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WichmMch erscheinen drei Nummern. PrSnumerationS >Prei« 22j Siibergr. (j^ THIr.) viertelsührlich, 3 Ldlr. für da- ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Pränumeraeionrn werden non jeder Buchhandlung (in Berlin hei Veie u. Comp., Iägerslraße Nr. 28), so wie von allen König!. PojI > AcnNcru, angenommen. Literatur des Auslandes. .W 7i). Berlin, Dienstag den 2- Juli 1844. Frankreich. Die Universität und die Geistlichkeit. Der Gesetz-Entwurf über den Sekundär-Unterricht in Frankreich, der, nachdem die PairS-Kammer einige die Gerechtsame der Universität beein trächtigende Aenderungen darin vorgcnommen, jetzt der Deputirten-Kammer vorlicgt, wird wohl in der diesjährigen, ihrem Ende entgcgengchendcn Session »licht mehr zur Erledigung kommen. Einstweilen hat sich jedoch die von der Kammer ernannte Kommission, zu deren Vorsitzenden Herr Odilon Barrot erwählt worden, mit der Vorberathung des Gesetz-Entwurfs beschäftigt, und nach Allem, was bisher in französischen Blättern darüber verlautete, werden nicht bloß die von den PairS hinzugcfügte» Bestimmungen, wonach dem UnterrichtSrath der Universität der StaatSrath an die Seite gestellt, der philo sophische Unterricht auf den Gymnasien inehr eingeschränkt und die akademische Gerichtsbarkeit aufgehoben werden soll, in der Deputirten-Kammer keine Gnade finden, sondern diese wird auch den ursprünglichen Gesetz-Entwurf, insofern darin schon manche Bestimmungen enthalten waren, welche wie Zu geständnisse al» die Geistlichkeit aussehcu, bedeutend modifiziren. Bereits hat Herr ThierS sich in den BüreauS auf sehr bedeutungsvolle Weise vernehmen lassen; seine Rede schließt sich entschieden den Vorträgen an, die Herr Eousin in der PairS-Kammer gehalten, der hier fast allein der Vcrtheidigcr der Lehrfreiheit und des philosophischen Unterrichts war, während diejenigen beiden Minister, die vermöge ihrer amtlichen Stellung — Herr Villemain als Minister des öffentlichen Unterrichts und Herr Martin du Nord als Justiz- und Kultus-Minister — zur Wahrnehmung der Rechte der Universität vorzugsweise berufen find, fich ziemlich passiv verhielten. Die drei bedeu tenden Reden, die Herr Cousin in der PairS-Kammer gehalten, find jetzt in einem besonderen Abdruck erschienen, und wenn es wahr ist, daß ihm, wie eS heißt, von Schelling in Berlin ein schriftlicher Dank dafür zugegangcn, daß er die Philosophie und die Lehrfreiheit'so trefflich vertreten, so würde dies für die Sache selbst, bei dem Ansehen, das der philosophische Veteran auch in Frankreich besitzt, von großer moralischer Einwirkung seyn. Weniger philosophisch als die Reden Cousin's, aber desto mehr mit schla genden Argumenten all bominmn auSgcstattet, war der Vortrag, den Herr ThierS über den Gegenstand in den Bureaus der Deputirten-Kammer ge halten, und der, da dort nicht die Schnellschreiber wie in den öffentlichen Sitzungen Platz nehmen, bisher nur in einzelne» Bruchstücken in das Publikum gekommen. Wir theilcn daraus einige der merkwürdigsten Stellen mit, ob wohl auch deutsche Zeitungen bereits — nach einer anderen Version — Meh- rcres darüber veröffentlicht haben. „Ihr sagt immer", rief er der klcrikalischen Partei zu, „die Jugend müsse religiös erzogen werden; sehr wohl; ich erkenne an, daß dies im Interesse der Familien und der Gesellschaft sc-, aber ich habe Euch noch niemals sagen hören, daß man die Jugend auch im wahrhaften Geist unserer Zeit und unserer Institutionen, in den Gesinnungen der Vaterlandsliebe erziehen müsse, die einem großen Volke so wohl anstehen. Ja, auch ich will, daß man fromme Menschen erziehe, aber nicht minder, daß man sie zu guten Bürgern und guten Franzosen mache. Darum jedoch kümmern sich die Leute wenig, welche die Jugend den Händen der Universität entziehen wollen, um sie den Herren Jesuiten von Freiburg oder ihren Geistesverwandten in Frankreich zu überliefern. Ich gehe direkt auf daS Ziel los und nenne die Sachen bei ihren Namen. Alle Eure Bemühungen laufen darauf hinaus, das Lehramt den Laien zu entziehen und den Jugendunterricht der Geistlichkeit zu übertragen. Dem aber widersetze ich mich und werde ich mich immer aus allen Kräften widersetzen. Das Wort „UnterrichtSsreihcit", das Ihr im Munde führt, ist bloß für die Gelegenheit ersonnen, um dahinter Euren eigentlichen Zweck zu verstecken. Ihr wollt uns damit ganz einfach um fünfzig Jahre zurückbringen und dergestalt unvermerkt eine kleine Contrerevoluliou ausführen. Die fran zösische Revolution hat Alles säkularisirt: die Gesellschaft, die Negierung, den Unterricht; sie hat Frankreich, ja ganz Europa säkularisirt, und nichts Geringeres wäre es, als ihr Werk zerstören, wenn wir den Unterricht durch geistliche Corporationen wieder erthcilen ließen. „Ich weiß sehr wohl, was man sagen wird: man wird uns Gottlose nennen, die keine Religion in Frankreich wollen. Das sind jedoch abgc- schmackte Verleumdungen, über die man sich muß hinwegsctzen können, wenn daS Staats-Interesse eS erheischt. Heutzutage ist es kein Verdienst mehr, von fich zu sagen, daß man den religiösen Ideen huldige; vor fünfzig Jahren hätte darin ein Verdienst gelegen, jetzt aber ist cs fast zur Modcsache ge worden. Beinahe nehme ich Anstand, zu sagen, wie ich in dieser Beziehung denke, um nicht das Ansehen zu bekommen, alck folgte ich bloß einer Mode des TageS. Also ohne den Ideen dcS Augenblickes schmeicheln zu wollen, er kläre ich, daß mir eine glaubenvolle Nation hundertmal lieber ist, als eine glaubenlose; eine glaubenvolle ist viel angercgtcr, wenn eS fich um Werke des Geistes, viel begeisterter, wenn es sich darum handelt, ihre eigene Größe zu vertheidigen. Hätte ich in meiner Hand diese Wohlthat des Glaubens, so würde ich sie über mein Vaterland öffnen, unter der Bedingung jedoch, daß fich mit dem Glauben die Duldung und die GeisteSfreihcit verbinde, ohne welche kein wahrhaft Gebildeter heutzutage noch leben mag. „Aber meint Ihr denn, die Jugend werde gläubig werden, wenn Ihr sie der Geistlichkeit überliefert? Ich glaube das durchaus nicht und berufe mich dabei auf ein schlagendes Beispiel. DaS 18. Jahrhundert, dieses wegen seines Unglaubens so verrufene Jahrhundert, aus welchen Händen ist es hervor- gegangcn? Aus den Händen dcr geistlichen Corporationen. Und die gegen wärtige Generation, die, wie man mir zugcbcn wird, den religiösen Ideen viel mehr fich zuneigt, als ihre Vorgängerin — denn wenn sie auch nicht gerade gläubig, so ist fle doch mindestens achtungsvoll gegen die Religion — wer war ihre Lehrerin? die Universität! Wie kommt eS nun, daß die Uni versität frömmere oder doch mindestens die Religion mehr achtende junge Leute liefert, als die Oratorianer und die Jesuiten? Dies kömmt lediglich daher, daß man dem Glauben dcr Jugend keine Gewalt anthat; die Universität hat, obwohl sie ihr religiösen Unterricht crthcilte, doch gewissermaßen ihre Freiheit geachtet und nicht einen bestimmten Zweck vorangcstellt; und das Gemüth der jungen Leute, fich selbst überlassen, hat sich der Gottlosigkeit nicht in die Arme geworfen, denn das menschliche Herz, wenn eS weder gedrängt noch umhüllt wird durch Prätensioncn von außen, wendet sich lieber den reli giösen als den entgegengesetzten Ideen zu. Stellt mir nur Professoren, wie die von Freiburg, in ganz Frankreich an, und ich verspreche Euch einen zweiten Voltaire; ja, wollte Gott, er wäre dann auch eben so verständig und geistvoll, wie dcr erste war. „Und dies ist noch nicht Allcs. Wenn Ihr die Jugend katholischen Prie- stcrn übergeben wollt, so werdet Ihr doch wohl nicht verlangen, daß auch die Protestanten und die Juden ihre Kinder zu ihnen schicken. Es bedürfte also eines besonderen Unterrichts für jede GlaubcnSgenossenschaft, und wir würden dann ein katholisches, ein protestantisches und ein jüdisches Unterrichtswesen besitzen. Auf diese Weise stellt Ihr uns die Gesellschaft wieder her, wie sie vor 1789 war, eine Gesellschaft, in welcher cs statt Franzosen nur Burgunder, Provenzalen, BretonS, Flamändcr, Adelige, Bürgerliche, Katholiken, Juden gab. Die französische Revolution hat diese Unterscheidungen in den Hinter, grund geschoben, indem sie eine Nation aus uns machte, die denselben Geist, dieselben Rechte wie dieselben Pflichten hat- Ihr schönstes Resultat ist eben die Einheit in allen Stücken. Einheit dcr Verwaltung, dcr Finanzen, der Rechtspflege besitzen wir, also müssen wir sie auch im Unterrichtswesen haben. Und was ist die Universität anderes, als eben die Einheit des Unterrichts?" England. Georg Brummell, der letzte Dandy aus dcr Zeit Gcorg's I V. Auch der Dandysmus, d. h. die Mode, die Eleganz, die äußere Form, hat ihre Helden, ihre Märtyrer gehabt; wir wollen hier das Leben eines solchen darstellen. Ernstere Leser, denen eS um Reelles, wahrhaft Bedeutendes aus den Zuständen des Auslandes zu thun ist, werden vielleicht diesen Artikel überschlagen wollen, in der Meinung, daß hier nur ein lustiges Gcschichtchen ohne tiefere Bedeutung zuin Besten gegeben wird. Dem ist jedoch nicht so; allerdings handelt eS fich hier nicht uni große politische, wissenschaftliche oder künstlerische Interessen; gleichwohl ist dcr Gegenstand, von dem hier die Rede ist, erstens psychologisch merkwürdig, zweitens ist cr für die Kulturgeschichte nicht unwichtig, und drittens greift cr sogar in die politische Geschichte Eng lands ein, insofern unser Hclb eine Zeit lang mit den bedeutendsten politischen Personen seiner Zeit in Verbindung gestanden und der Charakter derselben hierdurch zur Anschauung kommt. England ist daS Paradies der Dandy'S; ja eS gicbt dort eine Dynastie von Souverainen der Modc, die mehr als ein Jahrhundert daselbst geherrscht hat und erst in unseren Tagen erloschen ist. Der Londoner Dandy ist in