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Peißeritz-Zeitung Dienstag. Erscheint Dienstags und tzß Freitags. Zu beziehen e urch alle Post- > anstalten. 18. März 1862. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Ms- md Meige-Ml der Königliche« Cerichls-Iemler Md Sladlrälhe M ' Mppsldiswaldc. M-cBein Md Allenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Sehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 12. März. Gestern sand in hiesiger Stadtschule die zur Wiederbesetzung der er ledigten 5. Lehrerstelle ausgeschriebene Probe statt. Es waren zu derselben, wie wir unsern Lesern bereits mitgetheilt haben, die Herren Holfert auS Lungwltz und Kirst auS Werdau designirt. Dieselben waren denn auch der an sie ergangenen Einladung gefolgt und legten vor einer aus den Mitgliedern der städtischen Kollegien und der Inspektion, der College» der Stadt schule «nd einigen Freunden des Schulwesens bestehenden Versammlung mit Knaben der Oberklasse und den Schülern einer Elemeutarklasse, ihre Probe ab. In den sofort nach beendigten Lectiouen abgehaltenen Sitzungen des StadtratRs und der Stadtverordneten wurde Herr Lehrer Holfert aus Lungwitz gewählt. Der Gewählte hatte durch seine ganz vorzügliche Probe vollkommen den Erwartungen entsprochen, die man auf ihn gesetzt hatte. Wie wir hören, wird der Antritt des Hrn. Holfert mit Beginn des neuen Schuljahres erfolgen. Berlin. Die Krisis, in welcher wir uns be finden, ist mit der Auflösung der Kammer offenbar noch nicht zu Ende. Der Rücktritt des Hrn. v. Beth- mann-Hollweg wird ziemlich allgemein als ein Zeichen betrachtet, daß das Ministerium trotz der Auflösung des Abgeordnetenhauses auf keinem festen Fuße mehr stehe. Auch der Umstand, daß vom König nur ein interi mistischer Ministerpräsident ernannt ist, zengt von dem Unfertigen unserer gegenwärtigen Zustände. Sv viel ist gewiß, daß das Ministerium, so lange es liberale Mitglieder zählt, nichts ohne die Volksvertretung unter nehmen wird, was tief in das Volksleben einzugreisen bestimmt ist. Das Schlimmste dürfte augenblicklich die mangelnde Genehmigung der Volksvertretung zu den Einnahmen und Ausgaben des Staats sein. Die Negie rung hat es nicht für bequem gehalten, in Bezug auf diesen Punkt der Sitte der englischen Regierung zu folgen, welche sich vor einer Auflösung des Unterhauses den ordinären Etat von demselben bewilligen läßt; sie hat die Kammer vor der Bewilligung des Etats ans- einandergehen beißen. Freilich waren die Etatsbe- rathungen des Abgeordnetenhauses noch lange nicht zu Ende. Indessen erlaubt die Verfassung, die bestehenden Steuern und Abgaben fortzuerheben, bis sie durch ein Gesetz abgeändert werden. In der deutschen Politik soll übrigens an dem bisherigen Programm festgehaltcn werden, und in der kurhessischen Frage soll durchaus nichts ausgcgebcn sein. — Der Prinz Adolfzu Hohenlohe-Ingelfingen hat die Präsidentur dcö Staatsministcriums interimistisch nnd zunächst für die Zeit der gegenwärtigen Krisis angenommen. Ein besonderer Politiker ist der neue Ministerpräsident nicht, wenigstens hat man bis jetzt keine Gelegenheit gehabt, eine Wahrnehmung davon zu machen. — Die Berliner „Volks-Zeitung" giebt auS zu verlässiger Quelle folgende Einzelheiten über ein Attentatsversuch aufden König: „Am 11. März Mittags trat ein junger Mann (der Kürschnergeselle Schildknecht aus dem schweizerischen Canton Thurgau) an den Eingang des königlichen Palais und verlangte den König zu sprechen. Man sagte ihm, daß dies nicht angehe, und der hinzutretende Schutzmann, welcher dort amtlich postirt ist, rieth dem Fremden, sein etwaiges Gesuch schriftlich aufzusetzen und einem Adjutanten zu überreichen. Das könne er nicht, war die Antwort. Auf die Frage des Schutzmanns, was er denn wolle, erwiderte er: Ich will den König erschießen; und als derlFremde ein geladenes Pistol mit aufgesetztem Zünd hütchen zeigte, nahm der Beamte denselben fest und führte ihn aus das Bureau deS Schloßreviers. Der Polizeilieutenant Seyffried fragte den Schildknecht, ob er denn wirklich den König habe erschießen wollen? Die Antwort war: er müsse den König nothwendig sprechen »nd er habe durch Vorzeigung eines Pistols leichter Eingang zu finden geglaubt. Der König kenne ihn, er habe schon im vorigen Jahre dem König ge schrieben. Er sei nun gekommen, dem König die deutsche Kaiserkrone anzubieten. Bei diesen Worten holte er aus der Tasche einen Apfel hervor, ein sogenanntes Rothhähnchen; das sei der Reichsapfel, den er dem König überbringen müsse. Eine Erscheinung habe es ibm befohlen, wie ihm überhaupt alles im Leben durch Erscheinungen komme; er sei deshalb auf der Stelle aus der Schweiz nach Berlin geeilt. Der Irrsinnige, ein blasser, schmächtiger Mensch, wurde sofort der Staatsanwaltschaft und von dieser dem Untersuchungs richter übergeben. — Die Berliner Börsen-Zeitung schreibt: „Wie man hört, waren die neulichen Mobilmachungs gerüchte keineswegs ganz ohne Grund. Der König soll nämlich mit Entschiedenheit erklärt haben, zur Wiederherstellung des gekränkten Rechts in Kurhessen wirklich preußische Truppen einrücken lassen zu wollen, und diese Erklärung wesentlich die Nachgiebigkeit Oester reichs in der kurhessischen Frage zur Folge gehabt haben. Uebrigens ist die Einigkeit zwischen Oesterreich und Preußen in der kurhessischen Frage in München nichts weniger alS zu gut ausgenommen worden, und es soll die Stimmung darüber daselbst gegen das Wiener Cabinet eine ziemlich empfindliche sei». Auch am