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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000213011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900021301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900021301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-02
- Tag 1900-02-13
-
Monat
1900-02
-
Jahr
1900
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(Vroßerc Schriften laut unserem Preis verzeichnis!. Tabellarischer und Zisfernjatz nach höherem Laris. ——Q—— ^rtra-Bcilugcu (gesalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbesörderuog ^4 60.—, mit PosrbesörLerung ^l 70.—. ^unahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen uud Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen find stets an die Expedition zu richte«. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. Dienstag den 13. Februar 1900. 8t. Jahrgang- Volksvermehrung, volksernahrung und volkswehrung. * Wenn Herr Bebel, wie es den Anschein hat, im Falle der Auflösung des Reichstages seine am Sonnabend gehaltene Rede gegen die Flottenvorlage drucken und in vielen Lausenden von Exemplaren vertheilen lasten will, um die Aussichten der social- demotratischen und demokratischen Candidaten zu Verbestern, so tann das den Freunden der Vorlage nur angenehm sein. Herr Bebel selbst hat den besten Beweis für die Nothwendigkeit einer wesentlichen Verstärkung unserer Secwehr erbracht, indem er auf den für Deutschland schlimmsten Fall politischer Verwicke lungen einging und anerkannte, daß im Falle eines Krieges zwischen Deutschland nnd England unsere Nachbarn im Osten und im Westen zunächst ruhig zusehen und ein Verbluten der kämpfenden Mächte abwarten würden. Man braucht diesen Fall nur weiter auszumalen, um auch den Einfältigsten und durch die „Genosten" Verblendetsten klar zu machen, daß zur Ab wendung einer so furchtbaren Gefahr nur eine wesentliche Ver stärkung unserer Kriegsflotte dienen kann. Auch alles Uebrige, was Herr Bebel zur Bekämpfung der Vorlage ins Gefecht führte, ist leicht zu widerlegen, obschon es geschickter vorgebracht und gruppirt war, als das, was Herr Eugen Richter am Tage vorher ausgeführt hatte. Am be stechendsten wirkt vielleicht auf gewisse Leute der Hinweis des socialdemokratischen Führers darauf, daß der englische Handel trotz der starken englischen Flotte zurückgegangen, der deutsche dagegen trotz des Mangels einer solchen sich mächtig gehoben hat. Aber der Schluß, den Herr Bebel aus dieser unbestreit baren und unbestrittenen Thatsachc zieht, ist so unlogisch, wie nur denkbar. Daß trotz einer starken Kriegsflotte der Handel eines Landes zurückgehen kann, ist selbstverständlich, wenn die Maaren, die von dieser Flotte geschützt werden, an Güte und Billigkeit übertroffen werden durch die Maaren anderer, besser und billiger producirender Länder. Wenn aber ein Land letzterer Art seine Exportwaare nicht zu schützen vermag gegen ein eifer süchtiges anderes Land mit einer sehr starken Flotte, so erstickt das erstere Land unfehlbar an seiner Waareniibervroduction; alle an dieser Produc: an veihcitigteu Zträfie, Arbeitgeber wie Ar beitnehmer, werden brodlos und das Land selbst wird nicht nur unfähig, sich nachträglich eine starke Flotte zu beschaffen, sondern behält auch schwerlich so viel übrig, um auch nur einen ver schwindenden Bruchtheil der von Herrn Bebel ersehnten und den Flottengegnern als Preis für ihre Gegnerschaft in lockende Aus sicht gestellten Schulen, Hospitäler u. s. w. herzustellen. Nun könnte allerdings ein naives Gemüth fragen, wozu denn jene Ueberproduction nöthig sei. Aber auch darauf sollte selbst ein Bebel die Antwort nicht schuldig bleiben. Wovon lebt denn ein Volk? Das Beste würde sein, wenn die Erzeugnisse seines eigenen Landes zum Unterhalte genügten, wenn namentlich der heimische Grund und Boden wenigstens alle Nahrungsmittel für leine Bewohner selbst hervorbrächte. In diesem glücklichen Zu stande befand sich unser deutsches Vaterland ungefähr bis zum Fahre 1850 Ja selbst die Stoffe, welche die Industrie zur Bearbeitung von Gebrauchsgegenständen benöthigte („Roh stoffe"), konnten aus dem eigenen Lande geliefert werden. Deutschland konnte sich um diese Zeit eines in allen Theilen gleichmäßig entwickelten, befriedigenden nationalen Wirth- schaftslebens erfreuen. Das ist aber seitdem anders geworden: Eisenbahn und Schifffahrt, wie überhaupt das ganze moderne Verkehrsleben haben die Völker einander näher gebracht; es findet in jeder Beziehung ein größerer Austausch unter ihnen statt, selbstverständlich auch auf dem Gebiete des Wirthschaftslebens. Neben den Messen und Märkten des einzelnen Landes ist ein großer Weltmarkt entstanden, auf welchem die Völker der Erde ihre Ernten und Fabrikate einander zum Kauf anbieten. Auf diesem Weltmärkte ist auch in den letzten Jahrzehnten in immer steigendem Maße unser deutsches Vaterland vertreten. Mit berechtigtem Stolze können wir uns rühmen, daß eS im Wettbewerb der Nationen sich die erste Stelle mit errungen hat. Der Ehrgeiz, der Sporn zu allem Guten, mag dazu beigetragen haben; aber im Uebrigen heißt es auch hier: „Der Noth ge horchend, nicht dem eigenen Triebe!" Deutschland ist bekannt wegen seiner erstaunlichen Volksvermehrung. Während in unserem Nachbarlandc Frankreich die Bevölkerungszahl stetig zurückgeht, ist sie bei uns von 25 Millionen im Jahre 1816 auf 52 Millionen im Jahre 1895 gestiegen, also mehr als um daS Doppelte! Seit 1871 allein haben wir eine Zunahme von 30 Proc. zu verzeichnen. So sehr wir uns dieser Thatsache einerseits freuen können — denn sie ist Kraftäußerung —, so sehr muß sic doch auch dem denkenden Menschen Besorgniß ein flößen. Wie soll das aller Wahrscheinlichkeit noch weiter wach sende Volk ernährt werden? Man hat nachgewiesen (namentlich Frhr. v. d. Goltz), daß der deutsche Grund und Boden selbst bei gründlichster Ausnutzung mit den Mitteln der fortschreitenden Bebauungsart (Technik) nicht im Stande sein wird, die nöthigen Lebensmittel zu liefern. Folglich müssen wir zusehen, die Erzeugnisse eines anderen Bodens zu gewinnen, wir müssen den Völkern, welche Ueberfluß an Getreide haben (z. B. Rußland, Amerika), dieses abkaufen und eS ihnen mit unseren heimischen Jndustrieerzeugnissen bezahlen. In der That hat dann auch die Getreideeinfuhr auS fremden Ländern für unseren Bedarf von Fahr zu Jahr zugenommen. Noch um die Mitte des Jahr hundert» hatte Deutschland einen Ueberschuß an landwirth- i'chaftlichen Produkten; in den achtziger Jabren hatte eS bereits einen Einfrhrbedarf von einer Milliarde Mark, der bi» zum Jahre 1897 sich verdoppelt hat. Zwei Milliarden Mark wandern jährlich für landwirthschaftliche Erzeug nisse inS Ausland; dazu kommen noch über zwei Mil liarden Mark für die Einfuhr von Fischen, Eolonialwaaren, Rohstoffen für unsere Industrie u. s. w. Also fürLbervier Milliarden Mark Maaren müssen wir jährlich vom Aus lande beziehen, wenn unser Volk ernährt werden soll. Diese Rieseneinfuhr erfolgt zum größten Theile auf dem See- Wege! Nun mache man sich einmal klar, welch' entsetzliche» Elend tn Folge einer. Blockade über unser deutsche» Volk herein- '.rechen müßt», wenn unsere Ein- und Aulfuhr un» von fee- -ewaltigeren Nationen versperrt würde! Jene ist zu unserem Lebensunterhalte, diese zu dessen Bezahlung unumgänglich noth- wendig! Und sind wir stark genug, uns dieselben zu sichern? Die Ereignisse der letzten Monate haben uns ja gezeigt, wie man mit unseren Schiffen und deren Ladung, dem Kaufpreise für unser täglich Brod, umspringt! Bitter noth thut uns darum eine starke Flotte, welche unseren auswärtigen Handel schützt und unS damit vor Hungersnoth bewahrt! Gerade der Aus- und Einfuhrhandei ist am meisten durch Kriege gefährdet*) und nur eine starke Kriegsmarine kann den Handel gebührend schützen und Störungen vorbeugen. Wäre uns Frankreich nicht zur See so überlegen gewesen, so würde der Krieg von 1870/71 bald nach der Schlacht bei Sedan zu Ende gewesen sein; aber so brachte jeder Dampfer des „neu tralen" Englands 30 000 Gewehre und 90 Geschütze nebst Munition nach Frankreich, womit Gambetta seine Volksheere nähren und ausrllsten konnte. Ein französischer Admiral hat gesagt: „Wären die Deutschen Herren des Meeres gewesen, so würde Frankreich, wie in einem Schraubstock eingeschlosscn, schon zu Anfang an Erstarrung gestorben sein." Daß Herr Bebel von alledem nichts wüßte, ist kaum anzu nehmen; jedenfalls giebt es in seiner Partei Männer, die es wissen und sich keiner Täuschung darüber hingeben, daß die Er sparung der Kosten einer erheblichen Verstärkung unserer See wehr uns nicht befähigen würde, Tausende von Millionen für Schulen, Hospitäler u. s. w. auszugeben, sondern im Gegentheil uns die Möglichkeit nehmen müßte, im Falle ernster Verwicke lungen ein Fünftel des deutschen Volkes auch nur zu ernähren. Die Männer, die das wissen und trotzdem Mitläufer der Social demokratie geblieben sind, werden nicht schweigen dürfen, Herrn Bebel entgcgenzutreten, wenn sie nicht seine Mitschuldigen an unsäglichem Elend werden wollen. Und wie dann die Social demokratie in einem neuen Reichstag einziehen würde, läßt sich voraussehen. Man könnte also nur wünschen, daß Herr Bebel in die Lage käme, seine am Sonnabend gehaltene Reichstagsrede als Wahlagitationsschrift zu verbreiten, wenn man nicht wünschen müßte, dem deutschen Volke die Aufregung einer Neuwahl erspart zu sehen. *) S. Roscher, System der Volkswirthschaft, Bd. III, ß 16. Der Krieg in Südafrika. Der „Central News" wird aus dem englischen Haupt quartier bei der Brücke von Springfield vom 9. Februar über den -ritte« verunglückten Vorstotz Vuller'S gemeldet: „Im Laufe des Kampfes am Mittwoch Nachmittag wurde vom militärischen Ballon aus eine überraschende Entdeckung gemacht. Es war wohl bekannt, daß die Boeren auf den Abhängen und dem Kamme von Doorn- kloos zu unserer Rechten Kanonen ausgestellt hallen. Buller hatte dies bei seinen Berechnungen Wohl in Betracht gezogen und sich entsprechend vorgesehen. Der Ballonist meldete aber, daß die Boeren auf jener Stellung sich mit außerordentlich starker Artillerie versehen batten. Es war ihnen gelungen, wenigstens ein Dutzend schwerer Kanonen dort hinaufzuziehen. Alle diese mächtigen Geschütze waren in bockst geschickter Weise maSkirt, und sie würden nie entdeckt worden sein, wenn nicht der Ballonist seine Ferngläser darauf gerichtet hätte. Diese Entdeckung war von allererster Wichtigkeit. Die Boeren hatten uns eine tvdtliche Falle gestellt und wir wurden vor derselben bewahrt. Die großen Kanonen auf Doornkloof beherrschten die Straße, welche wir hätten einschlagen müssen, um nach Ladysmith zu gelangen; sie machten die Stellungen, welche wir innehatten, unhaltbar und machten ein weiteres Vorrücken unmöglich, außer den furchtbarsten nutzlosen Verlusten an Menschenleben. Buller kam zu der Ansicht, daß seine Artillerie kaum in der Lage sein würde, diese Kanonen unschädlich zu machen und daß jedenfalls unsere Kanoniere aus ihrer Deckung berauSkommen müßten, «he sie in die Positionen kommen konnten, von denen aus der Feind auf Doornkloof zu beschießen wäre. Es wurde darum beschlossen, noch einmal über den Tugela zurück zu gehen und dort zu bleiben, bis unter günstigeren Bedingungen ein anderer Versuch gemacht werden kann. Vaalkrantz wurde deshalb während der Nacht geräumt uud am Donners tag bewegte sich die ganze Truppe zum Flusse zurück. Die Boeren unterhielten ein heftiges Feuer auf uns von allen ihren Stellungen aus, auch ans der schweren Creuzot-Kanone auf SpionSkop. ES wurde aber wenig Schaden zugefügt, obwohl da» Bombardement auf der ganzen Länge deS WegeS bis PotgieterS Drist fortgesetzt wurde. Ter Rückzug geschah in vollkommener Ordnung und unsere Verluste sind über raschend gering." Das Letztere darf man wohl stark bezweifeln. Sicher aber ist, daß Buller den Vorwurf nicht genügender oder nicht rechtzeitiger Aufklärung, den er kürzlich seinen Officieren gemacht, nun gegen sich selber richten muß. Der Militärkritiker der „Times" meint, e» sei un möglich, irgend welch« Aussichten zu entdecken, die neue Anstrengungen, Ladysmith zu entsetzen, recht fertigen würden. Buller könne und werde unzweifelhaft sorifabren, die Boeren im Norden de» Tugela zu beschäftigen, mehr könne nicht erwartet werden. In Folge deS Scheiterns de» dritten Versuches Buller'» Ladysmith zu entsetzen, wurde Sonnabend in London rin KriegSrath abgebalteo, dem der Herzog von Devonsbire und Chamberlain beiwohnten, seitdem ist in den militärischen Club» die Rede davon, daß Buller durch Methuen ersetzt (?) werden soll. Ein Durbaner Tele gramm meldet, eine K000 Mann starke Boereucolonne sei auf dem Marsch, um Buller's Flanke zu umgeben. An welchem Puncte sie den Tugela überschritt, wird nicht mitgeiheilt. Tie weitere Umgehuog»bewegung fei via Grey- town in Aussicht genommen. DaS meldeten bereits unsere Privattelegramme. Die ge- sammte Kriegslage würde mit einem Schlage ein anderes Bild erkalten, fall» diese Nachrichten, welche die Boeren da» ersten Mal« in ker Offensive zeigen, sich bestätigten. E» liegt noch folgende Meldung vor: * NeuSbnrg, II. Februar. („Reuter'sBureau".) Der Feind umzingelte gestern zwei Patrouillen, meistens Australier. Einige entkamen, mehrere wurden verwundet und zwölf gefangen. Einige interessante Briefe von Baden-Powcll veröffentlicht „The King". Er beschreibt darin u. A. recht )übsch „sein bombensicheres Bureau" wie folgt: „Hier sitze ich nun in meinem bombensicheren Bureau und chreibe diese Briefe. Um mich meine Telepbonapparate, die mich mit jedem meiner Außenposten verbinden, auf jedem -dieser Außenposten hält ein Teleskop fortwährend Wache über die Vorposten und Geschütze der Boeren. Sobald man sicht, in welcher Richtung deren Feuer dirigirt wird, werden die Dräbte i» Bewegung gesetzt und eine Glocke, mit welcher jeder Desensivpunct versehen ist, läutet in dem Theile der Sladt, wo die Bombe niederfallen muß, und Alles umher stürzt sich sofort unter die Erde wie wilde Kaninchen. Allgemein gesprochen bleiben wir fast Alle, wenn nicht die Pflicht unS hinaussührt, den Tag über unter Grund nnd kommen nur Nachts hinaus, um Luft zu schöpfen. Gewöhnlich hören die Boeren gegen Abend auf, uns zu beschießen, oder senden uns wenigstens wenige Bomben kurz vor Sonnenuntergang. Baden-Powcll bat es für eine seiner vornehmsten Pflichten gehalten, Mafcking von allem irgendwie „Verdächtigen" rein zu fegen. Als er die ihm nicht ganz zuverlässig Scheinenden nicht mehr hiuauSbringen konnte, setzte er sie unter Schloß und Riegel. Er selbst schreibt: „Ich habe vierzig Fenier- Gefangene einschließlich des früheren Stationsvorstehers von Mafeking, welche alle verdächtig sind, in hochverrätherischer Correspondenz mir dem Feinde gestanden zu haben." Str Alfred Miluer hat eine neue, natürlich moralische Niederlage erlitten, genau um dieselbe Stunde, in welcher General Buller sein Leben aus das Spiel setzen mußte, nm die gefährdeten Geschütze der Brigade Lyttleton und Hildyard über den Tugela zurück- zuretten und sein geschlagenes Heer wieder nach SpearmanS- Lager zurückzujühren. Ich habe Ihnen seiner Zeit eingehend über den Versuch MilnerS berichtet, eine Anzahl in Belmont sein?» Zeit gefangen genommener Hollander wegen Hochver- rath» vor ein Kriegsgericht zu stellen, ein Plan, der an dem energischen Widerstande des Capministeriums scheiterte. Das Obcrgericht der Capcolonie reclamirte die Angeklagten als dem Civilricbter unterstehend, und nach langenUnterhandlungen mußte der britische Obercommiffar nachgeben und die von der Militär behörde einmal nach Capstadt gebrachten Gefangenen den bürgerlichen Gerichten auSliefern. Am Donnerstag Nach mittag fanden nun die Verhandlungen gegen die drei Haupt angeklagten Henry, Herkules und Johns Dupreete, alle aus Belmont, vor dem obersten Gerichtshöfe statt, und zwar auf ihre» eigenen Antrag hin, welcher dahin ging, die Militär behörden anzuwcisen, die Anklage nunmehr zu erheben, die Beweise ihrer Schuld dem Gerichtshöfe vorzulezen, oder aber auf die Weiterverfelgung zu verzichten. Die An geklagten plaidirten für unschuldig und die Krone, sowie die Militärbehörden hatten nichts zu erwidern und keinerlei Beweismaterial vorzulegen. So gab der Gerichtshof dem Anträge statt, und man hätte nunmehr die sofortige Frei lassung der Angeklagten erwarten müssen. Tie Militär behörden aber, resp. Sir Alsred Milner, hatten bereits einen neuen Theatercoup vorbereitet: Ehe die Entscheidung des hohen Gerichtshofes erging, ließ man die Gefangenen unter militärischer Bedeckung zum Bahnhofe abführen und weg schaffen, angeblich nach Estcourt. Thatsächlich ist eS zur Zeil nicht bekannt, wo die Gefangenen sich befinden, und so kann die Entscheidung des Gerichtshofes ihnen auch nicht, wie es daS Gesetz verlangt, mitgeiheilt werden. ES bleibt jetzt abzuwarten, was das Capministerium angesichts dieser offenen Verhöhnung der Verfassung thun wird. Tic Rüstungen Transvaals. In Durban will man, wie die „Agentur Dalziel" meldet, von einem Document Kenntniß erhalten haben, das nähere An- gaiben über die Rüstungen Transvaals enthielt und vor dem Beginne des Krieges den Mitgliedern des Volksraad zu privater Information nntgetheikt worden ist. Darnach machte die Transvaal-Regierung im Jahre 1894 Vie erste Anschaffung von schweren Geschützen, wofür Krupp 100000 Lstrl. erhielt, worauf stir dieselbe Summe Gewehre bei einer österreichi schen Firma bestellt wuvven. Die Krupp-Geschütze wurden 1895 abgeliefert, zwei darunter vom schwersten, damals vorhandenen Kaliber, 16.38 Zoll, 48 Fuß lang, Gewicht 120 Tons, Gewicht des Geschosses 2300 Pfund, Ladung 904 Pfund Pulver. Die Munition besteht aus Shrapnels, die 300 Kugeln hallen, jede zu 3^2 Unzen. Im Jahre 1895 erhielt Krupp weitere 100000 Lstrl. für weittragende Feld- und Berg- Geschütze. Allein erst 1896 — also nachdem Einfall Ia-meson' s — wurden d'ie Geschütze angeschafft, welche jetzt den Boeren so gute Dienste leisten, nämlich 6 Creuzot-Ge- schütze, zu Lenen später noch 18 kamen. Diese Geschütze wiegen nur 3400 Pfund und tragen 8 Kilometer weit. Die Ladung be trägt weniger als 2 Pfund Pulver. Es können 8 Schüsse in der Minute abgegeben werden, ohne daß das Metall sich erhitzt, und jede» Geschütz geht mit 144 Schüssen in Action. In den Jahren 1897, 1898 und zum Theil noch 1899 fuhren die Boeren fort, ihre Artillerie zu verstärken und viele Berge längs der Grenze zu befestigen. In dieser Zeit kauften sie 48 S ch n e i d e r« Canet-Schnellfeuergeschütze, 14^/2 Pfänder, welche "Shrapnels mit 234 Kugeln auf eine Entfernung von 5 Kilo metern werfen, 200 in der Minute. Fünf Batterien ä 8 Marims, die 350 Geschosse in der Minute feuern, werden gegen Mafeking benutzt. Ein Mann genügt zur Bedienung. Die wirksame Tragweite ist 36S0 Meter. Die Boeren haben sich auck mit vier Batterien ISpfündiger Vickers-Maxim^Schnellseueraeschützen ver sehen die bis 4600 m tragen. Sie besiben auch 4 Kanonen mit einer Tragweite von 11 Kilometern. Zwei derselben sollen sich an dem Passe, durch den der Weg von Natal nach Transvaal geht, befinden, während die dritte Kanone bei Ladvsmith und di« vierte bei Pretoria ausgestellt ist. Im Garnen baden die Boeren 220—230 schwere und Feld -Geschütze neuester Tonst rurfron, die fast in jeder Beziehung den englischen überlegen sind. —— Herr Crownright-Schreiner, der Gatte der bekannten Schrift stellerin Olive Schreiner, ist nun aus Südafrika in England em- getroffen und hat gegenüber einem Berichterstatter der „Taili) News" einige interessante Mittheilungen über die Verhältnisse in Transvaal gemacht. „Es ist eine irrige Auffassung", sagte Herr Schreiner, ,Mß Transvaal die primitivsten Lebensbedürfnisse be sonders besteuert. Der Oranje-Freistaat, die Cap colonie undNatal gehören dem Zollvereine an, Transvaal dagegen hat seinen Eintritt in denselben verweigert. Transvaal verfolgt bei den Lebensmitteln eine Politik des Freihandels, während der Zollverein für die Politik des Schutz Handels eintritt. In Transvaal und in der Capcolonie sind die LobensMtttel, ihrem Werthe entsprechens, besteuert; aber in ^der Capcolonie wird im Hafen eine besondere Steuer erhoben, die bei Getreide bis zu zwei Schilling pro 100 Pfund steigen kann. Diese Steuer gilt auch für viele importirte Lebensmittel. In Transvaal giebt es dagegen keine besondere Besteuerung solcher Artikel. Alles Fleisch zum Beispiel wird ohne besondere Steuer taxe importirt. Die außerordentlichen Steuern in Transvaal wunden Ende 1895 von der Executive aufgehoben." „Denken Sie", fragte der Interviewer, „daß Transvaal jemals zu wirk lichen Zugeständnissen an die Uitländer bereit war?" „Das Anerbieten eines fünfjährigen Wahlrechts mit rückwirkender Kraft", erwiderte Schreiner, „ist bona kicke gemacht worden. Die Bedingungen der Naturalisation sind in Transvaal nicht schlechter, als die in der Tapcolonie oder in Enalanv. Ich glaube, daß das gegenwätig in Transvaal herfchende Wahlrecht gerecht und frei ist. Die Holländer mußten sich sagen, daß sie von Chamberlain, der zuerst ihren fünfjährigen Vorschlag an i nahm, ohne auf die Bedingung der Auffassung der Suzeränerär eingehen zu wollen, und sich dann weigerte, auf das 7jährigeWadl- § recht zurückzugehen, betrogen würden, und infolge dessen gaben sie jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Frage auf. Sie wußten. Laß das Wahlrecht nur ein Schirm war, hinter dem sich etwas verbarg: der Wunsch nach der Occupation des ganzen Landes. Der Oranje-Freistaat war mit Transvaal vollkommen einverstanden, und die Behauptung, Präsident Steijn hätte seine Bürger zum Kampfe gezwungen, ist ein vollkommener Mythus." Der Interviewer kam dann auf die p o lt t i s ch e n Absichten der Boeren in Südafrika zu sprechen. ,„An dem Gerede von einer holländischen Verschwö re n g ", sagte Schreiner auf eine diesbezügliche Frage, „ ist ab solut nichts Wahres. Mit dem Wort „Afrikander" will der Holländer nur eine Person bezeichnen, die in Südafrika er zogen wurde. In dem Sinne werden britische Eingeborene ebenso als Afrikander bezeichnet, wie Holländer. Nach meiner Ansichr ist die Thatsache, daß die Holländer sich bis jetzt nicht erhoben haben, der beste Beweis für das Nichtvorhanvensein einer Verschwörung. Die Zahl der Capholländer verhält sich zur Zahl der üöri gen weißen Bevölkerung am Cap wie 3 :2. Die Holländer hätten 80 000 Mann — lauter gute Schützen und Reiter — inS Feld führen können. Mit anderen Worten: wenn sie sich sofort nach dem Ultimatum erhüben hätten, dann hätten sie ganz Südafrika bis auf einige Küstenstriche besetzen können. Die Republiken haben versucht, die Burghers durch Annexion von Theilen der Capcolonie zum Aufstande zu bringen. Aber die Holländer am Cap sagen sich, daß sie keine republikanische Regierung form brauchen; sie sind unter den bestehenden In stitutionen ganz glücklich und wollen vor AlleminFrieden leben." (?) Auf die Frage, ob Trans vaal nicht den Wunsch habe, ein internationaler, souveräner Staat zu werden, erwiderte Schreiner: „Persönlich habe ich niemals irgend eine verantwortliche Person in Transvaal di- Ansicht ausdrücken hören, daß der Artikel IV der Con vention von 1884 aibgeschafft werden soll. Wenn Transvaal aus derartigen Gründen den Krieg mit England heraufbe- schworen hätte, dann hätte er niemals die Unterstützung der Frei- staatler erhalten, da sie zu einer bewußten Verletzung der Con vention niemals ihre Zustimmung gegeben hätten. — Was meine Ansicht über die Uitläniderlei-en ist? Die Uitländer sind eine kosmopolitische Bevölkerung. Man hat beispielsweise be rechnet, daß 10000 russische und polnische Juden unter ihnen sind. Ich zweifle, ob die Briten überhaupt mehr als 50 Proc. der Uitländer ausmachen. Ein Theil von diesen 50 Procent, hinter den sich Kapitalisten verbergen, hat die Agitation entfacht. Das Gros der Uffländerbevölkerung war mit dem Stande der Dinge vor dem Kriege zufrieden. Für den Krieg sind in erster Linie Rhodes, Chamberlain und Mil nerverantwortlichzu machen. Ein Theil der Schuld g' bührt auch den gefälschten Darstellungen südafrikanischer Ange legenheiten von Seiten der südafrikanischen Presse, Lurch die daS britische Publicum verwirrt wurde. Das Tragik in der Situation ließt für mich darin, daß eine große reckt - liebende Nation wie Vie britische in Südafrika ein Verbrechen geht und sich dabei dem Glauben hingiebt, daß sie eine gereck'r und edle That vollbringt." Um den Lesern englischer 8""»» zu zeigen, wie sich die englischen Soldaten im Kriege benehmen, hat ein holländische» LomitS eine Broschüre heronSgeg-ben: ,.M > peoplo ok Uollnaä to tbs peopls c>f Oreat-Lrittckn nnck tde «rren: civilirsck vorlck", in der da» B-traaen der englischen Soldate-ko, zumeist auf Grund authentischer Nachrichten, geschildert wird. V r haben den Inhalt der meisten Artikel der Broschüre nach und nach bereit» mitgetheilt. Deutsches Reich. * Berlin, 12. Februar. (Gesetzentwurf, betr. io^ie Freundschaft»verträge mit Tonga und Samoa und den Freundschafts-, Handels und «Schifffahrtsvertrag mitZanzibar.) In folge des bekannten deutsch-englischen und deutsch-amerikanischen Abkommens über Samoa uitt) die Tonga-Inseln müssen die besonderen Rechte fortfallen, die einer jeden der Mächte auf Grund der von ihr mit Samoa oder Tonga abgeschlossenen Der träge zustehen. ES ist deshalb dem Reichstag ein Gesetz entwurf zugegangen, der schon heute berathen wird un folgendermaßen läutet: Durch eine mit Zustimmung -eS VunLeSrathS zu erlassende kaiserliche Verordnung können: 1) die Vorschriften des Freund- ''cha'rSveuragk» mir Lonza vom 1. November 157Ü, 2) di» vor,
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