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yoiglliindi scher Anzeiger. NeunundsechMMr Fahrsiang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. DicfeS Vlatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und sonnabends. Jährlicher A b o n n e m e ntSpr e i-, auch bei Beztebunz durch die Post, 1 Thlr. lO Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Uhr eingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene (LorpuS-Zeile berechnet. Donnerstag. 14. 4 Februar 1838. 77--ES-.« — -----Ei 7 ... . i 's "H— ' Bekanntmachung. Nachdem die Königliche Kreisdirection zu Zwickau mit Genehmigung der Königlichen Ministerien des Innern und der Justiz den Voigtländischen Anzeiger als Amtsblatt für den Bezirk des unterzeichneten Kgl. Gerichts-Amts bestätigt hat, so wird Solches andurch mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die in der gedachten Zeitschrift zum Abdruck gelangenden Anordnungen und Be kanntmachungen der unterzeichneten Behörde mit Ablauf des dritten Tages, von der Ausgabe desjenigen Blattes an gerechnet, in welchem sie stehen, für die Betheiligten als gesetzlich bekannt gemacht gelten. Königliches Gerichts-Amt Plauen, am 29. Januar 1858. Beyer. Rundschau. Die lieben Weihnachten liegen zwar schon weit hinter uns, und von geschehenen Dingen soll man, wie das Sprichwort sagt, nur das Beste reden; aber unwillkürlich müssen wir doch bekennen, daß sie weniger schön waren, als andere Male. Der Himmel war so düster, die Lust so nebelig, das Wetter so verdrießlich, daß die Nacht dem Tage kaum noch einige Stündchen vergönnte, so sehr hatte sie ihn überwältigt. Bei diesem hy pochondrischen Wetter that sich die sanbere Grippe eine wahre Güte, und die Aerzte hätten sich multipliziren mögen. Das Schlimmste von Allem aber, die heillose Geschäftsstockung, lastete wie Alpdrücken auf allen Ge- müthern und drohte, den Rest der Feststimmung, den Nacht- und Grippen regiment noch gelassen, zu vernichten. Die Christbäume brannten wohl und leuchteten, aber nur in solchen Häusern hell und hoffnungsreich, wo sich in den Herzen der Familien mit dem warmen Vertrauen auf die eigene sittliche Kraft ein noch viel wärmeres auf den gütigen Vater über dem düstern Wolkenhimmel verband. Der heurige Winter hat sich eine geraume Zeit lang als character- loser Bursche gezeigt. Bald wollte er kalt sein, wie am 3. Januar, und Schnee bringen, wie cS sich gehörte, bald wieder den Frühling nachäffen, brachte es aber weder zu diesem, noch zu Schnee und Kälte, auch nicht zu dem so äußerst nöthigen Wasser. Schickt sich das für einen voigtlän dischen Winter, daß man, wie eS in Plauen geschehen ist, am 10. Jan. auf der Röhre des an der alten OelSnitzer Straße befindlichen Rinnel- brunnens einen frischen und muntern Schmetterling, einen Citronen- vogel, fängt? (Der Wochcnblattschrcibcr dankt herzlich dafür, daß man so freundlich war, ihm solch ein lebendiges Zengniß von der Milde deS heu rigen WlntcrS wohlbehalten zu überbringen.) Over ist daS ein Winter überhaupt, wenn, wie die Zeitungen schreiben, in der Nähe von Königs berg in Preußen zahllose Schaaren von Fröschen mobilisirt werden, ja sogar draußen am Rheine bei Ottweiler, wie amtlich festgesteUt ist, ein Amselncst mit drei brütigen Ciern im Walde gesunden wurde, aus denen auch später die Jungen auSschlüpftcn, aber freilich starben? Gewiß, das ist kein Winter, wenn gleich diese Schwäche oder Milde nebst der vor jährigen reichen Ernte, zumal an Kartoffeln, für welche wir der gütigen Fürsehung nicht genug danken können, gar manchem Armen zu Gute kam, dessen fleißige Hand bei der jetzigen Geschästöstockung weniger verdient und bis zum 2t. Januar doch weniger thcures Brennmaterial zu beschaffen hatte. Erst seit jenem Tage, da es im Gebirge, bei Dresden und in Schlesien Gewitter gab, ist's wirklicher Winter geworden, 12—15° R. Kälte, obwohl mau eben aus den vorhin erzählten Erscheinungen aus dem Thier- leben schließen will, daß Heuer der Winter nicht lange und nicht strenge anhalten werde. Wollen sehen! In der Politik treten alle Ereignisse weit in den Hintergrund vor dem Mordversuche am 14. Januar auf den Kaiser Napoleon. Der deutsch dänische Streithandel schleppt sich fort, wie eine ewige Krankheit; daS Fortschicken der hitzigen Divans aä Koo, d. h. der berufenen und doch unberufenen Vertreter der Donaufürstenthümer interessirt nur Wenige, da schließlich die Großmächte doch das Beste thun und jenen Ländern eine staatliche Einrichtung geben müssen, wie sie für ihre Ansangszuftände paßt, wenn aus den Wallachen und Rumänen noch neuwaschene Menschen wer den sollen. Die Aushebung der Leibeigenschaft der Bauern in Rußland, welche der jetzige Kaiser anzubahnen sucht, ist ein Riesenwerk und äußerst wichtig und wohlthätig sür Rußland und Europa; aber, wie gesagt, auch dieses, sammt der überaus Pracht- und für die Zukunft gewiß bedeutungs vollen Hochzeit des muthmaßlichen künftigen preußischen Thronfolgers tritt, mit Einschluß des englisch-osturdisch-chinesischen Krieges, der Mormonen händel, der Freibeutere.rpedition Walkers und Genossen nach Nicaragua, ja ftlbst unseres eigenen, wichtigen Landtages — in den Hintergrund vor dem Mordversuche auf den Kaiser Napoleon. Wir wollen unsere Leser nicht mit Redensarten über die selbstver ständliche Abscheulichkeit solcher Banditcnthaten mißhandeln, auch nicht mit Muthmaßungen über die möglichen Folgen langweilen, welche der gelungene Mordversuch sür Frankreich und Europa hätte nach sich ziehen können; nur so viel möge bemerkt sein, daß ein Gelingen desselben dem ohnedieß kranken Geschäftsbetriebe höchst wahrscheinlich den Todesstoß versetzt haben würbe. Uns sind bei dieser Veranlassung die unendlich verschiedenen Urtheile, welche über diesen hervorragenden Mann während seiner wechselvollen Laufbahn gefällt worden sind, Gegenstand der Betrachtung gewesen. In seiner Jugend galt er für einen wenig versprechenden, zu losen Streichen aufgelegten Jungen. Und doch fiel es auf, daß er immer ein großes Uebcrgewicht über seine Umgebung ausübte! Und docherkannte schon Zschokke in ihm ein eminentes Talent! Und doch bestimmte ihn der erste Napoleon^ der seine Leute erkannte, für den Todesfall des Königs von Rom zu dessen Nachsolger! Ueber die Streiche des Jünglings zu Straßburg und Boulogne, die wir jüngst unsern Lesern ins Gedächtniß zurücksuhrten, brach ganz Europa einstimmig den Stab. Der Gefangene in Hamm schrieb gelehrte Werke über Artillcriewesen, und überall belächelte man den theoretischen Kanonier, dem kein Monarch eine Batterie anver traut haben würde. Als er zum Abgeordneten gewählt war, verlachte man ihn wegen seines schweren Deutsch-Französischen, nannte ihn auch spöttisch den Neffen des Oncels. Sein Streben nach dem Präsiventen- stuhle, nach der Dictatur, nach dem Kaiserthrone wurde belächelt, verspot tet, und Kladderadatsch kühlte sein Müthchen nach Herzenslust an ihm. Mit dem Staatsstreiche, den 2. Dez. 1851, war Lou s Napoleon auf einmal ein grundgescheidter, psisfiger Kops geworden, aber natürlich ohne alle großen Eigenschaften seines Onkels. Muth gestand man ibm noth- dürftig zu, aber in sittlicher Beziehung galt er ohne Weiteres sür ein Ungeheuer, rin Scheusal. Späterhin dichteten dieselben Zungen und Blät»