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Wochen- und Rachnchtsblatt zugleich HesWs-AWM für Kohn-ors, KNüß, Kanshorf, Küsdors, Sl. Wien, Keimichrort, Umenm n. Wsm, Amtsblatt für den Ktadtrat m Kichtenstein. »» K3. Jahrgang. - — Nr. 106. ---'M-'«--» Sonnabend, den 9. Mai <903. Dieses Blatt erscheint täglich «außer Sonn- und festtags- abends für den svlgenden Log. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mk. 2b Psg., durch die Post bezogen 1 Mk. 50 Pj, — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein. Markt 6, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. In serate werden die fiinfgespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. — Im „Amtlichen Teil" wird die zweispaltige Zeile oder deren Raum mit 30 Pfennigen berechnet Mr auswärtige Inserenten kostet die ^gespaltene Zeile 15 Mennige. — Die Rache -er Türken an den Bulgaren in Mace-onien. Die Ruhe in Macedonien und in den angren- zenden türkischen Gebietsteilen ist noch nicht herge stellt. Zwar sorgen über 150 mobilgemachte tür kische Bataillone nebst einer größeren Anzahl von Reiterschwadronen und Batterien sür die Dämpfung des Aufstandes, und in Saloniki, dem schlimmsten Herde der Revolution, herrscht seit einigen Tagen infolge vollständiger militärischer Besetzung der Stadt Grabesstille, aber in Konstantinopel befürchtet man neue Dynamitattentate, da au den österreichischen Botschafter ein Warnungs- oder Drohbrief eingegangen ist, und der Botschafter nicht versäumt hat, der tür- kischen Regierung davon Meldung zu machen. Die größte Gefahr in der gegenwärtigen kritischen Lage im Orient liegt aber darin, daß die Türken alle Schuld an den empörenden Vorgängen in Saloniki und anderen Orten den in der Türkei lebenden Bul garen zuschreiben und deshalb an denselben schwere Rache nehmen wollen. Die türkische Regierung geht sogar noch weiter und macht sogar das Fürstentum Bulgarien, von dem ja die Schürer und Hetzer zum Aufstande meistens nach Macedonien gekommen sind, für das Unheil und die Bedrohung des türkischen Reiches verantwortlich und hat nicht übel Lust, da für an Bulgarien den Krieg zu erklären. An und für sich ist die Haltung der Türkei in dieser Krisis berechtigt, denn welcher Staat möchte wohl dulden, daß von einem Nachbarstaate her in seinem Lande ein gefährlicher Aufstand erregt wird. Zwischen allen anderen Staaten wäre dies ohne weiteres ein Kriegs fall. Indessen liegt leider im Orient der Zündstoff noch immer so nahe und so dicht gehäuft, daß die Kriegserklärung der Türkei an Bulgarien leicht ein allgemeiner Völkerbrand auf der Balkanhalbinsel werden könnte, denn die dortigen Völker sind immer noch Halbbarbaren und stets zum Rache- und Raub kriege geneigt. Die Großmächte werden daher alle Mittel anwenden müssen, um die Türkei an einem Rachefeldzuge gegen Bulgarien zu verhindern. Aber unmöglich und auch völkerrechtlich gar nicht zulässig ist es, die Türken zu verhindern, Wiedervergeltung und Strafe und Rache an den bulgarischen Uebel tätern und allgemein verdächtigen Bulgaren in Mace donien zu üben. Der neue Vali in Saloniki, Edib Pascha, hat schon verkündet, daß er gekommen sei, um im Namen des Sultans die an dem Aufstande und an den Dynamitattentaten beteiligten Personen, und es sind dies meistens Bulgaren, streng zu be strafen. Es sind bis jetzt in Saloniki zu diesem Zwecke gegen 1500 Personen, darunter viele Lehrer an den bulgarischen Schulen, Kaufleute, Agenten. Handwerker und Arbeiter, bereits von den Türken verhaftet worden, und vielen von ihnen wird der Galgen oder schwere Zwangsarbeit blühen. Die Türken nehmen aber bei dieser Gelegenheit und zur Verminderung der Nevolutionsgefahr gern die Rache gleich sofort. So sind während der Dyna mitattentate und den darausfolgenden Verhaftungen in Saloniki ohne weiteres über 300 Bulgaren nieder gemacht worden. Auch gibt das türkische Militär bei dem Zusammenstöße mit Aufständischen niemals Pardon, sondern die revolutionären Banden werden möglichst aufgerieben, denn kein Türke traut noch einem Bulgaren, was ja nach den unerhörten Vor gängen in Saloniki, wo die Aufständischen, wenn es ihnen gelungen wäre, die halbe Stadt in die Luft sprengen wollten, auch gar nicht zu verwundern ist. So Hal jetzt die Balkanyalbinsel infolge der barba rischen Mittel der Aufständischen und der Rache der Türken eine schlimme Krisis zu bestehen, die nur mit der Ruhe des Kirchhofes oder mit neuen Auf ständen ihr Ende oder ihre Fortsetzung erfahren kann. Aufklärung tut uot! In einer Zuschrift an die „L. N. N." wird eine ganz auffallende Tatsache berichtet. Es heißt dort: In Sachsen sind an oer österreichischen Grenze Hunderttausende von Arbeitern beschäftigt, die Millionen von Mark alljährlich über die Grenze schleppen, in Sachsen nichts verzehren und dadurch unsere sächsischen Kaufleute und vor allem die Arbeiter schädigen. Wie bekannt, sind in Böhmen die Lebensbedürfnisse niedriger als in Sachsen, die Arbeiter bezahlen keine Steuern, sie können also zu viel niedrigerem Lohne arbeiten als unsere Leute. Es ist wohl selbstverständlich, daß dadurch Unzufriedenheit erzeugt wird. Ich bemerke hierbei, daß der Staat diese Arbeiter ruhig besteuerte. Jetzt geht das Gesetz- und Verordnungsblatt 10. Stück ein, nach welchem am 21. Januar die Königlich sächsische Negierung mit der österreichischen einen Staatsvertrag abgeschlossen hat, in welchem bestimmt wird, daß diese Besteuerung aufhört. Dieser weittragende Staatsoertrag ist ohne Zustimmung des Landtages abgeschlossen worden. Als Grund wird ein Gesetz angegeben, daß eine Doppelbesteue rung vermieden werden solle. Das Entgegenkommen geht soweit, daß die 1902 bezahlten Steuern au' Verlangen zurückzuzahlen sind. Wie die König! sächs. Regierung dazu kommt, solche verlustbringend Verträge abzuschließen, verstehen wir nich angesichts unserer trostlosen Finanzverhältnisse. In der Tat ist ein solches Vorgeben geeignet böses Blut zu machen, und es wäre wohl zr wünschen, daß eine Aufklärung über die Gründe der seltsamen Maßregel baldigst erfolgt. Politische Rundschau Deutsches Reich. * Wo Rauch ist, da ist auch Feuer; das Sprich wort bewährt sich auch wieder bei der Meldung über die angebliche Begnadigung des Prinzen Prosper von Arenberg. Die offiziöse „Nordd. Allg. Ztg." schreibt nämlich: „Durch die Presse geht eine Meldung, wonach der wegen Tötung eines Eingeborenen in Deutsch- Südwestasrika zu längerer Freiheitsstrafe verurteilte Prinz Prosper Arenberg begnadigt sein soll. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß diese Mel dung unrichtig ist. Zu den umlaufenden Gerüchten hat möglicherweise der Umstand Anlaß gegeben, daß den zuständigen Militärgerichten ein Antrag wegen Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegt." Man wird vermutlich, fügt das „B. T." hinzu, bald erfahren, welches Ergebnis dieser Antrag hat. Der Fall wird übrigens dadurch interessant, daß nach einer Andeutung eines kolonialfreundlichen Blattes auch das Schicksal des sattsam bekannten Dr. Peters mit dem Prinzen Arenberg verknüpft worden ist. Vielleicht werden in nicht allzu langer Zeit beide „Kulturträger" wieder auf die unglücklichen Bewohner unserer Kolonien losgelaffen. * Für die neueMilitärvorlage sind nach einer Berliner Meldung der „Magd. Ztg." bereits mannigfache Vorbereitungen im Gange. Es dürfte sich wesentlich um die Bildung dritter Bataillone bei den Regimentern handeln, die jetzt nur zwei haben. * Uebertriebenes Ehrgefühl soll den Fähnrich z. S. von Abel in den Tod getrieben haben. Wie aus Kiel gemeldet wird, ist er ohne jede Veranlassung von einem betrunkenen Matrosen hinterrücks überfallen worden. Er erhielt von hinten einen Schlag über den Kopf, der ihn momentan be täubte. Der Uebeltäter entfloh. Bei dem Fähnrich aber setzte sich der Gedanke fest, seine Ehre sei ver letzt, weil er eine tötliche Beleidigung nicht habe rächen können. Wie bereits gemeldet, erschoß er sich. * Keine weiteren deutschen Schiffe vorSaloniki. Die Mitteilung, daß die deutschen Schiffe „Condor" und „Sperber" im Mittelländischen Meere kreuzen und, wenn nötig, bald in den türkischen Gewässern erscheinen könnten, darf keines wegs so verstanden werden, das „Sperber" und „Condor" nach Saloniki beordert sind. Vor der Stadt werden außer der „Loreley" weitere deutsche Kriegsschiffe nicht erscheinen. * Die nationalliberale Partei stellte, wie die „National-Zeitung" berichtet, für die bevor stehenden Reichstagsivahlen ungefähr 140 Kandidaten auf; dir Kandidaturen werden demnächst bekannt gegeben werden. * DieLage auf dem Balkan hat sich verschlimmert, da der Sultan und sein Kabinett durch die Kriegspartei zum offensiven Vorgehen gegen die aufrührerischen Elemente in Macedonien gedrängt werden. * Die amerikanischen Gesandten in Berlin, Wien und Rom haben ihre Beteiligung an der Kieler Woche zugesagt und bereits Wohnung in der Krügg'schen Seebadeanstalt gemietet. Oesterreich * Wien. Fürst Ferdinand von Bulgarien wird auf seiner Rückkehr nach L-ofia vom Kaiser Franz Josef empfangen werden. Italien * Mini' Nenis. der" mäbrend seine« Ansei-innstes Direktor der Kriegspulverfabrik, hat 13 000 Fr. unter schlagen. Eine Zeitlang bezog er (iO — 90 Fr. monatlich unter dem Namen seiner Magd, die er, ohne Vornamen, sälchlich auf die Liste der Arbeiter gesetzt hatte. Spanien. * Madrid. Ende Mai trifft ein deutsches Geschwader unter Prinz Heinrich in Vigo ein. Dec Prinz wird einen Besuch in Paris abstatten. Aus Stadt und Land Lichtenstein, 8. Mai. *— Zur Warnung! Folgender Vorgang diene denjenigen Geschäftsinhabern zur Warnung, die ihre Postsachen durch ihr Personal abholen lassen. Mittwoch ließ sich ein noch uner mittelter junger Mann an einem Postschalter des Hauptpostamtes zu Freiberg unbefugt die Postsachen für ein dortiges gröberes Geschäftshaus aushändigen. Unter den Postsachen befand sich eine Postanweisung, die der Betrüger mit der Unterschrift des Adressaten versah. Der Aufmerksamkeit des Postbeamten, welcher die Fälschung bemerkte und die Auszahlung des Betrages verweigerte, ist es zu danken, daß der Be trüger seinen Zweck nicht erreichte. Es ist wahr scheinlich, daß der junge Mann dasselbe Manöver wiederholt — vielleicht auch in anderen Städten — versuchen wird. *— Die warmen Regen der letzten mehrmaligen Gewitterperiode haben die Vegetation, welche infolge des kalten April ziemlich weit zurückgeblieben war, gewaltig gefördert. Ueberall grünt und blüht cs, unsere zeitigen Laubbäume prangen im duftenden Schmucke des Hellen Grün, und sogar Eichen, Eschen und Ahorn beginnen bereits ihre Blättchen zu entfalten. In reichem Ansatz blühen in unseren Waldungen die Heidelbeeren, und die Preißelbecren sind daran, ihre Blüten zu öffnen. Unsere Vogclwelt ist bis aus den Kuckuck wohl vollzählig wieder versammelt, und zahlreich hört man unsere ge fiederten Sänger ihre Lieder in Wald und Flur er schallen. Allgemein hört man aber die Klage, daß die Schwalben durchaus nicht in solchen Mengen erschienen