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des Komponisten veröffentlicht wurde, widmete Bortök seinem Jugendideal, der Geigerin Stefi Geyer (1888-1956), aus deren Nachlaß das Manuskript erst malig an die Öffentlichkeit gelangte und im Rahmen des Bartök-Festes in Basel am 30. Mai 1958 mit Hans-Heinz Schneeberger als Solisten unter der Leitung Paul Sachers uraufgeführt wurde. (Ein zweites Violinkonzert schrieb der unga rische Meister erst in den Jahren 1937/38.) Das Jahr 1907, in dem Bartök sein erstes Violinkonzert zu schreiben begann, war für den Komponisten eine Zeit der inneren Erlebnisse und Entscheidungen, vollzog sich doch zu jener Zeit die Wand lung in seinem Schaffen, die endgültig zu der Kompositionsweise führte, die wir heute „bartökisch" nennen. Neben intensivster Auseinandersetzung mit der unga rischen Folklore, Volksliedstudien aber auch in anderen Ländern, erfolgte die Begegnung mit dem musikalischen Impressionismus. Durch die Berufung des errst 26jährigen als Professor für Klavierspiel an die Budapester Musikakademie war auch in den äußeren Lebensumständen eine Wende zum Guten eingetreten, die es erlaubte, alle Kräfte nunmehr auf die Entwicklung seines künstlerischen Schaffens, seiner eigenen musikalischen Sprache zu konzentrieren. Ansätze dieser Entwicklung zeigt das erste Violinkonzert, dessen erster Satz übrigens identisch ist mit dem ersten Satz des unmittelbar danach entstandenen Werkes „Zwei Porträts" (1908) — beides Kompositionen, die noch von der Auseinandersetzung mit dem Geiste Berliozscher und Lisztscher Monothematik zeugen. Bereits die nächste Komposition, die „Vierzehn Bagatellen für Klavier" op. 6, brachte dann einen fertigen neuen Stil. Aus der Entstehungszeit des ersten Violinkonzertes stammen einige aufschluß reiche Briefe Bartöks an Stefi Geyer, obwohl er sonst sowohl brieflich wie münd lich sehr wortkarg und wenig mitteilsam war. Die schon damals hochberühmte, kaum 20jährige ungarische Geigerin spielte jedoch nicht nur menschlich, in seinem Leben, sondern auch in seiner musikalischen Welt eine beachtliche Rolle, notierte er doch in einem Brief vom 11. September 1907 eine melancholische Melodie und schrieb über ein Motiv von vier Tönen: „Dies ist Ihr Leitmotiv." Dieses musikalische Leitmotiv gewann endgültige Gestalt im ersten Satz des ersten Violinkonzertes, mit dem das Werk vom Soloinstrument eröffnet wird, und taucht noch in verschiedenen anderen Komsositionen Bartöks aus jener Zeit auf (u. a. in den „Zwei Porträts" op. 5 für Orchester, in den „Vierzehn Bagatellen für Klavier" op. 6). Um einen Eindruck von der Stimmung Bartöks zu vermitteln, aus der heraus jenes Leitmotiv Stefi Geyers und der darauf basierende erste Satz des Violinkonzertes geboren wurde, sei der erwähnte Brief nochmals zitiert: „Als ich Ihren Brief gelesen hatte, setzte ich mich an den Flüge! — ich habe die trau rige Vorahnung, daß ich im Leben keinen anderen Tröster haben werde als die Musik . . . Seit einiger Zeit bin ich in so merkwürdiger Stimmung, ich falle von einem Extrem ins andere. Ein Brief von Ihnen, sogar eine Zeile, ein Wort von Ihnen macht mich jubeln, ein anderes bringt mich fast zum Weinen, so weh tut es mir . . . Was wird das Ende davon sein, und wann ... Es ist ein ständiger see lischer Rausch. Zum Arbeiten (zum Komponieren) brauche ich gerade das . . ." Mit dem aufsteigenden Grundmotiv a - f s — a — cis und einer ausdrucksstarken Weiterführung seines Stimmungsgehaltes eröffnet die Solovioline den langsamen ersten Satz (Andante sostenuto), der gleichsam das „ideale Bildnis" (aus den „Zwei Porträts" op. 5) vorwegnimmt und stark an die chromatisch gewürzte, ge, fühlsgesättigte Tonwelt von Wagners „Tristan und Isolde" gemahnt. In kunstvoller kontrapunktischer Führung treten die übrigen Streicher, dann die Bläser hinzu und weben einen feinnervig differenzierten Klangteppich. Im Kontrast zum Ein leitungssatz ist der Schlußsatz des nur zweisätzigen Konzertes angelegt (Allegro giocoso): Heiter und kraftvoll prononciert gibt hier das Soloinstrument die Devise. Im Verlauf des vielgliedrigen Satzes bekommt es übrigens reichlich Gelegenheit, virtuos zu brillieren. Eingeschaltete nachdenkliche Episoden rufen die Tonwelt des „Leitmotivs" aus dem ersten Satz, das auch gegen Ende des Satzes im Horn notengetreu wieder erscheint, in die Erinnerung. Kraftvoll wirkt der Abschluß des Werkes. Wolfgang Amadeus Mozarts große C-Dur-Sinfonie KV 551, die später durch den Londoner Geiger und Konzertunternehmer J. P. Salomon ihren heute allgemein gebräuchlichen Namen „Jupitersinfonie" erhielt, ist die letzte Sinfonie des Meisters. Sie wurde zusammen mit den Sinfonien Es-Dur KV 543 und g-Moll KV 550 im Sommer des Jahres 1738, einer für Mozart mit großen wirt schaftlichen Schwierigkeiten verbundenen Zeit, innerhalb weniger Monate kom poniert. Ein direkter Anlaß für die Entstehung der drei großen, ihrer Art nach so verschiedenen Sinfonien ist uns nicht genau bekannt, eventuell waren sie für Subskriptionskonzerte bestimmt, die dann allerdings wahrscheinlich nicht zu stande gekommen sind. Es ist sogar durchaus möglich, daß Mozart diese seine letzten sinfonischen Werke niemals mehr selbst in einer Aufführung gehört hat. — Die Jupitersinfonie läßt nach der strahlend-heiteren Es-Dur- und der melancho lisch-hintergründigen g-Moll-Sinfonie, Mozarts sinfonisches Schaffen krönend, in ihrer wunderbaren Klarheit geradezu einen Inbegriff klassischer Kunst vor uns erstehen. „Ein Werk höchster Harmonie" nannte sie der Mozartforscher Alfred Einstein, und auf diesen „olympischen" Charakter ist wohl auch ihr Beiname zurückzuführen. Bereits äußerlich am größten und glänzendsten angelegt, ist diese Sinfonie von einem stolzen, befreienden und läuternden Gefühl der Kraft erfüllt, gleichsam über alle Schwierigkeiten und Mißgeschicke hinausführend und sie überwindend. Der erste Satz (Allegro vivace) wird in seinem Wesen bereits durch sein breites, zweiteiliges Hauptthema klar bestimmt: Festliche, heitere Kraft und innige Emp findung runden sich hier in vollendeter Verbindung. Auch das zweite Thema glie dert sich in zwei gegensätzliche Motive. In der Durchführung des Satzes, die von kunstreicher thematischer Arbeit mit den Hauptmotiven zeugt, entfaltet sich eine Fülle lebensvoller, doch stets in klassischem Ebenmaß gebändigter Bilder. - Auch für den zweiten Satz, ein Andante cantabile, gilt trotz einiger dramatischer, dunkler Mollpartien diese Ausgewogenheit. Die ausdrucksvolle Durchführung dieses Satzes führt am Schluß zu einer großen sinfonischen Steigerung. — Das Menuett, das im Gegensatz zu dem lebhaften Trio eher beschauliche Züge auf weist, greift auf die Stimmung des ersten Satzes zurück. — Als berühmtester Satz dieser Sinfonie gilt der Schlußsatz (Allegro molto), der eine äußerst interessante und glückliche Verbindung von Sonatenform und Fugato darstellt. Nach diesem Satz wurde das Werk zuweilen sogar als „C-Dur-Sinfonie mit der Schlußfuge" bezeichnet, obwohl es sich allerdings nicht um eine direkte Fugenform handelt. Trotz aller kontrapunktischen Künste (kanonische Nachahmungen, Engführungen usw.), die Mozart hier mit einer geradezu spielerischen Leichtigkeit handhabt, vereint er voll überlegener, selbstverständlicher Meisterschaft polyphone und homophone Partien. Mit einem fanfarenähnlichen Schluß wird der von hinreißen dem Schwung erfüllte Satz festlich beendet. Urte Härtwig / Dr. Dieter Härtwig Vorankündigung: 26./27. Mai 1965, 20.00 Uhr, Dresdner Zwinger Joseph Haydn: Die Jahreszeiten Dirigent: Horst Förster Solisten: Rosemarie Rönisch, Berlin, Sopran Theo Adam, Berlin-Dresden, Baß 10. Philharmonisches Konzert und 5. Abend im Anrecht C für Betriebe 1964/65 111/9/14 EMZ 565 1 It-G 009/32/65