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I 77. Jahrg Freitag den 11. Januar 1918. Nr. 9 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. -- Erscheint feit dem Sahre li84^. InsertionSprciS 2 Pfg. für dic v-gespaftcnc Korpuszeile oder deren Raum. Lokalpreis 1. > pfg., Reklamen 4Z Pfg., aftcS mi: .0°/. TcuerungSznschlag. Zettraub und tabettarifther Satt mii 50"/« AuffMIag. Bei Wiederholung und ZahresumsStzrn enffprcchender Nachlap. 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Wilsdruff Ar. ü. fVNNe sÜk Lkis Königliche »a« »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint täglich, mit Ausnahme der Som - unh Festtage, abends ü tthr für den folgenden Tag. / B-zuaspreiS bel Selbltabholung »an der Druckerei Wochen,lich 20 pfg., monatlich ro p,s„ werteljährttch 2,10 M ., dmch unfere Austräger zugetraaen monatlich 80 Pfg-, vierteljährlich 2,40 Rik-, »ei den deutschen pLstanilaltcn vierteljährlich 2.40 DL Mr vostanstalten Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nennten jederzeit Beltrllungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt - Krieg oder i"mttgcr irgendwelcher Störungen der Bottiche der Zenungen, der Liereranten oder der Beförderunaseinriebtungen — hat der Bezieher keine» Anspruch auf -ieierung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. 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Auch er stand an scheinend bereits unter dem nicht gerade ermutigenden Eindruck, daß Lie Bevölkerung für di« ehrliche und müh same Arbeit des Kriegsernährungsamts kein rechtes Verständnis" zeige, daß sie die Mängel und die Lücken seiner Organisation mit unerbittlicher Strenge kritisiere, feine beträchtlichen Verdienste um die Aufrechterhaltung unserer Erzeugung und die möglichst gleichmäßige Ver teilung der vorhandenen Vorräte dagegen als eine Selbst verständlichkeit hinnehme, und daß sie ihrerseits wenig oder gar nichts dazu beitrage, um die Behörden in der Durchführung ihrer verantwortungsvollen Aufgaben zu unterstützen. Herr v. Waldow wendet sich nicht mehr an das Publikum; wie noch sein Vorgänger, Exzellenz o. Batocki, es getan, der von einer förmlichen Ver schwörung der Verbraucheb gegen die Maßnahmen deS Kriegsernährungsamtk sprach und damit die Schuld für ei» etwaiges Mißlingen unserer Versorgungspolitik von vornherein nach Gebühr zu verteilen suchte. Er tut seine Pflicht, rechnet auf die Wirkungen der Belehrung und Auf klärung, die er im Lande verbreiten läßt, und — ruft im übrigen die Hilfe der Staatsanwälte auf, die überall da mit aller Rücksichtslosigkeit zugreifen sollen, wo Ver fehlungen gegen die bestehenden Vorschriften festgestellt werden. Damil kommt er einer Forderung der öffentlichen Meinung nach ; aber es fragt sich doch, ob auf diesem Wege oiel Gutes zu erreichen ist. Vor allen Dingen soll den Kommunaloerbänden das Handwerk gelegt werden, die, wie die Neukölln-r Denk schrift es so anschaulich schilderte, nur noch unter Über schreitung der Höchstpreise, unter Benutzung von Schleich ind Kettenhandel ihren Pflichten gegenüber der Bevölke rung gerecht zu werden vermochten. Man war im Publikum einigermaßen überrascht, als ersichtlich wurde, saß zur Bekämpfung dieser Mißstände nichts anderes als »er Staatsanwalt in Bewegung gesetzt werden sollte. Denn in Wirklichkeit lagen doch auch hier dir Der- sältnisse so, daß lediglich ein Keil den andern .rieb, daß die Bürgermeister und Gemeindevor- Leher mit den Wölfen heulen mußten, wenn sie sicht zusehen wollten, daß in der Nachbarschaft reichlichere Lebensmittel gespendet wurden, oder daß ein Teil ihrer Einwohnerschaft bessergestellt war als der andere. Sie tändelten also aus reiner Fürsorge für di« ihnen anoer rauten Beoölkerungsschichten, deren körperliche LeistungS- iähigkeit ebenso wie di« seelische Spannkraft fortgesetzt auf- nerksamste Förderung erheischten. Aber — niemand wird mch imstande sein, den Behörden ein besseres Mittel zu mpfeblen, selbst auf die Gefahr bin, daß wiruns damit in einem lehrerhaften Kreise herumbewegen: indem wir durch das tanze System unserer öffentlichen Versorgungswirtschaft Übelstände erzeugen, die dann wieder durch gewaltsame Gegenwirkungen künstlich unterdrückt werden sollen. Auch Herr o. Waldow beruft sich darauf, daß wir während des Krieges an diesem System nichts Wesentliches ändern können; also werden wir eben seine Schattenseiten nach oie vor in den Kauf nehmen müssen. Das Übel, gegen das jetzt mit allen Machtmitteln des Staats angekämpft werden soll, ist im ganzen Lande weit verbreitet. Die großen Betriebsleitungen, namentlich in der ^Kriegsindustrie, haben wohl den Anfang damit gemacht, weil sie es für notwendig oder doch für ersprieß lich dielten, ihre Arbeiter über die staatlichen Rationen hinaus mit Lebensmitteln zu versehen. Dann folgten, aus naheliegen den Gründen, die Kommunalverbände, und schlieffkich mochten auch große staatliche Betriebsverwaltungen nicht hinter diesem allgemeinen Wettlauf zurückbleiben, denn da daS Hilfsdienflgesetz der Freizügigkeit der Arbeitskräfte weniger Schranken gezogen hatte, als. manche Kreise erwartet batten, mußten auch sie auf eine möglichst verlockende Aus gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen Bedacht nehmen. Nun aber soll „gegen rede amtliche Stelle, die sich der Nicht achtung kriegswirtschaftlicher Gesetze schuldig macht, rück sichtslos, gegebenenfalls durch Einleitung des Disziplinar verfahrens gegen die schuldigen Beamten sowie durch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft" vor gegangen werden. Man wird ja sehen, was bei diesem Verfahren herauskommen wird. Noch mehr Denunziationen, noch mehr Arger, noch mehr Verdruß und Schreibarbeit auf alle Fälle. Wer aber wird den also mit Straf« be- drohten Kommunalbeamten und Betriebsleitern die Sorge für die ausreichende Ernährung ihrer Schutzbefohlenen ab nehmen? Das ist die ungleich schwierigere, aber auch un gleich wichtigere Frage, an der ein Mann vön der er probten StaatSgesinnung des StaatsministerS v. Waldow gewiß nicht achtlos vorübergeben wird. Er weiß sicherlich so gut wie nur irgend jemand, daß auch sein neuer Erlaß an die Regierungspräsidenten im besten Fall eine Lbl« Begleiterscheinung dieses Aushungerungskrieges ist. Darüber hinaus erhöht sich nur daS Maß seiner Ver antwortung, je strenger der Erlab zur Durchführung kommt. Um die vermehrten Pflichten, die ihm aus dieser Entwickelung aufgebürdet werden, ist das Krtegsernährungs- amt wahrlich nicht zu beneiden. Oer Krieg. Di« Japaner Winken ab. Nach englischen Blätternachrichten hat die abermals von Frankreich ausgehende Anregung einer Verwendung javanischer Truppen in der japanischen Presse durchweg ablehnende Aufnahme gesunden. „Manchester Guardian" findet dies an sich begreiflich, ist aber über die von einigen japanischen Publizisten gemachten Gründe befremdet. So stelle Professor Shigeo von der Universität Kioto di« Frage: Haben die Alliierten, insbesondere England und Amerika, ein Anrecht auf Hilfe von Japan? und ant wortete: Nicht, biS sie neben anderem alle Raffenunter« schiede beseitigen. Professor Takutso schreibe: Der größte Autokrat der Welt ist heute nicht Kaiser Wilhelm, sondern Lloyd George oder vielleicht Wilson, und füge hinzu, Amerika sei der Hauptfeind der japanischen Interessen. — In dieser Weise führt das Blatt eine große Anzahl von japanischen Stimmen an, die das Blatt zu der Bemerkung veranlassen, das sei keine erbauliche Lektüre für die Ver bündeten Japans. Vergeltung gegen Frankreich. Laut Mitteilung des GeneralquartiermeisterS werden als Vergeltungsmaßregel gegen die völkerrechtswidrig« Zurückhaltung der verschleppten Eliaß-Lothringer in Frank reich ab 6. Januar d. Js. 600 angesehene Franzosen nach Rußland und in einigen Tagen 400 angesehene Französinnen nach dem Lager Holzminden abdefördert. . , Innere Kämpfe in Esthland. Das . Stockholmer esthnische Bureau teilt soeben mit: Nachdem die systematische Verheerung Efthlands durch Druppenverbände dex regulären russischen Armee trotz zahlreicher Vorstellungen bei den russischen Behörden nicht aufhörtr und alle zivilen Maßnahmen der esthm scheu Behörden und der Bevölkerung sowie der offizielle Appell Les Esthnischen Landtages an die verbündeten Regierungen von England, Frankreich, Amerika und Belgien erfolglos geblieben waren, sah sich die esthnische Armeeleitung zur Entsendung einer Strafexpedition veranlaßt. Daraufhin haben esthnische Truppenteil«, welche oo« Reval in Richtung gegen Narva vorgingen, plündernde rus sische Truppen getroffen, gestellt und geschlagen. Die esthnischen Verluste an Toten und Verwundeten find gering. Die Sälcherung EsthlandS von dm russischen Truppen schreitet fort. * Der Kapitän der „Emden" frei. Aus englischer Gefangenschaft entlassen. Wie aus Rotterdam gemeldet wird, wird der erste Transport der deutschen Austauschgefangenen auS England aus Grund des Abkommens vom 2. Juli 1017 wahrschein lich Ende dieser Woche in Holland eintreffen. Unter ihnen wird sich der Kommandant des deutsche« Kreuzers ^Emden", Fregattenkapitän Karl v. Mueller befinden. Die Entlassung des Helden der „Emden", dessen Nomen mit den Ereignissen des Weltkrieges zm See unvnl n ch- lich verschmolzen ist, wird überall in DeuttchtUud Genug tuung und Freude auslösey. ' * Lüge« über Deutschlands Bedingungen. Der Petersburger .Dien', das Organ Kerenski», verbreitet folgende phantastische deutsch« FriedrnSbedingungem Aurstese» rung der Schwerartilleri« an Deutschland, der Schwor,meerflotte an die Türkei: Recht Deutschland» auf zollfreie Einfuhr iüi IS Jabre: alle von England und Frankreich nach Rußland einzu führenden Waren müssen über Deutschland geben: keine Ein» miichung Rußland» in Angelegenheiten zwilchen ven Mittel mächten und den Alliierten, auch nicht bei Regelung bei bulgarischen und serbischen Fragen. Der plan der Entente Ein russischer Funkspruch. Ein Funkentelegramm auS Petersburg betitelt .An Alle" besagt U. a.: Lloyd George äußerte sich tn dem Sinne, daß Rußland erst seine Grenzen mit Deutschland und Österreich-Ungarn feftsetzc« müsse, ehe von Verhandlungen über einen allge> meinen Frieden die Rede sein kann. Die Alliierten halten es für vorteilhafter, den Deutsche» die Abrechnung mit Rußland vorläufig allein zu überlassen. Deutschland soll« sich auf der Linie deö geringsten Widerstandes auf Koste« Rußlands entschädigen. Je größer diese Entschädigung t« Osten auSsällt, um so leichter wird eS dann den alliierten Regierungen sei», sich mit de» Deutschen im Westen zu einigen. Selbstverständlich könnten die Alliierten die gleichen Resultate auch auf dem Wege eineS allgemeinen Frieden» erzielen. In diesem Falle wäre eS aber allen klar, daß die Alliierte« Polen,. Litauen, Kurland und Rumänien bewußt verraten und diese Länder alS Münze zur Be gleichung ihrer Rechnung mit Deutschland benutzt haben. Für die Alliierten gibt eS aber einen viel bequemeren Weg, Rußland zu einem Sonderfrieden zu veranlassen. Sie werden den Deutschen erlauben, die Letten, Litauer und Polen zu vergewaltigen, um nachher nicht nur diese Vergewaltigung auSzunutzen, sondern auch die Verant wortung dafür -vor ihren eigenen Völkern abzulehne«. Dies ist der Plan der Entente. » England- Ultimatum? Gewissermaßen al» Erläuterung der KriegSzielrede Lloyd Georges schreibt die „Times*: Für Deutschland und in noch höherem Grade für Österreich-Ungarn und die Türkei ist die Erklärung des Premierministers eine Warnung. Sie wird vom ganzen Reiche, von den anderen Alliierten und von den Vereinigten Staaten all- , gemein als daS nicht weiter herabsetzbare Mindestmaß unserer Forderungen. betrachtet. Die Bedingungen, die einigen der verbündeten Mittelmächte angeboten werden, sind außerordentlich günstig, werden aber ganz von der vollen ehrlichen und sofortigen Annahme der an sie geknüpften Forderungen abhängig gemacht. Wenn diese Forderungen nicht angenommen werden, verfällt daS Angebot. * Wilson über Brest-Litowsk. In einer Botschaft an den Kongreß beschäftigt sich Präsident Wilson mit den Verhandlungen in Brest-Litowsk. Mit der ihm eigenen Wortkunst betont er, daß es eine wichtige Frage sei, ob die deutschen Unterhändler im Namen der Reichstagsmehrbeit oom lS. Juli sprechen oder nicht. Von der Beantwortung dieser Frage hänge Ler Weltfrieden ab. Im Anschluß daran formuliert er die Kriegsziele Amerikas folgendermaßen: Es ioll keine internationalen Geheimabkommen gebe», baß -te Diplomaten immer freimütig »mb öffentlich v«v- kehre«. Di« zweite Bestimmung ist absolut« Freiheit de« Schiffahrt auf de» Meeren außerhalb der territoriale» Ge wässer im Frieden wie i» Kriege, ausgenommen tn deu Fälle», wo Meere als Ganze» oder z«m Teil ge- fchloffe» werden könnten infolge einer inlcrnatio» «alen Aktion znr, Erzwingung des Respekte» vor de» internationalen Verpflichtungen. Die dritte Bestimmung ist, die Beseitigung, soweit da» möglich ist, aller Wirtschaft» Uchen Schranke» und di« Einrichtung gleicher Bedtngunge» auf dem HandelSgebtei für alle Nationen, welche den Friede» bewahren sollen und sich zu dessen Aufrecht erhaltung gegensettig verbünden wollen. Die vierte Be- sttmmung laute», ES sollen Bürgschaften dafür gegebe» werden, daß die nationalen Rüstungen bi» auf de» .niedrigsten Stand, der mit der Sicherheit im Inner« jLandr» vereinbar ist, herabgemtndert werde». » Wilson entwirft hier wieder ein neuesKrtegszielprogramm und setzt sich damit in Widerspruch mit einem große« Teil der Presse seines Landes, die nach englischen Be richten noch immer als Vorbedingung für den Frieden di« Beseitigung der heutigen Regierung in Deutschland fordert. Die von Wilson jetzt verkündete Freiheit de» «Meere wird übrigens in England mit gemischten Gefühle« Mkgtnommea werden. Kleine Kriegspost. Basel, s. Jan. Nach Pariser Blättern kündigte der brast. tianiichr Minister des Äußern tn einer Erklärung zur Brr» irnkung des Schiffes .Taquary' die Intervention Braft» Itrn» tn Europa an. Pari», s. Jan. Der französische General Liz» ist an d«r italienischen Front gefallen.