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Nr. LLL. Sonntag, ven 17 September IVOS. 4. ^ayrgang Sächsische NMszeitimg »rlchciiit tiialich »acha». mit Ausnahme der Sonn- u, Felltage. «e,»a»vr«», «leneljührl I »tl. Lt» V». ohne -> st - " " «eroeutlch. Postanslalren U ZetlungSvlel»!. Slnzelnu st- daMonS-Evrechstnnde: I I—»» ub». Fiiseeaie werven ote xaelpalt. «<el izeile oder deren Raum mit OnaddSWger Lsgeblsn l. lvsdrdeit. «ecdtu. 7re>bett. «LLWKM-pxiKNLM». All unsere verehrten Leser! Reich au Ereignissen nxiren die Sommermonate, vor uns steht der Herbst, in dem sich das politische Leben noch reicher entfalten wird. Da ist es notlvendig, einen erprobten und tüchtigen Führer durch das Labyrinth aller Tages fragen zu haben. Die „Sächsische Volkszeitung" darf von sich sagen, daß sic ein solcher Führer ist, ja, daß sie in Sachsen der einzige zuverlässige Führer für die Katholiken ist. Sie vertritt alle Interessen des Volkes, die zeitlichen wie die ewigen, und läßt sich von dem Prinzip leiten: TW Grundsätze des Christentums im privaten wie öffentlichen Leven zur praktischen Anerkennung zu bringen. Jetzt, wo wir vor dem Onartalswechsel stehen, dürfte auch die Beant wortung der Frage angezeigt erscheinen, weshalb gerade für diesen Winter in jede katholische Familie unser katho lisches Blatt gehört. Die kirchenpolitischen und religiösen Fragen stehen noch immer im Vordergrund der Diskussion. Wir haben erst gestern in den „Dresdner Nachrichten" gelesen, wie ihnen die Einigkeit und die Machtstellung der ZentrumSpartei ein Dorn im Auge ist. Offen gestand das Blatt, daß ein Friede zwischen beiden Konfessionen erst möglich sei, wenn der Zentrumstnrm vernichtet ist und die Katholiken machtlos gemacht sind: das war die Antwort auf die Aufforderung des Kaisers. Ja, die errungene Freiheit der deutschen Katboliken ist der größte Schmerz für viele Gegner. In Versammlungen und Zeitungen wird es dutzendmal so dargestellt, als seien die Katholiken der gefährlichste Feind des Staates. Man sieht es als ganz selbstverständlich an, daß die Katholiken nur dazu da sind, um regiert zu werden; mau möchte ihnen nur die Pflichten des Staats bürgers auferlegeu, aber seine Rechte verweigern. Sobald sie, entsprechend ihrer Stärke, einen Anteil an der Regie rung fordern, sobald sie gegen die Zurücksetzung katholischer Beamten sich erhebeil, hört man ein tausendstimmiges Ge schrei über die „nltramontane Herrschsucht". Doch das gilr nicht von der sächsischen Diaspora, wo die Katholikenzahl nur fünf Prozent ansmacht, auch nicht von anderen deut schen Staaten, in denen der katholische Bevölkernngsteil be deutend ist, sondern hauptsächlich vom gesamten Deutschen Reiche, in dem 20 Millionen Katholiken leben. Da muß die katholische Presse auf der hohen Warte stehen und dafür kämpßn, daß der katholische Volksteil den ihm gebühren den Einkluß erhält. Weiter hat die katholische Presse gerade in der Diaspora die Siellnng eines vorgeschobenen Postens, sie hat den Arik- klärnngsdienst zu verrichten. Den Führern der Armee muß das Material geliefert werden, damit dort, wo es not tnr, zur Verteidigung geschritten werden kann. Welche große Ar beit, wenn wir das Gebiet der Freiheit der Religi- o n s ü b u n g in Betracht ziehen! Wenn es für die Katho liken in einigen Staaten erträglich ist, so bestehen doch noch in anderen Zustände, die unter keinen Umständen länger andanern dürfen, Zustände, die dem modernen Staat und der Freiheit Hohn sprechen! Wir brauchen ans manch" bekannte Fälle gar nicht erst hinzwvei'en. Es ist eine moderne Gcistesbarbarei, wenn jahrelang darum gekämpft werden muß, ob einige Male ein Gottesdienst für eine große Anzahl von Katholiken stattfinden, ob sich hier und dort ein katholischer Geistlicher niederlassen darf, und wenn eine solche Niederlassung aber dann noch gar im Zeit alter der Freizügigkeit versagt wird! Es ist ein himmel schreiendes Unrecht, wenn die Gesetzgebung im Reiche und in c'iizclnen Staaten sich dazu hergibt, Ausnahmegesetze gegen die Katholiken zu machen und durch Polizeigewalt altei Art sie einznengcn, während andere Konfessionen sich der größten Freiheit und der staatlichen Unterstützung zu er freuen haben. Für den Gedanken der staatlichen Gleichbe rechtigung der Konfessionen auf dem Boden der Freiheit, wie er im Toleranzantrag niedergclegt ist, hat die „Sächs. Voltsztg." stets Propaganda gemacht und zu mack>en und da hin zu wirken, daß diese Ideen den Siegeslauf durch das Deutsche Reich nehmen können. Gehen wir auf das politische Gebiet, so finden wir gerade für den kommenden Herbst hier sehr reiche Ar beit. Es steht fest, daß eine Reichsfinanzreform kommen wird. Nene Stenern müssen eingeführt werden, um unsere Ausgaben decken zu können. Eine Flottenvorlage ist auch angckündigt und schon hört man, daß sie viel nmfangreicher anssallen Vierde, als man seither angenommen hat. Die Kolonien erheischen immer mehr Opfer an Gut und Blut. Uebcr diese und eine Reil>e anderer wichtiger Fragen wer den heftige Kämpfe im Reichstage geführt tvcrden. Hier ist eine gute und rasche Orientierung absolut nötig. Nicht jedermann kann sich selbst in alle diese Fragen einarbeiten. Er hat seinem Berufe nachzngehen, aber doch als Bürger die Pflicht, sich um diese Angelegenheiten zu kümmern. Gerade in unserer Zeit ist also ein sick>erer Führer ein absolutes Be dürfnis, Als solcher darf sich die „Sächs. Volksztg." anbieten kraft ihrer Leistungen in Vergangenheit und Gegenwart. Zn diesem reichen Material kommen noch die sozialen Fragen hinzu. Für die Landwirtschaft steht bevor die Neuregelung des handelspolitischen Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten und zu Argentinien. Es wird ange sichts der „Fleischnot" über die Oeffnung der Grenzen de battiert werden. Fast überall geht es über die „Agrarier", das heißt die deutschen Bauern los. Nur in tvenigen Zei- tnngen noch findet sich eine ruhige Prüfung und volle Ge rechtigkeit in dieser Sache. Tie „Sächs. Volksztg." darf sich hierzu rechnen. Sie will auch hier der ausgleickienden Ge rechtigkeit zum Siege verhelfen. Kein Stand soll Fron dienste für einen anderen leisten. „Leben und leben lassen" gilt auch hier als unsere Parole! Im Handwerk ist eine große Gährung in der For derung des Befähigungsnachweises. Wir werden es uns stets angelegen sein lassen, gerade auf diesem Gebiete anf- klärend und orientierend zu wirken. — Für die Arbeiter ist die Errichtung von A r b e i t s k a in m ern angekündigt, ein höchst wichtiges Werk! Es handelt sich hierbei um nicht mehr und nicht weniger als um die Anerkennung der recht lichen Gleichstellung der Arbeiterwelt mit anderen Ständen, die schon solche Interessenvertretungen haben. Wo man also hinsieht, steht eine Unmenge von Arbeit für Belehrung und Aufklärung bevor. Wir dürfen von uns sagen, daß wir fest entschlossen sind, diese zu leisten und auch die geeigneten Mittel anwenden werden, um sie gut zu leisten. Eine Zahl tüchtiger Mitarbeiter auf politisckx'm und sozialem Gebiete ist »ns gesichert. In Berlin selbst haben wir einen Neichstagsabgeordncten als Mitarbeiter, der uns über die schwebenden politischen Fragen verläßlich orientiert; im Lande haben wir tüchtige Korrespondenten, es liegt nur an unseren Lesern und Leserinnen, unsere Be mühungen zu unterstützen. Je mehr wir Abonnenten haben, desto mehr tonnen wir bieten. Der katholische Preßverein scheut kein Opfer, um das Blatt zu heben und zu vervoll kommnen. Wenn wir uns deshalb an unsere Leser um Treue sür die kommenden Zeiten und an die Fernstehenden um ein Probeabonnement wenden, so geschieht es nicht ans gewinnsüchtigen Absichten, sondern damit der großen katho lischen Sache ein wichtiger Dienst geleistet wird, und hier soll jeder Katholik nach seinen .Kräften Mitarbeiten! Eine I001»-Kroneii-Wet1e Ivei^rn eines Wunders machte hener im April und Mai einiges Aufsehen, be sonders in Deutschland und Oesterreich, aber auch in Italien (Neapel) und Frankreich. Wir haben unseren Lesern da mals den Sachverhalt bereits mitgeteilt. Wie noch erinner lich sein wird, hatte Herr Tr. Albert Ladenbnrg, Ge heimer Negiernngsrat und Professor der C h e m i e an der Universität in Breslau, in einem Vortrage ans dem 73. Aerzte- und Natnrforschertage zu Kassel behauptet, daß n jemals ein W nnde r geschehen sei, noch je ein solche' geschehen könne. Darauf bot Herr Pfarrer Anton Weber in Mertendorf (Nordböhmen) diesem Ge lehrten in einem Briefe anfangs April d. I. eine Wette in der Höhe von 1000 Kronen (— fast 1000 Mark) an, wenn derselbe unwiderlegbar Nachweise, daß das weltberühmte Vlntwnnder des heiligen Januarius in Neapel (Italien) entweder gar nicht geschehe oder sich nach den Gesetzen der C h e in i e und Physik, also ans eine natür liche Weise erklären lasse. Das Wunder besteht hauptsächlich darin, daß das in zwei ungleich großen Fläsck)chen aufbenxihrte erstarrte Blut dieses Heiligen, wenn es in die Nähe seines Hauptes oder seiner anderen Reliauien gebracht wird, fast immer flüssig wird, sich oft auch bedeutend ver - in ehrt oder wieder vermindert und dabei gleichzeitig an Gewicht (bis zu 27 Gramm!) z n n i in m t oder ab nimmt, mitunter auch die Farbe ändert nsw. Dieses Wun der kann in der erzbischöflichen Kathedralkirche zu Neapel jeder Mensch in unmittelbarer Nähe sehen und zwar jedes Jahr an 18 Tagen, nämlich am ersten Samstage im Mai und die daransfolgenden 8 Tage, vom 10. bis 20. Sep tember jeden Tag. und am 16. Dezember. Der heilige Januarius, wahrscheinlich gebürtig ans Neapel, nxir zur Zeit des Kaisers Diokletian katholischer Bischof in der Stadt Ben^ent «Unter-Italien? und wurde nx?gen seines sebr erfolgreichen Eifers für die Ausbreitung der katholischen Religion eingekerkert, wiederholt grausam gemartert und schließlich zu Pnteoli «jetzt Pozznoli bei Neapel) entlmnptet. Er ist der Hanptpatron der Stadt Neapel, wo Heuer das 1000 jährige Gedächtnis seines Martyrtodes vom 10. bis znm 26. September mit der größtmöglichen Feierlichkeit begangen wird. Herr Professor Ladenbnrg bat eine obige Wette nichr angenommen, ogleicb er ein Millionär ist. sondern dem Herrn Pfarrer Weber, als dieser ihn Ende August in einem zweiten Briefe um eine ganz bestimmte Erklärung über die Annahme oder Nichtannahme der 1000 Kronen Wette höflichst ersuchte, geantwortet, daß er sich in eine K ontroverse mit ihm nicht einlassen k ö n n e. Damit gesteht Herr Professor Ladenbnrg indirekt zu. daß cs eine nnlängbare und oft Prüfbare Tatsackze gibt, deren Wider spruch mit den Naturgesetzen die Wissensckzaft nicht erklären könne. Wir Katholiken nennen eine solche sinnlich nxihr- nehmbare Sache, die sich ans einer klar von de» natürlichen Ursachen verschiedenen Ursache vollzieht, ein Wunder. Pfarrer Weber erklärte nun in einem zweiten Briefe, daß er seine 1000 Kronen-Wette auf mehrere ähnliche Wnn der ansdehnen könne und werde. Einen Sonderabdrnck des Wette-Angebotes erhält jeder vom genannten Pfarrer gegen Einsendung von 20 Pfennigen in Briefmarken franko zugesandt. Da derselbe vor ungefähr zwei Jahren diese 1000 Kronen-Wette in einer Zeitung jedermann angeboten und dieses Angebot noch nicht widerrufen hat, so kann man noch liente jeden Ge lehrten, auch jeden Universitätsprofessor,' welckzer die Wunderte n g net, direkt anffordern, die 1000 Kronen- Wette des Pfarrers Weber anznnehmen. Solche Beweise für die Wunder sind für die Wnnderlengner geradezu nieder- schmetternd und für jedermann klar und einleuchtend! Politische Nuudscha?. i resden. d^n IN September txak. Eine Zusammenkunft von Zar und Kaiser wird in de» Blättern gemeldet. Angeblich envartet man das Zaren- paar mit den Kindern bereits in nächster Wocku? in Darm stadt. Ter Besuch soll auf dringendes Anraten der russi schen Arzte erfolgen, da infolge der gewaltigen Aufregung der letzten Zeit der Gesnndheitsznstand des russischen Kai serpaares sehr angegriffen sei. Der Aufenthalt in Darm stadt werde zwei Monate dauern. Wie es ferner heißt, trifft man im großherzoglichen Schlosse Vorkehrungen für weitere Besuche europäischer hoher Fürstenfamilien, darunter des deutschen Kaiserpaares, das im Monat Oktober die befreun dete Zarenfamilie besnckx'n werde. Wir halten alle diese Nachrichten für sehr nnglanbhast. Daß der Zar bei der gegenwärtigen politischen Lage sein Reich verlassen sollte, ist mehr als unwahrscheinlich. Ueberdies pflegen russische Kaiserreiscn bis znm letzten Moment geheim gehalten zu werden. Tie Kronprinzessin hat auf ihre Kosten zehn Ber liner Heimarbeiterinnen in die Sommerfrische bei Plön in Holstein fahren lassen. Ten Arbeiterinnen wurde gesagt, sie sollen tüchtig anSrnhen, essen, Milch trinken, spazieren gehen und mit roten Backen heiinkehren. Im nächsten Jahre kommen zehn andere an die Reihe. — Anläßlich der jetzigen Kaiscrmauövrr in der Gegene von Coblenz winden zahlreiche bayerische, wnrrn mbrrqische, badische und hessische Offiziere dekoriert. Tdi bayerische Kriege minister General Freiherr von Horn «rhielt den Roten Adler Orden 1. Klasse. Generalleutnant von Moltke »nd Generalleutnant v. E chharn erlielte» den Roten Adlerorden 1. Klasse; Geneial v. Deines das Großkrenz des Noten Adlcrordeus. General v. Lindigmst wurde a In miito des 1. Garderegimenls eesiellt. der General v. Bock und Polach ü 1a mute des 1. Infan terieregiments. Graf Bülow v. Dennewitz a 1a müko des 55. Infanterieregiments. Der Erbprinz von Sachsen- Meiningen und der Erbgroßherzog von Baden wurden zu Generalobersten ernannt. — Der Landtag von Greiz hat den Lotterievertrag mit Preußen angenommen. Zum Kommandanten von Berlin ernannt wurde an Stelle des verstorbenen Generalmajors Hoher von Roten- lieiin der Abteilnngsches im Großen Generalstabe General major Graf K nno von M o l t k e. Der deutsche Botschafter in Petersburg Graf von Alvenslebcn tritt am 17. d. M- einen längeren Anslands- nrlanb an. Man glaubt, daß er auf seinen Posten nicht mehr znrückkehren werde. — Der deutsche Generalkonsul in Kapstadt erklärt die Meldung des Blattes „ArgnS" für uniichiig. daß die Deutschen Buren znm Dienst gegen die Heines wegen ihrer Erfahrung im Guerillakriege anwe'ben. Die ..Owsellsckrast Südkamcrnn" bezeichnet die Be schuldigung der Batauga-Firmrn in allen Punkten als un richtig. Znm Schluß bemerkt die Gesellsckrast, daß sie bei der Kolonialabteilnng die Untersuchung gegen sich und die Kiistensirmen beantragt habe. Sollte dort die Untersuchung abgeleimt werden, will die Gesellschaft die Wahrheit durch Klage gegen die Batanga-Firmen seststellen. Die Gesamtzahl der bhvlcrafällc in Preußen beträgt bis jetzt 100, tödlich verliefen 86. Für die durch das Erdbeben in Italien (^schädigten ist ein Komitee ans angesehenen Männern ganz Deutsch lands in der Bildung begriffen. Ein Anfrns wird in den nächsten Tagen erfolgen. Spenden sür die vom Erdbeben in Ealabrien Be troffenen. Sechs Bankfirmen. S. Bleichröder, die Deutsche Mnik. die Dresdner Bank, die Diskonto Gesellschaft, die Berliner Handels-Gesellsckiast und die Bank für Handel und Industrie, haben dem italienischen GeickxntSträger in Berlin Sckx'cks über je 20 000 Lire sür die Opfer der Erdbebenkata strophe in Ealabrien überreicht. — Die Ueberreichnng der Spende gesckxih durch einen der Chefs des Hauses S. Bleich röder auf der italienisckx'n Botschaft in Berlin. Die Finanzpolitik des Zentrums. „An de», Grund sätze werden wir festhalten, daß eine Ansgabeerböbnng nicht eintreten kann, bevor über die DixknngSmittel Einverständ nis besteht." So gaben übereinstimmend die rheinischen Zentrnmsblätter eine ^'»lerknng wieder, die .Herr Abgeord neter Dr. Spahn in seine jüngste Bonner Rede eingeflEen lwt. Nationalliberale Blätter finden hierin ein Ultimatum des Zentrums und meinen, es läge eine Wendung in der Zentrnmstwlitik vor; wohl lwbe dieses schon seither nach diesen Sätzen gehandelt, aber diese Taktik nie .zugegeben. Die liberale Presse irrt: hinter diesem Satze des Abgeord- neten Dr. Sixihn steht die gesamte Zentrumsfraktion, wie