Suche löschen...
Dresdner Journal : 27.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189910270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991027
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991027
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-27
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 27.10.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ve»»s»»r«t«: Für Dresden vierteljährlich: »Mark bvPs, bei den Kaijer- lich dcuijchen Postanstalt« vierteli-ltirllch»Mark; außer halb de« Deutschen Reiche« Pvst. und Stempelzuschlaa. Einjtlne Nummern: 10 Ps. vrfchetnen: Täglich mit Au-nahme der Vonn- und Feiertage abend«. FernIpr..«nschluß:Nr.tr»L. Dresdner M ÄEM. AntündtgungSgebühreu: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift SO Pf Unter „Eingesandt" die Zelle bv Pj. Bei Tabellen- und Zijscrnsatz entsprechender Ausschlag. Heran»O«b«r: Königliche E»edition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwmgerstr. 80. Fernspr-Anschlub-RrirstL. O 251. Freitag, den 27. Ottober abends. 1899« Bestellungen vlf dar „Dresdner Journal" für die Monate Hlovemker und Dezember werden in Dresden bei unserer GeschSftSstelle (Zwinger straße 20) sowie in der Hofmusikalienhandlung von Adolf Brauer (F. Plötner), Hauptstraße 2, zum Preise von I I«. 70 Pf. «ulgeuommen. Bei den Postaustalte« des Deutschen Reichs be trägt der Bezugspreis für diese Zeit 2 na. In der näheren und weiteren Umgebung Dresdens gelangt das „Dresdner Journal" noch am Abend zur Ausgabe. So in den Ortschaften deS oberen Elb- thales bis Echaudan, in denjenigen des unteren ilbthales bis Meitze« und in den an der Tharandter aud Radeberger Linie gelegenen Orten. Wo in den »orgedachlen Orten die Blätter den Beziehern nicht mehr zugetragen werden, wollen sich letztere mit der Post wegen AbholenS inS Einvernehmen setzen. Geschäftsstelle des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. DreSdeu, 27. Oktober. Ihre Majestät die Königin find gestern abend 11 Uhr 57 Min. von Sigmaringen nach Dresden zuiückgekehrt. Dresden, 25. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Superintendenten Sirchenrat Julius Oskar Michael in Chemnitz den Titel und Rang als „Geheimer Kirchenrat" in der dritten Klasse der Hofrangordnung zu verleihen. Sr. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Bezirkssteuerinspektor Steuerrath Voigt in Lhemmtz das Ritterkreuz 1. Klasse des AlbrechtsordenS zu verleihen. DreSde«, 25. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den Pfarrern Gustav Adolf Sorge in Gnandstein und Gottfried Hermann Röthig in Struppen daS Ritterkreuz l. Klasse vom Albrechtsorden zu verleihen. Kraeuaangev, Versetzungen re. tm öffentliche« Dievste. ImTefchäftSteretch« be«Mtotfterta»« SerKtnanr««. Bei brr fiskalischen Straßen- und Wasserbau-Verwaltung ist ernannt worden: Leinen, zeither Bnewachtmcister, al» Straßenbauaufseher bei der Straßen- und Wasser-Bauinspeklion Themnitz. I» Geschäftsbereiche de« Ministerium« de« Salta« »d Sffcnluiden Unterricht». Erledigt: die zweite stän dige Lehrerstclle in GroßvoigtSberg. Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen 1000 M Grundgehalt, 200 M. persönliche Zulage bi« zur Neuregulicrung der Lchrergehälter, US M. für Ueberstunden, 105 M. Holzgeld für Heizung der Lebrzimmer, 20 M Holzgeld für Heizung des NSHzimmer» «ad 10 M für Abhaltung deS BotteSvienste» in dasiger Schule (jeden Monat einmal), sowie freie Wohnung mit Gartengcnuß. »fluche sind bis zum 1b November bei dem König!. BezirkS- schulinsvektor Schulrat vr. Winkler in Freiberg einzureichen. Nichtamtlicher Leit. Bor der Wiederaufnahme der ReichStagS- berha«dlu»ge«. Die Tagesordnung für die Reichstagssitzung vom 14. November, die zufällig gerade die hundertste ist, ist gestern ausgegeben worden. Zunächst enthält sie ein reichliches Dutzend von PetitionSberichten, an die sich, wie wenigstens der Präsident anzunehmen scheint, eingehende Erörterungen nicht knüpfen werden; denn außer den Petitionen umfaßt die Tagesordnung nicht nur noch zwei Berichte der Wahlprüfungskommission, sondern auch die zweite Beratung des Gesetzes be treffend Abänderungen der Bestimmungen über daS Postwesen und die des Entwurfs einer Fernsprech gebührenordnung. Diese Tagesordnung kann als eine „neutrale" bezeichnet werden, keiner der darauf ver zeichneten Gegenstände ist geeignet, ein Aufeinander- platzen der Geister — oder der Parteien hervorzurufen. DaS Bild dürfte sich aber bald ändern, denn von weitem winkt die zweite Lesung des Gesetzentwurfes betreffend den Schutz deS gewerblichen ArbeitS- verhältnifseS, zu der sich nicht bloß die Sozial demokratie, sondern auch deren bewußte und un bewußte Helfershelfer „scharfgemacht" und wohl- gewoppnet einfinden werden. Die Nähe der Wiedereröffnung der Reichstags- Verhandlungen hat bewirkt, daß seit einiger Zeit daS politische Leben im Lande reger geworden ist. Außer den konservativen Parteien, die diesmal wohl au- besonderen Gründen von der Einberufung von Ver sammlungen Abstand nehmen, haben alle Partei richtungen Parteitage, Kongresse oder sonstige Ver sammlungen abgehalten, auf denen die politischen Führer sich über die Lage der inneren Politik und über verschiedenes andere, war ihnen auf dem Herzen lag, ausgesprochen haben. Während die Aussprachen der freisinnigen, demokratischen und sozialdemokratischen Führer zu Mißverständnissen keinen Anlaß gaben, sondern die Stellungnahme der erwähnten Parteien zu den Tagesfragen deutlich genug zeichneten, geschah eS dem Führer des Zentrums Hrn. vr. Lieber ebenso wie dem der Nationalliberalen Hrn. Bassermann, von Freund und Gegner miß verstanden zu werden. Beide Führer schienen sich dem Verhängnisse, ihre Worte in anderem Sinne als sie beabsichtigt hatten, aufgefaßt zu sehen, stillschweigend fügen zu wollen; denn eine lange Zeit verstrich, ehe von ihrer Seite rin Widerspruch erfolgte. Dann aber wurden die beiderseitigen Korrekturen ziemlich gleich zeitig vorgenommen: Hr. Bassermann ließ den „authentischen" Bericht über seine Aufsehen erregende Hockenheimer Rede veröffentlichen und Hr. vr. Lieber trat in Mülheim am Rhein persönlich auf, um seinen Mainzer Angriff auf den Minister vr. v. Miquel zu mildern. Nach den Aeußerungen verschiedener Preß organe zu schließen, scheint es aber keinem der beiden Parteiführer gelungen zu sein, den Eindruck, den ihre ersten Auslassungen zu Mainz bez. zn Hockenheim her vorgerufen hatten, zu verwischen. Hr. vr. Lieber erklärte neuerdings, er habe in Mainz an eine Jntrigue gegen Hrn. v. Miquel nicht gedacht, es sei der ZentrumSpartel „vollkommen gleich- giltig, wer jemals auf dem einen oder dem anderen Ministersessel in Preußen sitze"; in demselben Atem aber äußerte der Redner, er „wünsche", daß keiner der preußischen Minister „gegen das Zentrum intriquiere" und stellte bei der demnächstigen Reichstagseröffnung in Aussicht, „die ganze schwarze Wäsche der Herren öffentlich vor dem deutschen Volke zu waschen". Man wird vermutlich Hrn. vr. Lieber beim Worte nehmen; denn solche dunkle Andeutungen, die übrigens bei dem genannten Parteiführer nicht selten sind, können nicht mit Stillschweigen über gangen werden, sonst würde man in der Bevölkerung am Ende glauben, es gebe irgendwo an maßgebenden Stellen wirklich „schwarze Wäsche". Daß Hr. vr. Lieber anderseits die Zentrums partei als „reinlich und zweifelsohne" hinstellen würde, war zu erwarten. So äußerte er: „Wo es gelte, die Wehrfähigkeit nach außen und die Unversehrtheit des Vaterlandes zu erhalten, sei keine Partei mehr al- daS Zentrum bereit, alles Erforderliche bis zum letzten Pfennig und bis zum letzten Blutstropfen zu bewilligen". Bekannt ist, daß die Zentrumspartei — allerdings nicht ohne Handel — das Zustandekommen der Flotten- und Heeresvorlagen in der letzten Zeit ermöglicht hat, dennoch sind Zusicherungen wie die deS Hrn. vr Lieber von jener Seite mit Vor sicht aufzunehmen, auch Windthorst sprach einst genau in diesem Sinne und gleich darauf stimmte das Zentrum gegen daS Septennat. WaS den „authentischen" Bericht der Bassermann- schen Rede betrifft, so geht aus diesem hervor, daß der nationalliberale Redner die Agitation eine» Teiles der Großindustrie für daS Arbeitswilligengesetz als Heuchelei bezeichnet hat. Da aber nicht nur die große Mehrzahl der Industriellen und Gewerbe treibenden, sondern auch weite Kreise der Bevölkerung ein schärferes Vorgehen gegen den sozialdemokratischen Terrorismus wünschen, so ist die Auslassung Basser manns nicht sehr gebessert. Einen solchen Vorwurf auch nur gegen einen Teil der Großindustrie zu richten, hätte Hr. Bassermann der Sozialdemokratie überlassen sollen. Ihm selbst wird eS schwerlich ge lingen, für seine Behauptung, es sei bei dem er wähnten Gesetzentwürfe auf die „Zertrümmerung des Koalitionsrechts der Arbeiter" abgesehen, Beweise bei zubringen. Nach dem Zusammentritte des Reichstag- wird die nationalliberale Partei vielleicht Anlaß nehmen, sich mit ihrem Führer auseinanderzusetzen. Eine Klärung in dieser Hinsicht kann für unsere politischen Verhältnisse nur erwünscht sein. Auch über die Stellungnahme des Zentrums wird in den kommen den Wochen hoffentlich Klarheit verbreitet werden. Man kann also den bevorstehenden Reichstagsverhand- lungen mit Interesse entgegensetzen. Der Krieg ia Südafrika. Von dem östlichen Kriegsschauplätze ist heute die Bestätigung unserer gestrigen Vermutung eingetroffen, daß eS dem General Aule gelungen ist, sich mit den Truppen des General» White zu vereinigen. Die Besatzung von Ladysmith hat dadurch eine nicht zu unterschätzende Verstärkung erfahren (etwa 4000Mann), die Buren sind dadurch aber anderseits wieder in der Lage, ihre gesamten Streitkräfte in Natal gegen diesen Platz zu werfen. Sie sollen bereits in einer Stärke von etwa 19000 Mann die englischen Stellungen bedrohen. Die Zukunft wird lehren, ob sich General White dieser Uebermacht gegenüber noch 14 Tage lang, dem mutmaßlichen Zeitpunkt des Eintreffens erheblicher Verstärkungen, in Ladysmith halten kann. Ladysmith liegt in einem ring« von Höhen umgebenen Kessel, die die Engländer zur Verteidigung eingerichtet haben. Während sich so im Osten eine große Schlacht vorbereitet, die eine Entscheidung darüber bringen soll, ob die Buren das nördliche Natal mit seinen vor züglichen Verteidigungslinien in ihre Hände bekommen werden, hat auf dem westlichen Kriegsschauplätze die Beschießung von Mafeking von neuem begonnen und auch die Einschließung von Kimberly weitere Fort schritte gemacht. Die neuesten Nachrichten lauten: London. Die Abendblätter veröffentlichen eine De pesche au« Glencoe vom 2». Oktober, in welcher eS heißt: Nach dem Siege der Engländer am letzten Freitag glaubten die Engländer, daß der Feind sie während einiger Tage nicht beunruhigen würde, sie haben sich indessen völlig getäuscht. Al« die Truppen vom Schlachtselde zurückkehrten, stellte sich herau«, daß die Meldung, eS seien dem Feinde alle Kanonen abgenommen worden, unrichtig war; eS war dem Feinde ge lungen, die Kanonen sortzuschaffrn, bevor die Engländer den Hügel im Sturm nahmen. Aj« die Engländer mit den Buren Fühlung gewannen, hielt nur noch ein Teil der Scharsschützen der Buren da- Terrain besetzt, die übrigen Truppen der Buren waren schon im vollen Rückzüge. Pari«. Ein Telegramm des „TempS" aus Lourens» Marque« meldet, daß die von den Buren gesavgen genom mene Abteilung der englischen 18. Husaren in Pretoria ein- getroffcn ist. - Ein weitere« Telegramm de-selben Blattes au» Ladysmith meldet, die Streitkräfte der Buren stünden vor Ladysmith; alles sei zum Kampf bereit. Die Engländer seien 8010 Mann stark und versagten über 40 Geschütze. Die Transvaal-Buren hätten der Ladysmith eine Stärke von 1000V Mann mit 8 Geschützen. Die Oranje-Buren zählten Svov Mann; wieviel Geschütze sie sührten, se: unbekannt. Brüssel Nach einer hier veröffentlichten Erklärung deS Gesandten der Südafrikanischen Republik, vr LeydS, thue die Beußerung des englischen UnterstaaiSsekrttärs deS Kriege« im Unterhaufe, daß Transvaal der Genfer Konvention zu- gestimmt habe, dar, daß England die Südafrikanische Republik als kriegführende Macht anerkennt. Ladysmith. (Meldung deS „Rcuterschen Bureau«".) Line Depefche des Generals White auS Ladysmith von gestern mittag besagt: Die Kolonne des General» Aule ist nach einem sehr schwierigen Marsch im strömenden Regen hier soeben angekommen. Die Truppen sind, wenn auch sehr ermüdet, doch in ausgezeichneter Bersafsung und bedürfen nur der Ruhe. Sie wurden vom Feinde nicht beunruhigt. — Ueber daSTresfen, das General White bei seinem Vorstoß von Ladysmith behufs Bereinigung mit General Hule den Buren lieferte, wird gemeldet: Die Buren hatten zwei englische Meilen südlich vom Modderspruit eine Batterie ausgestellt; sie beschaffen die britische Borhut auf weite Ent fernung mit Jusantericseuer und verwandten ihre Artillerie gegen die britische mit bemerkenswerter Sicherheit. Das Ge fecht, daS sich auf dem Gelände der Rietsontein-Farm abjpielte, dauerte sechs Stunden. Die Buren wurden von den Hügeln vertrieben; die Engländer kehrten nachts nach Ladysmith zurück. Man glaubt, daß die Buren schwere Verluste erlitten haben. — General Joubert meldet, daß Kommandant Cronje mit dem Kommando von Winburg am DicnStag rin Treffen mit englischen Truppen, welche von Elandslaagte kamcn, zn bestehen hatte Der Kampf begann um S.Uhr morgen- und dauerte 7 Stunden, s Burrn wurden verwundet, 8 getötet, di» gesamte englische Truppenmacht zog sich auf Ladysmith zurück Ein anderer amtlicher Bericht besagt, da- Kommando von Johannesburg und das holländische Freiwilligencorp- hätten einen harten Kamps mit einer überlegenen englischen Streit macht bei Eland-laagte gehabt, die Schiacht habe 12 Stunden gedauert, 100 Buren seien tot oder verwundet, 200 Buren würden vermißt — Nach Meldungen auS Ladysmith vom 23. d Mi», sind dort starke Verstärkungen, Jnsanterie und Artillerie, auS Pietermaritzburg eingetroffen. Die Burrn sollen in großer Zahl wieder bei Elandslaagte stehen, rin mrhrrre tausend Mann starkes Corps der Freistaat-Buren steht in Bester». — In Kapstadt ist gestern eine Depesche au- Pretoria ein- gegangen, derzufolge zwischen den Buren und den Truppen deS Obersten Plumer bei Rhode- Drift südlich von Tulr in Rhodesien ein Gesecht stattgefunden hat, bei dem die Buren 6 Tote hatten. Bier Buren wurden gefangen genommen. ElandSlaagte. Die „Times" melden an-Elandslaagte vom 22. d. M:S: Es sei noch unmöglich, die Verluste der Buren zu schätzen, doch dürften sich dieselben annähernd auf 250 Tote bclausen. Oberst Schiel sagte in einer^Unterredung, nicht» habe der Treffsicherheit der englischen Feldgeschütze stand halten können Die Transvaalartilleristen hätten sich wieder holt von den Verschanzungen zurückzichen müssen. Pretoria. (Meldung de- „Reutcrschen Bureau»".) Ta» Bombardement von Mafeking hast vorgestern früh wieder begonnen, mehrere Häuser stehen in Flammen. Durban. Das „ReuterscheBureau" meldet au» Durban: Die hiesige Zweigstelle der Transvaal-Nationalban k ist gestern von Mannschaften des Kriegsschiffe- „Tartar" mit Beschlag belegt worden Ueber ganz Natal wurde da- Stand recht verhängt. — DaS Reutersche Bureau meldet auS Durban vom 2» Oktober: Die englischen Malrosen sind, nachdem die Durch- Lunss und Wissenschaft. Königs. Schauspielhaus. — Am 26. d. Mts.: „Pellea« und Melisande" von M. Maeterlinck. Uebersetzt von G Stockhausen. (Zum ersten Male) Der gestrige Abend stellte zum ersten Male dem Dresdner Publikum da» Werk eine» eigentümlichen, im letzten Jahrzehnt viel genannten Dichter» vor Augen, der unter allen Umständen eine Bedeutung zu beanspruchen hat und in seiner Besonderheit al« der berufene poetische Sprecher der tödlichen Müdigkeit de» zugleich nervösen und greisen Jahrhundert» gefeiert wird. Maeterlinck« Dicht ungen reoen, wie Edgar Steiger, der Verfasser de» Buche» „Da» Werden de» neuen Drama»", verkündet, die „letzte und wahrste Sprache einer dem Untergänge geweihten llalturvelt, einer sterbenden Welt, die, wie alle Sterbenden, keine Gedanken mehr, sondern nur noch Ahnungen und Träume hat" In fragmentarischen, andeutenden Bildern, ia stammelnden Offenbarungen seelischer Regungen und Schmerzen sucht Maeterlinck auf seine Weile da« Rärsel de« Dasein« zu deuten Eine wunderlich« Phantastik und eia schwerer, grüblischer Ernst beherrschen seine Erfindungen. Bor noch einem Menschenalter wäre der Versuch der Auf führung einer Dichtung wie „Pellea« und Melisande", di« der Verfasser höchst bezeichnend weder Tragödie noch Drama, noch sonst etwa» nennt, ein völlig au»sicht«loser ge»es«n Solange da« Bedürfni« der dramatischen Ent- anckelunz und Handlunq»steig«rung in so au»schli«ßlicher -h 'tuag stand, daß man sich sogar die theatralische hohle Hülse solcher Entwickelung und Steigerung unzählige Mal« al» dramatisch« Dichtung vorsühren ließ, hättr keine Bühne sich an Werke wie die Maeterlinck« gewagt Der fortgesetzte Ruf »ach Leben«wahrheit, nach Stimmung hat für viele« Raum geschaffen, wa« sich ehedem nicht an« Licht, wenigsten« nicht an« Licht der Lampen wagte Dazu gesellt sich oer mit unablässiger Anstachelung rmmer brennender gewordene Drang nach dem „Neuen", die Geschmacksrichtung, die es gar nicht mehr verhehlt, daß sie de« prächtigsten Walde« müde ist, wenn sich doch nur Eichen und Linden über ihm wölben, daß sie zur Ab wechslung nach Wäldern von Schachtelhalmen und Schilf verlangt. Und endlich, wie viele» können ein Publikum, eine Kritik, die nicht« lesen, nicht» hören noch sehen, al«, wi« von heute und von gestern ist, und da« Vorgestern al« graue Vergangenheit angähnen, für völlig neu halten! Die lallende neuromantische Mystik, die Seelendeutunq, der all« Gefühle chaotisch durcheinanderwogen, weil sie im Grunde genommen an keine« glaubt, sie müssen neu und „ideal" dazu erscheinen, wenn man sie nur mit dem N»turali«mu« in seinen brutalsten Kundgebungen vergleicht Maeterlincks Poesie knüpft an die Bilder und Laute der Märchendichtung an, sie strebt zu den einfachsten Mitteln und Wirkungen zurück, läßt wie in einem Traum ihre Gesichte an un« vorübergleiten und sucht nur den Eindruck, daß alle» Leben ein schwerer dunkler Traum und in allem Fühlen ein Keim de« Tode« sei, zu ver- stärken. Sie komponiert nicht, sie motiviert nicht, aber sie grübelt, und sie betont nachdrücklich emzelne Au«- spräche, die Licht auf die dunkeln innerlichen Vorgänge werfen sollen. Die äußerlichen Begebenheiten nimmt sie willkürlich auf und läßt sie wieder fallen, genug, wenn nur der Faden nicht abreißt. Je nach Gemüt«siimmung und Neigung würde e» ebensowohl möglich sein, die traurige Geschichte von „Pellea« und Melisande" mit tiefster anteilnehmender Rührung, al« mit heiterer Ironie »u erzählen, ohne einem Zutz Unrecht zu thun Langsam, ja schleppend feierlich und immer d:e Ergänzung durch die Phantasie de« Zuschauer« und Hörer« fordernd, ent wickelt sich da« Stück, erreicht in der Scene, wo der eisersuchtgefolterte Golaud sein Weib Melisande und den beargwöhnten Bruder Pellea« durch sein Kind belauschen UND von ver nichtsahnenven Reinheit de« Kinde« ver raten läßt, den dramatischen Höhepunkt im alten Sinne und verläuft wiederum in buntwechselnden Bildern, in denen überall ein Rätselvolles, Unausgesprochenes, gleich sam jenseit« des dichterischen Worte» Liegende«, von der Dekoration und der Erscheinung der Darsteller Gegebene» mitwirkt. Eine halb träumerische, halb kalte Reflexion will da» Leben und un» in ihre Kreise dannen, über raschend schöne und feine Einzelheiten sollen un« für den Mrngel gestaltender und überzeugender Kraft entschädigen. Der Dichter gleicht wahrlich einem Apostel, der un« ver kündigte, daß kein noch so duftiger Wein, kein Feuertrank die wahre Erquickung geben könne, daß wir zum ursprüng lichsten, lautersten Trank, zur kühlen weißen Milch zurück greifen müßen, daß er aber, in Anbetracht der verbrannten und verdorbenen Gaumen, denen er diese Milch der Einfachheit und de« elementaren Gefühl« bietet, seinen Trank mit den schärfsten, feinsten Giften schmackhafter ge macht habe. E« frommt zu nichts, sich darauf zu berufen, daß in alledem keine Möglichkeit einer künstlerischen Gestaltung und einer dramatischen Wirkung im höheren Sinne liegt, daß keine Fülle interessanter Züge und poetischer Wendungen un« über den Mangel einer Ganzheit, über di« Abwesen heit reifer und lebensvoller Menschengestaltung jemals hinwegheben kann. Da« grüblerische, versonnene Wesen dieser Dichtung, da«, wie ein Kritiker sagt, „in weihe vollem Stammeln halb geschaute Gebilde deutet", daS erotische auf Drahtstengeln zitternde Blüten dem kräftigen Wuchs von Pflanzen vorzieht, di« ihre Wurzeln in den Boden der Wirklichkeit senken, muß seine Zeit haben, und da» Tröstlichste dab«i ist, daß die wirklich gestaltende Poesie durch diese symbolisierende Traumdichtung so wenig aufgehoben werden kann wie die große und reiche Natur selbst Da» Theater war — und hier muß man sagen: leider, denn e« ist unter allen Umständen ein Verdienst der Bühnenleitung, eine Neuigkeit dieser Art, die Schöpfung eines Poeten zu bringen, der eine bestimmte künstlerische Richtung der Gegenwart am eigenartigsten ausdrückt — nur halb besucht Der Erfolg kann wohl nur als ein Achtungserfolg bezeichnet werden, trotzdem während der Darstellung und am Schluffe eine kleine Gruppe begeisterter Verehrer Maeterlincks es nicht an reichen Beifallsäußerungen fehlen ließ. Eine ganze Folge der seltsamen Bilder und der Scenenschlüsse weckte im unbefangenen Publikum lediglich da» Gefühl der Be fremdung und einer kühlen Erwägung de« Geschauten. Die Ausstattung des Werk« war reich, fast zu reich, denn das charakteristische Milieu drückte auf die Scenen, in denen Stimmungen mehr angedeutet als ausgelebt sind, die Regie wie die Darsteller thaten ihr Beste«, die Zuschauer tiefer in die Traumwelt hineinzuziehen, der „Pellea« und Melisande" entstammt. Den Darstellern ist insofern eine höchst schwierige Aufgabe ge setzt, als Maske, Bewegung und Ton hier etwa« von dem Unwirklichen dieser Menlchen, von ihrer Empfindung, daß sie nur schillernde Blasen «inertief unter ihnen geheimnis voll rauschenden Lebenswelle sind, mit verkörpern müssen. Frl. Politz (Melisande) und Hr. Franz (Pellea«) trafen die« traumhaft Unwirkliche, in dem Blick und Gebärde seelische Regungen mit au«drücken müssen, die sich selbst ein Rätsel bleiben, am besten. Hr Müller (Arkol, König von Allemond«) und namentlich Hr Blankenstein (Golaud) gerieten mit ihren Gestalten beinahe schon zu weit in« Gebiet der kräftigen Verlriblichung hinüber. Freilich liegt darin auch die Bürgschaft, daß die Schau spielkunst am letzten Ende der lebendigen Gestaltung noch weniger entraten kann al« die Poesie. Sehr zu loben war auch die Darstellung de« kleinen Fürstensobne« Pniold durch Dora Ricken. Adolf Stern
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite