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Ireitklg, äen 30. Juli IS2S Nr. irs 21. Zshrgsng Mer Tageblatt / HNAlrßAEtr fUr VVS ^kKAWlrAb SMLKS r.i.gramm,! raa'dlalt ^o,,rzs«dt,-,. Lnthallrnö -k amtlkchra S«rtMtK»achung<a ör« Katt» ö« Stasi aas -e« -kmtsgrrkcht« fkor. p»f,üh«t.«eaw Leipzig Nr. IN, Die Finanzvegelung in Fvankveich. Sitzung des Finanzausschusses. — BorschlSge der Sozialisten. — Das Urteil der Presse. i Paris. 28. Juli. Der Finanzausschuß der Kammer hat heute nachmittag mit der Durchberatung der Finanz, gesetzt begonnen. Der Ausschuß muß die Beratung dieser Gesetze bis morgen, Donnerstag vormittag, beendet haben, da die neue Geschäftsordnung vorschreibt, daß im Falle der bewilligten außerordentlichen Dringlichkeit der Bericht für das Plenum 24 Stunden vor der Beratung im Journal Officiel veröffentlicht werden solle Die Beratung im Plenum ist, wie bereits gemeldet wurde, auf Freitag nach- mittag 5 Uhr festgesetzt. Zu Beginn der Sitzung hat Mini- sterpräsident Poincarö vor dem Finanzausschuß der Kammer eine eingehende Erläuterung der Bestimmungen seiner gestern et «gebrachten Finanzgesetzentwürfe gegeben Dem Finanz« ausschuß liegt auch ein sozialistischer Gesetzentwurf zur Prüfung vor, den der Abg. Antonelli vertreten wird. Die Hauptpunkt« de» sozialistischen Gesetzentwurf«» einer Ftnanzrcgelung sind: 1. Zwangskvnsoltdierung der schwebenden Schuld, 2. Ablösung der auswärtigen Schuld durch Schaffung einer vermittels der Dawesannuitäten zu speisenden Verwaltungskasse, 3. Schaffung einer Devisenzentrale mit der Aufgabe, lediglich wirtschaftspolitisch notwendige Devisenoperationen zuzulassen und 4. Eintreibung einer ein maligen Zusatzabgabe in Höhe der Hälfte der direkten Steuern des Jahres 1925. O Der Temps bespricht die gestrige Abstimmung der j Kammer und hebt als besonders ernst die Tatsache hervor, daß etwa 50 Radikale sich an der Vertrauensabstimmung nicht beteiligt haben. Sie weigerten sich also, an der Politik der Einigung mttzuarbeiten, obwohl ihre Führer im ; Ministerium säßen und sechs Angehörige des Kartells der Linken Ministerportefeuilles erhalten hätten. Das sei eine ernste Tatsache, weil sie dieselben Gedanken offenbare und dieselbe Taktik vermuten lasse, die man vor den Wahlen im Mat 1924 zur Anwendung gebracht habe. Es finde ja leider stets ein starkes Echo im Lande, wenn Politiker sich rühmen könnten, keine Steuern bewilligt zu haben. Obwohl Poincarä den Radikalen «ntgcgengekommen sei, sowohl bei Zusammensetzung seines Kabinetts, wie bei Ausarbeitung seiner Finanzgesetze, suchten gewisse Radikale die nationale Einigkeit zu lockern und sie hätten bereits jetzt eine Bresche in sie geschlagen. Das Journal des Däbats schreibt bei Be sprechung der Finanzgesetze: Unsicher bleibt — und darüber muß die Regierung Aufklärung geben — wie sie die un mittelbar bevorstehenden Verpflichtungen erfüllen will- Die neuen Steuern werden keinen sofortigen Ertrag bringen und die vorzeitige Bezahlung der Steuern wird nur ein Zuschlag sein. Die Negierung hat gewiß ihre Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die neuen Steuern in Höhe von 7 Milliarden würden ihr in der Folge gewiß die Geschäftsführung erleichtern, wenn sie den 1. August hinter sich haben werde. O New York, 28. Juli. New York World schreibt über das neue Kabinett Poincars: Poincars ist sich darüber klar, welche Opfer für die Durchführung seiner Aufgabe not- wendig sind; er wird solchen Opfern nicht ausweichen. New Park Times erklärt: Poincaräg Standpunkt weicht in sofern vom Plan der Sachverständigen ab, als er die Ratifizierung des englisch-französischen und des amerikanisch französischen Schuldenabkommens hinausschieben wird. polncares Stanöpunkt. Paris, 28- Juli. Nach der Agentur Havas sagte Poincar6 zur Finanzierung in der Sitzung des Finanzaus schusses, es sei unerläßlich, die Regierung zunächst in die Lage zu versetzen, durch Dekrete bei der Führung der öffentlichen Dienste und Verwaltungen Ersparnisse zu erzielen, um die Lage des Schatzamtes zu erleichtern, und die vorgeschlagenen Erhöhungen der direkten Steuern zu genehmigen und schließ, lich eine Anzahl indirekter Steuern zu erhöhen. Die Amortisationsfundierungskasse, deren Satzungen demnächst festgesetzt werden, werde besondere Quellen zugewiesen er- halten, namentlich den Ertrag der 7 prozentigen Zuwachssteuer bei Veräußerungen von Gebäuden und Handelsgeschäften und den Mehrertrag der ncugestaffelteu Erbschaftssteuer. Poincarö wies weiterhin auf die Vorteile hin, die sich aus einer Herab- setzung der Höchstbeträge der allgemeinen Einkommensteuer und der Ilebertragungssteuer für bewegliche Güter usw. er geben. Er betonte die Notwendigkeit der wirklich dringenden Verabschiedung des Gesetzentwurfes. Erst wenn die Finanzierung durchgeführt sei, käme die Negierung dazu an die Währungsstabilisierung zu denken. Die Notifizierung der Abkommen von Washington und von London werde nicht vor Parlamentsschluß erfolgen können und erst nach Wiederzusammentritt zur Debatte stehen- Poincarä schloß mit der Aufforderung, die Mitglieder des Ausschusses möchten ihre persönlichen Ansichten vorläufig zurückstellen und sich der Auffassung der Negierung anschließen. Hierauf beschloß der Ausschuß mit 20 gegen 12 Stimmen bei 6 Stimment. Haltungen in die Einzelberatung des Gesetzentwurfes ein- zutreten. London, 28- Juli. Im Unterhaus« fragte Ponsonby ob von Seiten der Deutschen Regierung auf die neulich an Deutschland ergangene Mitteilung der Interalliierten Kontroll kommission in Sachen der deutschen Abrüstung eine Antwort eingelaufen sei. Der Staatssekretär des Auswärtigen, Cham berlain, verwies auf die am 21- Juli erteilte Antwort, zu der er nichts htnzuzufügen habe- Ponsonby richtete dann an den Staatssekretär des Aus wärtigen die Frage, ob die englische Regierung in Ueber- einstimmung mit der Zusage, die sie in Locarno oder kurz danach gegeben habe, und mit der Absicht, die noch ausstehenden Differenzpunkte vor dem Zusammentritt der Völkerbundsver sammlung im September zu regeln, den anderen Besatzungs mächten die nötigen Schritte in Vorschlag zu bringen be absichtige, um die Anzahl der alliierten Truppen im besetzten Gebiet auf di« Kopsstärkr zu vermindern, die Deutschland vor dem Krieg am Rhein unterhalten habe. Chamberlain antwortete, Ponsonby gehe von falschen Voraussetzungen au». Man habe der Deutschen Regierung keinerlei Zusage gegeben, daß di« Besatzungstruppen im Rheinland auf die Zahl der deutschen Earnisonstruppen vor dem Krieg vermindert würden. Die Negierung halte sich selbstverständlich nach wie vor an die Note der Botschafterkonferenz vom 14- November. veutfchlan- soll gleichberechtigt behandelt werden. London, 28- Juli- In einer Rede in Orford erklärt« Viscount Grey, Deutschland müsse nach seinem Beitritt zum Loearnovertrag, sobald es Mitglied de» Völker- bundes geworden sei, auf der Grundlage völliger Gleich- brrechttgung behandelt werden. Cr hoffe, daß die im ver gangenen März anläßlich der Frage de» Eintritt» Deutschland« in den Völkerbund gemachten Mißgriff, sich nicht als ver- hängntsvoll erweisen würden. Diejenigen, die an diesen Mißgriffen teil hätten, bedauerten die Vorgänge im Mürz außerordentlich und seien entschlossen, zu erreichen, daß bet Zusammentritt des Völkerbundes im September das seinerzeit verlorengegangene Terrain wiedergewonnen werde. Die all gemeine Abrüstung werde durch die Politik Sowjetrußlands außerordentlich erschwert und es sei deshalb ungemein wünschenswert, daß, wenn Deutschland dem Völkerbund beitrete, auch Rußland sich ihm anschließe. El« Zwischenfall kn Luxemburg beim Spiele« öer Marfelllalse. Luxemburg, 28. Juli. Vor einigen Tagen gab die Choralgesellschaft Nancy auf einem öffentlichen Platz in Luxenmburg ein Konzert, bet dem nach der luxemburgischen Nationalhymne auch die Marseillaise gespielt wurde. Dabei ereignete sich ein Zwischenfall. Ein holländischer Tourist blieb beim Spielen der Marseillaise sitzen, worauf einige Luxem- burger Franzosen über ihn herftelen und ihm Püffe versetzten. Auch einem eingeborenen Luxemburger wurde bei dieser Ge legenheit übel mitgespielt. Die „Luxemburger Zeitung" ver- urteilt diese Tätlichkeiten und sagt, Unhöflichkeit solle man nie- mals mit Faustfchlägen strafen, sondern mit Verachtung. Die „Arbeiterzeitung" schreibt u. a.: Niemand in Luxemburg ist verpflichtet, all die Nationalhymnen zu kennen, die bet jeder Gelegenheit hier vorgetragen werden. Die Angehörigen der Länder, deren Nationalhymne gespielt wird, mögen sich er- hoben, den Hut in die Hand nehmen oder sttzenbleiben, wie sie wollen. Uns sollen die luxemburgischen Hurrapatrioten und vor allem di« Ausländer in Ruhe lassen. In der kosmopoliti schen Bevölkerung Oos- churgS ist kein Platz für chauvinistische Anmaßungen. Keine Verminderung -er Besatzungstruppen im Rheinland! Chamberlain behauptet, keine Zusicherungen gemacht zu haben. Der Potemkinfilm sreigegeben. Der russische Film „Panzerkreuzer Potemkin", der, wie bekannt, einige Zeit gezeigt, dann aber durch die vbeiprttf- stelle verboten worden ist, hat gestern noch einmal der Filmprüfstell« vorgelegen, und zwar in der geänderten Fassung, di« alle» herau»laßt, wa» die Oberprüfstelle in ihrer Begründung der Ablehnung beanstandet hatte. Di« Prüfstelle hat entschieden, daß der Film sreigegeben wird und auch von Jugendlichen besucht werden darf. Ernennungen lm -rutschen sluswärtlgen vlenst. Berlin, 28. Juli. Der Herr Reichspräsident bat, außer der bereits bekanntgeg.'benen Ernennung des bisherigen MK- gliedes des Reichstags Graf Lerchenfeld zum Gesandten in Wien, die folgenden Ernennungen vollzogen: Es sind ernannt: der bisherige Leiter der Kulturabteilung de» Auswärtigen Amtes Ministerialdirektor Heilbron zum Generalkonsul in Zürich, anstelle des in den Ruhestand tretenden Leiter» de» Generalkonsulats in Zürich Dr. Rheinboldt, der G.sandte in Bukarest Freylag zum Leiter der Kul turabteilung des Auswärtigen Amte», der Gesandte In Kopenhagen von Muttus zum Ge sandten in Bukarest, der Generalkonsul in Barcelona von Hassel! zum Gesandten in Kopenhagen, der Gesandte in Kowno Schroetter zum General konsul in Barcelona und der Gesandte Moraht zum Gesandten in Kowno. dir rrwLkbslostgkekt kn -rr ersten ^unihälste. Berlin, 28. Juli. In der ersten Jullhälste ist die Zahl der männlichen Hauptunterstützungsempfänger weiter von 1408 521 am 1. Juli 1926 auf 1 883 596 am 15. Juli 1926 zurückgegangen, die der weiblichen Hauptunterstützungs empfänger von 332 645 auf 335 265 gestiegen. Die Gesamtzahl der Hauptunterstützungsempfänger ist somit von 1 741 172 auf 1 718 861 — also um 1,3 v. H. — gesunken, die Zahl der Fami lienangehörigen (Zuschlagsempfänger) von 1 728158 auf 1 708 299. Professor Sarnes gegen -ke strlegsfchul-lüge. München, 28- Juli. In einer von dem Akademischen Arbeitsausschuß für deutschen Aufbau und dem Arbeitsaus- schuß deutscher Verbände veranstalteten Kundgebung hielt Professor Barnes heute abend im Auditorium Marimum der Münchner Universität einen Vortrag über die Kriegs schuldfrage. Er wies darauf hin, daß eine moralische Reinigung Deutschlands die Strafparagraphen des Versailler Vertrages beseiligen und die Neparalionsfrage in ein völlig neues Licht stellen würde. Professor Barne» betonte noch mals, wie vor einigen Tagen bei der Berliner Kundgebung, daß die unmittelbare Verantwortung für den Weltkrieg auf Frankreich und Rußland falle, und daß der berüchtigte Schuld- Paragraph im Versailler Vertrag ohne jede Grundlage sei. Der Dawesplan sei nur ein kleine» Bemühen, die Strafe eines Mannes zu vermindern, den alle als unschuldig erkennen. Professor Barnes trat weiter für die Rückgabe der deutschen Kolonien unter dem Mandatssystem ein. Notwendig werde es auch sein, die in der Natur der Dinge begründete Ver- einigung Deutschlands mit Oesterreich zu gestatten, wenn diese beiden Länder die Vereinigung wünschten- Die Gerech tigkeit erfordere es ferner, daß den deutschen Bewohnern Südtirols ihre kulturelle und persönliche Freiheit gesichert werde. Zur Aufklärung der Kriegsschuldfrage müßte die Oeffnung der Geheimarchive aller Länder erfolgen und eine internationale Konferenz der Sachverständigen aller Länder in einem neutralen Lande zusammentreten. Der Kundgebung folgte ein Empfang beim bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held, der auch dem Vortrag beigewohnt hatte, zu dem hervorragende Vertreter des politischen und kulrurellen Ledens Bayerns geladen waren. vr. Külz verzichtet auf feinen Sürgermeisterposte«. Der Reichsmintster des Innern Dr. Külz, der als Bürger- meister von Dresden noch bis Ende August beurlaubt ist, hat um Entlassung von dem Posten de» Bürgermeister» nach gesucht. Wiking UN- Glpmpia nicht im Reich verboten. Wie die Blätter melden, sind die Organisationen Olympia und Wiking nicht für das ganze Reich verboten worden, son- dern das Reichsministerium des Innern hat lediglich das Ver bot der beiden Bünde für Preußen auf preußischen Antrag bestätigt. vor eknrr knternatkonolrn Eifrnverstän-igung! Wie die B. Z. wissen will, steht der Abschluß der tnler- nattonalen Eisenverhandlungen unmittelbar bevor. Der Ver trag selbst soll bereits ferliggestellt und den Betetl'gten zur Unterzeichnung vorgelegt sein, die für den 12. August in Aus sicht genommen sei.