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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000615019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900061501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900061501
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-06
- Tag 1900-06-15
-
Monat
1900-06
-
Jahr
1900
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Neclamen unter dem Redaction-strich («ge spalten) k>O/g, vor den Aamtltrnnachrichteu (6 gespalten) 40/^. Broßere Schriften laut unserem Prc '- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjay nach höherem Tarif. Extra-veilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderuug 70.—. Fnnahmeschluß fir Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 UhL Morge n-AllSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestelle» je ein» halbe Stund« früher. Anzeige« sind stet« an die Grtzeöttto» zu richte«. Druck und Verlag vou S. Pol» iu Leipzig 91. Jahrgang. Deutsche Interessen am oberen Hanghe. Aus Shanghai, 8. Mai, wird der „WÄt-Corr." ge schrieben: Dor einigen Wochen .ist die deuische Schifffahrt auf dem Aangtzeeröffnet worden. Zunächst laufen die Dampfer der Rickmer'schen Nangtzelinie regelmäßig -wischen Shanghai und Japan, und einer anderen, der Firma Melchers <L To., gehörigen Linie, -wischen Swcrton un!d Hankon. In der vergangenem Woche ist der erst« von drei weiteren Dampfern vom Stapel gelaufen, die, wie di« Rickmer'schen, zwischen Shanghai und Hankon verkehren sollen. Weitere Schiffe für die Fahrt flußaufwärts von Hankon nach Jchang und Ehankmg sind im Dau. Di« Zeit ist nicht mehr fern, wo die deutsche Flagge dauernd auf dem gewaltigsten der Ströme des chinesischen Reiches wehen wird, soweit dieser überhaupt fahrbar ist. Es ist wiederholt von den verschiedensten Seiten darauf auf merksam gemacht worden, daß «s dringend geboten ist, daß die deutsche Kriegsflotte auch auf diesen Straßen der Handelsflagge folgt. Vorläufig fehlt es an den dazu geeigneten Fahrzeugen allerdings vollständig. Die modernen "deutschen Kanonenboote vom Iltis-Typ, so trefflich sie sind, so gut sie sich bisher bewährt haben, können für den Dienst auf dem Aangtz« nur bis Hankon in Frage kommen. Von da ab fluß aufwärts versagen sie vollständig. Vor Allem gehen sie viel zu tief; es sind Schiffe nöthig, die einen ausnahmsweise ge ringen Tiefgang haben und dabei über ungewöhnlich starke Ma schinen verfügen, die im Stan'de sind, über die Stromschnellen des Flusses fortzukommen, oder auch in die Nebenflüsse einzu laufen. England ist eben jetzt beschäftigt, Kanonenboote, die diesen Anforderungen entsprechen, in größerer Anzahl zu bauen. Es besitzt deren bereits mehrere. Derartige Schiffe braucht die deutsche Marine hier draußen bitter nöthig. Die Begehrlichkeit der F l u ß p i r a t« n, die seit Jalhr und Tag schon so viel Unheil unmittelbar unter den Mauern Eantons anrichtet, wird mit der Aunahm« des Handels- und Schiffsverkehrs auf dem oberen Nangtz« sich auch dort bemerkbar machen, und voraussichtlich in «iner weit gefährlicheren Weise, als auf dem Tsekia-nz, der immerhin noch von größeren Fahrzeugen befahren werden kann. Die Versuche des „Iltis", den Perlfluß hinaufzufahren, waren im letzten Herbst vergeblich. Das Schiff lief "wiederholt auf, sein Führer mußte schließlich um kehren, ohne das gewünschte Ziel erreicht zu haben, wollt« anders er nicht das Schiff in ernste Gefahr bringen; aber bis Canion kann wenigstens zu jeder Zeit ein deutsches Kriegsschiff ge langen. Ganz anders liegen die Dinge auf dem Nangtze ober halb Hankons. Dort fehlt auch jede Möglichkeit, den deutschen Handel in angemessener Weise zu schützen. Wir werden aus schließlich auf den Schutz und den guten Willen Englands an gewiesen sein, wenn einem unserer Handelsdampfer dort etwas zuftößt. Für di« ganze Entwickelung des "deutschen Handöls und der .deutschen Schifffahrt in den weiten, reichen Gebieten der Provinzen Hupeh, Szechnan und Aünnan, die heut« noch fast vollständig dem Außenhandel verschlossen sind, ist der Schutz des Reiches dringend geboten. Das erst« Mittel, ihn auSzu- üben, sind Flutzkanonenboote. Aber es wär« falsch, sich auf diese allein verlassen zu wollen. Wrstchina wird für die deutsche Industrie ein Absatzgebiet werden können, von dessen Bedeutung man sich daheim auch kein annähernd richtiges Bild macht. Di« Erzeug nisse .der deutschen Industrie beginnen schon jetzt dort Eingang zu finden. Noch ist allerdings "der Sinn der chinesischen Be völkerung, ihrer Kulturstufe und ihrem kindlichen Geiste ent sprechend, mit Vorliebe auf mehr nutzlos« Dinge, wie z. B. Spielfachen, als auf nützliche Gegenstände gerichtet, das hindert aber keineswegs, daß man auch in den entlegensten Städten Szechnans (es sei hier nur des fast ganz von Tibetanern be wohnten Ta-chien-la gedacht) Maaren mit der Aufschrift „klacks in 6srrnnn^" findet. Die deutsche Kaufmann schaft Chinas schickt sich an, in diesem weiten und großen Ge biete festen Fuß zu fassen. Mit welcher Aussicht auf Erfolg das geschieht, ist aus der Thatsach« zu erkennen, daß in dem heutigen Ausfallsthor dieses Gebietes, in Hankon, bereits der deutsche Kaufmann der ausschlaggebende ist. Dort hat er den Engländer weit überflügelt; es ist fraglich, ob es diesem gelingen wird, die einstige Position zurllckzugewinnen und Hankon wieder zu einem Platze mit vorwiegend englischen Interessen zu machen. Es scheint, als .hätten di« Enyliintder das selbst bereits als unwahrscheinlich erkannt. Sie sind deshalb werter stromaufwärts gegangen. Sic rüsten sich, in Jchang und Chunking festen Fuß zu fassen — in letzterem Ort« namentlich auch cm Wettbewerb mit den von Süden vor-dringenden Fran zosen. Schon bestehen dort englische Niederlassungen und eng lische Consulate. Deutschland ist heute amtlich noch nicht ver treten. Di« Errichtung deutscher Confulateauf diesen vorgeschobenen Wachtposten sollt« sofort erfolgen. Nicht juristisch hervorragende Beamt« sind hier von Nöthen, sondern praktische Männer, die mit der Sprache und den Gewohnheiten de» Lande» ebenso vertraut sind, wie mit den Bedürfnissen von Handel und Schifffahrt. An solchen fehlt e» heut« leider im Consulardienst noch sehr. Wir haben in den älteren chinesischen Hafenplätzen ein Tonsularcorp», da» den Anforderungen durch aus gerecht wird; aber daß seine Zahl so gertng ist, daß e» an abkömmlichen jüngeren Leuten fehlt, die auf die Grenzposten vorgeschoben werden könnten, wird beklagt. Da» Bedürsniß nach solchen Beamten ist in den letzten Jahren ungemein gewachsen — zum nicht Mindesten auch durch die Besetzung Kiautschau» und die rasch« Entwickelung Visser unserer Colo nie. Abhilfe muß ober hier geschaffen werden. Wir brauch«» mehr Beamte im Consulat»dienst in China; die Errichtung von Berusrcoufulaten in Dhahi, Jchang, Chunking darf nicht auf die lang« Bonk ge schoben werden, von den in anoeren weiter flußaLwiiri» ge logenen Plätzen (Kmkiang, Duhn, Chinikiamg u. s. w.) nicht zu reden. Endlich aber sollte da« Reich auch rechtzeitig an ollen diesen Plätzen Grund und Boden für «ine deuische Niederlassung erwerben. In Hanton ist (wie in Tientstn) vor erntgen Jahren damit der Anfang gemacht worden; leider ist der Erwerbung jener die weiterer sogenannter Niederlassungen (eovaeaaiona) nicht a«folgt. Di« Engländer und nruerding» die Japamr gehen in dieser Bezlshung vtzl zitlbewußter vor. Der Erwerb von Grund und Boden an diesen neuen Plätzen würde für das Reich eine in jeder Hinsicht lohnende Anlage bedeuten. Heute ist noch nicht Alles fortgegeben; heute kann neben der eng lischen und japanischen Niederlassung noch ein Gebiet erworben werden, das Aussicht hat, «inst der Mittelpunkt der Handelsstadt zu werden. Man hüte sich, auch hier wieder, wie schon so oft, die Gelegenheit unbenutzt vorübergehen zu lassen. Nachzuholen ist später nicht, was heute versäumt ist. Im Interesse des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt brauchen wir solche Stütz- punete, an denen wir nicht vom guten Willen Anderer abhängen, unbedingt. Der Unternehmungsgeist deutscher Kauflrute hat auch hier das Samenkorn gelegt; möge das Reich dafür sorgen, daß die Frücht« nicht Anderen zufallen. Der Krieg in Südafrika. -p. Nach den letzten amtlichen Meldungen deS englischen Oberstcommandirenden ist der Kampf östlich von Pretoria in vollem Gange. Es wird berichtet * London, 14. Juni. (Telegramm.) Robert- trlegraphirt au» Pretoria vom 13.Juni Vormittag-: Wir waren gestern den ganzen Tag mit General Botha'S Heer im Gefechte. Der Feind kämpfte mit großer Entschiedenheit und hielt unsere Cavalieri« auf beiden Flanken fest. Tie General« Hamilton und Pole Carew machten jedoch einen Vorstoß und nahmen «inen in der Front de- Feinde» gelegenen Hügel. Der Feind ging ostwärts nach seiner zweiten Stellung zurück. Diese hält er gegenwärtig noch. Die weite Ausdehnung des Gebiets, über das sich der Kanzps erstreckt, bewirkt, daß die Fortschritte nur sehr langsam sind. — Eine drei Stunden später aufgegebenr Depesche de- Feldmarschalls berichtet, daß der Feind während der Nacht fein» starke Stellung geräumt und sich in der Richtung nach Osten zurückgezogen habe. Eine private Meldung, welche aber durch die vorstehende Nachricht überholt ist, besagt: * London, 14. Juni. (Telrgrammt) Wie „Daily Expreß" aus Lourenyo Marques vom 13. d. M. meldet, wurde io der Nähe von Eerste Fabriken und Donkersock gekämpft. Die britischen Linien hatten eine Länge von 25 englischen Meilen. Dir Engländer wurden zurückgeschlagen. DaS Lommando Ermel'S that sich dabei besonder- hervor. Dir Verluste auf beiden Seiten sind noch nicht bekannt. Eerste Fabriken liegt 15 englische Meilen östlich von Pretoria, Donkersock 5 Meilen weiter östlich, etwas südlich vou den Eisenbahnen. Der Zweck, welchen Botha mit dem Rückzug verfolgte, ist jedenfalls der, den Feind in da» gebirgige Terrain von Lydenburg zu ziehen. In der vranje-tkolonie marschirte, wie Roberts weiter telegrapbirt, General Metbuen am 12. Juni nach Honingspruit und fand Alle- ruhig. Kroonstad wird von den Engländern mit starker Macht gehalten. Metbuen kehrte gestern nach dem Rhenosterfluß zurück, wo die Eisenbahn ausgebrffert wird. General Baler. * Laing-nek, 13. Juni. („Reuter'» Bureau") General Buller traf heute früh in Volk-rüst eiu, zog durch Charleston weiter und lagert jetzt in der Nähe von Laiug-nek. Der Tunnel ist nicht ernstlich beschädigt; di« Ingenieure hoffen, schon Sonntag eiarn Zug durchzubringen. Erlebnisse eine» freiwilligen Arzte». Von den Verwandten deS im Dienste des Rothen Kreuze» nach Südafrika gegangenen Stab-arzte- vr. meä. Hilde brandt wird der „Straßburger Post" ein weiterer Brief diese- Arzte» au« Lourentzo Marque» vom 8. Mai zur Verfügung gestellt, dem wir Folgende» entnehmen: Ich möchte noch über einige Punkt« Aufschluß geben, die meiner Ansicht nach der Aufklärung dringend bedürfe», weil sich alle Welt bei «n» darüber aofrrgt. Punct 1 betrifft da» Schießen auf Ambulanzen. Mir selbst ist kein Fall bekannt, wo ein« englische Abthrilung oder «in Borrencommaudo absichtlich auf da» Rothe Kreuz geschossen. Ich glaube auch nicht, daß dies jemals vorgekommen; die bis jetzt darüber berichteten Fälle — Im Kriege wird übrigen» absichtlich oder unabsichtlich entsetzlich gelogen, sowohl auf Seiten der Boeren al- auch der Engländer — lassen sich, wenigsten» soweit ich darüber unterrichtet bin, stets auf unabsichtliche» Handeln zurückführen. Es wird sich natürlich niemals vermeide» lassen, daß Ambnlanzwagrn, namentlich aber Aerzte «. s. w. einmal in heftige» Feuer kommen; wie selbst unser Lazarrth tu Jacob-dal, da« zwei Tage hintereinander einem heftigen Kuqrlregen anSgesrtzt war. Doch lag hier der Fall etwa so: Jacob-dal liegt im Thale, von der Grit«, von der di« Engländer kamen, erst in einer Entfernung von etwa 1500 bi« 2000 m sichtbar, dir Boeren lagen »um Theil in Gärten de» Orte- br»w. dicht am Dorfe selber, natürlich wie immer auSgezetchnet gedeckt, sodaß st« selbst keinen einzigen Verlust hatten. Sie waren so gedeckt, daß ich vom flachen Dache eine« HoSpital- haufe», obwohl ich in Ihrem Rücken war, nicht» von ihnen sehen konnte, während ich den Anmarsch der Engländer sehr gut sehen konnte, wa« Wander, daß di« Lee-Metsord-Geschoffe der Engländer bei ihrem schlechte» Schießen «affenhaft in» Lazareth fielen. Ich wiederhol« also, ich bi» de« festen Glauben«, daß weder Engländer noch voerru jemal« auf Ambulanzen geschossen. Ich alanbe auch, daß di, Beschuldigungen, betreffend de» Mißbrauch der weißen Flagg« — übrig«»» Flagg« de» Parlamentär«, der mit Trompeter kommt — aach wenn »icht, wir wohl in vielen Fälle» erlogen, auf Mißverständnisse zurückzufllhren find. Paact L betrifft de» Gebrauch von sogenannte» Dum-Dum- Geschofien. Die Engländer hatten namentlich in Natal zu Nasang de» Kriegs »aflenhast Dum-Dum-Geschoffe im Besitze gehabt, auch ver braucht, wie dir den vrrwaudrte» und Befangen,, abgenommene» Patronen beweisen. Ich rechne zn Dum-Dum tzohlspttzen« und Theil- mantelg,schofle, sowie all« Geschoßroastruettoae», die eia, Trrnaong de» Mantel» und Kerne» mit folgender Stauchung, trziehrntlich Zerreißung beider bezweck,». Ich hab« vier verschiedene Urten desselben theil» gesund«», theil« erhalten. Sicherlich hat da mit Lord Robert»' Ankunft in Afrika aofgehSrt, ich hab« Hunderte von englischen Soldaten besonder» darauf angehalten, niemals ober bei ihnen Dum-Dum-Kuqeln gefunden. Allerdings habe ich während de» Gefecht« bei Kodoesberg an einer Stelle, wo offenbar rngltiche Streiswachen gewesen, mehrere Theilmantel- geschosse gefunden. Doch bin ich der Ansicht, daß sehr wohl ein Jingo trotz Befehls Les Vorgesetzten sich im Besitz solcher Dinge befinden und Liese verwenden konnte. Die Boeren haben sich niemalsderDum-Dum-GeschossefürihreMa usergewehre bedient; in Pretoria liegen zwar massenhaft Dum-Duin-Schießvor- räthe, diese sind aber niemals ausgegeben worden. Dagegen sind sie, wie bekannt, massenhaft in Besitz von Lee-Metfordgewehren in Natal gekommen und haben ebenso dazu die Vorräthe erbeutet, darunter auch eine Unmenge Theilmantel- und Hohljpitzengrschosse. Namentlich in letzter Zeit habe ich denn ab und zu Boeren gesehen, die in ihrem Patronengürtel englische Dum-Dum-Geschoffe hatten Die Explosivkugeln, die die Engländer im Lager Cronje'S zn Paardeberg fanden, habe ich auch gesehen, mir zeigte sogar ein englischer Officier eine solche; eS waren, wie ich ver sichern kann, Lee-Metsordgeschosse. Ich habe unter Len Hunderten von Schußwunden nur einmal eine wahrnehmbare Dum-Dum- Wunde gesehen. Ich muß gestehen, daß ich meinen Erfahrungen nach nur einem beschränkten Theile der hier im Felde thätigen Aerzte ein Urtheil darüber einräume, zu entscheiden, ob Dum-Dum vorliege. Ich habe Grund dafür: ich sah Verletzungen, auf Dum-Dum zurück geführt, die zweifellos Nahschüsse waren. Punct 3 betrifft unsere Be handlung unter den Engländern. Ich erledige diesen Punct, indem ich sage, wir sind stets so behandelt worden, wie wir e- nur erwarten konnten, mit ausgesuchter Courtoisi« und größtem Entgegenkommen, namentlich von Lord Roberts, wir wir rS allerdings von ihm, dem Muster eines vornehm denkenden und handelnden Engländers, nicht anders erwartet hatten. WaS zuletzt dir Plünderungen von Farmen u. s. w. betrifft, so ist da wirklich von beiden Seiten viel gesündigt worden, aber dafür ist der Krieg nun gerade keine Erziehungs- und Bildungsanstalt guter Sitten. Ich bin bestohlen worden zuletzt von Boeren, nachher von Engländern; obgleich mir der Adjutant von Lord Roberts versicherte, ich sollte meine Sachen nur ruhig in dem Zimmer lassen, wo ich mich befand, das der Generalquartirrmeister inne hatte, war nachher Alle- weg, selbst rin« englisch« Granate. Deutsches Reich. -t- verlier, 14. Juni. (In guter Gesellschaft.) Die „Freisinnige Zeitung" ist erbittert darüber, daß drr Ab geordnete Bassermann letzthin ganz offen von dem „offen baren Verfalle der freisinnigen Volksparteien" gesprochen hat. Ein Zeichen des Verfalles würde nach der Meinung des fortschrittlichen Blatte» in der Uneinigkeit innerhalb der Fraction zu sehen sein, während doch die freisinnige Volks partei auch in dieser Session immer geschlossen gestimmt habe. Es sei nur beiläufig erwähnt, daß die Spaltung einer Partei bei Abstimmungen ganz und gar nicht da» Zeichen de» Zerfalls zu fern braucht. Die National liberalen, die Reichspartei und da» Crntrum haben bei den Handelsverträgen nicht geschlossen gestimmt und diese Parteien sind heute denn doch viel gesünder und lebensfähiger, als die freisinnige Volk-Partei, die sich auf ihre Geschlossenheit etwas zu gute thut. Herr Richter befindet sich offenbar im Voll gefühle des Triumphes darüber, daß es ihm, obwohl ganz offenkundig auch im voll-parteilichen Lager sich Freunde der Flottrnvorlage befinden, gelungen ist, auch bei der dritten Lesung der Flottenvorlage die Partei geschlossen gegen die Vorlage stimmen zu lassen. ES sei gern anerkannt, daß dieses Resultat dem Führertalente und der Energie Richter's ebenso ein gute» Zeugniß ausstellt, wie der Selbstständigkeit seiner FractionSgrnossen ein schlechtes. Da der Abg. Richter da- FractionSwrsen über Alles stellt, so wird ihm sein Triumph augenscheinlich auch nicht durch die Beobachtung verkümmert, in welch au-gewählter Gesellschaft die freisinnige VolkSpartri sich bei drr Ablehnung der Flottenvorlage befunden hat. Kurz vor der Schluß abstimmung hat der Reichskanzler mit Recht nochmals hervor gehoben, daß der deutsch« Eiaigungsgedankr und drr Flotten gedanke Kinder ein und derselben Zeit seien. Nun rühmt sich die Fortschritt-Partei immer damit, daß ihre An hänger zu den Vorkämpfer« de« Einigungs gedanken» gehört hätten. In welcher Gesellschaft befindet sich aber die freisinnige VolkSpartri bei drr Ablehnung der Vorlage? In der Gesellschaft ausschließlich solcher Manner, deren Streben auf die Zerstörung der vor einem Menschen- alter erfolgten Einigung hinau-gebt. E» haben mit der freisinuigen Volk-partei gegen die Vorlage zunächst gestimmt dir Socialdemokraten. Die Socialdemokraten bekämpfen da» Bestehen de» Reichs nicht nur vom wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Standpunkte au», sondern weil der deutschen Socialdemokralie, dieda-PrincipderJnternationalität viel schärfer hervorhrbt, al» die Socialdemokralie anderer Länder r- thut, naturgemäß di« Bewilligung «iner Vorlage zuwider sei« muß, die neben anderen Zwecken auch die verfolgte, die nationale Geschlossenheit deS Deutschthum» auch im Au«lande zu festigen. Zum Zweiten gehörte zur Opposition di« süddeutsche Volkspartei. Auch diese Partei steht dem ReichSgedanken mehr als kühl gegenüber: einmal au- localem ParticulariSmus, andererseits au- Groll darüber, daß da- von ihr geträumte Großdeutschland sich nicht hat verwirklichen lassen. Es folgt eine Anzahl von CentrumSmännern, und zwar der großen Mehrzahl nach Bayern. Da- bayerische Eentrum ist von jeher — e- sei nur an di« wenig erbaulichen Kammersitzungen nach der fran zösischen Kriegserklärung erinnert — particularistisch gesinnt. Al- im letzten Jahrzehnt de- l9. Jahrhundert» der bayerische Bauernbund auftauchte und dem Centrom einen Sitz nach dem anderen abaahm, betonte da- bayerische Eentrum seinen Particulari-mu- noch viel schärfer, um sich darin von den Bauernbündlern nicht übertrumpfen zu lassen. So ist dir Opposition gerade eine- erheblichen Tbeile» der bayerischen Centrum-mitgliederau-schließlich auf partikularistische Gründe zurückzusühren. E- folgen die Polen, die die Welfen und Elsässer. Bon diesen Parteien hat allerdings die eine, die polnische, in der ersten Hälft« der 90er Jahre zu den Forderungen für Herr und Marine eine freundliche Haltung eingenommen, aber wahrlich nicht um den Bau de- Reich» zu stärken, sondern um von der preußischen Regierung Vergünstigungen für sich heraulzuschla^rn, wa- ihr damals auch Dank der Kurrsichngkeit der damaiiaen Regierung gelang. Al- aber di« Rraieruna w'-d'r »ur Be sinnung kam und die Polen etwa- schärfer anfaßte, zeigte da- Polenthum wieder sein wahre- Gesicht und ging in nationalen Fragen wieder mit den anderen geborenen Feinden des Reiches, den Welfen und den Elsässer», zusammen. Zu dieser illustren Gesellschaft ausgesprochener Feinde des Reichs hat sich die freisinnige Volkspartei bei der Abstimmung über eine der wichtigsten nationalen Fragen befunden. Und da wundert sich da» Richter'sche Organ, wenn Herr Basser- mann von dem offenkundigen Verfalle der Fortschrittler ge sprochen hat. Hätte Herr Bassermann Unrecht, ließe sich das Volk da- schmähliche Verhalten der Fortschrittler gefallen, dann hätte Herr Bassermann freilich von einem offennludigen Verfall des deutschen Volkes sprechen müssen. /S. Berlin, 14. Juni. (Deutsche und tschechische Finanzwissenschaft.) In diesem Jahre sind vor einiger Zeit ein deutsches und ein tschechisches Werk über Finanz wissenschaft erschienen: die 2. Auflage der „Finanzwifsenschaft" von Professor I. Conrad-Halle (Jena, G. Fischer) und die Uebersetzung deS ersten TbeilS der „Finanzwissenschaft" von Professor J.Kaizl, der alsMitglied der jungtschechischen Partei und österreichischer Finanzministcr weiteren Kreisen bekannt ge wordenist. BeideWerke werden von der „Social.PraxiS" in einer Besprechung einander gegenübergestcllt und dabei wie folgt beurtheilt: „Da- Conradsche Buch ist wie kein anderes dazu geeignet, in das wichtige .. Gebiet der Finanzwissenschaft einzuleiten. Aber auch der Kenner unserer DiSciplin wird da- Werk gern zur Hand nehmen, wenn er sich über irgend eine Materie rasch orientiren will. Conrad versteht e-, mit einer bewundernSwerthen Geschicklichkeit au- der ungeheueren Fülle de- gesetzgeberischen und statistischen Material- da- Wesentliche herauszuheben und eS kurz, klar und über sichtlich darzustellen. Namentlich sind auch die für den Socialpolitiker so wichtigen Capitel der Gemeindesinanzen und der indirekten Steuern sehr eingehend behandelt. In den jedem Paragraphen vorauSzeschickten Literaturangaben ist mit Sachkunde da- Werthvolle au-gewählt, ohne daß irgendwie bedeutsame Werke übersehen würden. Nur rin solcher Meister wie Conrad konnte einen solch übersichtlichen Bau ausführen, bei dessen Durchwanderung man die überwundenen Schwierig keiten gar nicht bemerkt. DaS Werk deS jungtschechischen Finanzministers und Professors vr. Kaizl verliert sehr an Werth, wenn man eö dem Conradschen gegenüberstellt. Die Anpreisung in der vom Uebersetzer beigegebenen Vorrede ist so aufdringlich, daß sie Vie Kritik geradezu herausfordert. Das Schwergewicht deS vorliegenden ersten Bändchens liegt in der HerauSarbeitung der dem Lehrgebäude zu Grunde liegenden Begriffe. Die Wege, die hier Kaizl geht, weichen oft von der herrschenden Lehre ab. Aber die Art und Weise, wie Kaizl seine Lehre begründet, ist oft originell und regt zu weiterer Forschung an. Bei der Classification ver Finanzeinnahmen vermissen wir die Ver arbeitung der bestehenden Gesetzgebung der verschiedenen Staaten. In dieser Beziehung, sowie waS die Statistik an langt, ist der vorliegende erste Theil äußerst dürftig. In der Literatur zeigt Kaizl eine besondere Vorliebe für ita lienische, russische und polnische Autoren, denen gegenüber ganz bedeutende deutsche Schriftsteller entschieden zu kurz kommen." — Professor vr. Kaizl kann eben seinen Deutschenhaß auch al- Gelehrter nicht verleugnen. 88 verltn, 14. Juni. (Privattelegramm.) Die gestern vom BundeSrath angenommenen Vorlagen über die Gold- und Silber münzen bilden eine Eonse quenz der Münznovelle. Durch die Novelle vom 1. Juni 1900 ist dem BundeSrath die Ermächtigung gegeben, die Außercourssetzung der goldenen Füufmarkstücke an zuordnen, was nun erfolgt ijl. Nach Mittheilung de» Reichs kanzlers bezifferte sich am 30. April d.J. der Bestand der Reichs bank an goldenen Flliifinarkstückcn auf 1.463 000 Es erscheint, wie in der Begründung der Vorlage gesagt wird, unbedenk lich, die NußcrcourSsetzung dieser Münzgattung schon jetzt in Aussicht zu nehmen. Eine Benachtheiligung de- Publikums oder überhaupt des Geldverkehr- ist hierbei nicht zu besorgen, da die spärlichen Eingänge dieser Münzsorte bei der Reichs bank während der letzten Jahre zeigen, daß sie au» dem Ver kehre so gut wir verschwunden ist. Der BundeSrath hat daher der folgenden demnächst zu erlassenden Bekannt machung zugestimmt: 8 1. Vom 1. Oktober 1900 ab gelten die ReichSgold- münzrn zu fünf Mark nicht mehr al- gesetzliches Zah- lung»mttt«l. Es ist von diesem Zeitpunkt ab außer den mit der Einlösung beauftragten Lassen Niemand verpflichtet, diese Münzen in Zahlung zu nehmen. 8 2. Bi« zum 30. September 1901 werden RetchSgoldmünzea zu fünf Mark bei den Reichs- und Lande »c assen zu ihrem gesetzlichen Werth« sowohl in Zah lung genommen, al» auch gegen RrichSmüazrn »mgetaufcht. 8 3. Die Verpflichtung zur Annahme und zum Umtausch findet auf durchlöchert« und ander» al» durch dea gewöhnlichen Umlauf im Gewicht« verringerte, sowie auf »«fälscht« Münzstücke kein« An wendung. Ferner ist, wie bekannt, durch die Müazgesetznovelle der zulässige Gesammtbetrag der ReichSsilbermünzen für den Kopf der Bevölkerung de» Reich« von 10 auf 15 -E er höht worden, um der im GUdverkehr ausgetretenen lebhaften Nachfrage nach ReichSsilbermllnzea ausreichende Befriedigung zu gewähren. In drr Begründung der Vorlage wird nun bemerkt: Der Beschluß de» BundeSrath» vom 16. December 1897 über di« Autprägung von 28'/, Millionen Mark Reichs-Stlbermünzen wird bi» zum 80. Juni d. I. erledigt fein. Hiernach erschelot e» geboten, al-bald mit «iner verstärkten Ausprägung von Reich«. Stlbermünzen vorzagehea. E« ist in »»«sicht geaommea, diese Prägungen für da« ganz, RechauagSjahr z» vergebe», am den Münzstätten eine ihren BetriebSverhättaiflea thaalichft stch an- paffend« Eintheiliing der Prägungen zu erleichtern. Legt man für di« Silberprägangen elaeu IahreSbetrag von 80 Millionen Mark zu Grunde, so würden auf di« Zeit vom 1. Juli 1900 di- prm 81. März 1901 rund SS'/. Million,« Mark zu, NnSdrägu»,
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