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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001026017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900102601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900102601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-10
- Tag 1900-10-26
-
Monat
1900-10
-
Jahr
1900
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Amtsblatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes un- Volizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die ^gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redactionostrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zifsernsatz entjprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .^t 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahrneschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 546. Freitag den 26. October 1900. 94. Jahrgang. Sedan, Paris, die Gefilde an der Loire und an der ßisaiue. Die kriegswissenschaftliche Kritik, die vor Napoleon'-, vor Cäsar'- Dispositionen nicht Halt macht, hat ich — wie konnte eS ander» sein? — auch Moltke'S Füh rung bemächtigt und zollt ihr nicht überall Beifall. Aber den Namen eines großen Strategen, eines selbstständig er« innen den Fortbildners derKriegSkunst und eines kühnen Generals >at sie bereitwillig gelassen. Es war eine Weile Mode, den „Schlachtendenker" al» bloßen, wenn auch nie irrenden Rechenmeister anzusehen, der alle militärischen Möglichkeiten erwog und die Mittel, ihnen erfolgreich zu begegnen, im Vornherein zu bestimmen verstand und darum siegen mußte. Bald aber sah die Welt in Moltke mehr als den Mathe matiker, sie erkannte in ihm den muthigen Soldaten, der, wohl wissend, daß da- Schlachtenglück sich nicht durch bloße Rechenkünste fesseln läßt, es nicht als Spieler, aber als tapfrer Wagender herausforderte und darum bezwang. Daß seine Berechnung trügen konnte, Niemand anders al» er selbst hat e» sich, und wahrlich nicht schonend, nach gewiesen, als er in einer geschichtlichen Darstellung der Schlachten um Metz das „Obercommando" eines Fehlers bezichtigte. In diesem Selbsttadel tritt die große Wahr haftigkeit des vom Ruhm des ersten Feldherrn seiner Zeit Bestrahlten so glanzend zu Tage, wie seine Abneigung gegen UnfehlbarkeitSdünkel, sein Abscheu vor Regungen der Eitelkeit. Altpreußisch bis auf die Knochen, wie der geborene Mecklen burger und ehemalige dänische Kriegsschüler gewesen, lag ihm nichts ferner als Ruhmredigkeit, Geschmack an leerem Glanz und Reclame. So war Moltke im Frieden wie im Krieg als Charakter ein Vorbild für die Kameraden, die er 'al- KriegSlehrer mit neuem Geiste erfüllt hatte, eine schlichte Größe, würdig im Leben wie in der Geschichte neben einem Wilhelm, einem Bismarck zu stehen. Und einer der größten Helden und Wohlthäter seines Volkes, dem sein rasches, gutes Schwert den Kaiser und daS Reich wiederzeben half. Sein Gedenken hört nimmer auf in der dankbaren Nation; möge auch sein Beispiel im Heere und bei dessen Führern sür alle Zeiten fortwirken I Der von der unter Friedrich wuchernden Camarilla gehaßte von Preußen durfte in der seinem Sohne einen auch Zu Moltke's hundertstem Geburtstage. K Heute vor hundert Jahren erblickte zu Parchim Hell muth von Moltke das Licht der Welt, drei Jahre nach der Geburt des Prinzen Wilhelm von Preußen, der mit dem mecklenburgischen Edelmanne nachmals so große Thaten ver richten sollte. Wilhelm hatte da» Außerordentliche in Moltke'S Natur früh erkannt, näher traten sich die beiden Alters genossen jedoch erst spät, um die Mitte der fünfziger Jahre, als der Oberst v. Moltke dem Prinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren Kaiser Friedrich, als Adjutant beigegeben wurde. Und diese erstmalige engere Berührung war beiden Theilen unerwünscht. Wilhelm IV. üppig und verfolgte Prinz Thatsache, daß man politisch hochbegabten Officier zum Begleiter bestellte, mit Grund einen Act deS Mißtrauen» gegen seine eigene Person erblicken, und Moltke kannte diese Stimmung, er fand sie wohl auch sachlich begreiflich. Allein Prinz Wilhelm sah bald, daß eine gerade und vornehme Natur, dabei ein scharf blickender, menschenkundiger Patriot und Militär nicht tauglich zum Werkzeug einer Hofclique sei, von der alle Einsichtigen Unheil für Preußen befürchteten. Alsbald, nachdem der Prinz an Stelle seines erkrankten Bruder- die Regentschaft über nommen, berief er Moltke an die Stelle, von der au- der General für sein Vaterland eine neue kriegerische RuhmeS- periode und mit ihr die Einigung Deutschland- heraufführen helfen, sich selbst aber die Unsterblichkeit sichern sollte. Moltke wurde zum Chef des Großen Generalstabes er« nannt. Dieses Amt hatte allerdings zu jener Zeit nicht die überwiegende Bedeutung, die ihm nachmals, Dank seinem neuen Inhaber, den Ruhm und Glanz einer der groß artigsten militärischen Einrichtungen der Weltgeschichte gewann. ES war vor allen Dingen ein wissenschaftliches Hilfsinstitut der Armee und Moltke hatte die Ernennung seinem Rufe als eine- der gelehrtesten, wenn nicht des gelehrtesten OfficierS des HeereS zu danken. Schon aus dem königlich dänischen CadettencorpS, in das den späteren preußischen Generalfeldmarschall Mittel losigkeit und unerfreuliche Familienverhältnisse geführt, war der junge Leutnant mit ausgezeichneten, ..eit über den Be reich der militärischen Wissenschaften hinauSreichenden Kennt nissen in die dänische Armee getreten. Wenige Jahre später, da da» kleine Königreich mit seinem reducirten Heere ihm keine Aussichten bot, preußischer Officier geworden, setzte der mit eiserner Ausdauer begabte, in Folge einer harten, freudlosen Jugend den Genüssen des frühen ManneSalterS abgeneigte und wohl von Natur mit einer ernsten Lebensauffassung erfüllte Moltke seine Studien fort und schon im Jahre 1828 gelangte er nach kurzem Dienst in den Generalstab. Dienst bei der Truppe hat Moltke nicht gethan, wenn aber später, als seine Verwendung als Feld herr in Betracht kam, von manchen Seiten auf Moltke'S mangelnde Führererfahrung warnend hingewiesen wurde, so scheint der Umstand nicht genügend gewürdigt worden zu sein, daß der preußische Hauptmann sich in Kleinasien als leider nicht autoritativer Berather eines Armeecommandanten bereits glänzende Proben von Kenntniß der praktischen Kriegführung abgelegt hatte. Diese Reise nach Kleinasien, sowie manche» zwar nicht immer direkt militärisch fördernde Commando, wie da» zum Adjutanten eines in Rom lebenden Prinzen, lasten den sonst sich selbst nicht glücklich fühlenden Mann in der Zeit deS Werden» al» vom Schicksal begünstigt erscheinen. Sie weiteten den Gesichtskreis, den politischen zumal, sie boten dem fast allseitig Begabten die Gelegenheit, wissenschaftlich zu wachsen, und die Fähigkeit, den künstlerischen Genuß zu vertiefen. Nicht« jedoch fiel ihm mühelos in den Schooß. Unermüdlicher BildungStrieb, rastloser Fleiß, tadellose Lebens führung mußten auch diesem Starken die wunderbare Harmonie seine» großen und sittlichen Wesen-, di« ihn auSzeichnete, er obern. Wie Goethe jede- Erlebniß zum Gedicht, so wurde Moltke jede dienstliche Verwendung, jeder Aufent halt ein Anlaß zu hingebender Bethätigung. Seine Briefe sind militärische oder politische, immer aber schriftstellerische Thaten; in Rom benutzt er die Muße de» AdjutqntrndienfleS, die Umgebung der Stadt topographisch aufzuaehmen und diese Arbeit mit historischen Forschungen zu verbinden; ein Aufenthalt in Polen läßt Vortreffliches über di« Geschichte de- Lande- entstehen. Der Künstler in Moltke offenbart sich in allen seinen Niederschriften, wie nicht minder der knappe und zusammenfastende Stil den klaren, seelenruhigen Menschen verräth. Wilhelm hatte Moltke auf den Platz gestellt, wo er wirke» konnte, Bismarck schuf die Gelegenheiten. Wie Moltke in der zweiten Hälfte de« schleswig-holsteinischen Kriege» e» ermög lichte, daß der Generalstab, d. h. er, späterbin in den Mittel punkt der militärischen Operation gestellt werden konnte, wie er den weltgeschichtlichen Aufgaben gerecht wurde, davon zeugen die böhmischen und die französische« Schlachtfeld«, da» preisen die Namen Gkalitz, Sadowa, Wörth, Metz, Die Wirren in China. Unruhen im Kiautschansehiet. Nach einer gestern in Berlin eingetroffeucn amtlichen Meldung auS Tsingtau ist eS am 23. Ocloder im Kiau- tschau-Gebiete zu einem Zusammenstöße zwischen deutschen Truppen und aufständischen Chinesen ge kommen. Zwei südwestlich von Kaumi liegende umwallte und cnergijch vertheidigte Dörfer wurden genommen. Das deutsche Detachement hatte keine Verluste, während die Chinesen eine größere Anzahl von Todten und Verwundeten batten. Die deutschen Truppen kehrten nach einem zwölf stündigen Marsche und Gefechte in vorzüglicher Verfassung nach Kaumi zurück. Die Lage in den Sü-provinzen AuS Hongkong, 25. October, berichtet „Neuter'S Bureau": Der Gouverneur erhielt die Miltheilung, daß 400 Dorfbewohner auS der Nachbarschaft von SamtStschou im Distrikt Kweischin die Rebellen in Pengkok angriffen. Die Angreifer verloren 200 Todte, die Rebellen 400 Mann. Später brannten die Rebellen zwei Dörfer zum größten Theile nieder. 2000 Soldaten wurden den Dorfbewohnern am 2l. October zu Hilfe geschickt. Sie stießen am 22. dS. Monat- mit den Rebellen zusammen. Das Resultat ist noch unbekannt. Admiral Ho ist mit 2000 Mann nach Wong- kong zurückgekehrt. Vorher brannte er Schonuhautin und Malautan nieder und ließ 600 Mann in Pingschau zurück. Er beabsichtigt augenscheinlich keinen weiteren Vor stoß, da die Rebellen sich auS seinem Amtsbereich zurück gezogen haben. Die Rebellen in der Nachbarschaft von Iungfa sind 3000 Mann stark. Teutsch'englischeS Abkommen AuS London, 25. October, wird uns depeschirt: Der Kanzler der Schatzkammer Hicks Beach, der gestern Abend auf einem Bankett der Handelskammer von Liverpool «in« Rede hielt, sagte bezüglich deS letzten deutsch-eng lischen Abkommens, daß die britischen Grundsätze hin sichtlich China» von Deutschland angenommen worden seien. Er wolle dem Abkommen keine ungebührliche Bedeu tung beimessen, aber es sei schon etwa-, daß in einer so schwierigen Frage, wie in dieser, zwei große Mächte im Stande gewesen seien, ihre Interesten und Ziele genau fest zustellen und sie den anderen Mächten zur Genehmigung zu unterbreiten. Wenn man sich vergegenwärtige, was diese Mächte, besonder» der Kaiser von Rußland, zu dem, wie er glaube, die ganze Welt da- vollste Vertrauen haben könne, erklärt haben, hätte man allen Grund, zu boffen, daß die in dem deutsch-englischen Abkommen enthaltenen Grundsätze von den an dieser großen und wichtigen An gelegenheit betheiligten Mächten allgemein angenommen werden würden, und daß, wenn die« der Fall sei, die An gelegenheit i» freundschaftlicher Weis, von den Mächten g« regelt werde. Man könne weiter hoffen, daß durch diese Regelung die Interessen England» in Cbina völlig gewahrt und überhaupt in der ganzen Welt friedlich« Ver hältnisse hexheigeführt werde» würden. Ariehen-verhnndlungen. * Verli«, 25. October. „Wolffs Telegr.-Bureau" be richtet: Die japanische Regierung bat bei den Mächten den Antrag gestellt, daß seitens der Eabinrtte dir Er örterungen und Vereinbarungen über di« schwebenden chinesischen Angelegenheiten zunächst den fremden Ver tretern in Peking übertragen werden. Die deutsche Re gierung hat diesem Anträge zugestimmt. * Berlin, 25. Oktober. (Telegramm.) Tas Kriegsministerium theilt über die Fahrt der Truppentransportschiffe mit: Der Dampfer „Arcadia" ist am 24. Lctober in Shanghai angrkommen. Die neue chinesische Hauptstadt Singanfu, wohin Vie Kaiserin-Wittwe und der Kaiser von China ihr Hof lager und die Regierung verlegt haben, ist eine der ältesten und interessantesten Städte Chinas. Man kennt, so wird uns aus London noch geschrieben, sie unter einer ganzen Zahl von verschiedenen Namen, oder, richtiger, Schreibweisen, wie Hsignan, Hstansu, Sianfu, Si-An, u. s. w. Sie liegt in dem mit geradezu unübersteigdaren Bergen umgebenen Thal« des Wei-Ho in einer Entfernung von ungefähr 1500 Kilometern von Peking. Es ist dem Leser wahrscheinlich neu, daß von Singanfu aus die Regierungsgeschäfte viel schneller und leichter ausgesäirt werden können, als von Tai-Auen-fu, welches kaum 300 Kilo meter von Peking entfernt ist. Es ist indessen Thatsache, daß Singanfu in viel besserer telegraphischer Verbindung nut allen großen Provinzen Chinas steht, als Täi-Nuen-fu. So geht von Singanfu aus ein Draht via Peking, ein anderer geht nord westwärts in di« Provinz Kan'fu, während ein dritter über King- chaw mit all den südlichen, südöstlichen und südwestlichen Pro vinzen des Reiches commrknicirt. So ist Singanfu in Wirklich keit das Herz Chinas, dessen strategisches Centrum es ebenfalls bildet. Den ersten Blick auf die Hauptstadt erhält man, nachdem man die Berge von Schensi mit ihren steilen Höhen und ihren gefähr lichen Pässen überstiegen hat, von einer Höhe, die 6 Kilometer vor Singanfu liegt. Von dort aus senkt sich das Gelände lang sam bis zu den Ufern des Flusses, und wie von der Höhe eines Amphitheaters sieht man die Stadt zu seinen Füßen liegen. Sie ist von einem mit schweren Schießscharten versehenen Wall um geben, der aus Ziegelsteinen gebaut ist, ca. 10 Meter hoch ist, und eine Gesammtlänge von 13—15 Kilometer hat. An jeder Sekte der Mauer ist ein Thor, von dem eine hr-ite Straße in die Mitte der Stadt, wo das Namen kiegt, führt. In der Mitte der Stadt liegt auch der alte Palast der Kaiser Chinas. Der gesummte Raum innerhalb der Mauer ist bebaut und beherbergt eine heterogen« Bevölkerung von Thibrtanern, Mongolen und Tartaren. Die Häuser sind meist aus Holz gebaut, und um den Gott des Feuers fern zu halten, bleibt das südliche Thor der Stadt stets ge schlossen. In der chinesischen Stadt ist mehr Leben als in der Mandschu-Stodt, die meist aus Gärten und Parks besteht. Außerhalb der Stadt erstrecken sich längs der Chausseen und Canäle meilenweit dicht bevölkerte Vorstädte, und Singanfu ist, Dank seiner Lage an dem Kreuzungspunete der großen Handels straßen, die den Verkehr zwischen Central-Asien und China ver mitteln, und Dank der Fruchtbarkeit seines gelben Bckdens, seit zwei oder drei Jahrtausenden ein eminent wichtiger Platz, nicht nur in politischer, sondern auch in commerzieller Hinsicht gewesen. Heute sind seine weiten Waarcnhäuscr bis an den Rand mit werthvollen Producten gefüllt, auch hat die Stadt ein Re- gierungSarsenal, in welchem moderne Waffen hergestellt werden. Singanfu ist, seitdem es im zwölften Jahrhundert vor Chr. von Wu-Wang gegründet wurde, erobert und wiedererdberi, zer stört und Widder aufgebaui worden, und es hat durch seine Lage trotz aller Unterbrechungen immer wieder die vollständige Con trols über den Handel besessen, der sich über Singanfu von Westen nach Osten und umgekehrt vollzieht. Als im Jahre 770 vor Christi Siang Kwan die Beleidigungen, welche di« Tataren dem Kaiser Ping zugefügt hatten, gerächt hatte und zur Belohnung für seinen Muth zum Könige von Tsim-Chau gemacht wurde, war Singanfu unter dem Nomen Has-King bekannt. Es war die Hauptstadt des großen Chinesenkaisers Schi H'Wangti aus der Dynastie Tsin, dessen Eroberungen beinahe die seines Zeitgenossen Euergetes Ptolomaeos kreuzten. Zu höchstem Glanze und Reichthum aber kam die Stadt unter der Dynastie Han, Berichte erzählen von Liu-Tsung, daß er einen wunderbaren Palast in Singanfu baut« und dort in einem Luxus und Glanze lebte, den man bis dahin in China noch gar nicht gekannt hatte. Er hatte eine Leib garde von schönen Amazonen, die elegant uniformirt waren, meist musiciren konnten und ihn ständig begleiteten. Als das HauS Tang seine Herrschaft in China fest errichtete und der Kaiser Tai-Tsung Ruhm erworben hatte, sandte der griechische Kaiser Theodosius einen Gesandten mit reichen Ge schenken von Rubinen und Smaragden nach Singanfu, und auch Boten von NestoriuS, dem Patriarchen von Konstantinopel, wurden freundlich in Singanfu ausgenommen. — Der Monarch li«h ihren Lehren ein aufmerksames Ohr, befahl einen Tempel in zeiner Hauptstadt zu errichten, und ließ einige der geistlichen Bücher ins Chinesische übersetzen. Die berühmte zweisprachige Inschrift, syrisch und chinesisch, die in Singanfu gefunden wurde, ist die älteste christliche Handschrift, die jemals in Ost- asien entdeckt wurde und stammt aus den Zeiten der Dynastie Tang. Sie ist ein Beweis, daß das Christenthum unter den Chines«» zu jener Zeit (5. Jahrhundert) bedeutende Fortschritt« machte. — Hur Zeit der ersten Mongolenherrscher hieß Singanfu Krng-Tschao-fu, Marco Polo corrumpirte den Namen in Ronyam-fu, und beschrieb die Stadt in einer Weise, die im Allgemeinen noch heute zutrifft. Trotz seine» Alter» besitzt Singanfu keine alten Gebäude, dagegen besitzt die Stadt ein archäologische» Museum von unschätzbarem Werthe, das eine Masse Bilder, Tafeln und Inschriften enthält, von denen manche über 2000 Jahre alte sind. Einem AlterthumSforscher bietet die Nachbarschaft dieser Stadt ein bessere» Feld al» irgend ein anderer Theil China». Die einzigen Ueberreste der drei großen Dynastien China», der Hia, Schang und Tschau, befinden sich jetzt im Tempel de» Konfuziu» in Peking, wohin sie von Singan fu im Jahre 1126 gebracht wurden. — Sie bestehen au» einer Reihe Inschriften. In der Nähe Singanfu» befindet sich ein sonderbarer Tempel, der au» der Zeit der Dynastie Tang datirt; derselbe enthält eine Koloflalfigur Buddha'», die über 20 Meter hoch ist. Tempel und Figur sind au» dem festen Felsgestein herauSgemeißelt. Im Jahre 1861 hätte Sinaanfu beinahe daS Schicksal Nanking» und anderer großer Gtädte getheilt. Mohamrdanische Rebellen erschienen vor der Stadt und versuchten, ihre Glaubens genossen, die ins Gefängniß geworfen waren, zu befreien. Die Mauern der Stadt waren indessen zu start für sie, und sie gingen zurück, nachdem sie die Vorstädte verbrannt hatten. Kurze Zeit darauf wurde dec Taiping-Aufstand unterdrückt. Die Gesammt- bevölkerung der neuen chinesischen Hauptstadt beträgt etwa eine Million. Der Krieg in Südafrika. Die deutschen Freiwilligen ti» Boerenhccre. Nach einer durch Passagiere des Dampfers „Herzog" über brachten Meldung nach Brüssel befinden sich unter dem Reste der im Felde stehenden Boerentruppen noch gegen 300 deutsche Freiwillige. Die Gesammtzahl der bisher ge fallenen Deutschen wird aus MO geschätzt, deren Namen größten- theils in den verschiedenen Berichten der Commandanlen ang:-- geben sind. Generalkonsul Pott in Lourengo Marques ver sichert, daß es nach Beendigung des Krieges doch möglich sein werde, die Namen der gefallenen Fremden fast vollständig be kannt zu geben. Vom Cap-Parlament Aus Capstadt, 3. October, schreibt man der „Welt-Cor- respondenz": Die Session des Cap-Parlaments nähert sich ihrem Ende. Die Nationalpartei, durch ihren früheren Führer Schreiner und Einige, die ihm folgten, verlassen, hat die M a - jorität verloren und konnte nicht verhindern, daß die Imperialisten ihre Chamberlain-Milner'sche Politik durchsetzten, besonders auch, wo es sich darum handelte, die „Afrikanerpartei" für die nächste Zukunft in der Minorität zu halten. Das soll z. B. auch dadurch geschehen, daß den politischen Gefangenen aus den Grenzdistricten für fünf Jähre die bürgerlichen Rechte ent zogen werden — und also keine Amnestie stattfinden soll. Augen blicklich hat die Nationalpartei noch keinen bestimmten Führer, obschon die früheren Minister Merriman und Sauer, wie Molteno ihre Partei wacker vertreten. Dem Gouverneur muß es besondere Freude gewähren, daß seine vorjährigen Minister seiner Politik augenblicklich nicht viel in den Weg legen tonnen. DaS gqigie sich bei einem ..Gartenfest" des Admirals in Simonstad, wo Spottbilder von Präsiden: Krüger, Exminister Merriman, Molteno — und einem Chinesen als Zielscheibe aufgestellt waren, und der Gouverneur, der ein ziemlich guter Schütze sein soll, bei der Gelegenheit sich „das Vergnügen" machte, besonders die Bilder von Präsident Krüger und Merriman zu durchschießen. Und wie der Herr, so der Knecht. Bei einer Debatte im Parlament schämte der Premierminister Sprigg sich nicht, P r ä sident Krüger einen Dieb zu nennen. In dieser De batte handelt« es sich um den Antrag Sauer's (national), die Königin zu bitten, dem Blutvergießen ein Ende zu machen und zu einem gerechten Frieden mit den Republiken zu kommen. Der Antrag wurde mit nur zwei Stimmen Mehrheit zwar ab gelehnt, zeigte aber, wie stark die Nationalpartei gegenüber den Ültraimperialisten auch jetzt noch ist, trotz der Abwesenheit einiger ihrer Glieder, die man gefangen hält. Die nächste Zukunft dürfte schon eine Neugestaltung der Fraktionen im Hause bringen, nämlich N a t io n a l e, Impe r i a li st c n und C a pi t a l i st e n. Zu Letzteren gehört der berüchtigte Rhodes. Ihm ist es klar geworden, daß die Nationalpartei noch eine große Macht ist, und da sie jetzt ohne Führer, wird er sicher versuchen, ihr Führer zu werden — und das Sprigg-Ministerium zu stürzen, falls das zum Vortheil für sein bankerottes Rhodesia ist. Geld geht noch über Imperialismus. In letzter Zeit, ja in den letzten Wochen, hat er Versuche gemacht, sich wieder Eingang bei den Nationalen zu verschaffen. Bezeichnend für seine Zukunftspläne ist das Telegramm, das er kürzlich einem seiner Freunde im Parla ment gesandt haben soll: „Du mußt entweder verrückt oder be soffen gewesen sein, daß Du nicht mit den Nationalen für eine Amnestie gestimmt hast." Inwieweit die Nationalen sich unter Rhodes' Führerschaft stellen werden, wird die Zukunft erst zeigen. Während er auf der einen Seite ihnen Amnestie für die politischen Gefangenen anbietet, hat er auf der anderen Seite zwei gefürchtete Hand haben in seiner Macht, einen gelinden Zwang auszuüben, näm lich die Drohung mit der Einführung billiger asiatischer Ar beiter (Chinesen), und Zustimmung zum Bau einer Eisenbahn vom Cap Croß nach Buluwayo. Durch den Bau dieser Eisen bahn würde dem Handel mit der Colonie großer Abbruch ge schehen. Aus den Verhandlungen im Parlament ersieht man. wie schmerzlich es Manchem ist, daß eine fremde Maclu (Deutschland) in Südwestafrika festen Fuß gefaßi und Verstärkung durch Boeren aus Transvaal und dem Freistaate zu erwarten hat. Daher wurde eine Vermehrung der Ausgaben für die Walfischbai, als einem wich tigen Puncte für die Zukunft, um einst das Hinterland wieder zu gewinnen, mit großer Mehrheit bewilligt. Bei den Verhandlungen im Parlamente wurde auch der Ab- theilung colonialer Freiwilligen unter Colonel Brabant, die wegen ihre» scheußlichen Marodiren» spottweise Bra—Banditti genannt, erwähnt. Auf Seiten der Regierungspartei gab man auch zu, daß die Truppe den Namen Galgenstricke wohl verdient, und uns kein« Ehre gemacht — aber am nächsten Tage wurde ein Antrag au» der Jingopartei, die colonialen Truppen, die an diesem Kriege theilgenommen, mit einer Me daille auSzuzeichnen, angenommen. Eine Räuberbande mit Medaillen zu decoriren, ist ein Curiosum und wohl neu in der Weltg«schichte, mag aber für jeden anständigen Menschen hier eine Mahnung sein, solchen Decorirten möglichst weit au» dem Wege zu gehen. Ueber die vehantzkung »»n Ceutfchen in Transvaal sind mir in letzter Zeit von zuverlässiger Seit« wieder charakte ristische Beispiele erzählt worden, von denen ich ein» hier wieder geben möchte: In der Näh« von Pretoria lebte ein Deutscher ruhig auf seiner Billa. — Auf einen bloßen Verdacht hin wurde er in» Gefängniß geworfen. — Einige Tage später wurde in der Nähe der Billa «in englischer Soldat verwundet oder todt gefunden. Daraufhin wurde die Frau mit ihrem Kinde bei Nacht au» dem Hause geholt und in» Gefängniß abgrfiihrt, dl«
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