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Mittwoch. Leipzig. u Die Z«Uuug » sch,i»t mit Auinahm« der Sonntag« ttglich »achmitlag« für d«n folgenden Tag Peel» für da« Vierteljahr l>/, Thtr. i jede «inzelne Nummer r Ngr — Nr. 221. — ss. MW AllMiU KtitW. «Wahrheit Lid Recht, Freiheit «d Sesetz!» September 1858. Zu dcjieten durch alle Post ämter de« In- und Auslande«, sowie durch die Erpednion in Leipzig lOnerftr-ße Sir. 8). Tnsertionsgebühr für den Siaum einer Zeil« 2 Ngr. Die Regentschaft in Preußen, in _ — Leipzig, 21. Sept. Wir hüben bisher vorzugsweise nur von der innrrn Politik Preußens und den in ihrem Bereich mit Eintritt der wirk lichen Regentschaft zu erwartenden Veränderungen gesprochen. Etwas an ders steht die Sache in Betreff der auswärtigen Politik. Hier ist die Ini tiative des oberstherrlichen Willens im Staate in alle Wege unbeschränkter und sogar geboten: hier wird daher auch, bei einem Wechsel der Regie- rungSgewalt selbst, ein Wechsel des politischen Verfahrens in einer schneller und entschiedener hervortretcnden Weise zu erwarten sein. Darunter ist in zwischen keineswegs zu verstehen, daß etwa sofort mit kriegerischem Unge stüm anS Schwert geschlagen und irgendwelchem Nachbarstaat der Fehde handschuh hingeschleudert werden müsse. Ebenso wenig scheint uns ein un geduldiges Suchen nach Allianzen oder selbst ein allzu hastiges Eingehen auf etwa dargcbotene in der rechtverstandenen Aufgabe Preußens zu liegen. Auch ^as von innen gekräftigte und das verjüngte Preußen wird gutthun, aus der angenommenen Stellung einer besonnenen Zurückhaltung und Neu tralität nicht ohne triftigen Grund heranszutreten und, was die Allianzen betrifft, sich lieber aufsuchen zu lassen als auszusuchen, lieber zu vorsichtig als zu entgegenkommend zu sein. Nur müßte dafür gesorgt werden, daß alle Mächte Europas, von den kleinsten biö zu den größten, die nicht un zweifelhafte Ucberzeügung gewinnen, diese Ruhe Preußens wurzele nicht in Schwäche oder Gleichgültigkeit gegen seine eigene Ehre und Machtstellung, sondern vielmehr in dem sichern Bewußtsein und dem festen Wollen, im mer da schlagfertig zu sein und sein entscheidendes Wort zu sprechen, wo dieser Ehre und Machtstellung auch nur die geringste wirkliche Einbuße drohen würde. Mit solchen Grundsätzen konnte man recht wohl Neuenburg aufgebcn, dessen Besitz kein reeller Machtzuwachs, vielmehr nur eine Quelle steter Reibungen und Jnconvenienzen war und wo man keine andern Ver pflichtungen hatte als solche, denen man auch bei der Abtretung auf durch aus ehrenhafte Weise gerecht zu werden vermochte — allein völlig unver einbar damit würde eS sein, wenn man zugeben Ivollte, daß, wie neuer dings dir Kreuzzeitung andeutete, Holstein ein zweites Neuenburg werde, Holstein, dessen unversehrte Erhaltung bei Deutschland eine Lebensfrage, nicht nur der Macht, sondern auch der Ehre Preußens ist. Solche Grund sätze nöthigen der Preußischen Politik keineswegs die ebenso unfruchtbare als unerfreuliche Rolle einer kleinliches Rivalität gegen Oesterreich in dem na türliche» Bereiche des Einflusses dieser letztem Macht, am Bosporus und an der untern Dona», auf, solange dieser Einfluß dort in einem für das Gleichgewicht Europas und für die Interessen Deutschlands günstigen Sinne geübt wird, wol aber würden sie entschieden das preußische Schwert aus der Scheide locken müssen, wenn zum zweiten male eine Macht vom Osten oder vom Westen darauf ausginge, durch Gefährdung des europäischen Gleichgewichts — sei cö in der Türkei oder anderswo — diese Interessen, ja die Ruhe Deutschlands selbst-ernstlich zu bedrohen. Was die deutsche Aufgabe Preußens betrifft, so ist die sicherste Lösung dieser schon vorbereitet, sobald in der inner» Politik Preußens jener Um schwnng vollständig und aufrichtig sich vollzieht, den wir in unserm zwei ten Artikel bezeichnet haben. ES wird alsdann nur noch darauf ankommen, daß man den Muth habe, für dieselben Grundsätze streng verfassungsmäßi gen Gebarens, denen man in« eigenen Lande jede dynastische und persön liche Velleität gewissenhaft nnterordnet, auch in Bezug auf die bundesver wandten Regierungen und Völker und am Centralsitze des Bundes selbst energisch und rücksichtslos cinzustehen, also da wieder anzuknüpfcn, wo man leider die Konsequenz seiner eigenen vorausgegangenen Handlungen und Erklärungen einstmals im Stiche ließ, als man die verfassungstreuen Hessen der bairischen Erecution preisgab. Thut man dies, so wird das Andere von selbst nachfolgen. Freilich gehört zu diesem Schritte — jetzt noch mehr als damals — eine Kühnheit des Entschließens und des Beharrens, die ebenso groß und selten wäre wie der Preis, der ihr unausbleiblich früher oder später zufallen müßte. Was aber war es, das Preußen damals, als es noch kaum ein Drittel seiner gegenwärtigen Einwohnerzahl besaß, so angesehen, ehrfurchtgcbietend und venrauengewinnend unter den Staaten Deutschlands hinstelltc, wenn nicht die rücksichtslose Entschiedenheit, womit sein großer König sich aller Unterdrückten und in ihren Rechten Gekränkten gegen jedermann, ohne Ansehen der Person, annahm — nicht blos eines kleinen zweibrückenschen Prinzen gegen den mächtigen Kaiser, der ihn um sei» bairisches Erbe bringen wollte, sondern auch der würtembergischen Stände gegen ihren despotischen Herzog, ja eines einzelnen Untcrthanen dieses letzter« gegen unrechtmäßige Gewaltthat? Hier also ist großes Ver dienst zu erwerben, aber auch sicherer und köstlicher Gewinn zu ernten — sobald man nur ernstlich will! Und man wird wollen, wenn man erst im Innern ein vollständig durchgebildctcS konstitutionelles System ins Leben geführt und sich selbst so recht in dasselbe hineingelebt hat. Und man wird § auf, diesem Wege viel leichter und gewisser zum Ziel gelangen als durch alle diplomatischen und publicistischen Häkeleien über BesatzungSfragen, Ma joritätenbeschlüsse w., welche dem Einflüsse Preußens keinen Vorthcil, dem Ansehen Deutschlands aber in den Augen deS Auslandes allemal Nachtheil bringen. Das sind unsere und, wie wir glauben, die Hoffnungen einer großen Zahl preußischer und deutscher Patrioten in Bezug auf die Folgen, welche den Eintritt einer wirklichen Regentschaft in Preußen für dessen innere und äußere Politik nach sich ziehen würde. Mögen sie nicht zu Täuschun gen werden! Deutschland. Der Berliner Börsen-Zeitung vom 19. Sept, wird aus Braunschweig vom 17. Sept, geschrieben: „Nachdem die Durchgangszollfrage apf der han noverschen Eonferenz so gut wie abgethan ist, leben wir hier in gehorsam ster Verwunderung darüber, daß keinS der Mitglieder die Banknoten frage zur Sprache gebracht. War sie doch, das will unck bedünken, gerade für die Angehörigen der Zollvereinsländcr eine wichtige, einschneidende. Preu ßen ist einseitig mit der Ausschließung fremder Werthzeichen vorgegangen; wie, sagen wir, sollen Handel und Industrie bestehen und sich gedeihlich entwickeln ohne Geldsurrogate und ohne daß ihr Bestand geregelt ist? Mag man im merhin Institute, die sich übernommen haben, von ungehinderter Bewegung ausschließen, mag man principiell die Circulation von Wertpapieren an stricte, gerechtfertigte Bedingungen knüpfen; die Frage muß jedoch ohne Zö gern zur Erledigung und zum Austrag kommen, und wir bedauern nichts mehr, als daß auf der Zollvereinsconferenz sich nicht einer der Herren Be vollmächtigten zu der Anregung und Discussion über diese so tief in das Wesen des Handels und Verkehrs eingreifende Frage bis dahin hat erheben können." Preußen. ^Serbin, 20. Sept. Infolge der wiederholten Be schlagnahmen— es ist sogar auch eine ConfiScation „irrtümlicherweise" vorgekommen — ist die Stimmung in der liberalen Presse eine gedrückte. Man gibt ziemlich unverblümt zu verstehen, daß »ran schweigen müsse. So verweist die National-Zeitung daraus, wie selbst auch in dem zu Brüssel erscheinenden russischen Nord das Manifest der Kreuzzeitung in Betreff der Regentschaftsfrage „des gänzlichen Mangels an gesundem Menschenverstände" bezichtigt werde und wie in demselben russischen Blatte der Vorschlag der Kreuzzeitung in Betreff der Einsetzung einer Mitregentschaft in einer Weise beleuchtet werde, „die sich hier (in Berlin) nicht wiedergeben läßt". Die Volkszeitung ist der Meinung, ,daH man ihr doch nicht verwehren könne, „zu sagen, was in der Bibel steht", und sie findet dann ihren Trost darin, daß es hinter dem Spruch „Schweigen hat-seine Zeit" gar deutlich und tröstlich auch gleich weiter heiße, daß auch Reden seine Zeit habe. Auf diese Weise behilfr nian sich. Ob man wohl gethan, indem man die Presse ge rade in dem gegenwärtigen Augenblick in solcher Weise einschränkte, das bezweifeln wir sehr. Wir sind nicht der Meinung, daß von der Presse ir gendein thatsächlicher Einfluß auf die in der Regentschaftsfrage zu treffende Entscheidung hätte erwartet werden können; einen großen Werth legen wir aber darauf, daß die Sache, wie sie liegt, und die Tendenzen, welche sich bei der Entscheidung zur Geltung bringen wollen, klar und verständlich der Nation bekannt geworden sind, und wir sind darum der festen lleberzeu- gung, daß die gegenwärtigen Preßbeschränkungen keine andere Folge haben können, als die bevorstehenden Wahlen in noch mehr potcnzirtem Sinne, als eS sonst der Fall gewesen wäre, liberal ausfallen zu machen. — Die Stellung eines Antrags von feiten Preußens auf der Zollvereinsconferenz zu Hannover auf Gewährung der Steuerbonification auferportirten Rüben zucker haben wir bereits als wahrscheinlich angekündigt. Wir können jetzt die weitere Mittheilung machen, daß die Stellung-des Antrags mit Bestimmr- heit erfolgen wird, und wahrscheinlich wol noch im Laufe dieser Woche. ES folgt hieraus, daß die Opposition, welche sich im Schosc unsers Ministe riums von selten des Finanzministers gegen den beabsichtigten Antrag gel tend zu »rachen suchte, nachträglich wol wieder ganz fallen gelassen sein muß. Ohne Zweifel wird es so auch mit der Opposition desselben Mini sters gegen die beabsichtigte Aushebung sämmtlicher Durchgangszölle gchen. Sollte dies, Wider Erwarten, nicht der Fall sein, so können wir uns nur einfach auf das berufen, was wir für diese Eventualität bereits gesagt ha ben; der betreffende Antrag dürfte dann nämlich durch diese Opposition doä> nicht verhindert werden. — Ein cigcnthümlichcr Preßproceß nimmt die Aufmerksamkeit unserer literarischen Kreise in Anspruch. In welchen» Zu stände sich das hiesige Hofthcater unter der Amtsführung des gegcnwärti gen Generalintendanten Kammcrherrn v. Hülsen befindet, ist bekannt. Die Berliner Börsen-Zeitung brachte vor einiger Zeit eine Beleuchtung dieser Thätigkeit, infolge welcher, wie cö allgemein hieß, Hr. v. Hülsen eine ge richtliche Verfolgung des betreffenden Blatts, resp. seiiics RcdactenrS wcgeu