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A-orter Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnte »Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botengelegenheit: 20 Reugroscheu. 26. ' Mittwoch, 27. Juni 18-10. Politische Umschau. Ti^g! Tieg! Sieg! Endlich am 15. Juni ist der Kampf zwischen dem Volkshecre und den fürstli chen Truppen in Baden entbrannt. Man kämpfte langst der Grenze, die Baden von dem Großherzog- thum Hessen scheidet beim Dorfe Käfernthak, bei Mannheim, Ladenburg und Weinheim und das Volk siegte, siegte auf allen Punkten. Die Soldtruppcn, Meklcnburgcr und Hessen, denen man weis gemacht, daß sie keinen Widerstand finden wurden, daß sic cs nur mit zusammengclaufenem Ge sindel zu thun hatten, wurden arg enttäuscht und muß ten dafür thcuer büßen. Sie sollen über 500 Todte verloren und eine noch größere Zahl Verwundete ge habt haben. Microslawski führte das Oberkom mando und bewährte durch persönlichen Heldenmuth das Vertrauen, das ihn zum Oberbefehlshaber erkoren hat. Ist durch diese ersten Siege auch keine Ent scheidung gewonnen, so tragen sie doch allmächtig da zu bei, den Geist im Volkshecre zu wecken. Und wirk» lich bat, wie Augenzeugen versichern, die Lage der Dinge seitdem ein ganz anderes Gesicht gewonnen, alles Schwanken hat aufgehorl und tvdesmulhig ver langt man nach neuen Schlachten. Sollte den Män- icrn, die nicht maschincnarlig wie die Soldtruppen, sondern begeisterungsvoll für die hohen Ideen der Freiheit kämpfen, sollte ihnen der endliche Sieg feh len? Wir sind nicht vermessen genug, diese Frage schon jetzt entscheidend zu bejahen, wohl aber wollen wir darauf hindeuten, daß es hier nicht blos die äußeren Kräfte zu bemessen gilt, die sich gegen seitig befehden, daß hier vielmehr noch andere, d. h. moralische Kräfte in Frage kommen, die, mit je nen verbunden außer aller Berechnung liegen. Aus der Pfalz fehlen ausführliche Nachrichten. Bei Ludwigshafen, das Mannheim gegenüber liegt, kamen etwa 3000 Prcußeu in Kampf. Hier fügten namentlich die Volkskanonicre dem Feinde be- deutenden Schaden zu, sie brachten seine Batterien auf einige Zeit zum Schweigen. — Welcher Hclden- sinn auch dort die Gemülher durchglüht, davon giebt folgende Thatsache einen Beweis. Als sich die Preu ßen, an 5000 Mann stark, am 14. Juni von Alzei nach Kirchheimbolanden in Marsch setzten, lagen im letztem Orte etwa 4 — 500 Mann vom rheinhessi- schcn Freikorps, die von jenen überrascht wurden. An einem Widerstand war nicht zu denken. Man beschloß daher den Rückzug. Allein auch dieser war, da der Feind Husaren bei sich hatte, nur dann möglich, wenn man ihm auf kurze Zeil den Weg versperrte. Da traten 80 junge Männer aus den Reihen und erboten sich mit ihrem Leben den sichern Rückzug der Brüder zu erkaufen. Das Haupt korps zog nun ab, während die Zurückgebliebenen an einem paßuchen Orte eine Barrikade errichteten und so den Feind in ruhiger Todesverachtung erwarteten. Der Feind kam Man hielt ihn anderthalb Stunden auf, bis die Artillerie die Schutzwchr gänzlich zerschos sen halte. Fühnzehn waren geblieben, in Brust und Kopf von Kugeln durchbohrt. Die Uebrigen gewan nen eine andere Stellung und setzten darin ihre Ver- theidigung mit unerschütterlichem Heldenmuth weiter fort, bis sie endlich umzingelt, sich ergeben mußten. Was thalen die Preußen? Zwei der Gefangenen wurden sogleich niedergeschossen, die übrigen auf Ka nonen gebunden und unter Sicgesgebrüll nach Kirch» heimbolanden cingefuhrt. Die Geschichte wird die Na men dieser Helden in ihre Bücher cinzeichnen, aber sie wird auch ihr Unheil sprechen über die tiefe sittliche Verwilderung, der unsere stehenden Heere verfallen sind. In Würtemberg hat die Bombe endlich etwas