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Nummer 208—34. Iattrg Sonnlag, 8. September 1983 Aus der Suche nach einem Kompromiß y Echrlstletlung: Dresden-A., PoUerstr. 17, Fernruf rv71t«. UI01U Gelchlstsstell«, Druck und Verlag: German!» Buchdruck«!«! und Verlag Th. und <S. Winkel, Pollerstrahe 17, Fernius Ilvir, Postscheck: Nr. lorr, Bank: Stadtbanl Dr««d«, Nr. «7S7 k > > » r » » M Im Falle von höherer Tewatt. B«rbo>, etnlretender velrleds» ftörungen hat der Bezieher oder Werbunglreibende kein« UM» Iprüche, fall, d!« Zeitung tn beschränktem Umfange, oerspHM oder nicht erscheint — ErlUIlungoort Dresden. — — — Wie der ist nur nn- Das Zustandekommen des Fünferausschusses ein persönlicher Erfolg des polnischen Außenministers Beck. Warschau, 7. Sept. Die Genfer Berichte der polnischen Blätter unterstreichen das Zustandekommen des Fiinserausschusses (Näheres S. 3) als persönlichen Erfolg des polnischen A.u ßenmini - sters Beck, dem es gelungen sei, die Zustimmung des italie nischen Vertreters zu diesem Ausschuss zu erzielen. Die sachliche Lage in Genf wird von Gazette Polska dahin gekennzeichnet, dass durch die Bildung des Fünserausschusses zwar der Krieg noch nicht verhindert sei. es sei aber doch eine sehr reale Grundlage für die weiteren Anstrengungen ge- schassen worden, Nicht nur den Streitfall bcizulegen, sondern auch seine Ursache zu beseitigen. Man habe im Rahmen der mensch lichen Möglichkeiten einen geeigneten Weg für die Ansprüche des italienischen Volkes gesunden. Französische Munition für Italien? Paris, 7. Sept. Der Populaire berichtet ohne Quellen angabe, daß Frankreich Munition an Italien liefere. Am Frei tag gegen Mittag seien vier Munitionszüge, aus Lyon kommend, in Modena «Ingelaufen. >. W Erscheint 8 mal wöchentlich. Vtonallicher Bezugspreis durch Träger elnschl 30 Psg. bzw. t» Pfg. Trägerlohn 1,70; durch die Post 1,70 einlchlieglich Postäberweiluiigsgebühr, zuzüglich 30 Psg Post-Bestellgeld. Einzelnummer 10 Psg., die Sonnabend-, S.nntag- und Festiagnummer 20 Psg. Verlagsort Dresden. «nzeigenprels«: die »paMge 22 mm breite Zette 6 Psg -, für Familienanzeigen 8 Psg Für Piatzwünsche können wlr kein« Gewähr leiste». y'- V ! ,i saviWx volksseUuna Nicht die Maschine ist schuldig, sondern der Mensch! Illiter dem Zwang des Hungers, der Unsicherheit, des allgemeinen Misstrauens hatte einerseits ein wahnwitziges Begehren und Nennen nach materiellen Gütern eingesetzt, eine Flutwelle materialistischer Gesinnung und Betäti gung, andererseits war das geistige, das über die wirtschaft lichen Triebe und Bedürfnisse hinansliegeude Interessen gebiet, eingeengt worden. Unter dem Einfluss dieser bei den Berfchicbungen ist auch der sittlich e W ille in der heutigen Menschheit in erschreckendem Mage gelähmt oder irregeleitet worden: der Geist der Gemeinschast, den wir in Deutschland mit aller Hingabe nnü letztem Einsah wie der aufrichten, der Verantwortung, der Rücksichtnahme, des freiwilligen Opfers, war bei uns in Gefahr, aus dem wirt schaftlichen Gebiet in solchem Mage zu verschwinden, das; man schon allen Ernstes behauptete, dieser Geist habe auf diesem Gebiet, „im Geschäft", überhaupt keine Stelle und Berechtigung. All das bedeutet, das; die Menschenseele von heute eine innere Einbusje an Freiheit erlitten hat: denn frei macht sic schließlich nur der Sinn unddieKrast f ii r geistige und sittliche Güter und L c i st u n g e n. Dieser Einbuße an seelischer Freiheit entspricht sodann eine verstärkte Einzwängung in die naturhasten, blind wirken den Kräfte der wirtschaftlichen und sozialen Zustände. So verstärken sich gegenseitig diese beiden Momente der Un freiheit, und die Folge ist eine wachsende Entgeistigung und damit auch Mechanisierung der Menschheit: sie nähert sich selbst dem Zustand einer Maschine oder vielmehr eines ' mechanisch bewegten Hausens von unselbständigen Teilen. Zu fürchten ist also nicht die Maschine des Menschen, son dern der Maschinenmensch. Nicht die Maschinen, die wir bauen, unterdrücken uns, sondern die eigene Seelen- und Geistlosigkeit, die Mechanisierung unseres eigenen Innern. Seelenlos und insofern maschinenhast wird der Mensch, der kein inneres Leben mehr führt, vor allem der Mensch, der keine rige, der leidende, seelenlos der böse, der von bloßer Sinnengier, von Selbstsucht Naubtiergeist besessene Mensch. Wer sein eigenes -Herz und das Herz anderer verfinstert, der trägt bei zum Ma- schincnmenschen, zur Mechanisierung und Entgeistigung des Menschen, zur Ausbreitung eines seelenlosen, harten und lichtlosen und damit unfreien Daseins. Verschieben wir also nicht den Anklagepunkt! Unter schieben wir nicht einen harmlosen Angeklagten siir den wirklichen Schuldigen! Nicht die geistvolle Maschine ist schuldig, sondern der Mensch, der selbst keine Seele hat und andern ihre Seele raubt. Die Schwächung der persön lichen und sittlichen Freiheit zugunsten von triebhaften und unbeherrschten Natürlichsten, die Vernachlässigung eines reichen und individuellen Innenlebens zugunsten eines oberflächlichen Anßenlebens, das ist unsere Schuld. Darum würde einem dermaßen mechanisierten, das heißt seelenlos gewordenen Geschlecht auch eine vermehrte Freizeit nichts niihen. Die Maschine erspart tatsächlich Arbeit, sie bringt die für unser Leben nötigen irdijcksen Güter rascher und leichter hervor, als es ohne ihre Hilfe möglich wäre. Aber diese ersparte Arbeit kann nur einem Geschlecht dienen, das innerlich r eich g e n u g ist, diese Freizeit mit seelischen Werten aus- zufiillen. Welches der Berus eines einzelnen oder der arbeitenden Klassen eines Volkes auch sein mag, ob ihre Lebensbcdingungen reicher, behaglicher und luxuriöser oder ärmlicher und primitiver sind, ob ihre Arbeit mehr führender oder mehr dienender, mehr körperlicher oder mehr geistiger Art ist, das wesentliche wird immer sein, daß ein jeder seine Seele dazu mitbringt, daß er also überhaupt Seele besitzt, das heißt innere Be wegtheit und Freude, Ueberlegenheit über das Aeußere und Zufällige und eine lebendige und opferbereite Liebe. Alles Aeußere, Technische und Wirtschaftliche ist schließlich - Sturm an der Wasserkante Die Sturmopfer von Florida Mlaml, 7. Sept. Nach der letzten Ausstellung des Roten Kreuzes sind bei der Sturmkatastrophe in Florida 327 Kriegs teilnehmer ums Leben gekommen oder werden noch vermißt. 138 Kriegsteilnehmer wurden verletzt und ins Krankenhaus ge bracht. Die Zahl der toten und vermißten Zivilbevölkerung beträgt 113. Man nimmt an, daß die Gesamtzahl der Toten niemals festgestellt werden kann, weil das vom Wirbelsturm heimgesuchte Gebiet eine weit ausgedehnte einsame und unübersichtliche Land schaft darstellt. guten Gedanken und Motive mehr hat. der verbitterte, der haßerfüllte Menfch. Nicht der bedrückte und mühfalbeladene Menfch und also nnsrei, sondern im letzten Grunde Für 20 Mitt. Franken gefälschte Wechsel in Umlauf gebracht Paris, 7. Sept. In St. Omer ist ein neuer Wechsel skandal aufgedeckt worden. Es wurde festgestellt, daß mehr als hundert falsche Wechsel Uber insgesamt 20 Millionen Franken in den letzten drei Jahren in Umlaus gebracht worden sind. Um zu verhindern, daß Italien dieses Angebot erneut zu- riickweise, werde man diesmal ein Sicherheitssystem damit ver binden, das den Befürchtungen Mussolinis Rechnung trage. Man erinnere in Genf in diesem Zusammenhang an die Unterredung, die der französischen Ministerpräsident Laval auf der Fahrt nach Genf mit dem englischen Minister Eden gehabt habe, und in deren Verlauf Laval bereits einen Sicher heitsplan entwickelt habe, der sich auf einer internatio nalen Polizei ausbauen soll. Diese Polizei, die sich vor nehmlich aus Mitgliedern neutraler Staaten, meist Schweden, zusammensetzen soll, könnte jedoch unmittelbar unter italie nischen Einfluß gestellt werden. Der Sonderberichterstat ter erklärt abschließend, daß diese Formel bereits Gegenstand eines Meinungsaustausches sei. Vor zwei Jahren mar ein Händler in St. Omer namens Alexander Hubert beschuldigt worden, falsche Handelswechsel ausgegeben zu haben. Der Betrug wurde aufgedeckt, als die Wechsel bei der Bank von Frankreich zur Diskontierung einge reicht wurden. Hubert zog sich damals aus der Sache heraus, indem er seinem ins Ausland geflüchteten Handclsbcvollmäch- tigten die ganze Schuld an dem Betrug ausbürdete und behaup tete, er selbst habe van der ganzen Angelegenheit nichts gewußt. Inzwischen hat die Privatbank, bei der Hubert sein Konto hatte, bankerott gemacht: bei der Durchsicht der Kassenbücher entdeckte man, daß nicht nur die wenigen 1333 entdeckten falschen Wechsel von Hubert durch diese Bank gegangen waren, sondern über hundert falsche Handelswechsel im Betrage von 23 Millionen Franken. Hubert wurde am Freitag in St. Omer verhastet. Ausflugsdampfer mit 2S0 Kindern aufgelaufen Alle Fahrgäste glücklich geborgen Hamburg, 7 Sept. Ueber der Nordsee und im ganzen norddeutschen Küsten gebiet herrschte am Freilagnachmiltag und abend stürmischer Nardwestwind, der die See aufwühlte und große Wo.ssermassen in die Elbe trieb. Kleinere Schiffe und Fischersahrzeuge mußten Cchutzhäfen aufsuchen. Gegen 22 Uhr wurde auf der Unterelbe ein Stader Ans- flugsdompser mit 293 Ausflügler» an Bord, darunter 2!>3 Schulkinder, von der Sturmflut auf die überschwemmten Vor ländereien an der Pinnau-Mündung getrieben, wo er auslief. Ter Dampfer befand sich auf der Rückfahrt nach Uetersen. Feuerwehr mit Sckzeinwerfern sowie SA., SS. und NSKK. wachten sich sofort an die Bergungsarbeiten. Auch alle Voots- und Motorbootsbcsther stellten sich mit ihren Fahrzeugen zur Verfügung. Den vereinten Bemühungen gelang es. das schwie rige Bergungswerk zum glücklichen Ende zu führen und sämt liche Fahrgäste an Land zu bringen oder mit Booten abzu fahren. Die Kinder, die nicht ausgebootet wurden, mußten von ihren Rettern, denen düs Wasser stellenweise bis an den Hals reichte, durch die weithin überschwemmten Ländereien getragen und in Sicherheit gebracht werden. Das nächtliche Bergungs werk verdient die höchste Anerkennung. Die Harburger Dampfer „Primus" und „Delphin", die den Frachtverkehr zwischen Hamburg und Härburg versehen, wurden gleichfalls vom Sturm in Mitleidenschaft gezogen. Der Dampfer ..Delphin", der von der Anlegebrücke in Harburg ab getrieben >var, wurde sofort von dem unter Volldampf stehen den Dampfer „Primus" eingefangen und ins Schlepptau ge nommen. Beim Wenden wurden jedoch beide Schisse in Rich tung der Straßenclbbrücke abgetrieben. Sie gerieten zunächst mit einer Ramme zusammen, die ebenfalls von ihrer Ver täuung losgcrissen wurde. Mit voller Wucht trieben alle drei Fahrzeuge der Elbbrttck« zu. Die „Primus" konnte sich aber nu letzten Augenblick etwas aus der Gefahrenzone herausarbei ten, während der „Delphin" bis zum Schornstein unter die Brücke geriet und festgeklemmt wurde. Die Brücke wurde so- ort für den gesamten Verkehr gesperrt. Schleppern gelang es päter, die Dampser und die Ramme wieder an ihren Licae- >latz zu bringen. Personen sind bei dem Unsall nicht zu Scha den ^kommen. Genf im Meinungsaustausch mii Nom Anerkennung der italienischen Truppen in Gritrea als Polizestruppe? Paris, 7. Sept. Der römische Sonderberichterstatter der Agence Eco- nomique et Financiers will die Auffassung maßgebender italienischer Kreise Uber eine mögliche Regelung des italienisch-abessinischen Streitfalles wiedergeben, indem er daraus hinweist, daß man die italienischen Truppen in Eritrea als eine Polizeitruppe anerkennen könnte, die im Namen und Auftrag des Völkerbundes handeln könne. Es würde sich nach italienischer Auffassung darum handeln, In Genf eine Einigung auf der Grundlage sehr weitgehender wirtschaftlicher Zugeständ nisse an Italien und vielleicht sogar eines italienischen Protektorate» über einen Teil Abessinien, herzustellen. Der -legus, so erkläre man ltalienischerselts, würde einem solchen Vorschlag zustimmen können. Dagegen wür den ihn einige Fürsten in der Provinz wahrscheinlich ab lehnen und ihre Haltung würde den italienischen Truppen Gelegenheit geben, vor allem In der Gegend von Adua einige Strasexpedltlonen durchzuführen. Voraussetzung für eine solche Lösung sei natürlich die Aner kennung des italienischen Standpunktes durch den Völkerbund in der Frage der Stellung Abessiniens in den internationalen Beziehungen sowie die Zustimmung Englands. Obgleich man sich auch in Nom darüber klar sei. daß bei dem augenblicklichen Stand der Genfer Verhandlungen wenig Aussicht dafür vorhanden sei, müsse berücksichtigt werden, daß gewisse diplomatische Vertreter in der italienischen Hauptstadt in diesem Sinne arbeiten. Man werde sich nicht nur auf wirtschaftliche Zugeständnisse beschränken, sondern auch gewisse finanzielle und technische Er leichterungen anbieten, die es Italien ermöglichten, ein Aktions zentrum zu errichten und Abessinien «m Sinn« der Italienischen Interessen zu durchdringen. Hierbei werde man berücksichtigen, datz auch der Negus auf seine Rechnung komme.