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Wochenblatt Telegramm -Messe: (vocßendlatt pvlsnik. und Umgegend W' tL für Pulsnitz Lricheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend. Beiblätter: Jllustr. Sonntags- blatt u. Humor. Wochenblatt Abonnement. Monatl. 50 , vierteljährlich z.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen unter Nr. s«vr z.re. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags so Uhr aofzuoeben. Einspaltige Zeile oder deren Raum >2 kokalpr. ,o Reklame ro Z. Bei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen-Erxeditionen nehmen Inserate entgegen. pennsp»ecke? 4 »o. iS. » Aorts-Blatt i -es Bönigk klmlsgerlekls un- -es Sta-tratkes 2» pulsnttL. Amtsblatt für den Bezirk des Uönigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-V,sung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswald«, Ohorn, Vbersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Ulein-Dittmannsdorf Druck und Verlag von L. e. .Förster'» Erben (Inh.: ). w. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nc. 2S5. Verantwortlicher Redakteur Otto vorn in Pulsnitz. Ar. 143. Donnerstag, den 30. Aovemöer 1905 57. Jahrgang. MeKnnntmachrrng, Volkszählung betreffend. Wir weisen hierdurch ausdrücklich darauf hin, daß die von den Herrn Zählern zum Zwecke der Volkszählung ausgetragenen Listen am Vormittage des l. Dezember 1905 sorgfältig und gewissenhaft auszufüllen und vom Mittage dieses Tages an zur Abholung bereit zu halten sind. An die Einwohnerschaft geht nochmals das dringende Ersuchen, die Herren, die bereitwillig das wichtige, schwierige und zeitraubende Ehrenamt eines Zählers übernommen haben, nach allen Kräften zu unterstützen und ihnen gewünschte Auskunft zu erteilen. tsaushaltungsvorftände, denen aus versehen keine Zählliste zugehen sollte, wollen dies spätestens am f. Dezember in der Natskanzlei melden Pulsnitz, den 30 November 1905. Der Htaötrat. Or. Michael, Bürgermeister. Neueste Ereignisse. Gestern ist in Dresden der Sächsische Mittelstands tag znsammengetreten. Bei der gestrigen zweiten Sitzung des Reichstags wurde das Präsidium gewählt. Die Wahl fiel auf die Herreil Graf Ballestrem, Graf Stol berg, vr. Paasche. Der Reichstag verhandelt heute anläßlich einer sozialdemokratischen Interpellation über die Fleischnot. Der Verband der Sächsisch-Thüringischen Webereien teilt mit, daß sich die Wiederaufnahme der Ar beit in allen Verbandsbetrieben gestern in voller Ruhe vollzogen hat. Es wird amtlich bekanntgegeben: seit gestern Nach mittag sind sämtliche telegraphische Verbindun gen mit Rußland unterbrochen. Aus Deutsch-Ostafrika meldet Graf Götzen die Ab wehr eines Angriffs von 300 Aufständischen und gibt einen Ueberblick über die Lage im Lande. Rußland und Oesterreich-Ungarn haben der bul garischen Regierung eme Note überreicht, in der sie angesichts der Flottenkundgebung zu strikter Neutralität ermahnt wird. In Wien sind die Wahlrechtsdemonstrationen der Arbeiter ohne Störungen verlaufen, dagegen kam cs in einigen anderen Städten zu Aus schreitungen. In Austerlitz schoß das Militär und tötete 2 und verwundete etwa 30 Personen. Die Eröffnung des Reichstages. Am Dienstag Mittag 12 Uhr wurde im Weißen Saale des Königlichen Schlosses zu Berlin der Reichstag mit einer hochbedeulsamen Thronrede eröffnet. Nach herzlichem Will- lommengruß an die erschienenen Mitglieder des Reichstages bot die Thronrede des Kaisers erst einen Rückblick auf die Arbeiten der letzten ReichstagSsessios. Mit den in letzter Tagung erreichten Handels, und Tarifverträgen sei der feste Grund für deutschen Fleiß und Unternehmungsgeist geschaf- fen. Möge daraus dem Lande und allen Gewerben Segen und Gedeihen erwachsen. Auch für den Warenaustausch Deutschlands mit anderen Ländern seien die verbündeten deutschen Negierungen fortwährend bemüht, neue Bürgschaften der Fortentwickelung z» finden. Darauf hob der Kaiser in der Thronrede hervor, daß hinter den so notwendigen Han delsverträgen andere wichtige Aufgaben zurückstehen mußten, Ausgaben, die aber nun den Vordergrund der Tätigkeit des Reichstages gerückt seien. Zumal erheischten die Finan zen des Reiches eine durchgreifende baldige Abhilfe, da die Schuldenlast deS Reicher ohne planmäßige Billigung sich ständig vermehre, die Finanzen der Bundesstaaten schwer unter den gesteigerten Ansprüchen des Reiches litten, und neue Macht- und Kulturaufgaben für das deutsche Volk ihrer Lösung harrten. Unbedingt bedürfe daher das Reich neuer Einnahmen, doch ließen die Reformvorschläge dabei den not- wendigen Unterhalt deS Volkes von neuen Abgaben frei. Unter Anerkennung deS Grundsatzes, die Lasten nach der Leistungsfähigkeit im Volke zu verteilen, sollten die neuen Einnahmen vorzugsweise aus Bier und Tabak, ferner aus dem Personenverkehr und Güterumsatz und dann aus einer Reichserbschaftssteuer gewonnen werden, möchten die Reichs lagsabgeordneten bei der Prüfung des schwierigen finanziellen Reformwerkes die Einsicht der Vaterlandsliebe leiten, daß die Deckung des Reichsbedarfs dem Leb n und Gedeihen der Nation zu dienen habe. Dies betonte der Kaiser mit er hobener Stimme in der Thronrede. Dieselbe wandte sich dann der Flottenvermehrung zu, die zwar bereits im Jahre 1900 begonnen worden sei, aber damals keine Vollendung gefunden habe. Die stetig wachsende wirtschaftliche Verbin dung Deutschlands mit allen überseeischen Ländern erheische aber auch eine stärkere Vertretung des Reiches zur See, eine Novelle zum Flottengesetz schlage daher den Bau von sechs großen Kreuzern, ferner eine erhebliche Vergrößerung der durch den Marineetat geforderten Linienschiffe und g-oßen Kreuzer vor, damit die deutschen Schiffe an Stärke nicht hinter den Schiffen anderer Staaten zurückbleiben. AuS die- sem Grunde würden auch die Mittel für eine größere Schlag fertigkeit der deutschen Torpedoboote verlangt Der Kaiser hegt daS Vertrauen, daß der Reichstag zu dieser Gewährung einer notwendigen Verstärkung der deutschen Seewehr bereit ist. Durch eine neue Vorlage soll auch das Versorgungs wesen sür Offiziere und Mannschaften des Heeres, der Ma rine und der Schutztruppen besser geregelt werden. In einer Novelle zum Börsengesetz sollen auch die dringlichsten Punkte einer Börsenreform durchgeführt werden Als eine Haupt pflicht des Reiches sieht der Kaiser auch die Fortentwickelung der sozialen Gesetzgebung an und gelte es für die kommen den Jahre hauptsächlich dafür zu sorgen, daß die gesamten Arbeiterversicherungsgesetze einheitlicher gestaltet und die Witwen- und Waisenfürsorge mehr gefördert werde. Die Mitwirkung des Reichstages werde auch in Anspruch genom men um den gewerblichen Berufsvereinen den E.werb der Rechtsfähigkeit zu erleichtern und freiere Betätigkeit ihrer wirtschaftlichen Interessen zu ermöglichen. Harte Opfer an Blut und Gut seien dem Vaterlande in Südwestafrika und neuerdings auch in Deutsch-Ostefrika auferlegt worden, aber die großen Opfer feier nicht umsonst gebracht worden. Die letzten Meldungen hätten die Unterwerfung der WitboiS ge bracht und die Hoffnung auf baldige Wiederherstellung des Friedens in Deutsch-Südwestasrika sei berechtigt. Die wirt schaftliche Erschließung der Kolonien verlange Oer auch die Schaffung besserer Verkehrsmittel Um die Arbeitslast für daS Kolonialamt besser zu bewältigen, sehe der Reichehaus halt auch die Schaffung eines Reichs - Kvlonialamtes vor. Einen warmen Dank und stolze Anerkennung für die Offi ziere und Mannschaften, die heldenhafte Tapferkeit zur Wah rung des deutschen Besitzstandes in Afrika gezeigt haben, sprach auch der Kaiser in seiner Thronrede aus. Die aus wärtigen Beziehungen des Reiches erklärte die Thronrede des Kaisers zu allen Mächten für korrekt, zu den meisten sogar für gut und freundschaftlich. Eine besondere Befriedi gung habe es ihm gewährt, daß er mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten seine Bemühungen hätte vereini gen können, um im fernen Osten den Frieden wieder herzu- stellen. Den Eintritt Japans in die Reihe der Großmächte begleitet der Kaiser mit aufrichtigen Wünschen sür eine friedliche Kulturmission der hochbegabten japanischen Volks. Auch hofft der Kaiser, daß es dem Kaiser von Rußland vergönnt sei, sein Land einer glücklichen Zukunst entgegen- zuführen. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Wie wir bereits gestern durch Extrablatt bekannt gegeben haben, machten bei der stat.gefunvenen Stadtverordne ten-Ecgänzungswahl von 408 wahlberechtigten Bürgern 198 von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Es wurden wieder- resp. neu gewählt: Als Ansässige: Herr Kupferschmiedemeister Edwin Hoffmann mit 182 Stimmen, Herr vr. msä. Walther Kreyßig mit 182 Stimmen, Herr Kaufmann Rudolf Opitz mit 168 Stimmen. Als V-» ansässige: Herr Buchbindermeister Bernhard Lindm- kreuz mit 154 Stimmen, Herr Schneidermeister Emil Müller mit 132 Stimmen. Die nächst meisten Stimmen erhielten die Herren Kaufmann Ernst Lachmann (53), Steuereinnehmer Adler (35), Wagenbauer Gustav Löhnig (12). 27 Stimmen waren zersplittert 8 Stimmzettel wurden für ungültig er klärt Im vorigen Jahre übten von 385 stimmberechtigten Bürgern 188 ihr Wahlrecht aus. Pulsnitz. Wir verfehlen nicht, das kau fende Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß an den kommenden Sonntagen vor Weihnach ten die Geschäfte von '/-3 Uhr nachmittags bis 10 Uhr abends geöffnet sein dürfen. Gleichzeitig bringen wir in Erinnerung, daß vom 15. bis 24. Dezember der Verkauf auch an Wochentagen bis 10 Uhr abends gestattet ist. Pulsnitz, 30. November. Gestern früh verunglückte der im hiesigen städtischen Elektrizitätswerk beschäftigte Mon teur Kerndt beim Aufsuchen eines Fehler« an der Leitung, welche vom Werk nach der Stadt führt. Kerndt ist, zum Schutze gegen Strom mit Gummischuhen bekleidet, auf das Dach gestiegen, ausgeglitten und, da er vas Halteseil nicht erfassen konnte, auf den Rücken gefallen und alsdann lang sam heruntergerutscht. Hierbei hat sich der Verunglückte eine Rückgradverstauchung zugezogen. Aus Veranlassung des Arztes wurde Kerndt durch Mitglieder der Krankenträger-Kolonne in seine Wohnung gebracht. Pulsnitz, 30 November Die gestern Abend im „Wolf"-Saale stattgefundene Grande Soiroe konnte weder die Veranstalter, die durch den schwachen Besuch kaum im Stande waren, die Kosten zu decken, noch die Erschienenen» welche sich hinsichtlich des hohen Eintrittspreises wohl einen höheren Kunstgenuß versprochen hatten, befriedigen. Es war eben wieder einmal ein „Reinfall", wie wir ihn hier schon öfter erlebten. Das Programm bot eine reiche Fülle von instrumentalen, gesanglichen, humoristischen und illusionistischen Darbietungen, welche, zum Teil auch gut ausgeführt» eine angenehme Unterhaltung schafften. Pulsnitz. Wir weisen hierdurch nochmals auf den Sonntag, den 3. Dezember, im Saale des Schützenhauses stattfindenden, von der freiwilligen Feuerwehr zum Besten ihrer Kasse veranstalteten öffentlichen Theaterabend hin. Zur Ausführung kommt das Volksstück mit Gesang: „Die Lieder des Musikanten". Möge die hiesige Einwohnerschaft durch recht regen Besuch die Feuerwehr unterstützen und die Kasse kräftigen helfen — Am gestrigen 29. November vollendeten sich zwei Jahrhunderte, daß dec erste bedeutende, vorbildliche deutsch evangelische Missionar Bartholomäus Ziegenbalg, gebürtig aus Pulsnitz, seine Missionslaufbahn begann. Für unse e heimatliche evangelisch - lutherische Mission ist dies ein besonders wichtiger Gedenktag, da Ziegenbalg mit Recht als der Begründer der evangelisch-lu'.herischen Mission genannt wird. Unsere evangelisch.lutherische Mission arbei tet noch jetzt in den Gebieten Indiens, wo dieser bedeutende Mann seine erste Station begründete. In dem am 30. No vember abends 8 Uhr im „Tivoli" zu Dresden stattfindenden Missions-Familienabend wird dieses ersten bedeutenden deutsch»