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U»t«>»pr«t»i «»««ab« L mit S Beilage» vierteljiihrNch »,IV F». In Dresden durch Boten »,4« F». In aaru Deutschland Ket Hau« ».SB F«; tu Oes,erreich 4,4» K. Au-gabe » nur mit Feierabend vierteliährlich 1,80 F». In Dresden durch Boten S.lO Ft. In ganz Deutschland frei Hau« » B» Ft: ln Oesterreich 4,«V L. — «inzel-Nr. l« F. Nedatttonr-Sdrechstunde: Iv di» tl Uhr dormittag». isür Blickrabe etngelandter Schrtstslücke »acht sich die Redaltion n cht verbindlich: Rücksendung ersolit, wenn Rückporto bei- gesüg« ist. Brieflichen Anfragen ist ilntwortrporto betzusügen Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht «nd Freiheit mit Nnte«haltr»iiA»beilage Die illustrierte Zeit unö Sonntagsbeilage Feierabend «»zeige», ! «muchme don Seschüfttanzeigeu bi» I» Uhr, doa FLmilien- s anzeigen bi« IN Uhr. I Brei» für di« Petit-Spaltzetlc »0 ». im Reklamelcll Bv ». Für undeutlich geschrieben«, sowie durch Ferniprecher »us-1 gegebene Anzeigen lünnen wir die Verantwortlichkeit für dt« I Richtigkeit de« Texte» nicht übernehmen. Geschüslrslell« und Redaktion Dresden. Holbeinslras,« 1» Nr. 23 Fernsprecher 1366 Mittwoch, den 29. Januar 1913 Fernsprecher 1366 12. Jahrg. Der Kampf um die Nationalität Die Wogen des Nationalitätenkampfos gehen zurzeit sehr hoch, besonders in Europa. Irland steht im Begriffe, nach mehr als lOOjährigem erbitterten Kampfe seine natio nale Selbständigkeit zu verwirklichen: in Belgien haben so eben die Flamländer nach einer Brüsseler Meldung die Forderung gestellt, daß die belgische Armee in zwei ge trennte Teile — einen wallonisch-französischen und einen Vlämischen — geteilt werde. Wenn sie auch diese Forderung nicht durchsetzen, so haben sie doch in den letzten Jahren vieles erreicht, wie zum Beispiel die Genehmigung zur Er richtung einer vlämischen Universität in Gent. Der preu ßische Löwe schlägt init seinen gewaltigen Tatzen nach der polnischen Maus, die ihn kitzelt — wobei allerdings dis Schläge meist daneben treffen und das Häuflein Polen nur zu weiteren nationalen Anstrengungen anspornen. Unter den Balten und Finnen in Rußland gärt es gewaltig, ^ind selbst die „freie Schweiz" ist nicht frei von nationalen Streitigkeiten zwischen Deutschen, Franzosen und Ita lienern. Was aber sollen wir vom klassischen Lande des ewigen Natronalitätenstreites, von Oesterreich sagen? Deutsche und Tschechen, Polen und Ruthenen, Ungarn und Rumänen ringen dort im beständigen Kampfe um natio nale Rechte, und alle Ministerien seit Taaffe sind an der Lösung de? „österreichischen Problems", das eine kraftvolle zentrale Leitung der verschiedenen Nationen fordert, ge scheitert. Die einzige Lösung dürfte Wohl die Errichtung einer Reibe von Nationalstaaten sein, die zu einem groß- österreichischen Bundesstaate vereinigt wären. Schon aus diesen kurzen Andeutungen geht hervor, daß die großen Kämpfe der Gegenwart in der Mehrzahl nationale Kämpfe sind. Und wenn wir in die Vergangen heit zurückblicken, so bietet sich uns gar oft das Bild der mit Gewalt hervorbrechenden nationalen Bewegungen. So war iS in Trankreicki. als Jeanne d'Arc ihre Landsleute gegen die Engländer führte, als dann später (1792) die Söldner- trnvven der europäischen Kabinette vor dem „Volke in Waffen" Weichen mußten. So war es in Deutschland, ge rade vor bnnd-'rt wahren, als der Sturm losbrach und den Korsen niederwarf, der das nationale Selbst aller Völker bet"-"ht ss->s^. nemaltigen Bewegungen entliehen sich diplomatischen Berechnungen, sie werden in der Volksseele geweckt. Ist das Volk groß und stark genug, so wachsen sie zum reißenden Stroin an, der alles niederreißt was sich ihni anfaegenLnsst. Die neueste Offenbarung des Nationalitätsvrinzips erleben wir zurzeit bei der Balkanvölkern. Die Osmanen, das heißt der herrschende Stamm bei den Türken, hatte eine Reibe von fremden Nationalitäten unterjocht, die sich nun im Laufe der lebten Jahrzehnte nach und nach wieder der türkischen Herrschaft entzogen haben. Gerade jetzt vollzieht sich am türkischen Körper die Amputation aller fremdnatio nalen Teile, die ihm rn Enrova noch geblieben waren. Und wenn wir von der lächerlichen Phrase des „Kreuzrittertums" abseben, die ja Wohl kaum jemand ernst genommen hat. so bleibt hauptsächlich das Nationalitätsvrinziv als treiben des Motiv des gewaltigen Kampfes. der sich seit Monaten auf der Balkanhalbinsel absvielt. Im Namen des Natio nalitätsvrinzips verlangen die Serben Uesküb, Prizrend und Jvek. die Griechen alle Inseln deS Aegäischen MeereS, die Rumänen die Dobrutscha. Jip Namen des Nationali- tätsvrinzipes verlangen vor allem die Albanesen ihren selbständigen albanestl-ben Nationalstaat. Gerade vieler künftige albanesilche Nationalstaat ist jetzt der Gegenstand eifrigster Beratungen der in London versammelten Botschafter der Großmächte: daß er entstehen soll, darüber herrscht kein Zweifel. In Nordalbanien mit Skutari, Elbasian, Dibra. Monastir usw. wohnen 945 000 Albanesen, in Südalbanien mit Janina 814 000, so daß das ethnographische Albanien 1 759 000 Seelen umfaßt, also ein entwicklungsfähiger Staat wäre. Und die Albanesen haben ihre nationale Selbständigkeit wahrlich verdient I In er bitterten Kämpfen haben sie jahrzehntelang für ihre Frei- beit Ströme von Blut vergossen. Nun sieben sie endlich am Ziele ihrer Wünsche. Natürlich gebt es aber dabei ohne Schwierigkeiten nicht ab, wie aus folgenden Aeußerungen eines Albanesen bervorgebt: „Wir sind ein altes Balkan- Volk, wir sind jahrhundertelang das am meisten unterdrückte Balkanvolk gewesen. Wir dürsten jetzt mit Recht erwarten, daß man bei einer neuen Einteilung und Neuordnung der Dinge dem seit Jabren verkündeten Nationalitätsprinzip folgen und auch uns Gerechtigkeit widerfahren lallen werde. Aber schon bald nach den ersten Siegen der Ralkanstaaten erfuhren wir, daß das mit solcher Emphase verkündete Prin zip leere Phrase und Heuchelet sei. Griechenland, daS im Namen deS nationalen Prinzips die Aegäischen Inseln nnd Kreta beansprucht, fordert auch EviruS mit seiner alba- neskschen Bevölkerung. Serbien will dos rein albanische Durazzo und Montenegro das ebenfalls rein albanische Skutari." Man kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser neueste Nationalstaat bald erstehen und daß er die Wünsche der Albanesen erfüllen möge. Es wäre dies so wohl vom Standpunkte des Katholizismus als auch vom Standpunkte der Interessen des verbündeten Oesterreichs aus zu begrüßen. Seit undenklichen Zeiten besitzt die Habsburger Monarchie das Protektorat über die katho lischen Bewohner der europäischen Stämnie Nordalbamens. Es ist dies ein verbrieftes Recht des österreichischen Kallers, ein Ueberbleibsel ehrender Art aus der Zeit der ruhm reichen Waffentaten des Doppeladlers in den Kämpfen gegen die Türken. Nicht nur theoretisch und fiktiv ist dieses Recht behandelt worden, auch in sehr Praktischer Form wurde es allzeit betätigt. Bedeutende Summen Geldes hat es sich der Kaiserstaat kosten lassen, um dieser Ehrenpflicht jenseits der schwarz-gelben Grenzpfähle gerecht zu werden. Ans österreichischen Staatsmitteln wurden für die unter osma- nischcr Herrschaft stehenden Glaubensgenossen Kirchen ge baut, Schulen gegründet, Seelsorger herangezogen lind unterhalten. Sehr verständlich ist daher das Interesse, welches die Wiener Negierung für die dortigen Ereignisse an den Tag legte. Möge sie in ihren Erwartungen nicht enttäuscht werden! Die Valkanwirren Der Stand der Dinge ist unverändert. Die Londoner Delegierten der Mächte be- reiten sich auf die Abreise vor. wollen aber abwarten, welche Instruktionen die türkischen Delegierten aus Konstantinopel erhalten werden. Die türkische Antwortnote ist noch nicht abgegeben: sie wird noch im Mmisterrate beraten werden. Es wurde schon berichtet, daß die Note nach den Aeuße- runqen des Großwesirs in versöhnlichem Tone ge halten sein soll. Doch herrscht im allgemeinen die größte Ungewißheit. Ob der Friede abgeschlossen werden wird, oder ob der Krieg von neuem beginnen wird, das rann heute niemand sagen. Rumänien drängt Die Zugeständnisse der bulgarischen Negierung bezüg lich der Erweiterung der rumänischen Grenzen bei Silistria erscheinen den Rumänen ungenügend. Seit dem Um schwungs in der Türkei ist man in Bukarest, und zwar ini Hinblick auf die russischen Rüstungen, etwas ungeduldig geworden und verlangt von Bulgarien endlich Klarheit. Man wird in Rumänien die hinzirhende Taktik der Bill- garen kaum inehr lange mitmachen wollen. Dazu trägt auch die Hetze bei, die in der Presse in Paris und London mächtig betrieben wird und Wohl auf Herrn v. Jswolsky zurückgeführt werden kann. Die Stimmung in Konstantinvpel Neuerdings wird von Konstantinopel aus versichert, daß nach dem Beschlüsse und der festen Absicht der Jung türken Adrianopel nnd die Inseln des Archipels niemals abgetreten werden dürsten. Das wurde aller dings schon so oft versichert, daß man diesen Meldungen schon nahezu keine Bedeutung mehr beilegt. Die Meinuugsverschiedenheitcn zwischen den Balkanstaaten bilden ein altes Kapitel dieses merkwürdigen Balkan krieges. Auch jetzt berichtet die „Köln. Ztg." wieder über solche Unstimmigkeiten, und zwar sollen sie zwischen den Bulgaren einerseits und don Serben und Griechen ander seits bestehen. Letztere seien zu sehr begünstigt worden und wollten mehr erhalten als ihnen zukomme. Man darf jeden falls auf die weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen den einzelnen Balkanstaaten gespannt sein. Deutsches Reich Dresden, den 28. Januar 1913 — Kaisers Geburtstag wurde auch im Auslande ge feiert. Zahlreiche Meldungen über solche Feiern liegen vor aus Wien, Budapest, Petersburg, Nom, Paris usw. In Nom fanden Festgottesdienste in der Kirche Sante Maria dell anima und in der Botschaftskapelle statt. In Wien begab sich Erzherzog Karl Franz Joseph Montag mittag in der Uniform seines preußischen Regimentes auf die deutsche Botschaft, um die Glückwünsche des Kaisers Franz Joseph zum Geburtstage des deutschen Kaisers auszusprechcn. Der deutsche Botschafter und Gemahlin gaben ein Frühstück, wozu die Herren der Botschaft, der bayrischen und sächsisch-m Gesandtschaft, sowie zahlreiche Mitglieder der deutschen Kolonie geladen waren. Bei dem in Petersburg von der deutschen Kolonie veranstalteten Festessen toastete der deutsche Botschafter auf den russischen Kaiser und sprach in: Hinblick auf die für Deutschland und Rußland bevor stehenden Jubelfeiern den Wunsch aus, daß die Erinnerung an die Waffenbrüderschaft vor 100 Jahren in den späteren Generationen fortleben möchte. Der bayrische Gesandte toastete auf den deutschen Kaiser. Auch aus Kopenhagen wird über ein Festmahl berichtet, das die dortigen Deutschen zur Geburtstagsfeier des Kaisers veranstaltet haben. — Der deutsche Kronprinz wurde vom Kaiser, vom König von Sachsen und vom König von Württemberg zum Oberst befördert. — Die Staatsregierung von Sachsen-Coburg «nd Gotha widersetzt sich ganz entschieden der Einführung des ReichS- tagSwahlrechtS für die Landtagswahlen in den Herzog tümern Coburg und Gotha. Staatsminister Dr. v. Richter erklärte in der Landtagssitzung, er «erde eher von seinem Amte weichen, als dem Anträge auf Umwandlung des in direkten Wahlrechts in daS direkte Folge zu geben. — Amtsmüdigkeit des Reichsschatzsckrctärs. Wie die ,.N. Pr. Korr." hört, sind die Gerüchte, die von einem bal digen Rücktritt des Reichsschatzsekretärs wissen wollen, nickst gänzlich unbegründet. Staatssekretär Kühn hat bereits vor längerer Zeit kein Hehl daraus gemacht, daß es ihm ange nehm wäre, wenn er die Bürden seines Amtes einer jüngeren Kraft, der zudem die parlamentarischen Kämpfe weniger peinlich wären als ihm, überantworten könnte. Der Rücktritt des Neichsschatzsekretnrs ist nur noch eine Frage der Zeit. Der Termin, an dem er erfolgen wird, hängt in der Hauptsache von den Dispositionen des Reichskanzlers ab. Die Schwierigkeit, einen geeigneten Nachfolger zu fin den, haben sich seit dem Rücktritt Mermuths nicht ver ringert. — Ordcnsauszrichnnugc». Aus Anlaß seines Ge burtstages hat der Kaiser eine Reihe von Auszeichnungen verliehen. Es erhielten den Wilhelmsorden das Mitglied der Herrenhauses Geheimer Regierunqsrat Dr. v. Böttinger in Elberfeld, das Großkreuz des Noten Adlerordens mit Eichenlaub Staatsminister v. Breitenbach, den Noten Adler orden erster Klasse mit Eichenlaub der Chef de? Zivilkabi- netts Wirklicher Geheimer Rat n. Valentini, den Not'N Adlerorden erster Klasse der Direktor der Akademischen Hoch schule für die bildenden Künste Wirklicher Geheimer Rat v. Werner, den Stern zinn Roten Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub der Oberküchenmeister Graf von Pückler- Rogau und Vizeoberstallmcister Freiherr v. Esebeck, den Roten Adlerorden mit Stern der Großherzoglich Hessische Generalmajor Freiherr v. Heyl in Darmstadt, die Krone zum Noten Adlerorden zweiter Klasse der Direktor des Aeronautischen Observatoriums in Lindenberg Geheimer Negierungsrat Professor Dr. Aßmann, den Noten Adler orden zweiter Klasse mit Eichenlaub Hofmarschall Kontre- admiral z. D. Graf v. Platen-Hallermund, den Noten Adler orden zweiter Klasse der Geheime Kommerzienrat Eduard Arnhold in Berlin, die Brillanten zum .Kronenorden erster Klasse der Unterstaatssekretär a. D. Wirklicher Geheimer Rat v. Braunbehrens in Berlin, den .Kronenorden erster Klasse der Generaldirektor der Königlichen Museen Wirk licher Geheimer Rat Dr. Bode i» Cbarlottenbnrg. — Friedrich der Große eantrn BnndrSrat. Der Bundesratsbeschluß vom 28. November v. I. will bekannt lich besonder? die priesterliche Tätigkeit der Jesuiten in Fesseln legen. Da ist eS höchst interessant, daß Friedrich der Große ganz energisch den entgegengesetzten Standpunkt ver trat. Er schrieb an den Meibbischof Strackiwitz von Bres lau, daß die Jesuiten „da sie doch einmal Priester sind, tust allen ihren Funktionen, welche ihnen als solche zusteben. nach wie vor ebenso geschützt »nd gehandhabt werden sollen, als ob die gegen ihren Orden ergangene päpstliche Bulle niemals zum Vorschein gekommen wäre. Und hiernach werdet Ihr Euch ans das genaueste zu achten wissen". — Verlangt der König in diesem Schreiben volle Freiheit in Ausübung der priesterlichen Tätigkeit für die Jesuiten, so befiehlt er unter dein 27. September 1775 dem Fürstbischof von Ermland, den Jesuitenpatres in seinen Staaten „weder tie geistlichen Weilmnmm. nock, andere Brraünstiaunae», die ihrem Institut gemäß, zu versagen". Der König wollte also auch freie OrdenStätigkeit der Jesuiten i» lüneu Landen. — Tie roten schwäbische» Krakeeler. Die ueugew, blte Fraktion der Sozialdemokratie deS württembergischen Land- tages besteht aus 17 Mitgliedern, von denen vier dem ver flossenen Landtag nicht angehört haben. Diese vier Neu linge sind nun der LandtagScröflnung am 9. Januar fern geblieben, weil sie dem Eid, den sie verfassungsmäßig in die Hand des König? hätten leisten müssen, auswrichen wollten. Dagegen haben die 48 seitherigen Abgeordneten, die dieser Eidesleistung sich nicht mehr zu unterziehen brauchten, der ganzen feierlichen Eröffnungszeremonie an- gewohnt und zwar auf Grund vorherigen ausdrücklichen FraktionsbeschlnsscS, dessen es um so mehr bedurfte, als auch der Alterspräsident de»' neuen Kammer, der Abgeordnete