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VI Fu GefähnteMT Roman von E. Hulden. Machbruck verbot-nd , (Fortsetznng.) Stolz flatterte das Banner mit dem Wappen der Wildburgs von den Thürtnen des Schlosses, auf allen Dörsern, die zu der Herr schaft gehörten, fanden Feste statt, die aufs Freigebigfte von dem greiherrn eingerichtet waren, in den Kirchen, die unter seinem atronat standen, wurde von den Kanzeln Dank gesagt, weil ihm noch die Freude geworden, daß ihm im hohen Alter der Sohn nnd Erbe geboren sei, den er nur noch am Seitenstamm des Geschlechts gesucht hatte. Den Hauptmann trieb es ruhelos umher, er fand keinen Schlaf, Verzweiflung, Haß, Grimm und Zorn nagten in ihm nnd k raubten ihm fast die Selbstbeherrschung. Deshalb hatte er ge k sündigt, sich mit Schuld bedeckt, das Vertrauen eines Sterbenden k betrogen, ein armes Kind seiner Rechte beraubt! Jn den langen ; Nächten irrte er rastlos durch die Zimmer, oder er setzte sich an f seinen Schreibtisch, nahm die unglückseligen Doeumente heraus und I starrte sie an. Sollte er jetzt damit hervortreten? Für ihn, fiir - Albrecht war ja doch Alles verloren, aber jenes verhaßte Weib - triumphirte doch dann nicht, der rechtmäßige Erbe mußte gesucht s- und gefunden werden. Mit einem grellen Auflachen raffte er die : Papiere zusammen, morgen wollte er damit vor sie hintreten und I all ihren Siegesjubel zu nichte machen. Dann kam die lieber legung. Wie, wenn jenes Kind nicht lebte, wenn kein Erbe mehr da war, so hatte er seinen Namen umsonst preisgegeben, sich vergeblich zum Verbrecher gemachtl Der fleckenlosc Name, das war ja das Einzige, was er feinem Sohne hinterlassen konnte, nnd dies Letzte wollte er ihm auch noch rauben in seinem blinden Haß. Nein, er mußte das Geheimniß bewahren, mußte ruhig zusehen, wie Andere die Früchte feines Frevels ernteteni Die Freisrau erholte sich bald; das Muttergliick hatte sie erjüngt, sie war stärker geworden nnd sah blühend und wohl aus; dazu verstand sie die Kunst der Toilette, nnd so glaubte der Hauptmann in ihr nicht dasselbe Wesen zu erblicken, das einst so reizlos « und unfcheinbar dies Haus betreten, als er sie zqu ersten Male als junge Mutter wiedersah. Sie nahm seine Glück wiinsche mit der Huld einer Fürstin entgegen, und im Lauf des Gesprächs sagte sie: »Ich freue mich um so mehr, daß es mir so gut geht, als ich nun an«der Ausübung meiner Pflichten nicht mehr lange verhindert setn»wcrde. Durch die Geburt des kleinen Majorats her-tu haben nch alle Verhältnisse verändert nnd das Interesse meines Gemahl-s an der Verwaltung seines Besitzthums ist von Neuem rege geworden. Er wünscht sich einen genauen Einblick zu verschaffen nnd hat mich beauftragt, ihn dabei zn vertreten. Sie wissen la, ErwinsWunsche waren mir stets Befehle, nnd so deute ich, werden wcr Beide in Zukunft gemeinsam regieren, mein lieber Vetter.« l»Ich bin zu jeder Stunde bereit, die Leitung der Geschäfte besseren und gejchickteren Händen zu iiberlassen«, stammelte der Hauptmann mit bleichen Lippen. .Nein, das dürfen Sie nns nicht anthun«, erwiderte die Freifrau, »wir können Jhre bewahrte Kraft nicht verlieren, aber warum sollten wir nicht als gute Kameraden zusammen arbeiten Fonnenz unser Haupt und Meister bleibt ja fiir uns Beide .tnein Ithenrer Erme · »Ich glaube nicht« daß ich mich an eine derartige Beschränkung meiner Autorttat, die einer Ileberwachnng ähnlich sähe, gewöhnen tonute«, sagte der Hauptmann steif. »Ach, Sie werden es sich überlegen; es würde uns zu leid thun, wenn wir Ihren verwandtschastlichen Beistand verlören, und wie würde uns Albrecht fehlen. Mein Gemahl liebt ihn so sehn-wenn ich eine eifersiichtige Mutter wäre, so würde ich ihm darüber grollen und an eine Beeinträchtigung meines eigenen , Sohnes glauben. Aber das liegt mir fern. Jch werde mich .- freuen, wenn die Vettern sich von früher Jugend an lieben lernen. Albrecht ist ja so viel älter, daß er meinem kleinen Erwin ein Beschützer sein kann, und für seine Zukunft kann es nur vortheil haft sein, wenn er das briiderliche Wohlwollen des einstigen Majoratsherrn besitzt. Vorläufig lassen wir Alles beim Alten. Zunächst müssen wir an das Tausfcst denken. Mein theurer. Erwin wünscht es zu einer großartigen Festlichkeit zu gestalten. Die ganze Nachbarschaft, Alles, was zur Gesellschaft gehört, soll eingeladen werden. Wir müssen den Kleinen, der einst eine so einflußreiche Stellung hier einnehmen wird, doch in aller Form einführen; der Majoratserbe von Wildburg ist selbst in der Wiege eine wichtige Persönlichkeit-« Der Hauptmann beherrschte sich mit Mühe; er verstand genau, was sie sagen wollte; diese Frau war ohne Mitleid, von unbe grenzter Herrschsucht, wer sich ihr nicht beugte, den vernichtete sie. Er würde der Erste sein, über den ihr Fuß fortschritt. Mochte es sein, er konnte sich vor ihr nicht demüthigen, lieber Alles er tragen, Armuth und Entbehrung. Aber er litt nicht allein; sollte er seine Frau dem auch aussetzen, und was wurde ans Albrechts Zukunft? Das war der Fluch seiner Missethat· Fiir jenes Kind wäre er der berufene Vormund gewesen« Niemand hätte ihn in seiner gesicherten Stellung angetastet, diese Frau trat ihm als Mutter des Majoratserben entgegen, sie beherrschte den kindischen Gatten und sie wiirde ihr Recht gebrauchen Schon am Tage nach dem Taussest, bei dem die Freifrau ihre-Würde musterhaft behauptet hatte, ließ sie den Hauptmann zu sich bitten und führte ihn in das Gemach, das sie ganz ge schäftsmiißig zu ihrem Arbeitszimmer eingerichtet. Sie verlangte Einsicht in die Bücher, wollte von Allem unterrichtet sein, und er mußte wider Willen ihren scharfen Verstand und ihre schnelle Auffassungbewundern. Auf die Dauer war das Verhältuiß nicht zu ertragen; nun trat auch noch die Mißgnnst hervor, mit der die Schloßfrau auf Albrecht blickte, denn der Freiherr, dem ·tleine Kinder un sympathisch waren, zeigte offen seine Vorliebe für den älteren Knaben Der Bruch wurde unvermeidlich, und der Hauptmann verließ mit den Seinen das Schloß. Für sich selbst lehnte er jede Unterstützung ab, aber im Hinblick auf die Zukunft seines Sohnes gewann er es über sieh, auf das Anerbieten des Frei herrn, der die Sorge für dessen Erziehung übernehmen wollte, einzugehen. Diese Bestimmung, die Albrecht eine Reute bis zu seiner Selbststäudigteit anssetzte, fand sich auch in seinent Testament, als er bald darauf starb. Seine Gemahlin war mit unbegrenzter Vollmacht zur Vormünderin seines Sohnes ernannt, und ans Allein ging hervor, wie dieser letzte Wille non ihr be einflußt war, auch daraus, daß des Hauptmanns b. Wildbnrg mit keiner Silbe Erwähnung geschah. Er war nach Berlin gezogen, weil er seine beschränkten Ver hältnisse dort am besten zu verbergen glaubte; zuerst fand er noch einigen Verdienst durch seine Feder-, aber seine zerriitteten Nerven machten ihm das später unmöglich. Seine Frau hatte nach der Geburt einer Tochter fortwährend gekräntelt und starb, ehe diese ganz erwachsen war, und so ging die Sorge für den kleinen Haushalt nnd die Pflege des leidenden Vaters aus Erna v. Wild burg in· einem Alter über, wo andere Mädchen nur die heitere Sorglosigkeit der Kindheit kennen. Sie erlag aber nicht unter gäl g g N: