa!tc!il.8eitunsepret»lis!eNEEs>-dI. »tnieinuminer ic -st — etedestlanr-Srrechstiind- >»-->«« tid». Für den Monat «rri abonniert man aus die „Sächsische B»lkszeit«ng"mit der täglichen Roman, beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von «O (ahtlk KejtrltM) durch den Boten ins HauS 7V Unsere Staatswerkftätten. ««rlin, de-, 21. Mai 1908. Mt den Staatswerkstätten macht man in der letzten Zeit eigenartige Erfahrungen; man gewinnt den Eindruck, daß hier sehr teuer gearbeitet wird, daß aber wenig kauf männischer Sinn in denselben herrscht. Wenn ein Kauf- mann als Generaldirektor an der Spitze stehen würde, kämen wir erheblich billiger weg. Im letzten Jahre sind aber Erscheinungen noch hinzugekommen, die kein sehr gün stiges Licht auf die Militär- und Marinewerkstätten werfen. So hat vor einiger Zeit großes Aufsehen erregt, wie in Spandau und Posen riesige Unterschleife entdeckt worden sind. Soeben macht eine Meldung die Runde durch die Presse, eine Meldung aus Kiel, die ganz unglaublich klingt. Dort fanden Betrügereien im größten Umfange statt und zwar schon seit mehr als einem halben Jahre. Mit der größten Ungeniertheit wurden diese vollsührt. Große Sen dungen von Tauen, Del, Farben, Quecksilber wurden an Kieler Spediteure zum Verkauf angestellt. Um liefern zu können, fälschten die Betrüger die Requisitionsscheine irgend welcher Kriegsschiffe mit der Nvmensunterschrift der maß- gebenden Offiziere. Aus diese Scheine gaben die Magazin- Verwalter die verlangten Sachen heraus. Dann wurden Frachtbriefe mit den Stempeln des Magazins und der Werft gefälscht. Mit diesen ließ Niemann, der Geschäfts führer der Spedition von Klünders, die für die Werft ab- rollt, durch den Kutscher Mjüller die Sachen aus d,em Werft bereich schaffen. Dem Abrollen stand nichts nn Wege, weil alle erforderlichen Papiere Vorlagen. Daß diese gefälscht waren, konnte die Polizeikontrolle, die von einem Kom mando der Berliner Schutzmannschaft gestellt wird, nicht wissen. Sobald man den Kontrollbezirk verlassen hatte, zerrissen und vernichteten Müller und Niemann die Fracht briefe und ersetzten sie durch neue von der Firma Friedrich Peters und sandten nun die Waren an die Berliner Ab nehmer. So wurden Sendungen von 2000 Kilogramm Oel, 36 Zentnern Tauen, große Mengen Quecksilber usw. nach Berlin geschafft und verkauft. In Berlin hat sich nach den bisherigen Feststellungen niemand einer strafbaren Handlung schuldig gemacht. Für etwa 20 000 Mark ge stohlene, aber noch nicht verkaufte Waren konnten noch an- gohalten und der Werft zur Verfügung gestellt werden, unter anderem ein Waggon Oel, der zum Versand gerade fertig gemacht war. Bei den Verhafteten wurden 12 000 Mark an Ersparnissen und Hypotheken beschlagnahmt und einstweilen sicher gestellt. All das klingt wie ein Märchen und ist kaum zu glauben. Vor geraumer Zeit wurden aus den Betrieben der preußischen Eisenbahnverwaltung eben solche umfangreiche Unterschlagungen und Durchstechereien bekannt. Man hat es also nicht mehr mit ganz seltenen Fällen zu tun, wenn wir auch absolut nicht verallgemeinern wollen. Diese Vorkommnisse geben zu denken und legen die Frage nahe: Wie ist es möglich, daß solche Dinge sich ereignen können? Es gibt PrivaLunternehmungen, die weit um fangreicher und komplizierter sind als diese Staatsbetriebe und doch kommt dort nichts vor. Die Annahme, daß das in den Staatsbetrieben beschäftigte Personal schlechter sei als das in der Privatindustrie, kann kein vernünftiger Mensch aufstellen. Als bie Spandauer Betrügereien vorkamen, erklärte die Militärverwaltung im Reichstage, daß es an der erforderlichen Aufsicht gefehlt habe. Diesen Einwand kann man nun gar nicht gelten lassen; wer den Etat und den staatlichen Betrieb kennt, der gewinnt eher den Ein druck, daß das Aufsichtspersonal zu reichlich vorhanden ist und daß es sich gegenseitig nur im Wege steht. Man frage einmal Arbeiter, die zum Beispiel erst bei Krupp beschäf tigt waren und dann in einen solchen Betrieb kommen; sie schlagen die Hände zusammen vor der hohen Anzahl der Aufseher aller Grade. > -' Man wird zwar jetzt in Kiel wieder dasselbe sagen. Aber die Ursache ist anderswo zu suchen und sie liegt unseres Erachtens nur darin, daß man in den Staatsbetrieben nicht sparsam genug wirtschaftet. Es wird hier zu sehr aus dem vollen geschöpft; man hat ja alles im Ueberfluß und nie mand muß in seine Tasche greifen, um das fehlende Mate rial zu bezahlen. Reicht der Etatssatz nicht aus, wird er einfach überschritten, das sieht man von oben bis unten. Im Privatbetriebe ist dies ganz anders, da wird viel spar samer gewirtschaftet. Es muß daher in unseren Staats- betrieben das ganze System geändert werden. Man muß für die Ersparnisse von Material Prämien aussetzen, so daß jeder einzelne Arbeiter ein persönliches Interesse daran hat, wie viel Material er braucht. Im Eisenbahnbetriebe hat man für die Lokomotivführer schon solche Prämien aus geworfen für die Ersparnisse von Kohlen; dieses System hat sich bewährt und sollte nun auf alle Staatsbetriebe ausge dehnt werden. Wo sparsam gewirtschaftet wird, kann doch nicht ein Waggon Oel einfach verschwinden; das muß trotz aller falschen Meldungen in 24 Stunden erkannt tverden. Der Reichstag wird daher mit allem Nachdruck auf diesen Punkt Hinweisen müssen. Wenn nun von verschiedenen Seiten die völlige Be seitigung der Staatswcrkstätten gefordert wird und wenn man dies mit der teuren Arbeit in denselben begründet, so können wir doch in diesen Ruf nicht einstimmen. Tat sache ist, daß unsere staatlichen Werkstätten viel teurer arbeiten als die privaten. Aber das muß mit in den Kauf genommen werden, weil Gewinne auf der anderen Seite sich ergeben. Die Staatswerkstätte ist absolut notwendig für den Ernstfall; ohne die technischen Institute des Heeres und die Kaiserlichen Wersten können wir nicht auskommen. Man braucht sie aber auch als Versuchswerkstätten und be sonders für Reparaturen. Endlich beugen sie dem Mono pol einzelner Firmen vor und wirken daher preisermößi- gend. Hätten wir die drei Kaiserlichen Werften nicht, wären unsere technischen Institute geschlossen, so müßten wir der Privatindustrie ungeheure Preise bezahlen, weil diese einen ! Ring bilden würde; da ist die Staatswerkstätte der wir kungsvolle Brecher des Ringes. Aber wer, wie wir, von der Notwendigkeit der Staats werkstätten überzeugt ist, der muß doppelt auf sparsame Wirtschaft hinarbeiten, wenn er auch nie vergißt, daß die staatlichen Betriebe Musterstätten sein müssen und in der Fürsorge für die Arbeiter an der Spitze zu stehen haben. Die Vorkommnisse der letzten Zeit legen auch den Zentral verwaltungen in Berlin die Frage nahe, ob sie nicht mit' einer modernen kaufmännischen Reorganisation Einsetzen wollen und einen Kaufmann an die Spitze stellen sollen statt eines Offiziers. Letzterer kann immer technischer Lei ter bleiben. Aber daneben muß ein kaufmännischer sein System der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entfalten können, dann ist solchen bedauerlichen Vorkommnissen tun lichst vorgebeugt. Politische Randsara«. Dre-deo, den 21. Mai Ist'V — Dem Präsidenten des ReichSverficherungSamteS Dc. Paul Kaufmann ist der Charakter als Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat mit dem Range eines Rates erster Klasse verliehen worden. Man wird in Arbeiterkreisen diese Aus zeichnung des tüchtigen Präsidenten sehr begrüßen, denn! seitdem Dr. Kaufmann an der Spitze steht, rst ein neuer Geist in das Reichsversicherungsamt eingezogen. — Die Marinebehördc trifft auf Helgoland umfang reiche Vorkehrungen, um die Verteidigungskraft der Insel zu erhöhen. Dazu gehört ein Torpedobootshafen, dessen sich auf mehrere Jahre verteilenden Kosten auf 30 Millionen Mark veranschlagt worden sind und zu dessen Vorarbeiten der Reichstag für das Jahr 1908 die geforderten 2 Millio nen bewilligt hat. Daneben wird an einer weiteren fortifi- katorischen Verstärkung der Insel gearbeitet, für die 1 200 000 Mark bewilligt worden sind. Außerdem ist noch der Bau einer Kaserne und eines neuen Artilleriedepots vorgesehen. Schließlich werden auch noch Wohnhäuser für Offiziere und Marinebeamte auf der Insel gebaut werden. — Die „Berliner Korrespondenz" schreibt: Zur ein heitlichen Neuregelung des Radfahrverkehrs sind vom Reichsamtc des Innern Grundrüge ausgestellt worden, die laut Beschluß des Bundesrates im gesamten Gebiete des Deutschen Reiches vom 1. August gleichmäßig Anwendung finden sollen. Die bisher geltenden Polizewerordnungen sind allenthalben genau dem Wortlaute dieser Grundzüge anzupassen. Dabei ist zu beachten, daß die Bemessung der Gebühren für die Ausstellung der Nadfahrkarten den ein zelnen Bundesregierungen überlassen bleibt; jedoch soll die Ausstellung von Karten mit zeitlich beschränkter Gültigkeit nicht mehr zulässig sein. Die landesrechtlichen Bestimmun gen, wodurch zu steuerlichen Zwecken die Mitführung von Quittungen über Fahrradsteuer oder die Führung von Nummcrschildern an Fahrrädern angeordnet werden, blei ben in Geltung. ' ^ — Die Braunschweiger Landesversammlung verhan delte am 20. d. M. über die Anträge der zur Vorbereitung von Vorschlägen zur Abänderung des Landtagswahlrechtes eingesetzten Kommission, die dahin gehen, die bisher in direkten Wahlen durch direkte zu ersetzen und die Zahl der Urwähler erster Klasse auf mindestens 10 Prozent, die zweite Klasse aus 20 Prozent und die dritte Klasse auf 70 Prozent fcstzusetzen. Die Urwähler erster Klasse werden drei, die zweiter Klasse zwei und die dritter Klasse eine Stimme haben. Auf diese Weise wird ermöglicht, daß bei vollständiger Wahlbeteiligung die Wähler dritter Klasse ebenso stark sind, wie die der ersten und zweiten Klasse zu sammengenommen vertreten sein werden. Die Vorschläge der Kommission wurden mit 37 von 45 abgegebenen Stim men angenommen. — Dem badischen Eisenbnhnrat, der zum 15. Juni ein berufen worden ist, liegt ein Antrag der Regierung auf Einführung der vierten Wagenklasse in Baden vor. — „Ans der Acra Studt", die „katholische Priester als Oberlehrer an staatlichen Schulen anstellte", berichtete kiirz- Ans der Dresdener Kunstausstellung. ii. UBevor wir unsere Wanderung durch die Ausstellung ! fortsetzen, möge uns ein Wort erlaubt sein. Se. Majestät ^ der König hat in offener und freimütiger Weile über den i Schmutz, der sich in die sonst so vornehme Sammlung ver- i irrt hat, ein sehr richtiges Urteil gefällt. Es ist der Aus- ! stellungskommiffion gewiß nicht angenehm, wenn sie vom ! Protektor hören muß. daß sic ihre Pflicht nicht mit der ! nötigen Rigorosität erfülle, aber das königliche Wort wurde j von Tausenden von Vätern und Müttern als wahr i empfunden, als sie die Ausstellung durchwanderten, daß j sie sich für junge Leute unreifen Alters nicht eignet. Und , doch soll eine öffentliche Ausstellung so beschaffen sein, daß ! man auch nichterwachsene Söhne und Töchter ohne Ge- i wissensbedenken hineinführen kann. Diesmal ist da« nicht der Fall, daher sind wir unserem König dankbar, daß er ! am ernsten Ort ein offenes Wort gesprochen hat. Es steht ) fest, daß des Königs Urteil nicht allein wegen der Bilder mit unbekleideten Figuren so absprechend lautete. Wenn aber diesen Gemälden sadistische Gedanken zugrunde liegen, ^ wenn die Figuren häßlich und verzeichnet sind und direkt eine Farbenkleckserei bilden, dann empört sich das moralische . Gewissen, weil eS nicht einmal die Entschuldigung hat. es ! handele sich um ein Kunstwerk. Das meinte nach unserem , Urteile der König, als er von „entsetzlichen" Bildern ! sprach, die keinen Kunstwert haben, frivol sind und daher I der Ausstellung nicht zur Zierde gereichen und überhaupt , nicht hinein gehören. Das Ausstellungsplakat mit der I häßlichen Karrikatur ist gleichsam das Symbol dieser minderwertigen Machwerke geworden. Da« Renommee Dresdens als Stätte einer schönen Kunst hat darunter nur gelitten. Für den Kritiker ist es nicht leicht, ein Urteil über Bilder zu üben. Die Zeitungen sind zwar keine Lektüre, für Kinder. Romane und Erzäblungen sind nicht zugleich für klein und groß schmackhaft. Liebesgeschichten sind nicht für Halbreife und ohne diese finden besonders die Leserinnen die Romane schal und uninteressant. Eine Zeitung -nutz weiter über Sensationsprozesse berichten. Unsere jcnrna- listische Pflicht ist eS, den Moltke-Harden-Prozeß zu bringe:,. Wir müssen ebenso über unsittliche Theaterstücke und über laszive Bilder ein offenes Urteil sprechen können. Das ist schwer, wenn die Furcht die Feder znrückhält, der Satz könnte in einem unschuldigen Gemüt schlechte Eindrücke erwecken. Aber wir schreiben nicht für Unreife, weil eine Zeitung für solche nicht in allen Teilen passend ist. lieber Skulpturen und Bildhauerarbeiten wurde bereits kurz be richtet; heute wollen wir mit den Gemälden beginnen. Die Säle des Künstlerbundes dehnen sich links von der Kuppelhalle aus und sind schon infolge ihrer künstlerischen und abwechslungsreichen Raumgestaltung sehenswert. Für die besten Vertreter dieser Künstlergemeindo sind besondere Räume geschaffen worden, sodaß man Ge- legenheit hat. verschiedene Kunstwerke eines Künstlers mit einander zu vergleichen. JmSaall hat der Dresdner Robert Ster! vierzehn kräftig gemalte Bildnisse und Gemälde ausgestellt. Fein in der Stimmung ist besonder- das Bild „Quartett", ebenso zeigen die „Elbarbeiter", die „Sieinklopferin", in Jmpasto gehalten, gute Wirkungen. — Der Saal II ist dem Weimarer Ludwig v. Hofmann gewidmet; er hat 27 Pastelle ausgestellt. Interessant sind seine Skizren für einen Fries im Foyer des weimarischon Hofthcaters. Recht beachtenswert sind die „Sommerstnndc", „Bucht von Messene", „Pferde am Meere". Im Saal 3 und 4 sind die Werke mehrerer Künstler vereinigt. Wir heben hervor „Arbeitkyfcrd" von Junker- Karlsruhe, „Im Garten" von Hagen-Weimar" und „Im Februar" von Clarenbach-Düsseldorf. Eine Waldlandschaft und „Heimtrieb" von HanS von Volkman» wirken stimmungsvoll. DaS Doppelporträt „Holländische Bauern" von Sohn-Ncthe l-Düsseloorf sei hier besonders erwähnt. Prächtige BeleuchtniigSeffekle hat David Zacharias- Düsseldorf mit seinem Gemälde „In der Frühstückslaube" j erzielt. DaS Oelgcmälde „Sommcrabend im Erzgebirge" von Wilhelm Merseburg-Dresden im Saale 6 kann eine vortreffliche Leistung genannt werden; eS zeichnet sich durch seine Stimmung und flotte Durchführung aus. Ein reiz volles Motiv ans dein Künstlerlebcn führt Okmar Schtndlcr-DreSden in seinem lebendig gehaltenen Oel- gemälde „Mnskelspiel" vor Augen. Ein sonnig und farbig ausgezeichnet wirkendes Bild hat Theodor Hagen-Weimar unter dem Titel „Im Garten" ausgestellt. Bemerkenswert sind noch eine ganze Anzahl Bildnisse (14) von Graf Leopold v. Kalckreuth. sowie einige kleinere Plastiken von Willy Zügel, August Kraus und Hermann Hahn.