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AMMU zur AWe« AMtzeilW Nr. 112. i» Nr. 282 d« Hauptbl-ttt«. 1931. Beauftragt mit der Herau-gabe Regierung-rat Brauste in Dresden. LandtaMerhendlMzen. «». Sitzung. D-nner-tag, den 3. Dezemöer 1931. Präsident Werkel eröffnet die Sitzung 13 Uhr 10 Minuten. Am Regieruugstijch Minister Richter und andere Regierung-Vertreter. Bor Eintritt in die Tagesordnung verliest Schrift führer Günther eine Mitteilung des Ministerpräsiden ten, mit welcher er 3 weitere Verordnungen über die Abänderung des Berwaltungskostengesetzes dem Land tags znr Kenntnisnahme übersendet. Abg. Renner (Komin. —zur Geschäftsordnung): Wir glauben, daß sich der Landtag neben dem Baugejetz doch mit einigen wesentlicheren Punkten, die die jetzige Lage betreffen, beschäftigen sollte, und beantragen daher, auf die heutige Tagesordnung ist noch zu setzen: 1. unser Antrag Rr. 695, der von der Regierung ver langt, daß allen Beamten und Angestellten des Staates und der Gemeinden das Dezember-Gehalt schnellstens voll ansgezahlt wird; 2. unser Antrag Rr. 693, der sich gegen die Terror maßnahmen der Polizei und der Natioualsozia- listet» wendet (Hoho-Ruse b. d. Ratsoz ); 3. unsere Anfrage Rr. 686, die sich gegen die Art der Ausübung der Technischen Nothilfe in den Sächsischen Werken im Brannkohleuwerk Böhlen wendet. Weiter ersieht inan heute aus der Presse, daß die Reichs regierung telegraphisch die Finanzminister der Länder nach Berlin eingeladen hat, um mit ihnen über neue Abbaumaßnahmen bei den Gehältern, neue Maßnahmen zur Vernichtung des Tarifrechts und neue Maßnahmen zur Steuerhöhuug, insbesondere zur Erhöhung der Umsatz steuer zu sprechen. Gerade für Sachsen ist das deshalb wesentlich, weil ja die sächsische Landesregierung über den bisherigen Satz der Abbaumaßnahmen der Reichs regierung hinaus insbesondere die Beamtengehälter heruntergedrückt hat. Deswegen beantragen wir, folgenden Antrag, der zwar noch nicht gedruckt ist, aber während der Sitzung sehr schnell verteilt werden kann, ebenfalls mit auf die Tagesordnung zu nehmen: Wie aus Pressemeldungen ersichtlich, wird die Reichsregierung am Sonnabend eine neue Notverord nung erlassen, nach der die Beamtengehälter um weitere 10 Proz. abgcbaut werden sollen. Dazu sieht die Notverordnung eine Zerstörung des Tarifrechts vor. Sie bringt neben anderem eine Er Höhung der Umsatzstaucr um */, Proz.; das bedeutet, daß die Warenpreise steigen werden. Da durch die letzte Notverordnung der sächsischen Regierung die Gehälter der Beamten schon tiefer als die Gehälter der Reichsbeamten gesenkt sind, wird der neue Abbau die sächsischen unteren und mittleren Beamten besonders stark treffen. Die Reichsregicrung hat für heute die Länder minister zur Besprechung der neuen Maßnahmen gegen die arbeitende»» Massen zusammenberufen. Der Landtag hat schon mehrfach gegen die Not- verordnungsmaßnahmen Stellung genommen Wir beantragen: der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu be auftragen: 1. den sächsischen Finanzminister telegraphisch an zuweisen, gegen die Notverordnung entschieden Stellung zu nehmen; 2. für Sachsen jeden weiteren Abbau der Gehälter der unteren und mittleren Beamten abzulehnen und jeden weiteren Abbau zu verweigern; 3. in Sachsen die neue Notverordnung nicht zur Durchführung zu bringen (Bravo! b. d. Komm.) Präsident: Soweit der letzte Antrag in Frage steht, ist er zur Abstimmung nicht zuzulassen, da er nicht ge- druckt vorliegt. Da auch gegen den weiteren Antrag Widerspruch erhoben wird, bleibt die Tagesordnung so, wie sie das letztemal beschlossen worden ist Abg. Renner (Komm — zur Geschäftsordnuna): Zu den» nichtgedruckten Antrag möchte ich noch folgendes seststellen. Rach § 78 der Geschäftsordnung ist doch wohl eine Ausnahme von der geschäftsordnungsmäßigen Be handlung zugelassen, wenn kein Einspruch erfolgt. Es muß also auch für diesen Fall die Frage nach dem Ein spruch gestellt werden. Präsident: Im Ältestenrat ist einmal sestgelegt worden, daß die Drucksache»» vorliegen müssen, ehe sie zur Ab stimmung kommen. Der Präsident hält sich an die Ab- machungen im Ältestenrat. (Abg. Renner: DaS ist aber eine Abweichung voi» der Geschäftsordnung!) Hierauf wird in die Tagesordnung cingetreten. Punkt 1: Ersatzwahlen zur Remeindekawmrr ge» maß 8 8 der Gemeindeordnung (GBl. 1»2S S. 13«). Hierzu liege»» folgende Vorschläge vor: Als Beisitzer: (Soz.) Stadtverordneter Hartsch, Mylau i. V., (Komm.) Stadtverordneter Herrmann, Leipzig, (Komm.) Stadtverordneter Schubert, Zwickau, (Wirtschp )StadtverordnetenvorsteherEnterlein,OlSnitzi V., (D Bp ) Oberbürgermeister vr.Gördeler, Leipzig. Al- 1. Stellvertreter: (Ratsoz ) Stadtverordneter R. Haacke, Leipzia, (Komm.) Gemeindeverordneter Mätzig,Schlegel-BurkerS * dors, (Wirtschp.)Stadtverordneter Kießling,NeugerSdvrfi.Sa., (D.Vp) Oberbürgermeister De. Külz, Dresden. Al- 2. Stellvertreter: (Kiltichp.) Stadtverordneter Sebek, Sebnitz i. Sa. Es werden zunächst in einen» gemeinsamen Wahl gange 2 Beisitzer gewählt, und zwar entfallen auf Gör- deler 46, Enterlein 43, Hartsch 35, Herrmann 12, Schu bert 10 Stimmen. Damit sind Oberbürgermeister Dr. Gördeler nnd Abg Enterlein als Beisitzer gewählt. Ta beide bisher stellvertretende Beisitzer waren, müssen nunmehr drei erste Stellvertreter gewählt werden. Ties geschieht ebenfalls in einem gemeinsamen Wahl gange. Es erhalten Hartsch 34, Haacke 37, Mätzig 10, Kießling 45, Külz 26, Herrmann 12, Schubert 10 Stimmen. Die Stadtverordneten Abgg. Kießling, Haacke nnd Abg Hartsch sind damit zn ersten Stellvertretern ge wählt. Die Wahl eine- zweite»» Stellvertreter» muß wieder holt werden, da dein» ersten Wahlgang ein Zettel mehr abgegeben worden ist, als Abgeordnete im Hauie sind. Beim zweiten Wahlgang erhalten Sebek 45 Stimmen, Edel 33, Hermann 12, Kautzsch 1 Stimme In der sich notwendig machenden Stichwahl zwischen Sebek und Edel erhalte»» Sebek 44, Edel 34, Herman», 12, Lippe 1 Stimme. Damit ist Stadtverordneter Sebek (Sebnitz) zum zweiten Stellvertreter gewählt. Punkt 2 der Tagesordnung: Vorschlag eines Mit gliedes und eine- Stellvertreters zum Landes-Eisen- bahnrat gemäß KZj 4 nnd 1t» der Verordnung über Beiräte für die Dentsche Reichsbahn vom 24.April 1»22 RGBl. Il S. 77. Hierzu liege»» folgende Vorschläge vor: ») als Mitglied: (Soz) Abg. Kautzscb, (Natsoz.) - Dr. Frirsch. (Komm.) - Siegel, (Wirtschp.) - Kießling, (D Bp.) - Lippe. 6) als stellv. Mitglied: (Komm.) Abg. Mätzig, (Äirtscbp.) - Kießling. Es erfolgt zunächst die Wahl eines Mitgliedes. Es erhalten Kautzsch 33, Kießling 2, Siegel 12, Lippe 3«, Hartsch 1, vr. Fritsch 15 Stimmen. In der sich notwendig machende»» Stichwahl er halte»» Kantzsch 37, Lippe 41, Siegel 12, I>r. Fritsch 1 Stimme. Abg. Lippe ist somit zum Mitglied des Landes- Eisenbahnrate» gewählt. Bei der Wahl des Stellvertreters erhalte»» Kautzsch 33, Kießling 35, Siegel 12, Hartsch 1, Günther 1 Stimme. In der Stichwahl werden 45 Stimmen sür Kießling und 35 Stimmen sür Kautzsch abgegeben. Abg. Kießling ist damit znm Stellvertreter gewählt. Punkt 3 der Tagesordnung: Erste Beratung der Vorlage Rr. 4t über den Entwurf eine- Zweiten Ge- setzes zur Anderuug de- Allgemeiueu Baugesetze». Ter Inhalt der Vorlage geht in der Hauptsache auS den folgenden Einführung-Worten deS StaatsministerS Richter hervor. Staat»minister Richter: Gestatte»» Sie, meine Damen und Herren, einige Worte zur Einführung der Vorlage! Mit der Vorlage Rr. 41 hofft die Regierung die Wünsche zu erfüllen, die ihr aus der Mitte des Land tags, von jeiten der Wirtschaft und auch seitens der Baupolizeibehörden auf Änderung des Baugejetzes wiederholt geäußert worden sind Tie Abänderung»- bedürstigkeit de- Gesetzes steht seit einer längeren Reihe von Jahren fest und ist auch bei der Beratung der Novelle von 1926 hier im Landtage allgemein anerkannt worden Wie Sie, meine Tamen und Herren, aus der Begründung zu der Gesetzesvorlage ersehen wollen, hat die Regier»mg die Frage eingehend geprüft, ob Ihnen wie im Jahre 1926 wieder nur eine Novelle vorzulegen sei oder ob einem völlig neuen Gesetze der Vorzug zu geben wäre. Wenn sich die Regierung schließlich wieder sür den Weg der Novelle entschieden lwt, so sind dafür ein mal dieselben Gründe maßgebend gewesen, die schon der verstorbene Ministerialdirektor yr. Schulze bei Einführung der Novelle im Aabre 1926 angeführt hat, daß sich nämlich das Baugejetz seither in» allgemeine»» außerordentlich beivährt hat und vielfach Anerkennung nicht nur ii» Sachse«, sonder auch darüber hinaus ge sunde»» hat. Es kommt aber noch hinzu, daß die jetzige außerordentliche Notzeit allenthalben Sparmaßnahmen gebieterisch sordert. Ta »väre es nicht zu verantworten, Wirtschaft und Behörden mit der Einarbeitung in ei,» völlig nenes Gesetz zu belasten, wem» sich das irgendwie vermeiden läßt. Anderseits sind aber auch verschiedene Änderungen des Baugeseyes so dringlicb, daß sie nicht »veiler hinausgeschoben werden möchten. Tem Einwand gegenüber, daß die Vorlage tatsächlich nichts anderes als ein neues Gesetz sei, möchte ich betonen, daß das, wenn auch der äußere Anschein dafür sprechen sollte, tatsächlich doch nicht der Fall ist, dem» viele und wesentliche Bestimmungen de» Gesetzes bleibe»» in Geltung, wie auch am Aufbau de» Gesetzes sestgehattcu worden ist. Tadurch, daß auch eine größere Anzahl sprachlicher Verbesserungen des Gejeyestextes vorgenommen worden sind, kann allerdings der Eindruck erweck» werden, als seien mehr Änderungen sachlicher Art vorgcnommell »vorbei», als dies in Wirt lichkeit zutrisil. Bei der äußeren Fassung der Novelle ist von dem bisher üblichen gesetzestechnischen Wege insofern aligeivichen worden, al» sie nicht nur die Äudeluilgen enthält, sondern den gesamten Geseyestext »viedergibt. Tas ist aus der Erwägung heraus geschehen, dgß die parlamentarische Arbeit nicht unwesentlich erleichtert wird, wem» Ihne»» das ganze Gesetz in seiner neuen Gestalt vorlicgt. Wünsche aus Änderung des Baugeseyes sind schon vor vielen Jahre»» ausgesprochen worden. Bereits in den Jahre»» 1918 und 1926 sind auch dem Landtage Bvrlaqcn gemacht worden, die aber beide Male wegen Auslösung des Landtages nicht verabschiedet wurden. Die gegenwärtige Vorlage geht in wesentlichen Punkte»» aus die Vorlage von 1926 zurück, ohne sie jedoch in alle»» Punt:e» zu übernehmen. Tie seither gemachten Erfabrungen aus den» Gebiete des Städtebaues sind ebenso berücksichtigt worden, wie die seitdem ergangene Rechtsprechung. Endlich machten es die wirtschaftlichen Verhältnisse notweudig, auf »veitere Bauerleichterungeil Bedacht zu nehmen. Wenn dem Entwürfe von l926 gegenüber der Vor- wttrf erhöbe»» worden ist, daß er in aller Heimlichkeit entstanden fei, jo kann dieser Vorwurf gegenüber der jetzigen Vorlage nicht wiederholt werden, denn der Entwurf ist, nachdem er in einen» Kreife erfahrener Beamter, Techniker und Juristen, mit aller Sorg falt aufgcstellt und später überprüst worden ist, alle»» hierfür in Betracht kommenden Interessen vertretungen zur Äußerung zugänglich gemacht worden. Nicht nur die Vertretungen von Industrie, Handel und Gewerbe, insbesondere auch des Baugewerbes, sondcln auch die von Land-, Forstnürtschaft und Garten bau sind gehört worden. Tes weiteren ist der Aka demie des Städtebaues, den verschiedenen Ingenieur- uud Archirekteuveleineii, deu Wohuuilgs- uud Siedlungs- unternehmungeu, dem Grund- und Hausbesitz, den Ver tretern des Kleingartenwejens, dein Sächsische« Gememde tag, dein Verband der Bczirksvcrbände wie anch der« LaudesgejundheNsamt Gelegenheit zu eingehender Aus sprache gegeben worden Wenn natürlich auch eine große Anzahl von Abänderungswüirichen geäußert worden sind, so kann doch gejagt werden, daß der Entwurf in all diesen Kreisen eine in» allgemeinen recht srenndliche Beurteilung gesunden hat. Tie Regierung hat sämtliche ihr von diesen Stelten geäußerten Wünsche aufs ein- aeheudstc erwöge» und Omen, soweit irgend möglich, Rechnung getragen ! Ich muß es mir leider verjage«, a« dieser Stelle zu alle» im Entw»rs vorgesehenen Gesetzesänderungen Stellung zu nelmren, weil das entschiede»» zu »seit sühreu würde. Ich kann aus die Vorlage und ihre Begründung verweisen und hoste, daß die Ausschuß- beratung ausreichend Gelegenheit geben wird, alle ein zelnen Fragen au-sührUch zu erörtern. Heute mochte ich mich daraus beschränken, einige be sonders wichtige Gesichtspunkle heraus,zugreisen. Von den Umständen» die eine Änderung des Ge setzes notwendig machen, möchte ich dei» der Verein- fachuug der Versahren-vorschristeu zuerst hervorheben, »veil diese Vereinsachung gegenwärtig besonders bedeu- tuugsvoll erscheint. Tie Vereinsachung soll dadurch erreicht »vcrdcn, daß in, Wege der Dezentralisation die Zuständig keit der Bau Polizeibehörden und der Kreishauptmann- schasten wesentlich erweitert werden. Hierunter sällt, wie in der Begründung des nähere» ausgesührt worden ist, vor allen Dingen die Bestimmung, daß die baurecht lichen OrtSgesetzc und die Bebauungspläne künftig von de»» Kreishauptmannschaften zu genehmigen sind. Da diese Behörde»» von Anfang an bei der Ausstellung der Bebauungspläne Mitwirken sollen, verspricht sich die Regien,ng von dieser Nenerung eine erhebliche Ab kürzung des Verfahrens, zumal auch das Widerspruck»- verfahren gegen Bebauungspläne enger mit den, Ge nehmigungsverfahren verknüpft »vird. Auch für die Be- haudlung der einzcluen Vaugesuche wird eine fchnellere Erledigung «„gestrebt, die insbesondere auch dadurch erreicht werden wird, daß die Baupolizeibehörden künf tig in der Regel über Ausnahmebewilligungen selbständig entscheiden können. Mit diesem Bestreben aus Berein- sachuna der Berfahrensvorschnjten sind die vorgedrachten Wünsche, die Gesuche um Au-nahmebewilligung, in-de- sondere auch bei den Amt-Hauptnwnnschaften, in beson deren Ausschuiscu zu behandeln, unvereinbar. Die Ne gierung muß vielmehr von einer iolchen Regelung eine erhebliche Verzögerung de- Verfahrens befürchten, ganz