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171. Ja-«. Mittwoch, Rv Juni L8VV ^rs«ni>t: «glich stütz 7 Uhr. Inserate werden angenommen: ti«Abend»v,Sonn tag» bis Mittag» 1« Uhr: Marienstrast« 13. >«»eig. in dies. Blatte Daten eine erfolgreich« Verbreitung. Auflage: 13,Vtt0 Exemplar«. F5»«»e«e»t: BiertrljLhrltchroNgr. bei unentgeltlicher Lia« frrung in'« Hau«. Durch die Lönigl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummer» l Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: ' Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" dir Zeile 2 Ngr. Bruck Md EigvlHmn der Herausgeber: Ltepslh Reich ardt. — Verantwortlicher Nedacteur: Julius Reichardt. Dresde«; den 2». Juni. — Dem Verein für Pfleg« verwundeter und erkrankter Soldaten ist zwar, und namentlich auch aus weniger bemittel ten Kreisen, wie dankbar hervorzuheben ist, schon manche Liebes gabe zugegangen. Noch aber ist die^etheiligung des Publikums durchaus nicht «ine solche, wie sie bei dem wahrhaft humanen Zwecke des Vereins und gegenüber dem Jedermann so nahe vor Augen gestellten Bedürfnis zu erwarten ist Insbesondere scheint noch über die Ausdehnung der Vereinswirksamkeit hier und da ein Zweifel zu bestehen, der Manchen, vorzüglich aus den Krei sen der hier weilenden Fremden, abhalten dürfte, dem Verein eine Gabe zufließen zu lasten. Es ist daher ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Grundsätze, auf denen der Verein beruht, keinen Unterschied kennen zwischen den Angehörigen der verschiedenen Armeen und Nationalitäten, daß der Verein vielmehr jedem verwundeten und erkrankten Sol datm nach seinen Kräften Hülfe zu spmden bereit ist Außer Geld und Verbindmitteln ist für jetzt namentlich erwünscht die Spendung von brauchbarer Leibwäsche, Hemden, Unter hosen, Jacken Taschentücher und Bettwäsche. — Die vorgestern eingerückten Truppen hatten gestern Rasttag, sie besuchten zahlreich die hiesigen Etablissements. Sie gehören sehr verschiedenen Regimentern an; außer dem 3ästen scheinen von den übrigm Infanterie - Regimentern nur einzelne Bataillone anwesend zu sein. Auch Husaren und Uhlanen sahen wir nur in einzelnm Zügen. — Dem dringend ausgesprochenen Wunsche unser» Herrn Oberbürgermeisters Pfo tenhauer ist es zu danken, daß der nach den benachbarten Dörfern vorgestern auf einige Zeit unte.brochene Verkehr we nigstens bis zu dm Abmdstunden wieder freigegeben ist. Die Verproviantiru ig unserer Stadt von den Dörfern äuS isthier- durch gesichert. Die Landbewohner werden gut thun, wenn sie mit Geschirren, Gemüse-, Milch- und sonstigen Wagen herein kommen wollen, sich zur Legitimation mit einem Paß von den in der. Nähe stehenden Truppen zu versehen. — Die Omn buS- fahrtcn bis Vlasewitz sind sistirt. — Vorgestern Abend hatte sich das Gerücht verbreitet, in der Redaktion des Dresdner Journals sei es zu blutigm Auftritten durch die Preußen ge kommen. Sehr lehrreich ist es, zu sehen, wie solche Gerüchte entstehen. Von den auf dem Antonsplatz lagernden Preußen warm fünf durch den anstrengenden Maisch so ermüdet, daß ihnen ver Commissionsrath Hartmann in seiner Expedition ein Unterkommen anbot; zugleich schickte er nach ärztlicher Hilfe Die erschöpften Soldaten w rden nun so gestärkt, daß drei da von nach kurzer Erholung mit ihren Kameraden weiter mar sch wen konnten, die übrigen beiden wurdm ins Lazareth transportirt, nach dem dem einen zur Ader gelassen worden war. So ist zwar im Nedactionslocale des Dresdner Journals Blut geflossen, aber kein Redacttonsblut,sondern das eines Soldatm und nicht um ihn zu schädigen, sondern ih r zu heilen Unsere alte Jungfrau Europa befindet sich dermalen in eimr eigenthümlichen Situation: der Kopf, dm bekanntlich Spanien vorstellt, hat, wie der einer jeden alten Jungfer, seine besonderm Grillen, die namentlich im verflossenen Jahre recht zu Tage kamen. Er hat daher sehr für sich selbst zu sorgen, weshalb er jetzt in den allgemeinen Angelegenheiten des ganzen Staatenkörpers keine bedeutmde Rolle spielt. Anders verhält es sich mit dem Halse, welchen Frankreich figurirt, denn da sich derselbe, wie bei alten Jungfern, gern streckt, um möglicherweise auch noch eine Eroberung zu machen, so trachtet er darnach, sich durch Annexion der Nheinprovinzen und dergl. eine größere Ausdehnung zu verleihm. Sollte aber dadurch das Ebenmaß des ganzen Körpers (das europäische Gleichgewicht) gestört wer den, so könnte wohl der Fall eintreten, daß er, wie es schon anno 14 geschehen, von den. geschicktesten Aerzten Europas wie der einmal geschnitten werden müßte, falls er sich diesmal nicht etwa selbst schneiden sollte. Der rechte Arm (Italien) leidet seit längerer Zelt an veitstanzähnlichen Zuckungen, welche ihren hauptsächlichsten Grund in einer nicht unbedeutenden Lähmung der rechten Schulter (Venetien) haben mögen. Obgleich nun die linke Hand nicht wissen soll, was die rechte thut, so scheint doch die Linke unserer europäischen Jungfrau (England) ein nicht geringes Interesse an dem Thun und Treiben der Rechten zu nehmen, um nötigenfalls mit eingreifen zu können. Aus dem Herzen (Deutschland) kommen jetzt Gedanken, die den ganzen Körper in Aufregung versetzen und das Blut in mancher Le bensader stocken machen. Die mächtige Crinoline (Rußland) stemmt sich, wie dies jede Crinoline in verschiedenen Fällen, z. B. beim Niederlaffen auf einen Sperrsitz gewisser Theater oder beim Einsteigen in ein Coupe thut, vermuthlich aus Besorgniß um ihre schöne, festgeschnürte Taille (Polen), jetzt gewaltig gegen die Gedanken des Herzens, sie ist sehr gespannt auf das, was geschehen wird, um nötigenfalls mit beiden Füßen darein springen zu können. Sie hofft sich aber doch eines noch grö ßeren Erfolges gewärtigen zu könnenwenn sie die beiden Arme, den Hals und den noch unverrückten Thcil deS Herzens mit zu Hilfe nimmt. Die ganze Kraft genannter Körperteile soll sich nämlich im Kehlkopfe (Paris) concentriren, der mit gewaltiger Stimme ein Halt! gebieten werde, und es wird sich ausweisen, ob dasselbe ein heilsames Pflaster gegen den Herz fehler unserer lieben Jungfrau werden wird, und die übrigen Körpertheile nach glücklicher Wiederherstellung des Herzens be ruhigt und die stockenden Lebenssäfte wieder in dir gehörige Circulation versetzt werden können. — Aus Prag vom 15. Juni meldet die Wiener „Presse": Sächsische Proviantvorräthe sind massenhaft hjer eingetroffen. Ein Lastzug auf der Westbahn verunglückte; mehrere Waggons sind zertrümmert worden; fünf Begleitvngspersonen wurden erheblich verletzt. Zahlreiche sächsische Osficiere sind hier ange- langt und unterhandeln wegen Beschaffung von Verpflegungs materialien und Magazinen, wie versichert wird, für hier ein langende sächsische Truppen. Der Inhalt der sächsischen Schatz kammer, sowie große Baarvorräthe aus den sächsischen Kassen sind heute früh hier angekommen und nach München und Kuf stein befördert worden. — Ein fremder, hier durchreisender Herr, welcher das Unglück gehabt hat, blind zu werden, war im höchsten Grade indignirt, als er hörte, daß wir in Dresden eine „Blinden straße" (nach der in der Nähe befindlichen Blindenanstalt be nannt) haben. Er nannte eS nicht nur eine Taktlosigkeit, son dern eine Grausamkeit, daß man eine Straße nach dem größten Unglücke, welches den Menschen treffen könne, benenne. Mit gleichem Rechte könne man auch eine Straße, in welcher zufällig mehrere verwachsene Menschen wohnten, „Buckligenstraße", oder eine, welche in der Nähe einer Invaliden kaffe liegt, „Krüppel straße" benennen. Mit richtigem Tacte habe man unsere frühe ren Benennungen: „Jüdenteich", „Jüdenhof", „Judengasse", als unpassend beseitigt, sei aber mit obiger Benennung in einen viel schlimmer», Fehler verfallen. Einsender kann sich nicht enthalten, diesem Tadel, der ihm vollkommen gerechtfertigt zu sein scheint, öffentlichen Ausdruck zu geben und damit den Wunsch zu verbinden, es »nöge diese unpassende Benennung ab geändert werden. — Dem Vernehmen nach befindet sich gegenwärtig das Hoslager Sr. Majestät des Königs in Teplitz, in dessen Gefolge außer den Staattininistern Freiherrn v. Br est und v. Raben- horst, der Oberstallmeister v Thielau, die General- und Flü geladjutanten v Witzleben, v. Thielau und Garten, der Lega- tionsrath v. Zobel, und der Brigade Stabsarzt vr. Ullrich find. — AuS Prag ist vorgestern die Kunde eingegangen, daß das königl. CadettencorpS und die Artilleriesch, le daselbst am .16. Juni Abend wohlbehalten angekommen sind. — Die DarlehnSkasse zur Aushilfe für Handel und Ge werbe hat für Dresden und den Vezük der Dresdner Han dels- und Gewerbekammer nunmehr ihre Wirksamkeit begonnen. Gebe der Himmel, daß diese Wirksamkeit eine segensreiche sei! Die Summe, die vorläufig der Darlehnskasse zur Verfügung gestellt worden, 150,000 Thlr., ist eine sehr geringe, und es wird, wenn dieselbe nicht bald erhöht wird, der äußersten Sorg falt und Umsicht der Leiter bedürfen, um nur einigermaßen dem in Aussicht genommmenen Ziele nahe zu kommen. Von großen Vorschüssen für Handelshäuser ersten Ranges und für bedeutende Fabriken wird zunächst bei so geringer Ausrüstung der Darlehnskasse kaum die Rede sein können. Kleineren Ge- werbtreibenden würde verhältnißmäßig mehr aufzuhelfen sein, wenn nicht diese zum bei Weitem größten Theile außer Stande wärm, das von der DarlehnSkasse verlangte Pfand: Maaren, die nicht dem Verderben oder dem schnellen Wechsel der Mode unterworfen sind, sowie Staatspapicre und coursmäßige Effec ten, zu bestellen. Demnach würden diese kleinern G-werbtrei- bcnden von der Hilfe durch die DarlehnSkasse ganz ausgeschlos sen bleiben müssen, wenn nicht ein mittelbarer Weg betreten wird, der schon bei Gelegenheit der Verhandlungen über die Errichtung der DarlehnSkasse in dir letzten Sitzung der hiesigen Handels- und Gewerbekammcr angedeutct und später in der Ständeversammlung von dem Negierungs Commissar, Geheim- r,th Vv. Wein ig, warm empfohlen wurde: der Weg nämlich, daß den Vorschuß- und Creditvereinen der Stadt und des Be zirkes Vorschüsse aus der DarlehnSkasse gewährt und diese Ver eine somit in den Stand gesetzt würden, ihren Mitgliedern nach wie vor Geld , und C edit zu bewilligen. Der Herr Ge heimrath I»r. Weinlig hob in der betreffenden Sitzung der zwei ten Ständekammer ausdrücklich hervor, daß Vo. schuß- und Creditvsreine, deren Statuten von der Negierung bestätigt sind, und die auf solidarischer Haft ihrer Mitglieder beruhen, die sicherste Bürgschaft denjenigen böten, welche solchen Vereinen Vorschüsse geben. Man darf hierauf nicht blos die Leiter der neuen DarlehnSkasse aufmerksam machen, sondern auch Alle, welche einem Vorschuß- oder Creditoer»ine Gelder anverlraut haben, und nun, ohne diese Gelder für den eigenen dringe» den Be darf zu gebrauchen, sie zurückfordern und so die Förderung der gemeinnützigen Zwecke solcher Vereine geradezu unmöglich »nachm. Denn wie sollen die Vereine ihren Mitgliedern ferne» Vorschüsse gewähren können, wmn ihnen nicht allein keine ^ Gelder gebracht, sondern auch die früher gebrachten massenhaft zurückgefordert werden? Weniger die Vorschuß- und Creditver» eine sind e», die durch das Zurückfordern der Einlagen leides als vielmehr das Heer der kleinerm Gewerbtreibenden, denen hierdurch das zum Geschäftsbetriebe unentbehrliche Element Geld , und Credit abgeschnitten wird, die sogar gedrängt werden müssen, ! die von dm Vereinen erhaltenen Vorschüsse in so schwerer Zeit zurückzuzahlen, dainit hinwiederum die Vereine die gekündigten Einlagen zurückgeben können. Die ineinandergreifmden Folgen des Zurückfordervs von Einlagen sollten sich alle diejenigm klar machen, welche ihre Gelder ohne eigene Noth von den Vereinen zurücksordern. Möchten doch alle Wohlmeinende dies beherzigen und zum Besten der kleinern Gewerbtreibenden dahin wirken, daß die Vorschüsse und Cred tvereine nicht durch ungerechter» ! tigtcs Mißtrauen, durch unnöchigcs Zurücksordern gemachter Einlagen, in ihrer segensreichen, in ihrer gar nicht mehr zu ent behrenden Wirksamkeit gestört werden! Mögen vielmehr All«, die eS mit dem Gewerbestande wohl meinen, entbehrliche Gelder i in größern und kleinern Beträgen den Vereinen anvertrauen, auch ihre Bekannten zu gleichem Vorgehen veranlassen! Das ist der sich rste, wir möchten sagen: der einzig mögliche Weg, die Mehrzahl unserer Gewerbtreibenden vor dem ihnen drohenden Ruine zu bewahren. Möge auch die neue DarlehnSkasse mit , ihren, jetzt leider nur noch schwachen Kräften in gleicher Weise ' dem Gewerbestande duxch Vorschüsse an bestätigte Vorschuß» * und Creditvereine zu Hilfe eilen und gleichzeitig sich bemühen, ' daß die Dotation der DarlehnSkasse den Bedürfnissen entspre chend erhöht werde. — Wie wir hören, v.rmißt ein hiesiger Herr seit einigen!j! Tagen eine namhafte Summe in Coupons, die den I k. i fällig sind. Verdacht fällt auf 2 Arbeiter, welche einige Tage vorher in der Wohnung des Verlustträgers beschäftigt gewrsen sein sollen. — Allgemeine Bewunderung erregt gegenwärtig der ziem lich bis an dm Thurmknopf kunstvoll umrüstete Schloßthurm. Die Arbeit an demselben scheint durch die gegenwärtigen Ver hältnisse nicht unterbrochen zu werden. — Den gegenwärtig hier einquarlirten preußischen Trup pen scheint unser Bier vortrefflich zu munden; wenigstens haben wir schon mehrfache belobigende Aeußerungen hierüber gehört. — Nesmüller's Sommertheater im Königl. großen ? Gartm wurde gestern, Montag dm 18. Juni 1866, bis auf Weiteres geschlossen. Möglicher Weise finden in nächster Zeit einige Vorstellungen im Wintertheater (Altstädter Gewand haus) statt. — Die Mannschaften der preußischen Truppen, welche die Wachtzimmer des Königlichen Schlosses bezogen haben, respec- Liren sowohl die Gemächer der abwesenden hohen Herrschaften, . als auch die von Ihrer Hoheit der Prinz.ssin Amalie bewohn- ^ ten Räume. Die Dienerschaft des Königs bewegt sich ruhig zwischen der Wachtmannschast. — Am Alberlsbahnhofe entlud sich vorgestern der Zünd- ", nadel Carabiner eines vom Pferde steigenden Husaren, und traf , die Kugel einen nahebei stehenden preußischen Wachtposten in ^ den untern Theil des Körpers. — Seit gestern Nachmittag 3 Uhr ist der fahrplanmäßige Verkehr zwischen Dresden-Berlin und Dresden-Görlitz auf der , Leipziger und Schlesischen Bahn für das Publikum wieder er» ? öffnet. Ebenso wird auch die Strecke Dresden-Leipzig und Dresde,» - Tharand - Freiberg von heute an wieder dem Verkehr ( übergeben. . ) > U — Im Belvedere der Brühl'schen Terrasse findet heute Doppel-Concert vom Herrn Stadtmusikdirector Puffholdt und dein Mpsikchor des 33. preußischen Infanterie-Regiments statt. 1 — Der diesjährige Johannismarkt wird unter den obwatten- f, den Verhältnissen in der Zeit vom 21. bis zum 27. Juni ^ nicht abgehaltm. ' lü — Vorgestern Nachmittag stürzte in der Schießgaffe 13 ein zweijähriqcs Kind aus dem Fenster des vierten Stockwerks auf die Straße herab und war augenblicklich todt. Die Mutter badete ein anderes Kind und hatte ihre Aufmerksamkeit von dem armen kl.inen Wesen am Fenster abgewendet (Tel.) » — Vor Kurzem feierte in Pirna ein gewisser Lehneck sein fünfzigjähriges Gesellenjubiläum als Töpfer, und zwar in einer und derselben Werkstatt beim Enkel seines ersten Meister». Auf der Brust solch' eines treum Arbeiters würde ein Orden wohl doppelt schöner glänzen. ' — Das gestern erwähnte Feuer ist nicht in der 3. Etage des Hauses Nr. 7 der Hauptstraße auSgebrochen, sondern un mittelbar auf dem Boden, welcher dem Hauswirth gehört, «nt-^ standen. . — Seit einiger Zeit versucht ein alter Mann ein eigen»! thümliches Manöver, um Geld zu geivinnen. Er giebt nämlich